BGH,
Beschl. v. 9.6.2004 - 5 StR 136/04
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung:
StGB § 263
Erschleicht sich der Käufer einer Ware einen Rabatt,
liegt ein Betrug nur dann vor, wenn festgestellt werden
kann, daß die Ware zu einem höheren Preis anderweitig
ohne einen gleichzeitig höheren Kostenaufwand
hätte verkauft werden können (im Anschluß
an BGH
NStZ 1991, 488).
BGH, Beschluß vom
9.06.2004
5 StR 136/04
LG Stuttgart -
5 StR 136/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 9.06.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9.06.2004
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S wird das
Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11. August 2003
- gemäß § 357 StPO unter Erstreckung auf
den Mitangeklagten
T - nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen
verurteilt wurden; vom Vorwurf des Betrugs in
drei Fällen werden die Angeklagten auf Kosten der
Staatskasse freigesprochen, die auch die hierauf
entfallenden notwendigen Auslagen der Angeklagten
zu tragen hat;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten
S wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet
verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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G r ü n d e
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten jeweils wegen Betrugs
in drei Fällen und Umsatzsteuerhinterziehung in acht
Fällen schuldig gesprochen.
Den Angeklagten S hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
vier Jahren und den - nicht revidierenden - Angeklagten T zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten
S führt zum Freispruch der beiden Angeklagten vom Vorwurf des
Betrugs und zur Aufhebung der Gesamtstrafen. Im übrigen ist
die Revision
des Angeklagten S unbegründet im Sinne des § 349 Abs.
2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts beherrschte der Angeklagte
S mehrere - überwiegend in der Rechtsform einer GmbH errichtete
- Gesellschaften, die zur sogenannten „S -Gruppe“
zusammengefaßt
waren, die jedoch nur über insgesamt 14 Mitarbeiter
verfügte. Für
vier dieser Gesellschaften erwarb der Angeklagte S unter Mitwirkung
des nicht revidierenden Angeklagten T in den Jahren 1999, 2000
und 2001 von der D AG rund 1800 fabrikneue Fahrzeuge mit
erheblichen Mengenrabatten. Der Angeklagte erzielte um 2 bis 9 %
höhere
Rabatte, als seinerzeit von der D AG üblicherweise Kunden
eingeräumt wurden. In den mit der D AG getroffenen
Vereinbarungen
verpflichtete sich der Angeklagte, die erworbenen Autos nicht vor
Ablauf einer Haltezeit von sechs Monaten weiterzuverkaufen. Die
Verträge
wurden durch das Autohaus G , einen autorisierten
Mercedes-Händler
vermittelt, der hierfür auch Provisionen erhielt. Diese
Halteverpflichtung beachtete
der Angeklagte nicht, sondern veräußerte die
Fahrzeuge, die etwa zu
einem Drittel aus Lagerbeständen kamen, teilweise aber auch
als Individualanfertigungen
eine Zusatzausstattung für den Verkauf nach Fernost aufwiesen,
unter Verletzung der Haltevereinbarung umgehend weiter.
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Nach Auffassung des Landgerichts erlitt die D AG
hierdurch einen Schaden in Höhe von 4,14 Mio. DM, weil die
Fahrzeuge anderweitig
hätten teurer verkauft werden können. Hierin sieht
das Landgericht,
das die auf der Grundlage jährlich abgeschlossener
Mengenrabattabkommen
getätigten Bestellungen eines Kalenderjahres zu
selbständigen Taten zusammenfaßt,
für die Jahre 1999, 2000 und 2001 jeweils einen Betrug zu
Lasten der D AG.
II.
Die Verurteilungen wegen Betrugs in drei Fällen begegnen
durchgreifenden
rechtlichen Bedenken. Dies führt insoweit zur Aufhebung des
landgerichtlichen Urteils und zum Freispruch der Angeklagten.
1. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob die von den Angeklagten
eingegangene Verpflichtung, die Autos nicht vor Ablauf einer Frist
von sechs Monaten zu veräußern,
möglicherweise unter dem Gesichtspunkt
des Art. 81 Abs. 2 EGV unwirksam war. Eine ausdrückliche
Freistellung dieser
für den Erwerber wettbewerbsbeschränkenden
Vereinbarung enthält weder
die GVO 1475/95 (VO [EG] Nr. 1475/05 der Kommission vom 28. Juni
1995, ABl. L 145/25 vom 29. Juni 1995) noch ihre Nachfolgeregelung (VO
[EG] Nr. 1400/2002 der Kommission vom 31. Juli 2002, ABl. L 203/30 vom
1. August 2002). Allerdings werden in beiden Verordnungen selektive
Vertriebsbindungen
als grundsätzlich sachgerecht angesehen (vgl.
Erwägungsgrund
4 - GVO 1995; Erwägungsgrund 5 - VO 2002). Dies
könnte für die
Wirksamkeit der durch entsprechende Haltevereinbarungen bewirkten
Begrenzung
des Händlernetzes sprechen. Letztlich kann diese Frage aber
ebenso
offen bleiben, wie die Frage einer Wirksamkeit der
„Übergrenzprovisionen“
und ihrer etwaigen Fehlerfolge auch im Blick auf das
Vertragsverhältnis
zwischen der D AG und der Firmengruppe des Angeklagten
S (vgl. Art. 6 Nr. 7 GVO 1995; Art. 5 Abs. 2 lit. b VO 2002).
Für
solche Ausgleichszahlungen zugunsten der örtlichen
Vertragshändler der
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D AG wurde der Angeklagte S in Anspruch genommen
und hat diese teilweise auch erbracht.
2. Die Verurteilungen wegen Betrugs können jedenfalls deshalb
keinen
Bestand haben, weil das Landgericht zu Unrecht einen
Vermögensschaden
im Sinne des § 263 StGB angenommen hat.
a) Das Landgericht hat festgestellt, daß die der „S
-Gruppe“ überlassenen
Fahrzeuge mit einem höheren Rabatt als für
Einzelkunden üblich
verkauft wurden. Aus der Differenz zwischen dem durchschnittlichen
Rabatt
für Einzelkunden und den der „S -Gruppe“
eingeräumten Rabatten
errechnet das Landgericht den Schaden, wobei es von dieser Summe
10 % abzieht, weil in dieser Größenordnung Fahrzeuge
auch an andere
Mengenrabattkunden geliefert worden wären. Der so vom
Landgericht ermittelte
Schaden beträgt 4,14 Mio. DM. Es nimmt dabei -
gestützt auf Einschätzungen
von zwei als Zeugen gehörten leitenden Mitarbeitern des
Verkaufs
der D AG - an, daß die an die „S -Gruppe“
verkauften
Autos mit aller Wahrscheinlichkeit auch an Einzelkunden in
Deutschland hätten veräußert werden
können.
b) Damit bestimmt das Landgericht den Vermögensschaden im Sinne
des § 263 StGB nicht rechtsfehlerfrei.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erleidet der
Verkäufer, der aufgrund einer Täuschung einen
Sonderrabatt einräumt, nicht
ohne weiteres in Höhe des erschlichenen Rabatts einen Schaden
(BGH NJW
1993, 2992 f.; NStZ 1991, 488; MDR (H) 1981, 100). Da der Rabatt
regelmäßig
lediglich die Gewinnmarge aus dem Geschäft vermindern wird,
bedingt
die Rabattgewährung grundsätzlich nur eine reduzierte
Vermögensvermehrung.
Die bloße Vereitelung einer Vermögensvermehrung
begründet aber
keinen Betrug im Sinne des § 263 StGB (BGHR StGB §
263 Abs. 1 Vermögensschaden
8; vgl. auch schon RGSt 41, 373, 375; 64, 181 f.). Entschei-
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dend ist für die Tatbestandserfüllung beim
(Eingehungs-)Betrug nämlich, daß
der Verfügende aus dem Bestand seines Vermögens
aufgrund der Täuschung
mehr weggibt als zurückerhält (BGHSt 16, 220, 223 im
Anschluß an
RGSt 9, 362).
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die unterlassene
Vermögensmehrung
sich nicht nur auf eine tatsächliche Erwerbs- oder
Gewinnaussicht
bezieht, sondern bereits so verdichtet ist, daß ihr der
Geschäftsverkehr deswegen
bereits wirtschaftlichen Wert beimißt, weil sie mit
Wahrscheinlichkeit
einen Vermögenszuwachs erwarten läßt (BGHSt
17, 147, 148; vgl. auch
BGHSt 20, 143, 145; 31, 232, 234 zur Untreue). Dann erstarkt
nämlich die
Geschäftschance selbst zum Vermögenswert, welcher
dann - und hierin liegt
der Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB - durch
die Täuschungshandlung
beeinträchtigt wird.
Ob ein Vermögensschaden im Falle einer
Täuschungshandlung, die
zur Einräumung eines Sonderrabatts geführt hat,
eingetreten ist, muß durch
einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach
Abschluß des Vertrages
bestimmt werden. Dabei sind die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen
zu
vergleichen. Nur wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des
Täuschenden
(hier: der vom Angeklagten zu entrichtende Kaufpreis) hinter dem
Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten
(hier: der Wert
der gelieferten Autos) zurückbleibt, ist der
Getäuschte geschädigt (BGH
NStZ 1991, 488).
Entscheidend ist dabei die Bestimmung des Werts der Fahrzeuge.
Dieser ist grundsätzlich anhand des Verkaufspreises der
betreffenden Umsatzstufe
am Markt zu ermitteln (so BGH aaO), wobei allerdings nur solche
(hypothetischen) Umsatzerlöse zu berücksichtigen
sind, die bei einem anderweitigen
Verkauf wahrscheinlich zu realisieren gewesen wären. Wird der
Verkaufspreis einer nachgelagerten Handelsstufe - wie hier: derjenige an
den Einzelkäufer - dazu in Bezug gesetzt, muß einmal
eine Wahrscheinlich-
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keit dafür bestehen, daß eine entsprechende Anzahl
von Einzelkäufern tatsächlich
die Autos zu dem höheren Preis abnehmen. Es muß aber
weiterhin,
weil die Schadensbestimmung beim Betrug einen
Gesamtvermögensvergleich
voraussetzt (vgl. Cramer in Schönke/Schröder, StGB
26. Aufl. § 263
Rdn. 99 f. m.w.N.), auch der zusätzliche Kostenaufwand mit
berücksichtigt
werden, der durch den Vertrieb in der nachgelagerten Handelsstufe
entsteht
(Inseratskosten, erhöhte Vorhaltekosten im Ladenlokal,
Vertriebskosten).
bb) Diesen Maßstäben genügt das
landgerichtliche Urteil schon deshalb
nicht, weil es die einzelnen Handelsstufen nicht abschichtet. Die
Firmengruppe
des Angeklagten kann als Abnehmer einer erheblichen Zahl von
Fahrzeugen (insgesamt etwa 1800), die letztlich - ungeachtet der
Halteverpflichtung
von sechs Monaten - dem Weiterverkauf zugeführt werden sollten,
nicht einem Einzelkäufer gleichgestellt werden und wurde dies
- wie die
Aushandlung der Verträge mit der D Vertriebsorganisation
Deutschland (DCVD) zeigt - auch tatsächlich nicht. Dann aber
hätten die
Ersparnisse im vertrieblichen Aufwand, die mit dem
Geschäftsabschluß mit
solchen Mengenkunden verbunden sind, bei der Schadensbestimmung
gegengerechnet
werden müssen. Dies hat das Landgericht unterlassen.
