BGH,
Beschl. v. 6.9.2001 - 5 StR 318/01
5 StR 318/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 6. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. September 2001
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M
wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 26. Januar
2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO dahin
abgeändert,
daß der Angeklagte M
a) hinsichtlich des Falles II. B 3) der
Urteilsgründe vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen
wird und
b) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
1. Die weitergehende Revision wird gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Soweit der Angeklagte freigesprochen
wird, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen
Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
die übrigen Kosten seines Rechtsmittels hat der
Beschwerdeführer
zu tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten M wegen Steuerhinterziehung
in 21 Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls, falscher
Versicherung an
Eides statt sowie Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
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verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat - in
Übereinstimmung mit
dem Antrag des Generalbundesanwalts - in dem aus dem
Beschlußtenor
ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie aus den
Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des §
349
Abs. 2 StPO.
I.
Der Angeklagte ist vom Vorwurf des Betrugs aus Rechtsgründen
freizusprechen.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stand der
Lebensgefährtin
des Angeklagten aus einem Abfindungsvergleich nach einem Verkehrsunfall
gegen die Versicherungsgesellschaft ein Zahlungsanspruch in
Höhe von 65.000,00 DM zu. Nachdem es zunächst bei der
Einlösung eines
von der Versicherung übersandten Schecks Schwierigkeiten
gegeben hatte,
übermittelte die Versicherungsgesellschaft auf
Drängen des Angeklagten
einen Verrechnungsscheck direkt an dessen Bank, die diesen Betrag dem
Konto des Angeklagten gutschrieb. Infolge eines Versehens sandte die
Versicherungsgesellschaft
dem Angeklagten M sechs Tage später einen
weiteren Scheck über den Betrag von 65.000,00 DM zu. Auf
Veranlassung
des Angeklagten reichte der anderweitig Verfolgte W diesen Scheck bei
der Bank ein, die kurze Zeit später den Betrag von 65.000,00
DM auch tatsächlich
zur Einlösung brachte.
2. In diesem Geschehensablauf hat das Landgericht zu Unrecht einen
Betrug gesehen; es fehlt bereits an einer Täuschungshandlung
im Sinne des
§ 263 StGB.
a) Die Vorlage eines Schecks, mit der eine nicht (mehr) bestehende
Schuld eingefordert wird, kann eine Täuschungshandlung nur
begründen,
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wenn sich zumindest aus den Umständen die konkludente
Erklärung eines
tatsächlichen Geschehens ergibt (vgl. BGHSt 46, 196, 198). Nur
die Täuschung
über Tatsachen ist tatbestandsmäßig im
Sinne des § 263 StGB (vgl.
Ranft JuS 2001, 854, 855; zu weitgehend Hefendehl NStZ 2001, 281, der
den Bestand einer Forderung schlechthin als eine dem Beweis
zugängliche
Tatsache behandeln will).
Inwieweit eine Rechtsbehauptung zugleich einen Tatsachenkern
enthält,
bestimmt sich nach der Eigenart der jeweiligen Rechtsbeziehung.
Maßgeblich
ist hierfür, wie nach der Verkehrsanschauung eine entsprechende
Erklärung zu verstehen ist (BGH NJW 1995, 539, 540). Der
Verkehr wird vor
allem eine wahrheitsgemäße Darstellung von Tatsachen
im Zusammenhang
mit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruches erwarten,
soweit
die Tatsache wesentlich für die Beurteilung des Anspruchs ist
und der
Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne weiteres
überprüfen kann (vgl.
BGHSt 46, 196, 199; 39, 392, 398). Damit kommt der Pflichten- und
Risikoverteilung
zwischen den Geschäftspartnern wesentliches Gewicht bei der
Beantwortung der Frage zu, wann der Verkehr bei einem bestimmten
Geschäftstyp
der Behauptung eines Anspruchs schlüssig zugleich die
Behauptung
bestimmter anspruchsbegründender Tatsachen beimißt
(vgl.
Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. §
263 Rdn. 14 f.). Eine Tatsachenbehauptung
wird deshalb immer dann vorliegen, wenn der Anspruch
dem Grunde oder der Höhe nach von tatsächlichen
Umständen abhängt,
deren Vorliegen dem Erklärungsgegner jedenfalls nicht ohne
weiteres erkennbar
ist. Diesen werden nämlich regelmäßig nur
solche Gesichtspunkte
interessieren, die seine Vermögensinteressen berühren
(BGH StV 2000,
477, 478). Umgekehrt bedeutet dies, daß bei einem Einfordern
einer Leistung
konkludent nur solche wahrheitswidrigen Umstände
schlüssig miterklärt
werden, die eine Vermögensgefährdung auf Seiten des
Geschäftsgegners
herbeiführen könnten. Auf den hier vorliegenden Fall
bezogen lautet
deshalb die Fragestellung, ob im Verhältnis zu der den Scheck
einlösenden
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Bank der Umstand eine Rolle gespielt haben könnte,
daß die Schuld aus
dem Abfindungsvergleich mit Einlösung des früher
bereits versandten
Schecks getilgt war.
b) Danach liegt hier keine Täuschungshandlung vor, weil es
für die
den Scheck einlösende Bank ohne Bedeutung ist, ob das der
Scheckhingabe
zugrundeliegende Schuldverhältnis besteht. Der Einreichung
eines
Schecks kommt deshalb auch kein diesbezüglicher
Erklärungsgehalt zu.
