BGH,
Beschl. v. 6.5.2008 - 1 StR 144/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 144/08
vom
6. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 5. November 2007 wird mit der Maßgabe als
unbegründet verworfen, dass die Vollziehung von einem Jahr und
neun Monaten der verhängten Freiheitsstrafe vor der
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet
wird.
Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und die der
Nebenklägerin durch dieses Rechtsmittel im Revisionsverfahren
entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch, zum Strafausspruch, zum
Maßregelausspruch und hinsichtlich des Ausspruchs, dass ein
Teil der verhängten Strafe vor der Unterbringung in der
Entziehungsanstalt zu verhängen ist, keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzugs kann die Entscheidung des
Landgerichts, bei der es sich am Zeitpunkt einer möglichen
Zweidrittelentlassung orientiert hat, indes nicht bestehen bleiben
(§ 349 Abs. 4 StPO).
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Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 8.
April 2008 Folgendes ausgeführt:
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"1) Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am
20. Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327 ff.; im folgenden
n.F.) soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von
über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der
Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur
Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus
gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines
Therapieerfolgs erwarten lässt (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage
§ 67 Rdn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - keine
Gründe vor, die gegen eine Anordnung des Vorwegvollzugs eines
Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren
bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen
Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2
Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer
anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrests
zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe
gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB
möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom 8. Januar 2008 - 1 StR
644/07).
2) Das Landgericht hat - sachverständig beraten - eine
für eine Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung von
sechs Monaten zugrunde gelegt, so dass die Dauer des vor der
Unterbringung zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe nach
§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB n.F. ebenfalls auf ein Jahr und
neun Monate festzusetzen ist. Nach dessen Vollstreckung und einer sechs
Monate dauernden Unterbringung ist mit zwei Jahren und drei Monaten die
Hälfte der verhängten, sich ins-
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gesamt auf vier Jahre und sechs Monate belaufenden Freiheitsstrafe
erledigt (vgl. BGH Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07).
3) Die so berechnete Dauer des Vorwegvollzugs beantrage ich analog
§ 354 Abs. 1 StPO festzusetzen (vgl. BGH Beschluss vom 15.
November 2007 - 3 StR 390/07). Das Revisionsgericht ist -
verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 2001, 187, 188;
Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99) - nicht nur in den
in § 354 Abs. 1 StPO bezeichneten Fällen, sondern
auch bei vergleichbaren Sachverhalten berechtigt, in der Sache selbst
zu entscheiden und Fehler des Tatrichters bei der Anwendung der Gesetze
zu korrigieren, wenn eine solche Entscheidung ohne Änderung
oder Ergänzung der tatrichterlichen Feststellungen getroffen
werden kann und keine dem Tatrichter vorbehaltenen Wertungen oder
Beurteilungen enthält. Da vorliegend der Strafausspruch keinen
Rechtsfehler aufweist und die zur Therapie erforderliche Dauer der
Unterbringung rechtsfehlerfrei von der sachverständig
beratenen Kammer festgestellt worden ist (vgl. hierzu Senat Beschluss
vom 12. Februar 2008 - 1 StR 657/07), handelt es sich bei der Bemessung
der Dauer des Vorwegvollzugs um einen auf den unter 1) aufgezeigten
zwingenden Vorgaben des § 67 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 StGB
n.F. beruhenden reinen Rechenvorgang. Jedwede Beeinträchtigung
von Rechten des Angeklagten dadurch, dass das Revisionsgericht die
Dauer des Vorwegvollzugs selbst feststellt, ist ausgeschlossen.
Vielmehr wird durch diese Vorgehensweise eine
überflüssige, den Belangen der Rechtspflege sowie dem
Beschleunigungsgebot zuwider laufende Verlängerung des
Verfahrens und der auf den Vorwegvollzug anzurechnenden
Untersuchungshaft (vgl. Fischer, StGB 55. Auflage § 67 Rdn. 9
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m.w.N.) vermieden, die im Falle einer Zurückverweisung und
Entscheidung erst nach neuer Hauptverhandlung eintreten würde."
Dem tritt der Senat bei und entscheidet deshalb wie vom
Generalbundesanwalt beantragt.
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Der geringe Teilerfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Angeklagten
von einem Teil der Kosten seines Rechtsmittels zu entlasten (§
473 Abs. 4 StPO).
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Wahl Boetticher Kolz
Hebenstreit Graf |