BGH,
Beschl. v. 6.5.2009 - 2 StR 128/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 128/09
vom
6. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 6. Mai 2009
gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354
Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 7. November 2008, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass sie der Beihilfe zur
versuchten schweren räuberischen Erpressung
(§§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 b, 22, 23 Abs. 1, 27
StGB) schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur versuchten
schweren räuberischen Erpressung (§§ 253,
255, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1, 27 StGB) zu einer Freiheitsstrafe
von drei Jahren verurteilt.
1
Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die
Verletzung materiellen Rechtes rügt.
2
- 3 -
Ihr Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen
Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Schuldspruch wegen Beihilfe zur versuchten besonders schweren
räuberischen Erpressung hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
4
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Angeklagte den beiden
Mittätern durch Auskundschaften des Tatortes und Fahren des
Fluchtfahrzeuges dazu Hilfe geleistet, eine Postfiliale zu
überfallen. Die beiden Mittäter, deren Versuch, an
Geld zu gelangen, trotz erheblicher Verletzungen einer Postbediensteten
gescheitert war, führten bei der Tat geladene Schusswaffen bei
sich.
5
Hinsichtlich der Kenntnis der Angeklagten H. vom Ladezustand der
Schusswaffen enthält das angefochtene Urteil einen
unauflösbaren Widerspruch.
6
Auf UA S. 64/65 der Urteilsgründe wird zum einen festgestellt,
dass sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass die
Angeklagte H. Kenntnis von der mitgeführten Munition und somit
der Schussbereitschaft der mitgeführten Waffen hatte. Zum
anderen wird vom Landgericht ausgeführt, dass die Angeklagte
den Einsatz der Waffen als Drohmittel gebilligt und dabei zwar in Kauf
genommen hatte, dass es sich um echte Waffen handeln könne,
nicht jedoch, dass damit auch geschossen werde.
7
Sollte Letzteres dahin zu verstehen sein, dass die Angeklagte doch
davon ausging, dass die Waffen geladen waren, wäre dies mit
der Feststellung, dass sie die Waffen nicht für schussbereit
hielt, unvereinbar.
8
- 4 -
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur versuchten schweren
räuberischen Erpressung im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr.
1 StGB war daher aufzuheben.
9
Die getroffenen Feststellungen tragen aber eine Verurteilung wegen
versuchter schwerer räuberischer Erpressung im Sinne des
§ 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB. § 265 StPO steht einer
entsprechenden Schuldspruchänderung durch den Senat nicht
entgegen, da die Angeklagte sich hiergegen nicht anders, insbesondere
erfolgreicher, hätte verteidigen können.
10
Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des
Strafausspruchs nach sich. Die Strafkammer ist nach zweimaliger
Milderung (§§ 23, 49 Abs. 1 StGB und
§§ 27, 49 Abs. 1 StGB) des Strafrahmens des
§ 250 Abs. 2 StGB (fünf bis fünfzehn Jahre)
von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu acht Jahren und
fünf Monaten ausgegangen. Der zweimal gemilderte Strafrahmen
des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB (drei bis fünfzehn
Jahre) beträgt ein Monat bis acht Jahre und fünf
Monate.
11
Der Senat kann letztlich nicht sicher ausschließen, dass die
Strafkammer bei Zugrundelegung des für die Angeklagte
günstigeren Strafrahmens eine noch mildere Strafe
verhängt hätte.
12
Hinzu kommt, dass die Strafzumessungserwägungen des
Tatrichters ohnehin durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten aufweisen.
13
Die Strafkammer hat zu Lasten der Angeklagten Folgendes
berücksichtigt: "Sie hat so letztlich eine Tat
ermöglicht, die ohne überhaupt zur Vollendung zu
gelangen, größere Folgen, etwa in Gestalt einer
schwerverletzt und letztlich berufsunfähig Bediensteten nach
sich gezogen hat. Statt die sich aufdrängenden Fragen an ihre
Mitangeklagten zu stellen und letzten Endes eine Mitwirkung zu
verweigern, hat die Angeklagte deren Tat gefördert, ohne ein
besonde-
14
- 5 -
res Interesse erkennen zu lassen. Straferschwerend waren daher die
schweren Folgen der (versuchten) Tat zu berücksichtigen,
wenngleich diese sicher nicht durch die Angeklagte angestrebt, jedoch
letztlich nur durch sie ermöglicht wurden" (UA S. 90).
Diese Erwägungen stellen einen Verstoß gegen
§ 46 Abs. 3 StGB dar. Es wird rechtsfehlerhaft
strafschärfend gewertet, dass die Angeklagte
überhaupt einen Tatbeitrag geleistet hat (vgl. hierzu BGHR
StGB § 46 Abs. 3 Beihilfe 1 und 3) und dass sie nicht
freiwillig zurückgetreten ist (vgl. BGH NStZ 1983, 217; StV
1997, 129). Darüber hinaus lässt die Strafzumessung
besorgen, dass der Angeklagten mit der Verletzung des Opfers ein
Umstand angelastet wird, der nicht von ihrem Vorsatz umfasst war. Der
Tatrichter hat auch nicht dargelegt, dass sie insoweit
fahrlässig gehandelt hat. Nur schuldhaftes Verhalten darf
jedoch strafschärfend gewertet werden.
15
Der Strafausspruch hat danach keinen Bestand.
16
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Appl Cierniak |