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BGH, Beschluss vom 9. März 2005 - 2 StR 544/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 9.3.2005 - 2 StR 544/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 544/04
vom
9.03.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9.03.2005 gemäß § 349 Abs. 2
und 4, § 354 Abs. 1 a, § 357 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des
Landgerichts Bonn vom 3. Juni 2004,
a) soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch in den Fällen 5 und 6
der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte
L. der Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung
und mit versuchter Nötigung schuldig ist; die
wegen versuchter Nötigung verhängte Einzelstrafe (Fall 6
der Urteilsgründe) entfällt;
b) soweit es den Mitangeklagten N. betrifft, dahin geändert,
daß der Angeklagte N. wegen Beihilfe zur Geiselnahme
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und
mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten L. wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, wegen Geiselnahme
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen versuchter Nötigung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten
und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes nebst Zinsen an den Nebenkläger
verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Änderung
des Schuldspruchs, soweit er wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung und wegen tatmehrheitlich begangener versuchter Nötigung
verurteilt worden ist; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen hatte der Nebenkläger K. für den Angeklagten
Betäubungsmittel aus den Niederlanden nach Deutschland transportiert
und abredewidrig einem Dritten ausgehändigt; gegenüber dem Angeklagten
hatte er vorgegeben, daß er überfallen worden sei und die Betäubungsmittel
entwendet worden seien. Der Angeklagte hatte den Verdacht, daß ihn der Nebenkläger
betrogen haben könnte und brachte ihn in die Wohnung des Mitangeklagten
N. in M. , um ihn dort mit Hilfe des Mitangeklagten und
des gesondert verfolgten B. zu "verhören". Der Nebenkläger wurde an Händen
und Füßen gefesselt, der Mund wurde ihm mit Paketklebeband zugeklebt. Der
Angeklagte schlug und trat auf ihn ein und fragte nach dem Verbleib des
Rauschgifts. Als dies nichts nutzte, ließ der Angeklagte vom Mitangeklagten
N. ein Bügeleisen erhitzen und drückte das heiße Bügeleisen dem Nebenkläger
insgesamt dreimal auf Bauch und Rücken, so daß dieser großflächige
Verbrennungen erlitt. Der Nebenkläger machte nun wahrheitsgemäße Angaben
zu dem Geschehen. Um diese Angaben zu überprüfen, fuhr der Angeklagte mit
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dem Mitangeklagten N. und drei weiteren Männern zur Wohnung des Nebenklägers
nach E. , um dessen Frau zu befragen. Der Nebenkläger blieb
unterdessen gefesselt und geknebelt und von B. bewacht in der Wohnung des
Mitangeklagten N. zurück. Der Angeklagte erklärte der Ehefrau des Nebenklägers,
daß er ihren Ehemann in der Gewalt habe; die Zeugin K. durfte
sich hiervon durch ein Telefonat mit dem Nebenkläger überzeugen. Der Angeklagte
drohte ihr ferner, daß sie selbst von den anwesenden Männern vergewaltigt
werde und man ihr die Beine brechen werde, wenn sie nicht den
Verbleib der Drogen offenbaren würde. In der Folgezeit gelang es der Zeugin
K., dem Angeklagten glaubhaft zu vermitteln, daß sie keinerlei Kenntnisse von
dem Verbleib der Drogen habe, so daß die fünf Männer schließlich die Wohnung
verließen.
2. Die Annahme von Tatmehrheit zwischen der Geiselnahme und der
versuchten Nötigung kann keinen Bestand haben, weil der Angeklagte neben
der Drohung der Begehung verschiedener Straftaten gegenüber der Zeugin K.
zugleich auch deren durch die Bemächtigungslage hervorgerufene Sorge um
ihren Ehemann ausnutzte, um sie zur Preisgabe ihres Wissens vom Verbleib
der Drogen zu bringen. Die Zeugin K. war mithin sowohl Nötigungsadressat der
fortdauernden Geiselnahme als auch Opfer der versuchten Nötigung durch Bedrohung
mit gegen sie selbst gerichteten Straftaten; beide Nötigungsmittel
überschnitten sich mit demselben Ziel der Preisgabe des Wissens vom
Verbleib der Drogen.
Der Senat hat den Schuldspruch hinsichtlich der Konkurrenzen selbst
geändert. § 265 StPO steht der Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht
entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen
können. Von einer Verschärfung des Schuldspruchs, soweit zusätzlich ei-
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ne tateinheitliche Geiselnahme gegenüber der Zeugin K. in Betracht kommt,
hat der Senat jedoch im Hinblick auf § 265 StPO abgesehen.
3. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der wegen versuchter
Nötigung verhängten Einzelstrafe von einem Jahr. Dies erfordert jedoch nicht
die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe. Als Einsatzstrafe hat das Landgericht
im Fall 5 der Urteilsgründe wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung sechs Jahre und sechs Monate verhängt, außerdem sind drei
Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten und eine Einzelstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten festgesetzt worden. Bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe
ist die Einsatzstrafe nur maßvoll erhöht worden. Der Senat
schließt aus, daß das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse
auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte, weil eine unterschiedliche
rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei - wie hier -
unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung
ist (std. Rspr., vgl. BGHSt 41, 368, 373; 49, 177, 184; BGH NStZ 1997,
233; Beschlüsse vom 24.02.2005 - 1 StR 33/05; 28. Oktober 2004 -
3 StR 460/03 und vom 9. Oktober 2003 - 4 StR 127/03). Im übrigen hält der
Senat die Gesamtfreiheitsstrafe auch für angemessen im Sinne des § 354
Abs. 1 a StPO.
4. Gemäß § 357 StPO ist die Änderung des Schuldspruchs auch auf den
Mitangeklagten N. als Helfer des Angeklagten zu erstrecken. Die Änderung
des Schuldspruchs hat zur Folge, daß die Einzelstrafen entfallen. Der Senat
läßt jedoch die bisherige Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen. Die Änderung
des Schuldspruchs berührt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat
auch bei diesem Angeklagten nicht. Der Senat kann angesichts der Strafzu-
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messungserwägungen des Landgerichts ausschließen, daß es bei zutreffender
Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
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5. Da das Rechtsmittel nur unwesentlichen Erfolg hat, erscheint es nicht
unbillig, den Beschwerdeführer in vollem Umfang mit den Kosten und notwendigen
Auslagen zu belasten.
Rissing-van Saan Bode Otten
Rothfuß Roggenbuck



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