BGH,
Beschl. v. 7.3.2001 - 1 StR 22/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 22/01
vom
7. März 2001
in der Strafsache gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2001
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Traunstein vom 7. September 2000 im Strafausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Der Angeklagte wurde wegen Totschlags seiner Ehefrau zu 14 Jahren
Freiheitsstrafe verurteilt.
Seine Revision bleibt zum Schuldspruch erfolglos (§ 349 Abs. 2
StPO), hat aber zum Strafausspruch Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
1. Die Strafkammer hat zum Nachteil des Angeklagten
berücksichtigt, daß seine Ehefrau "bei ihm geblieben
war", obwohl sie Schwierigkeiten hatte, mit seinen
körperlichen und seelischen Problemen umzugehen, die auf einen
Verkehrsunfall zurückgingen.
Diese Erwägung schöpft die zu der Ehe getroffenen
Feststellungen nicht aus.
Wegen der "ständigen Wehleidigkeit" des Angeklagten
vernächläßigte die Ehefrau den Haushalt und
insbesondere die Erziehung des gemeinsamen Sohnes. Sie schloß
sich einer Bauchtanzgruppe an und hatte mehrere
Männerbekanntschaften. Mit J. und B. hatte sie auch sexuelle
Beziehungen. Zum Geschlechtsverkehr zwischen den Ehegatten war es seit
einiger Zeit nicht mehr gekommen, nachdem sie sich auf einer von ihr
allein unternommenen Reise in die Türkei eine
Geschlechtskrankheit zugezogen hatte. Am Tattag war sie
zunächst bei J. zu Besuch und ging mit
B. zum Abendessen. Die Erfüllung des dann nicht realisierten
Wunsches des Angeklagten, an dem Abendessen teilzunehmen, wollte die
Ehefrau vom Einverständnis B. s abhängig machen.
Mit alledem hat sich die Strafkammer nicht erkennbar
auseinandergesetzt, sondern die Beziehung der Eheleute
ausschließlich im Hinblick auf die von ihr in diesem
Zusammenhang genannten Gesichtspunkte strafschärfend
berücksichtigt.
2. Auch das Nachtatverhalten des Angeklagten ist nicht rechtsfehlerfrei
strafschärfend berücksichtigt.
Nach der Tat versteckte der Angeklagte zunächst die Tatwaffe
und seine blutverschmierte Kleidung im Wald - dies ist nicht
strafschärfend berücksich-tigt - und ging dann in ein
Lokal. Hier traf er zufällig M. , die ihn fragte, wo seine
Frau sei. Er erwiderte, sie sei zu einem Auftritt (der Bauchtanzgruppe)
nach München gefahren. Später traf er auch noch B. ,
mit dem er "einige" - offenbar belanglose - "Worte wechselte". Die
Strafkammer würdigt dieses Verhalten strafschärfend,
weil es zeige, daß sich der Angeklagte von seiner Tat nicht
distanziert, sondern sich mit ihr identifiziert habe.
Da sich aus alledem nicht ergibt, daß sich der Angeklagte
seiner Tat berühmt hätte, legt die Strafkammer dem
Angeklagten damit im Ergebnis fehlende Reue zur Last. Wie der
Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend ausgeführt hat,
kann von einem bestreitenden Angeklagten weder Schuldeinsicht noch Reue
verlangt werden, da sich niemand selbst belasten muß. Nichts
anderes gilt, wenn ein Täter, dessen Tat noch nicht bekannt
ist, sich gegenüber Außenstehenden
unauffällig verhält und auf nicht zielgerichtete,
beiläufige Fragen, die er richtig nur mit einem
Geständnis beantworten könnte, unzutreffende
Antworten gibt. Besonderheiten, die hier gleichwohl eine
strafschärfende Berücksichtigung des geschilderten
Nachtatverhaltens rechtfertigen könnten, sind nicht
ersichtlich.
3. Da nach alledem über den Strafausspruch neu entschieden
werden muß, kommt es auf das weitere, ebenfalls den
Strafausspruch betreffende Revisionsvorbringen nicht mehr an.
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