Für die Bank ist nämlich nur von Relevanz,
daß der Scheck eine wirksame
Anweisung des Ausstellers enthält, die sie verpflichtet, den
Scheck
einzulösen. Deshalb wird der befaßte Bankmitarbeiter
nur die Umstände
prüfen, die hierfür in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht von Bedeutung
sind. Da der Scheck durch essentielle inhaltliche Erfordernisse bestimmt
wird (Art. 1 bis 3 ScheckG), muß der Bankmitarbeiter im Falle
der Scheckvorlage
diese Voraussetzungen auch beachten. Die Vorlage des Schecks
enthält deshalb die konkludente Erklärung,
daß die wesentlichen Scheckvoraussetzungen
(Unterschrift des Ausstellers, Anweisung und Schecksumme)
durch die sich aus der Scheckurkunde ergebende Person getätigt
worden
sind. Insoweit lag keine Falscherklärung des Angeklagten und
der von
ihm mit der Einreichung beauftragten Person vor, weil die
Umstände, die
eine die bezogene Bank schriftlich bindende Anweisung bewirkten,
rechtlich
und tatsächlich zutreffend gegenüber der Bank
bezeichnet wurden.
c) Der vorgelegte Scheck ist auch nicht nach Art. 21 ScheckG abhanden
gekommen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob - im Hinblick auf
mögliche Regreßforderungen - im Falle eines abhanden
gekommenen
Schecks etwas anderes gilt (vgl. Marxen, BayObLG EWiR § 263
StGB 1/99,
519 f.). Ein Abhandenkommen im Sinne des Art. 21 ScheckG läge
vor, wenn
der Scheck ohne rechtswirksamen Begebungsvertrag in fremde
Hände gelangt
wäre (vgl. BGHZ 26, 268, 272; BGH NJW 1951, 402; Baum-
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bach/Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz 22. Aufl. Art. 21 ScheckG
Rdn. 3). Hier wollte die aus dem Abfindungsvergleich verpflichtete
Versicherung
jedoch den Scheck an den Angeklagten übersenden. Der Umstand,
daß durch die bereits vorher erfolgte Einlösung des
ersten Schecks die Verbindlichkeit
bereits erfüllt war, bildete lediglich einen unbeachtlichen
Motivirrtum,
der von § 119 BGB nicht erfaßt wird.
d) Dem Angeklagten stand zum Zeitpunkt der Einlösung des
Schecks
ein wirksamer Anspruch aus dem Scheck zu. Allerdings fehlte im
Grundverhältnis
zwischen ihm als Gläubiger und der Versicherung als
Schuldnerin im
Zeitpunkt der Versendung des Schecks aufgrund der zwischenzeitlichen
Tilgung
der Schuld ein rechtlicher Grund im Sinne des § 812 BGB. Dieser
Mangel hätte die Versicherung ab dem Zeitpunkt der Versendung
des
Schecks berechtigt, den versehentlich ausgereichten Scheck im Wege des
Bereicherungsausgleiches zurückzuverlangen. Dies
läßt jedoch das Verhältnis
zwischen dem Angeklagten als Scheckeinreicher und der bezogenen
Bank unberührt, weil der Scheck ein vom Grundgeschäft
unabhängiges
Wertpapier darstellt (vgl. Bülow, Heidelberger Kommentar zum
Wechselund
Scheckgesetz 3. Aufl. Einf. vor ScheckG Rdn. 6 f.). Die bloße
Vorlage
des Schecks konnte deshalb gegenüber der Bank konkludent auch
keine
Erklärung rechtlicher oder tatsächlicher Art
enthalten, die sich auf ein anderes
Rechtsverhältnis (zwischen anderen Personen) bezog,
nämlich das
Grundverhältnis zwischen Schecknehmer und Scheckaussteller.
Umstände
aus dem Grundverhältnis gehören bei einer wertenden
Gesamtbetrachtung
grundsätzlich nicht zum Erklärungsinhalt einer
Scheckvorlage. Damit scheidet
eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB aus.
II.
Aufgrund des Freispruchs entfällt die für die
Verurteilung wegen Betrugs
ausgeworfene Einzelfreiheitsstrafe in Höhe von sechs Monaten.
Auf
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Antrag des Generalbundesanwalts reduziert der Senat die
ursprüngliche
Gesamtstrafe von vier Jahren um sechs Monate und setzt selbst aus
Gründen
der Verfahrensökonomie eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und
sechs Monaten fest. Hierzu ist er analog § 354 Abs. 1 StPO
befugt, weil die
jetzt gebildete Gesamtstrafe das für den Angeklagten denkbar
günstigste
Ergebnis darstellt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 -
Strafausspruch 2).
Harms Häger Tepperwien
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