BGH,
Beschl. v. 6.7.2007 - 2 StR 207/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 207/07
vom
6.7.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung u.a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 6.7.2007 gemäß
§§ 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts wird die Strafverfolgung
beschränkt betreffend
1. den Angeklagten K. hinsichtlich des Falles II.3 der
Urteilsgründe auf den Tatvorwurf des schweren Menschenhandels
zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei
2. den Angeklagten S. M. hinsichtlich
a) des Falles II.1 der Urteilsgründe auf den Tatvorwurf der
Zuhälterei
b) des Falles II.3 der Urteilsgründe auf den Tatvorwurf des
schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei
3. den Angeklagten H. hinsichtlich
a) des Falles II.1 der Urteilsgründe auf den Tatvorwurf der
Beihilfe zur Zuhälterei
b) des Falles II.3 der Urteilsgründe auf den Tatvorwurf des
schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei
4. den Angeklagten L. hinsichtlich
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a) des Falles II.2 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der
Beihilfe zu den tateinheitlich begangenen Delikten des schweren
Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung
gemäß § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB, der
Zuhälterei und des gewerbsmäßigen
Einschleusens von Ausländern
b) des Falles II.3 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der
Beihilfe zur Zuhälterei.
II. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 24. November 2006
1. im Schuldspruch dahin geändert, dass schuldig sind
a) der Angeklagte K.
- des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei und mit
gewerbsmäßigem Einschleusen von Ausländern
(Fall II.2)
- des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei (Fall II.3)
- der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge (Fall II.6)
b) der Angeklagte S. M.
- der Zuhälterei (Fall II.1)
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- des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei, mit
gewerbsmäßigem Einschleusen von Ausländern
und mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fall II.2)
- des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei (Fall II.3)
- der vorsätzlichen Körperverletzung (Fall II.5)
c) der Angeklagte H.
- der Beihilfe zur Zuhälterei (Fall II.1)
- des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in
Tateinheit mit Zuhälterei und mit
gewerbsmäßigem Einschleusen von Ausländern
(Fall II.2)
- der Vergewaltigung (Fall II.4)
d) der Angeklagte L.
- der Beihilfe zu den tateinheitlich begangenen Delikten des schweren
Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, der
Zuhälterei und des gewerbsmäßigen
Einschleusens von Ausländern (Fall II.2)
- der Beihilfe zur Zuhälterei (Fall II.3)
2. aufgehoben betreffend
a) den Angeklagten K. hinsichtlich der für den Fall II.3
verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe
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b) den Angeklagten S. M. hinsichtlich der für die
Fälle II.1 und 3 verhängten Einzelstrafen und der
Gesamtstrafe
c) den Angeklagten H. hinsichtlich der für die Fälle
II.1 und 3 verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe
d) den Angeklagten L. hinsichtlich der für die Fälle
II.2 und 3 verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die
notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt für schuldig
befunden:
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"- des besonders schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen
Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei und mit einem
Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz,
den Angeklagten K. in zwei Fällen,
den Angeklagten S. M. in zwei Fällen, davon in einem Fall in
Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung,
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den Angeklagten H. in einem Fall,
- der Beihilfe zum besonders schweren Menschenhandel zum Zweck der
sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei und einem
Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz,
den Angeklagten L. in zwei Fällen,
- der Zuhälterei in Tateinheit mit einem Verstoß
gegen das Ausländergesetz,
den Angeklagten S. M. in einem Fall
und den Angeklagten H. der Beihilfe hierzu,
- der Vergewaltigung,
den Angeklagten H. ,
- des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge,
den Angeklagten K. ,
- der vorsätzlichen Körperverletzung,
den Angeklagten S. M. ."
Den Angeklagten K. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten, S. M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren, H. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und
sechs Monaten und L. zu einer zur Bewährung ausgesetzten
Gesamt-
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freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Mit ihren Revisionen
rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts.
1. Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts in den
Fällen II.1 und 3 der Urteilsgründe den Vorwurf des
gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern
bzw. der Beihilfe dazu - bei den eingeschleusten Prostituierten
handelte es sich um EG-Bürgerinnen - von der Strafverfolgung
ausgenommen. Darüber hinaus hat er hinsichtlich des
Angeklagten L. die Strafverfolgung beschränkt, weil die
bisherigen Feststellungen im Fall II.3 keine Beihilfe zum schweren
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung belegen und im Fall
II.3 nur eine Beihilfe zu § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB, nicht aber
eine solche zu § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB tragen.
