Darstellung der BGH-Rechtsprechung zum Strafrecht ::     
 LINKWEG ::: inhalt / entscheidungen
 
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 4 StR 539/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 9.2.2005 - 4 StR 539/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 539/04
vom
9.02.2005
in dem Sicherungsverfahren
gegen
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9.02.2005 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des
Landgerichts Paderborn vom 18. Oktober 2004 mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem
psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) angeordnet. Hiergegen wendet sich
der Beschuldigte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung formellen
und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
Das Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die bisher
getroffenen Feststellungen für die Annahme des Landgerichts, der Beschuldigte
habe im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) eine - im Urteil nicht
bezeichnete - "tatbestandsmäßige und rechtswidrige Straftat" begangen
(UA 17), keine genügende Grundlage bilden. Nach den Feststellungen schloß
der - an einer paranoiden Psychose leidende - Beschuldigte im März 2002 mit
dem Juwelier D. "unter Vortäuschung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit ...
einen Werk- und Kaufvertrag über diverse Schmuckstücke zum Gesamtpreis
- 3 -
von 22.661,66 Euro ab" (UA 11). Vereinbarungsgemäß sollte der Schmuck am
10. April 2002 von dem Beschuldigten abgeholt und bezahlt werden. Der Juwelier
nahm ein Darlehen in Höhe von 15.000 Euro auf, um seinerseits die Ware
bei einem Händler bestellen zu können. Der Beschuldigte kam seiner Zusage,
die Ware abzuholen und zu bezahlen nicht nach. Vielmehr vertröstete er den
Juwelier mehrfach und erfand immer wieder neue Gründe, weshalb sich die
Abholung und Bezahlung der Ware verzögere. Schließlich erwirkte der Juwelier
im Juni 2003 gegen den Beschuldigten ein Versäumnisurteil, in dem dieser
zur Zahlung "Zug um Zug gegen Übergabe der Schmuckstücke" verurteilt wurde.
Ersichtlich sieht das Landgericht in dem Verhalten des Beschuldigten
einen tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Betrug im Sinne des § 263
Abs. 1 StGB. Dies begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Annahme eines vollendeten (Eingehungs-)Betrugs durch Abschluß
des Vertrages scheidet hier schon deshalb aus, weil der Juwelier zur Lieferung
des von dem Beschuldigten bestellten Schmucks nur Zug um Zug gegen Bezahlung
verpflichtet war. In solchen Fällen liegt in dem Vertragsschluß regelmäßig
noch keine schadensgleiche Vermögensgefährdung (st. Rspr.; BGH StV
1999, 24; wistra 2001, 423 m.w.N.). Die hier dem Juwelier entstandenen Vermögenseinbußen
sind kein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB, weil
es insoweit an der erforderlichen Stoffgleichheit zwischen Schaden und angestrebtem
Vermögensvorteil fehlt (vgl. BGH StV 1999, 24; BGHR StGB § 263
Abs. 1 Vermögensschaden 46).
- 4 -
Die getroffenen Feststellungen belegen aber auch einen durch den Beschuldigten
begangenen versuchten Betrug nicht. Dieser käme nur dann in Betracht,
wenn der Beschuldigte davon ausging, er werde den bei dem Juwelier
bestellten Schmuck auch ohne Bezahlung ausgehändigt erhalten (vgl. BGH
aaO). Dafür bieten die bisher getroffenen Feststellungen jedoch keinen genügenden
Anhalt. Vielmehr hat der Beschuldigte nach den Angaben des Juweliers
bei den wiederholten Versuchen, ihn zu vertrösten, ihn dazu bewegen wollen,
"die Ware für ihn vorzuhalten", und habe der Beschuldigte auch im übrigen
zugesagt, den Schmuck "zu bezahlen und abzuholen" (UA 14).
Da die strafrechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
nach § 63 StGB eine rechtswidrige Anlaßtat voraussetzt, nötigt der aufgezeigte
Rechtsfehler zur Aufhebung des Urteils insgesamt.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanovi Ernemann



:: freigabestatus allgemein    
             © 2010 - 2017 Peter Wiete • E-Mail:  info@wiete-strafrecht.de