BGH,
Beschl. v. 3.5.2000 - 2 StR 69/00
StGB § 152 a Abs. 1 Nr. 1 F: 15. Mai 1986
StGB § 152 a Abs. 1 Nr. 2 F: 26. Januar 1998
Durch das unberechtigte Einfügen der Kontonummer in der
Kodierzeile gestohlener Euroscheckvordrucke wird im Sinne von
§ 152 a Abs. 1 StGB ein falscher Vordruck hergestellt.
BGH, Beschl. vom 3. Mai 2000 - 2 StR 69/00 - LG Frankfurt am Main
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 69/00
vom
3. Mai 2000
in der Strafsache gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Mai 2000
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 9. September 1999
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte
- der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks in
zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Hehlerei, Urkundenfälschung
und Betrug,
- der gewerbsmäßigen Hehlerei in 16 weiteren
Fällen sowie
- der Urkundenfälschung in 28 Fällen, davon in 25
Fällen in Tateinheit mit Betrug und in drei Fällen in
Tateinheit mit versuchtem Betrug
schuldig ist.
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
gewerbsmäßiger Hehlerei in 23 Fällen, davon
in drei Fällen tateinheitlich mit Fälschung von
Vordrucken für Euroschecks, sowie wegen
Urkundenfälschung in 32 Fällen jeweils tateinheitlich
mit Betrug, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision
des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen
Rechts rügt, hat mit der Sachrüge in dem aus dem
Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet.
II.
Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte von 1992 bis 1997 in 18
Fällen von "Zwischenhändlern" insgesamt 604
gestohlene Schecks zur eigenen Verfügung, die er durch 29
Handlungen u.a. bei Banken, Postämtern und Geschäften
einlöste und in drei Fällen einzulösen
versuchte. Hierdurch wollte er sich eine fortlaufende Einnahmequelle
verschaffen. In zwei Fällen handelte es sich um
Original-Blanko-Euroschecks, die bei Banken entwendet und danach von
Unbekannten ohne Berechtigung jeweils in der Kodierzeile mit einer
aufgedruckten Kontonummer versehen worden waren. Dies war dem
Angeklagten beim Ankauf bekannt.
III.
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß das
Sichverschaffen der gestohlenen Euroscheckvordrucke, auf die ohne
Einverständnis der Bank in der Kodierzeile eine Kontonummer
aufgedruckt worden war, unter den Tatbestand des § 152 a Abs.
1 Nr. 1 StGB aF fällt.
§ 152 a StGB erfaßt u.a. Vordrucke für
Euroschecks. Darunter fallen schon nach dem Wortlaut nicht nur
Blanko-Euroscheckvordrucke. Vielmehr ist auch ein bereits mit der
Kodierzeile (Schecknummer, Kontonummer, Bankleitzahl) bedrucktes
Scheckformular noch ein Vordruck. Erst wenn dieser Vordruck vom
Aussteller ausgefüllt und unterschrieben wird, wird er zum
Scheck im Sinne des Scheckgesetzes (vgl. Art. 1, 2 ScheckG). Zum
Ausfüllen des Euroscheckvordrucks durch den Bankkunden
gehört aber nicht das Einsetzen der Kontonummer. Die
Kontonummer wird vielmehr von der Bank vor dem Aushändigen des
Vordrucks an den Kunden in der Kodierzeile aufgedruckt. Durch das
unberechtigte Einfügen der Kontonummer in der Kodierzeile
gestohlener Scheckvordrucke wird im Sinne von § 152 a Abs. 1
Nr. 1 StGB aF ein falscher Vordruck hergestellt. Denn der scheinbare
Aussteller des Vordrucks, die bezogene Bank, ist insoweit mit dem
tatsächlichen nicht identisch, weil der Vordruck von der Bank
nicht für das in der Kodierzeile genannte Konto ausgegeben
wurde.
Die in der Literatur vertretene einschränkende Auslegung des
Tatbestands, nach der das unberechtigte Kodieren im übrigen
echter Scheckvordrucke von § 152 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF nicht
erfaßt werde, da die Kodierzeile nicht zu dem Formular
gehöre (Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. §
152 a Rdn. 2; Rudolphi in SK-StGB § 152 a Rdn. 5 jeweils zu
§ 152 a StGB nF; Puppe in NK-StGB § 152 a Rdn. 12)
läßt sich weder aus der Entstehungsgeschichte der
Vorschrift noch aus Sinn und Zweck der Regelung herleiten.
§ 152 a StGB aF ist durch Art. 1 Nr. 5 des 2. WiKG vom 15. Mai
1986 in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Unmittelbarer
Anlaß hierfür war ein teilweise freisprechendes
Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. November 1983 (wistra 1985,
241), mit dem die Strafbarkeit des Herstellens falscher, auch bereits
kodierter Euroscheckvordrucke als vollendete oder versuchte
Urkundenfälschung verneint wurde (BTDrucks. 10/5058 S. 26).
Diese Entscheidung ging auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.
Oktober 1978 - 2 StR 219/78 - zurück, in dem der Senat
ausgesprochen hatte, daß das Aufdrucken (oder
Ergänzen) der Kodierzeile auf Euroschecks noch nicht den
Tatbestand des § 267 StGB erfüllt. Diese
Entstehungsgeschichte des § 152 a StGB belegt, daß
der Gesetzgeber das Problem des Kodierens von Scheckvordrucken gesehen
und in seine Erwägungen einbezogen hat. Es sind keine
Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, das
unberechtigte Kodieren von Euroscheckvordrucken durch eine
einschränkende Auslegung des Begriffs "Vordruck" von der
Strafbarkeit der Fälschung von Vordrucken für
Euroschecks nach § 152 a StGB auszunehmen. Sinn und Zweck der
Norm ist es gerade, die in der Rechtsprechung zutage getretenen
Strafbarkeitslücken im Vorfeld der Urkundendelikte zu
schließen und die Sicherheit und Funktionsfähigkeit
des Zahlungsverkehrs zu schützen (BTDrucks. 10/5058 S. 26).
Der strafrechtliche Fälschungsschutz des § 152 a StGB
erfaßt daher nicht nur den Blanko-Euroscheckvordruck, sondern
auch die auf das Blankoformular aufgedruckte Kodierzeile. Die
Einbeziehung der Kodierzeile, insbesondere der Kontonummer, in den
strafrechtlichen Fälschungsschutz ist auch sachlich
gerechtfertigt; denn erst nach dem Aufdruck einer konkreten Kontonummer
ist der Vordruck zusammen mit der zugehörigen Scheckkarte im
Euroscheckverkehr verwendbar. Gerade hierdurch erhöht sich im
besonderen Maß die Gefahr für die Sicherheit des
Zahlungsverkehrs.
Die Neufassung des § 152 a StGB durch Art. 1 Nr. 18 des 6.
StrRG vom 26. Januar 1998 hat insoweit keine Änderung
gebracht. Durch die Neuregelung sollten neben den Euroscheckvordrucken
auch weitere Zahlungskarten im Sinne von § 152 a Abs. 4 StGB
erfaßt werden (BTDrucks. 13/8587 S. 29). Die Tathandlungen
Nachmachen und Verfälschen sind in Anlehnung an § 146
StGB eingeführt worden. Auch nach § 152 a Abs. 1 Nr.
2 StGB nF hat sich der Angeklagte falsche Vordrucke für
Euroschecks verschafft und sie gebraucht, weil die Kontonummern in der
Kodierzeile unberechtigt aufgedruckt worden waren.
2. Hinsichtlich der gewerbsmäßigen Hehlerei ist das
Landgericht, da die Erwerbshandlungen im einzelnen nicht mehr
aufzuklären waren, zugunsten des Angeklagten zu Recht davon
ausgegangen, daß er sich jeweils mehrere Scheckserien auf
einmal verschafft haben kann und hat aus dem Vergleich der Daten der
Diebstahls- und der Einlösungstaten eine Mindestanzahl von
Erwerbshandlungen errechnet. Dabei hat die Kammer jedoch
übersehen, daß nach dem von ihr angewandten Prinzip
auch in den Fällen 6 - 8, 9 - 11 sowie 30 mit 32 und 33
jeweils nur von einer Tat der gewerbsmäßigen
Hehlerei auszugehen ist. Danach hat sich der Angeklagte auch lediglich
in zwei Fällen (5 sowie 6 - 8) tateinheitlich zur
gewerbsmäßigen Hehlerei der Fälschung von
Vordrucken für Euroschecks schuldig gemacht.
Zu Recht hat das Landgericht im vorliegenden Fall angenommen,
daß zwischen der gewerbsmäßigen Hehlerei
einerseits und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit
(versuchtem) Betrug andererseits grundsätzlich Tatmehrheit
vorliegt (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 25.
Aufl. § 259 Rdn. 62; Tröndle/Fischer a.a.O.
§ 259 Rdn. 29).
Dies gilt jedoch nicht in den Fällen 5 sowie 6 - 8. Denn
insoweit hat sich der Angeklagte auch der Fälschung von
Vordrucken für Euroschecks schuldig gemacht. § 152 a
Abs. 1 Nr. 1 StGB steht jedoch zu §§ 263, 267 StGB im
Verhältnis der Tateinheit, da die erforderliche
Täuschungsabsicht das Sichverschaffen der falschen Vordrucke
und ihre Verwendung zu einer deliktischen Einheit verbindet (Weber JZ
1987, 215, 218; Puppe a.a.O. Rdn. 23; Tröndle/Fischer, a.a.O.
§ 152 a Rdn. 10; Stree a.a.O. § 52 Rdn. 12; aA
Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 152 a Rdn. 9:
Tatmehrheit). Gegen ein Zurücktreten des § 152 a StGB
hinter dem Vergehen des § 267 StGB im Wege der
Gesetzeskonkurrenz (vgl. Rudolphi a.a.O. Rdn. 15) spricht schon die
Verbrechensnatur des § 152 a StGB (Weber JZ 1987, 215, 218).
Diese führt vielmehr dazu, daß durch die
Verwirklichung des § 152 a StGB die tateinheitlich dazu
begangenen Vergehen der gewerbsmäßigen Hehlerei
einerseits sowie des Betruges und der Urkundenfälschung
andererseits miteinander zur Tateinheit verklammert werden (vgl. Stree
a.a.O. § 52 Rdn. 14 ff.).
Der Angeklagte hat sich somit im Fall 5 und in den materiell-rechtlich
eine Tat bildenden Fällen 6 - 8 jeweils der Fälschung
von Vordrucken für Euroschecks in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Hehlerei, Betrug und
Urkundenfälschung schuldig gemacht. Der Schuldspruch war daher
wie aus der Beschlußformel ersichtlich neu zu fassen.
§ 265 StPO steht der Schuldspruchberichtigung nicht entgegen,
da auszuschließen ist, daß sich der Angeklagte
gegen den geänderten Tatvorwurf anders als geschehen
hätte verteidigen können.
4. Die Änderung des Schuldspruchs führt in den
Fällen 9 - 11, 30, 32 und 33 jeweils zur Aufhebung der
Einzelstrafe für die gewerbsmäßige Hehlerei
sowie in den Fällen 5 und 6 - 8 zur Aufhebung aller
Einzelstrafen (betreffend die gewerbsmäßige Hehlerei
sowie den Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung). Damit
sind gerade die erheblichen Einzelstrafen, u.a. auch die Einsatzstrafe
weggefallen. Der Senat hebt daher auch die von der
Schuldspruchänderung nicht unmittelbar betroffenen
Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, daß
sie von den Überlegungen zur Strafzumessung im
übrigen beeinflußt worden sind. Damit kann der
Tatrichter sämtliche Strafen im Verhältnis zueinander
neu bestimmen. Mit der Aufhebung der Einzelstrafen entfällt
die Grundlage für die Gesamtfreiheitsstrafe.
IV.
In der neuen Verhandlung wird der Tatrichter zu erörtern
haben, ob die von dem Angeklagten in der Slowakischen Republik
verbüßte Haft gemäß § 51
Abs. 3 S. 1 oder 2 StGB (vgl. Stree a.a.O. § 51 Rdn. 34) auf
die Strafe anzurechnen ist und gegebenenfalls gemäß
§ 51 Abs. 4 S. 2 einen Anrechnungsmaßstab zu
bestimmen haben. Wie bei inländischer Freiheitsentziehung
genügt es dabei, daß die im Ausland erlittene Haft
eine Tat betrifft, die Gegenstand des inländischen
Strafverfahrens gewesen ist. Der Anrechnung steht
nicht entgegen, daß die Strafkammer insoweit im Hinblick auf
die gemäß § 154 StPO vorgenommene
Einstellung an der Aburteilung dieser Tat gehindert war (vgl. BGHSt 35,
172, 177/178).
Jähnke Detter Bode
Otten Rothfuß |