Im übrigen kann auch die Beweiswürdigung des
Landgerichts zum
Vermögensschaden keinen Bestand haben, weil das Landgericht
seine Folgerung,
die Fahrzeuge hätten auch an Einzelkunden mit geringeren
Rabatten
verkauft werden können, nicht belegt hat. Letztlich
übernimmt das Landgericht
dabei nur Behauptungen der als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter
der DCVD. Tatsachen, die diese Hypothese hätten
stützen können, werden
nicht mitgeteilt. Soweit das Landgericht auf die Rabattpraxis
gegenüber den
bisherigen Einzelkunden verweist, ist dieser Vergleich nicht
aussagekräftig.
Der Kundenkreis für entsprechend hochpreisige Autos ist
zwangsläufig endlich.
Dies impliziert aber gleichzeitig, daß nicht ohne weiteres
unterstellt werden
kann, weitere Kunden würden zusätzliche Autos zu
gleichen Rabattkonditionen
kaufen. Einen Nachfrageüberhang, der möglicherweise
eine solche
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Einschätzung rechtfertigen könnte, hat das
Landgericht nicht festgestellt. Insoweit
fehlen auch sämtliche Anhaltspunkte. Die vom Landgericht
angenommene
Absatzfähigkeit der Autos erweist sich damit nicht als
tragfähige
Schlußfolgerung, sondern als bloße Vermutung ohne
den notwendigen Beleg
durch Tatsachen. Hierauf kann eine Verurteilung nicht gestützt
werden
(BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26).
3. Der Senat sieht insoweit von einer Zurückverweisung der
Sache
an das Landgericht ab und spricht die Angeklagten vom Vorwurf des
Betrugs
frei, weil angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls nicht
zu erwarten
ist, daß noch Feststellungen getroffen werden
können, die eine Verurteilung
wegen Betrugs tragen würden.
a) Es ist nicht ersichtlich, wie ein neuer Tatrichter unter
Berücksichtigung
des Zweifelssatzes wird feststellen können, daß
für die an die Firmengruppe
S verkauften Fahrzeuge zusätzliche Kunden hätten
gefunden
werden können, die diese Autos auch zu dem für andere
Kunden üblichen
Preis abgenommen hätten. Der neue Tatrichter
müßte sich dabei in
einem völlig spekulativen Umfeld bewegen, weil diese
„Kunden“ in ihrer Individualität
überhaupt nicht feststellbar sind und auch die
Marktverhältnisse
nicht ohne weiteres den Schluß zulassen, die Autos
hätten anderweitig verkauft
werden können. Insoweit unterscheidet sich die hier gegebene
Sachverhaltskonstellation
von der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats
vom 23. September 1980 zugrunde lag (BGH MDR(H) 1981, 100). Dort
hatte der Angeklagte zum Zweck des Exports Medikamente mit 50 % Rabatt
vom Hersteller angekauft, diese dann aber im Inland bei
Großhändlern abgesetzt.
Für die Besonderheit des jedenfalls auf kürzere Zeit
starren Arzneimittelmarkts,
der durch einen konstanten Bedarf für bestimmte Produkte
gekennzeichnet
ist, hat der Bundesgerichtshof eine solche konkrete - zu einem
Vermögenswert erstarkte - Gewinnerwartung gesehen, die
Medikamente an
den Großhandel zu den gewöhnlichen Preisen
abzusetzen. Solche Spezifika
weist der Automobilmarkt jedoch nicht auf. Zum einen sind schon die Pro-
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dukte austauschbar, weil der Kunde regelmäßig auch
auf vergleichbare Konkurrenzprodukte
ausweichen kann. Zum anderen wird der Kunde häufig auch
seine Kaufabsicht zurückstellen können. Eine nur
annähernd sichere Prognose
dahingehend, es hätten sich noch weitere Kunden finden lassen,
die
solche Autos zu den sonst üblichen Rabattkonditionen erworben
hätten, wird
sich deshalb nicht treffen lassen. Es wird sich auch nicht
klären lassen, ob
die D AG den Kundenkreis des Angeklagten unmittelbar und
ohne nennenswerten Aufwand selbst hätte erreichen
können.
