BGH,
Beschl. v. 4.9.2002 - 3 StR 276/02
3 StR 276/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
4. September 2002
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 4. September 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 29. April 2002 im Ausspruch der
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen
Mißbrauchs von Kindern in 13 Fällen zur
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie wegen sexuellen
Mißbrauchs in fünf Fällen und wegen
sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen zur (weiteren)
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in der
Sicherungsverwahrung angeordnet. Mit seiner Revision rügt er
die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der
Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; soweit es sich gegen
die beiden Schuldsprüche, die Einzelstrafaussprüche,
die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren sowie den
Maßregelausspruch richtet, ist es aus den Gründen
der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. August 2002
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren kann jedoch keinen Bestand haben.
Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu Gunsten des Angeklagten davon
ausgegangen, daß er die Taten unter II. Ziffern 6 bis 13 und
15 bis 19 der Urteilsgründe vor der Verurteilung durch das
Amtsgericht Bad Schwartau vom 12. September 1997 begangen hat. Die
damals wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das
Pflichtversicherungsgesetz ausgesprochene Geldstrafe von 40
Tagessätzen zu je 25 DM, von deren Einbeziehung das
Landgericht - insoweit rechtsfehlerfrei, weil diese Vorschrift auch bei
nachträglicher Gesamtstrafenbildung Anwendung findet (Stree in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 55 Rdn.
36) - gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB
abgesehen hat, wurde jedoch in das Urteil des Amtsgerichtes Bad
Schwartau vom 6. Januar 1998 einbezogen. Zusammen mit einer
Einzelstrafe wegen Diebstahls wurde nachträglich eine
"Freiheitsstrafe" von drei Monaten und zwei Wochen gebildet (UA S. 5).
Zwar teilt das Landgericht die Tatzeit des Diebstahls nicht mit; es
liegt wegen der erfolgten nachträglichen Gesamtstrafenbildung
aber nahe, daß der Diebstahl (ebenfalls) vor dem 12.
September 1997 begangen wurde. Sollte dies zutreffen, dann
hätte das Landgericht aber unter Auflösung der
Gesamtfreiheitsstrafe die Einzelfreiheitsstrafe des Amtsgerichtes Bad
Schwartau vom 6. Januar 1998 wegen Diebstahls einbeziehen
müssen. Dieser Mangel führt zur Aufhebung der
betroffenen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.
Die der Gesamtstrafenbildung zugrunde liegenden Feststellungen
einschließlich denjenigen, daß die Taten unter II.
Ziffern 6 bis 13 und 15 bis 19 der Urteilsgründe vor dem 12.
September 1997 begangen wurden (UA S. 19), sind im übrigen
rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen
bleiben. Zu ihnen nicht im Widerspruch stehende ergänzende
Feststellungen sind zulässig.
Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob die
durch das Amtsgericht Eutin am 3. Dezember 1997 wegen
vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ausgesprochene
Freiheitsstrafe von sechs Monaten (UA S. 5) ebenfalls
gesamtstrafenfähig ist; dazu wird es der Feststellung
bedürfen, wann der Angeklagte diese Tat - was das angefochtene
Urteil nicht mitteilt - begangen hat.
Tolksdorf RiBGH Dr. Miebach ist Winkler wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
Tolksdorf Pfister Hubert
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