BGH,
Beschl. v. 6.6.2000 - 1 StR 161/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 161/00
vom
6. Juni 2000
in der Strafsache gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2000
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 28. Oktober 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs unter Einbeziehung
früher verhängter Strafen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung
dieser Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses
Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf
Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten
Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betrugs hält
sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand; die erhobenen
Verfahrensrügen bedürfen keiner Erörterung.
1. Das Landgericht hat festgestellt: Zur Finanzierung des
Restkaufpreises für ein Grundstück in Höhe
von 700.000 DM und der Nebenkosten gewährte die C. bank dem
Angeklagten einen Kredit über 747.000 DM.
Um diesen Kredit zu erlangen, spiegelte der Angeklagte der Bank
wahrheitswidrig vor, er erziele neben seinem laufenden Einkommen
Mieteinnahmen in beträchtlicher Höhe und sei deshalb
zur Bedienung des Kredits in der Lage. Als Sicherung des Kredits
bestellte der Angeklagte eine Buchgrundschuld in Höhe von
747.000 DM. Der Verkehrswert des Grundstücks betrug nach einem
Gutachten des Sachverständigen E. 828.000 DM. Nach den
Feststellungen zahlte die C. bank den Kredit erst aus, nachdem der
Angeklagte "vereinbarungsgemäß" dieses Wertgutachten
vorgelegt hatte.
Als der Angeklagte seinen monatlichen Verpflichtungen nicht nachkam,
wurde der Kredit gekündigt. Im Versteigerungsverfahren wurde
der Wert des Grundstücks mit 360.000 DM festgesetzt. Mehrere
Zwangsversteigerungstermine blieben erfolglos.
2. Das Landgericht sieht die zur Vermögensverfügung
führende Täuschung in den falschen Angaben des
Angeklagten über seine weiteren Einnahmen. Zum
Vermögensschaden führt das Landgericht aus, der
Rückzahlungsanspruch der Bank sei wertlos gewesen und die
Sicherheit habe nicht zur Deckung des Kreditrisikos ausgereicht.
Zugunsten des Angeklagten sei zwar davon auszugehen, daß die
Bewertung des Grundstücks durch den Sachverständigen
zutreffend war. Da aber bei einer Verwertung eines Grundstücks
"erfahrungsgemäß" nicht der volle Verkehrswert
erzielt werde, sei unter Berücksichtigung wertbildender
Faktoren wie Lage und Nutzungsmöglichkeit des
Grundstücks ein Abschlag von 30 % auf den Verkehrswert
vorzunehmen. Somit sei der Kredit lediglich in Höhe von
579.600 DM gesichert gewesen. Der Vermögensschaden in Gestalt
der schadensgleichen Gefährdung belaufe sich mithin auf
wenigstens 120.400 DM (700.000 DM ./. 579.600 DM). Dies begegnet
durchgreifenden Bedenken.
II.
Nach den Urteilsgründen sind der Vermögensschaden und
der Betrugsvorsatz nicht ausreichend dargetan.
1. Betrug ist eine Vermögensstraftat. Nicht die
Täuschung an und für sich, sondern die
vermögensschädigende Täuschung ist strafbar
(BGHSt 16, 220, 221, st. Rspr.). Die Urteilsgründe lassen
nicht erkennen, ob die C. bank zum Zeitpunkt der Auszahlung des
Darlehens einen Vermögensschaden erlitten hat. An einem
Vermögensschaden fehlt es, wenn die Gläubigerin mit
der Buchgrundschuld über eine Sicherheit verfügt, die
den Kreditbetrag einschließlich geschuldeter Zinsen voll
abdeckt und die sie ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand,
namentlich ohne Mitwirkung des Angeklagten als Schuldner, sofort nach
Fälligkeit realisieren kann (BGH wistra 1993, 265; BGHR StGB
§ 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43). Hinsichtlich der
Werthaltigkeit der Sicherheit ist auf den Zeitpunkt der
Vermögensverfügung abzustellen (Lackner in LK 11.
Aufl. § 263 Rdn. 216 m.w.Nachw.).
Daß eine ausreichende Sicherheit vorlag, ist nach den
Urteilsgründen möglich. Hier wurde der Wert des
Grundstücks durch ein Gutachten des Architekten und
vereidigten Sachverständigen E. auf 828.000 DM
geschätzt. Der vom Landgericht angenommene
Vermögensschaden in Form der
Vermögensgefährdung zum Zeitpunkt der Auszahlung des
Darlehens kann nicht damit begründet werden, das
Grundstück sei in Wahrheit nur 579.000 DM wert gewesen. Der
von der Strafkammer vorgenommene Abschlag auf 70 % wegen der
großen Wohnfläche, der Lage des Grundstücks
in einer Kleinstadt, der Lärmbeeinträchtigung durch
die Bahnlinie und der Tatsache, daß das Haus eine
frühere Flüchtlingsbaracke aus der Nachkriegszeit
war, ist nicht näher begründet. Es bleibt offen, ob
der Abschlag auf den Zeitpunkt der Auszahlung vorgenommen wurde oder
eine nachträgliche Bewertung darstellt. Auch ist offen, ob das
Gutachten des Sachverständigen E. diese wertbildenden
Umstände nicht bereits berücksichtigt hat.
2. Die Urteilsgründe tragen auch die Annahme des bedingten
Schädigungsvorsatzes nicht. Es bleibt offen, weshalb der
Angeklagte zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung davon
ausging, das Darlehen sei in Wahrheit nur in Höhe von 579.000
DM gesichert, obwohl der Sachverständige den Verkehrswert auf
828.000 DM festgesetzt hatte und die C. bank vom Angeklagten
eine Buchgrundschuld über 747.000 DM erhalten hatte. Der
Umstand, daß der Verkehrswert für das zwei Jahre
später stattfindende Zwangsversteigerungsverfahren auf 360.000
DM festgesetzt wurde, läßt einen
Rückschluß auf den Vorsatz des Angeklagten zur Zeit
der Vermögensverfügung der C. bank nicht zu.
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