Es mag einen betriebswirtschaftlichen Erfahrungssatz geben,
daß
grundsätzlich durch Rabattaktionen der Absatz gesteigert
werden kann.
Möglicherweise hätte sich zu einem höheren
Rabatt, als bislang durchschnittlich
gewährt wurde - der aber immer noch unter dem der „S
-
Gruppe“ eingeräumten läge - eine
größere Anzahl an Fahrzeugen verkaufen
lassen. Aber auch dieser Ansatz ist spekulativ und im Blick auf den
Zweifelssatz
für das Strafverfahren ohne Erkenntniswert. Es
läßt sich nämlich schon
nicht feststellen, ob D aus unternehmenspolitischen Erwägungen
überhaupt zu einer solchen Maßnahme gegriffen
hätte. Ebenso wenig
würden sich der Kostenaufwand und der Ertrag einer solchen
fiktiven Aktion
sicher einschätzen lassen. Damit wäre eine
Beweisführung, die auf einem
derartigen Erfahrungssatz aufbaute, ohne Aussicht auf Erfolg. Vielmehr
dürfte ein betriebswirtschaftlicher Erfahrungssatz mit
umgekehrter Zielrichtung
bestehen. Danach ist nämlich zu vermuten, daß ein
Hersteller seine
Marktchancen optimal wird nutzen wollen. Dies beinhaltet auch,
daß er Mengenrabatte
nur dann geben wird, wenn sich das für ihn als lohnend
darstellt.
Schon dieser Gedanke spricht dafür, daß die D AG
nicht über
zusätzliche Kunden verfügt hat, die einen sicheren
(und gleichermaßen kostengünstigen)
Absatz an Einzelkunden ermöglicht hätten.
b) Dies belegt auch folgende Überlegung: Hätte der
Angeklagte mit
seiner Firmengruppe die Halteverpflichtung erfüllt,
wäre die Gesamtsituation
für die D AG nicht wesentlich anders gewesen. Die - im
übri-
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gen für den tatsächlichen Betrieb im
Straßenverkehr gar nicht versicherten -
Fahrzeuge wären nämlich alsbald ohnehin auf den Markt
gelangt, wenn auch
mit höheren Vorhaltekosten belastet. Aus wirtschaftlicher
Sicht liegt deshalb
der für die D AG eingetretene Schaden nicht in einem nicht
näher feststellbaren Rabattverlust, sondern in einer
Beeinträchtigung ihres
selektiven Vertriebssystems. Ein solcher Schaden ist aber in dem
für die Erfüllung
des Betrugstatbestandes notwendigen Umfang nicht quantifizierbar
(vgl. hierzu Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 159;
Tröndle/Fischer, StGB
51. Aufl. § 263 Rdn. 72 m.w.N.). Zudem wäre ein
entsprechender Vorteil des
Angeklagten hierzu nicht stoffgleich (vgl. BGHSt 34, 379, 391 f.), weil
der
Angeklagte aus den eingeräumten Rabatten, nicht aber aus der
Beeinträchtigung
des selektiven Vertriebssystems profitierte, welches durch die
Kontrollierbarkeit
der Absatzkanäle und ihre Verläßlichkeit
für die regionalen Verkaufsniederlassungen
geprägt ist.
c) Durchgreifende Zweifel an einer Nachweisbarkeit der Betrugstaten
könnten sich zudem im Hinblick auf die Kenntnis der
Bevollmächtigten der
D AG über die Weiterverkaufsabsichten des Angeklagten ergeben.
