BGH,
Beschl. v. 9.7.2004 - 2 StR 170/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 170/04
vom
9. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli
2004 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mühlhausen vom 3. Dezember 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die
Verurteilung wegen
tateinheitlich begangener gefährlicher
Körperverletzung
entfällt,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung und wegen
Computerbetrugs unter
Einbeziehung der Strafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts
Mühlhausen
vom 20. Juli 2001 (Geldstrafe von 100 Tagessätzen) und der
Strafen aus ei-
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nem Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen vom 25. September 2001
(Gesamtfreiheitsstrafe
ein Jahr und zwei Monate - Einzelfreiheitsstrafen von zweimal
sechs Monaten sowie vier Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
sieben
Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete, auf die Verletzung formellen
und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat
mit der Sachrüge
in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist
das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs.
2 StPO.
1. Der Schuldspruch bedarf einer Änderung. Insoweit
schließt sich der
Senat der Stellungnahme des Generalbundesanwalts an, der zutreffend
ausgeführt
hat:
"Nicht bestehen bleiben kann hingegen der Schuldspruch wegen
tateinheitlich
verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach
§ 224 Abs. 1 Nr. 5
StGB, weil dieses Delikt auf der Konkurrenzebene von § 250
Abs. 2 Ziff. 3
StGB verdrängt wird. Das Merkmal der körperlich
schweren Mißhandlung in
§ 250 Abs. 2 Nr. 3 a StGB, welches auch in den Qualifikationen
der §§ 176 a
Abs. 1 Nr. 4 und 177 Abs. 4 Nr. 2 StGB enthalten ist, ist in Anlehnung
an das
frühere Regelbeispiel des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB
a.F. auszulegen (BGH NJW
2000, 3655). Der Unrechtsgehalt des Körperverletzungsdelikts
wird von dieser
Tatbestandsalternative vollständig abgedeckt
(Tröndle/Fischer, § 177 Rn. 61;
Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl.,
§ 177 Rn. 29; SKHorn/
Wolters § 177 Rn. 22). Ebenso geht das potentielle
Gefährdungsdelikt
des § 244 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. Tröndle/Fischer
§ 224 Rn. 12 m.w.N.) voll-
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ständig in der als konkretes Gefährdungsdelikt
ausgestalteten Norm des § 250
Abs. 2 Nr. 3 b StGB auf."
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt nicht zu
einer Änderung der
verhängten Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs
Monaten. Der Senat kann
ausschließen, daß das Landgericht eine noch mildere
als die angesichts der
Tat sehr maßvolle Strafe verhängt hätte.
3. Keinen Bestand haben kann aber der Ausspruch über die
Gesamtfreiheitsstrafe.
Auch insoweit schließt sich der Senat der Stellungnahme des
Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:
"Gegenstand der Gesamtstrafenbildung waren neben der wegen schweren
Raubes verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und
sechs Monaten lediglich
die ausgesprochene weitere Einzelstrafe von sechs Monaten wegen
Computerbetrugs sowie drei vormals vom Amtsgericht Mühlhausen
auf eine
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten
zurückgeführte Vorbelastungen.
Die erfolgte Erhöhung der Einsatzstrafe um ein Jahr und acht
Monate
entspricht in der Summe der früheren vom Amtsgericht
Mühlhausen festgesetzten
Gesamtstrafe zuzüglich der weiteren Einzelstrafe. Dies ist
rechtsfehlerhaft.
Denn danach hat die Kammer entweder unter Übernahme der
aufgelösten
Gesamtstrafe die Einzelstrafe von sechs Monaten wegen Computerbetruges
in
voller Höhe bei der Festsetzung der Gesamtstrafe
berücksichtigt. Dies hätte
allerdings näherer Begründung bedurft, zumal diesem
im engen zeitlichen Zusammenhangs
mit der Raubtat begangenem Vergehen der Charakter einer
Nachtat zukam. Oder aber die Kammer hat nunmehr die frühere
Gesamtstrafe
erhöht. Gelangt der Tatrichter aber bei einer
nachträglichen Gesamtstrafenbil-
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dung zu einer Verschärfung der aufgelösten
Gesamtstrafe, die in der Zahl und
Höhe der neu hinzutretenden Einzelstrafen sowie den sonstigen
für die Bildung
der Gesamtstrafe bestimmenden Faktoren keine ausreichende
Erklärung findet,
so hat er die Änderung des Bewertungsmaßstabes
anzusprechen und hierfür
nachvollziehbare Gründe zu nennen (BGHR StGB § 55 I
Einbeziehung 8,
obiter dictum). Solche sind jedoch auch dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe
nicht zu entnehmen, weil die einbezogenen Taten vor dem abgeurteilten
Geschehen lagen oder ein gänzlich anders gelagertes Delikt
(umweltgefährdende
Abfallbeseitigung) betrafen. Vielmehr spricht die
ausdrückliche Erwägung,
vorliegend sei wegen des langen Zeitablaufs ein straffer Zusammenzug
geboten (UA S. 23), gerade dagegen, daß die Kammer
über das vormalige
Strafmaß des Amtsgerichts Mühlhausen hinausgehen
wollte. Die dem Gesamtstrafenausspruch
zugrunde liegenden Feststellungen können zumindest deshalb
nicht aufrechterhalten bleiben, weil aufgrund der bereits seit dem
Sommer
2002 gegen den Angeklagten vollzogenen Vollstreckung der einbezogenen
Strafen (vgl. Bd. II, Bl. 695, 702, 720, 725 d.A.) deren
zwischenzeitliche Erledigung
(und gegebenenfalls die Gewährung von Härteausgleich)
neuerlich zu
prüfen sein wird."
Zur Frage einer neuerlichen Gesamtstrafenbildung weist der Senat aber
auch auf folgendes hin:
Grundsätzlich hat nach Aufhebung einer Gesamtstrafe in der
erneuten
Verhandlung die Gesamtstrafenbildung gemäß
§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nach
Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten
Verhandlung zu
erfolgen. Dies gilt nicht nur wenn die Urteilsaufhebung gerade wegen
fehlerhaft
unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafenbildung erfolgt
ist. Vielmehr ist so
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regelmäßig auch in anderen Fällen der
Gesamtstrafenaufhebung zu verfahren,
damit einem Revisionsführer ein erlangter Rechtsvorteil durch
nachträgliche
Gesamtstrafenbildung nicht durch sein Rechtsmittel genommen wird (BGH
NStZ 2001, 645).
Bode Detter Otten
Rothfuß Ri'inBGH Roggenbuck ist durch
Urlaub an der Unterschrift gehindert.
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