BGH,
Beschl. v. 8.8.2008 - 2 StR 277/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 277/08
vom
8.8.2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8.8.2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 13.2.2008, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in 51 Fällen, räuberischer
Erpressung, Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei Fällen,
versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen,
Diebstahls in sieben Fällen sowie wegen versuchten Diebstahls
in neun Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die näher
ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat
nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
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1. Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weisen keinen
durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit
ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs.
2 StPO. Zwar hat das Landgericht - abgesehen vom Fall 27 der Anklage
vom 10. November 2007 - nicht, wie erforderlich (vgl. BGH, Beschl. vom
14.5.2008 - 2 StR 147/08), den Mindestwirkstoffgehalt der gehandelten
Drogen mitgeteilt; die Einstufung der Qualität als "in der
Regel durchschnittlich" bzw. "in aller Regel gut durchschnittlich"
genügt insoweit nicht. Der Senat kann jedoch
ausschließen, dass der Schuldspruch - auch in den
Fällen 26 und 31 der Anklage vom 10. November 2007 -hier auf
dieser Unterlassung beruht. Das Gleiche gilt angesichts der milden
Einzelstrafen auch für den Strafausspruch.
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2. Das Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, soweit eine
Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Das
Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte seit dem Jahre 1998
Drogen konsumiert und dass er eine ambulante Drogentherapie - mit
vorübergehendem Erfolg - absolviert hat; die abgeurteilten
Taten habe er "aufgrund einer gewissen
Betäubungsmittelabhängigkeit und -sucht begangen" (UA
6, 70).
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Auf der Grundlage dieser Feststellungen hätte sich der
Tatrichter mit der Anordnung einer Maßregel
gemäß § 64 StGB auseinandersetzen
müssen. Die unterlassene Prüfung erweist sich auch
nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der
Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.
Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend
anzuordnen ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr
eingeräumte Ermessen auch tatsächlich
ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich
machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.; Beschl. vom 17.6.2008 - 3 StR
221/08). Im Übrigen
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sind nach den Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür
erkennbar, dass hier ein Ausnahmefall vorliegt, in dem der Tatrichter
nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen könnte. Den
bisher getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die
Maßregelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden
müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines
Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) fehlt.
Der vollstreckungsrechtlichen Regelung des § 35 BtMG geht
§ 64 StGB vor (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 12; StraFo 2004, 359;
Beschl. vom 14. März 2007 - 2 StR 75/07). Dies hat der
Tatrichter vorliegend bei seiner Ankündigung, die Kammer werde
ihre Zustimmung zu einer Zurückstellung der Strafvollstreckung
gemäß § 35 BtMG erteilen (UA 70),
übersehen. Über die Maßregelanordnung ist
daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§
246 a Satz 2 StPO) neu zu entscheiden.
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Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Cierniak Schmitt |