In einer neuen Hauptverhandlung müßte
nämlich gleichfalls neu beurteilt
werden, ob sich dann ein stillschweigendes Einverständnis
zwischen
Verantwortlichen der D AG und dem Angeklagten ausschließen
ließe. Dies müßte der neue Tatrichter
aufgrund einer - vom Landgericht
nur unzureichend durchgeführten - Gesamtwürdigung
sämtlicher Umstände
prüfen. Auf der Grundlage der bisher getroffenen
Feststellungen könnten für
eine Kenntnis von Bevollmächtigten der D AG von den
Verletzungen
der Haltevereinbarung folgende Gesichtspunkte sprechen: Der
erhebliche Umfang der Bestellungen mag schon aus Gründen der
Kundenpflege
nahegelegt haben, nähere Informationen über die
„S -Gruppe“
einzuholen, die unschwer die Unmöglichkeit einer auch nur
befristeten Eigennutzung
durch deren Mitarbeiter erbracht hätte. Weiterhin
könnte auf eine
entsprechende Kenntnis hindeuten, daß die von Mitarbeitern
des Autohauses
G vorgenommenen Neuzulassungen aufgrund eines Versicherungs-
11 -
vertrages erfolgten, der einen vom Fahrzeugtyp unabhängigen
Pauschalbetrag
vorsah und der von der beiderseitigen Geschäftsgrundlage
ausging, die
Fahrzeuge nicht am öffentlichen Straßenverkehr
teilnehmen zu lassen. Es
müßte weiterhin bedacht werden, daß die
Autos teilweise mit einer sogenannten
„Fernost-Ausstattung“ versehen waren, was einen
alsbaldigen Weiterverkauf
nach Asien aufdrängte. Hierfür könnte auch
ein Vermerk schon
aus dem Jahr 1998 sprechen, der die Zustimmung des Gebietsmanagers der
DCVD zum Export eines Fahrzeuges nach Japan dokumentierte.
Schließlich
hätte bedacht und in die Gesamtwürdigung eingestellt
werden müssen, daß
sich ab dem Jahre 2000 die Fälle häuften, in denen
sogenannte Übergrenzprovisionen
vor allem aus fernöstlichen Ländern für die
Exporte dorthin außerhalb
des vorgesehenen Vertriebswegs geltend gemacht wurden (bis Ende
2000: 14; bis Ende Juni 2001: weitere 47); dennoch kam es bis Ende
Oktober
2001 zu Fahrzeuglieferungen an den Angeklagten, obwohl das
Phänomen
derartiger Parallelexporte der D AG bereits bekannt war.
Könnte ein neuer Tatrichter unter Würdigung dieser
Umstände eine jedenfalls
stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Angeklagten und dem
mit
ihm verhandelnden Bevollmächtigten von D nicht
ausschließen,
würde es nicht nur an einem Vermögensschaden, sondern
schon an
einer Irrtumserregung im Sinne des § 263 StGB fehlen.
4. Der Teilfreispruch führt zu einer Aufhebung der
Gesamtstrafe. Die
übrigen Einzelstrafen wegen Umsatzsteuerhinterziehung, die von
dem vorgenannten
Mangel nicht beeinflußt sind, können bestehen
bleiben.
III.
Der Teilfreispruch war gemäß § 357 StPO auf
den nicht revidierenden
Mitangeklagten T zu erstrecken, weil der die Aufhebung
begründende
Rechtsfehler diesen in gleicher Weise betraf. Da der Nichtrevident
hierdurch
im Vergleich zu der von ihm nicht angefochtenen Verurteilung
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unmittelbar besser gestellt wird und als Ergebnis einer neuen
Hauptverhandlung
eine beträchtliche Reduzierung der gegen ihn
verhängten Gesamtstrafe
sicher zu erwarten hat, bedurfte es seiner Anhörung vor der
Entscheidung
nach § 357 StPO hier nicht.
Harms Basdorf Raum
RiBGH Dr. Brause Schaal
ist wegen urlaubsbedingter
Abwesenheit
an der Unterschrift
gehindert.
Harms |