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Die Beschränkung der Strafverfolgung hat die Aufhebung der in
diesen Fällen erkannten Einzelstrafen zur Folge, da bei der
Strafzumessung jeweils die tateinheitliche Verwirklichung mehrerer
Straftatbestände strafschärfend
berücksichtigt wurde. Die ausgeschiedenen Tatvorwürfe
sind auch nicht von völlig untergeordneter Bedeutung.
Hinsichtlich des Angeklagten H. kommt im Fall II.1 hinzu, dass die
Kammer die Strafe dem Strafrahmen des § 232 StGB entnommen hat
(UA S. 42), obwohl sie den Angeklagten überhaupt nicht nach
dieser Vorschrift verurteilt hat.
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Infolge der Aufhebung mehrerer Einzelstrafen können auch die
verhängten Gesamtstrafen keinen Bestand haben.
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2. Die Schuldspruchänderung hinsichtlich des Angeklagten K. im
Fall II.6 der Urteilsgründe beruht darauf, dass die
Urteilsfeststellungen kein eigennütziges Handeln belegen. Sein
Tatbeitrag kann daher nur als Beihilfe zum Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nicht aber als
Täterschaft gewertet werden. In Tateinheit mit Beihilfe zum
Handeltreiben mit
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Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht hier der
(täterschaftliche) Besitz von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1
Nr. 2 BtMG. Der Schuldspruchänderung steht § 265 Abs.
1 StPO nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der
Angeklagte gegen den rechtlich so gefassten Schuldspruch anders
hätte verteidigen können.
Die Schuldspruchänderung in diesem Fall führt nicht
zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der gemäß
§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB anzuwendende Strafrahmen bestimmt sich
auch für den geänderten Schuldspruch nach §
29 a Abs. 1 BtMG. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht
bei zutreffender rechtlicher Würdigung für dieses
Betäubungsmittelgeschäft eine niedrigere Einzelstrafe
verhängt hätte.
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3. Die Verwirklichung des Absatzes 4 des § 232 StGB ist im
Tenor als schwerer, nicht aber als "besonders" schwerer Menschenhandel
zu kennzeichnen (a.A. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl.
§ 232 Rdn. 3), weil diese Tatbestandsvariante
gegenüber der ebenfalls als schwerer Menschenhandel zu
bezeichnenden Qualifikation des Absatzes 3 keinen erhöhten
Strafrahmen aufweist. Eine entsprechende Differenzierung ergibt sich
hier nicht aus dem Tenor, sondern lediglich aus der Liste der
angewendeten Vorschriften. Ob es sich - wie der Generalbundesanwalt
meint - beim Absatz 4 des § 232 StGB nicht um eine
Qualifikation, sondern um einen eigenen Tatbestand handelt (so auch
Tröndle/Fischer aaO Rdn. 25; a.A. Wolters in SK-StGB
§ 232 Rdn. 41 ff.) und ob die Verwirklichung beider
Tatalternativen im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist, kann hier
dahinstehen, da die allein revidierenden Angeklagten insoweit nicht
beschwert sind.
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4. Ebenso wenig beschwert es den Angeklagten H. , dass er im Fall II.4
der Urteilsgründe, in dem er sein Opfer mit einem
Ledergürtel und einer
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Wäscheleine gefesselt hat, nicht wegen schwerer Vergewaltigung
gemäß § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB verurteilt
worden ist und dass die Kammer die weitere Qualifikation des §
177 Abs. 4 Nr. 2 a StGB nicht in Betracht gezogen hat.
5. Das Vergehen nach § 96 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ist im
Schuldspruch als gewerbsmäßiges Einschleusen von
Ausländern zu bezeichnen (vgl. § 260 Abs. 4 Satz 2
StPO).
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6. Was die Urteilsabfassung anbelangt, weist der Senat darauf hin, dass
die Urteilsformel zur besseren Übersicht nach Angeklagten und
nicht nach Straftatbeständen zu gliedern ist (vgl. dazu im
Einzelnen Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 27.
Aufl. Rdn. 21 ff.). Darüber hinaus ist für jeden
Angeklagten gesondert eine Liste der angewendeten Vorschriften zu
erstellen, da zum einen unter Umständen nur so deutlich wird,
welcher Angeklagte welche Regelbeispiele und welche Qualifikationen
verwirklicht hat und weil zum
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anderen nur so eine konkrete Erfassung der Verurteilung eines jeden
Angeklagten im Bundeszentralregister und in anderen Registern
gewährleistet ist (vgl. Nr. 141 Abs. 1 Satz 4 RiStBV;
Meyer-Goßner/Appl aaO Rdn. 184).
Rissing-van Saan Bode Rothfuß
RiBGH Fischer ist Appl
urlaubsbedingt orts-
abwesend und deshalb
an der Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan |