BGH,
Beschl. v. 6.11.2001 - 4 StR 461/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 461/01
vom
6. November 2001
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6.
November 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 6. Juli 2001 mit den Feststellungen aufgehoben
a) in den die Fälle II 1 und 2 der Urteilsgründe
betreffenden Strafaussprüchen,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer
räuberischer Erpressung in zwei Fällen,
gefährlicher Körperverletzung,
Körperverletzung, unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und
unerlaubtem Waffenbesitz" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben
Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es eine
Maßregelanordnung nach § 69 a StGB getroffen und die
Einziehung der Waffe angeordnet. Die gegen dieses Urteil gerichtete
Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts
rügt, hat zu den Strafaussprüchen teilweise Erfolg,
im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
Die Strafaussprüche in den Fällen II 1 und 2 der
Urteilsgründe haben keinen Bestand, weil das Landgericht das
Vorliegen minder schwerer Fälle der schweren
räuberischen Erpressung mit rechtsfehlerhafter
Begründung verneint hat. Die Entscheidung, ob ein minder
schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle
Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die
für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht
kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie
begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr., BGHSt 26, 97,
98; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall,
Prüfungspflicht 1 m.w.N.). Das Landgericht hat bei seiner
Gesamtabwägung nicht beachtet, daß zwischen den im
Juni bzw. Juli 1992 begangenen Taten und dem Urteil neun Jahre
vergangen sind. Eine solch lange Zeitspanne zwischen Begehung der Taten
und ihrer Aburteilung ist ein wesentlicher Strafmilderungsgrund, ohne
daß es dabei auf die Dauer des Strafverfahrens ankommt (st.
Rspr., BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13
und Zeitablauf 1, jew. m.w.N.). Dieser Milderungsgrund hätte
bei der Prüfung der Frage des minder schweren Falles
Berücksichtigung finden müssen. Darüber
hinaus weist die Gesamtabwägung des Landgerichts einen
weiteren Mangel auf, indem zuungunsten des Angeklagten "die
einschlägigen Vorstrafen" (UA 13) berücksichtigt
werden, obwohl solche im Urteil nicht festgestellt sind.
Die Aufhebung der Strafaussprüche in den Fällen II 1
und 2 der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung der
Gesamtfreiheitsstrafe. Die übrigen Einzelstrafen
können bestehen bleiben, da sie von dem Rechtsfehler nicht
berührt werden.
Tepperwien Kuckein Solin-Stojanovic Ernemann Sost-Scheible |