BGH,
Beschl. v. 9.3.2010 - 4 StR 632/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 632/09
vom
9. März 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Gefangenenmeuterei u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag hin - und der
Beschwerdeführer am 9. März 2010
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts
Hagen vom 23. Juli 2009 hinsichtlich beider Angeklagter im Schuldspruch
dahin geändert, dass die Angeklagten der Gefangenenmeuterei in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig
sind.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. und die Revision des
Angeklagten W. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die dem Nebenkläger im
Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Im
Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen
abgesehen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Gefangenenmeuterei in
Tateinheit mit versuchter Gefangenenmeuterei und mit
gefährlicher Körperverletzung unter Einziehung
weiterer Urteile zu Einheitsjugendstrafen von sieben Jahren
(Angeklagter W. ) bzw. sieben Jahren und neun Monaten (Angeklagter M. )
verurteilt. Gegen das Urteil richtet sich die auf den Rechts-
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folgenausspruch beschränkte und auf die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten W. . Der Angeklagte M.
beanstandet mit seinem unbeschränkt eingelegten Rechtsmittel
das Verfahren und die Anwendung sachlichen Rechts. Die Revision des
Angeklagten M. führt zu einer Schuldspruchänderung,
die auf den Angeklagten W. zu erstrecken ist. Im Übrigen ist
das Rechtsmittel des Angeklagten M. und die Revision des Angeklagten W.
insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchten die Angeklagten
am 24. August 2008 aus der Justizvollzugsanstalt I. auszubrechen.
Hierzu überwältigen sie einen Justizvollzugsbeamten,
misshandelten ihn in lebensgefährlicher Weise und nahmen ihm
den Generalschlüssel und ein Funkgerät ab. In bzw. in
der Nähe eines Innenhofs der Justizvollzugsanstalt scheiterte
der Ausbruchsversuch.
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2. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. führt zu einer
Änderung des Schuldspruchs, weil die Feststellungen seine
Verurteilung wegen vollendeter in Tateinheit mit versuchter
Gefangenenmeuterei nach § 121 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 StGB
nicht tragen.
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Zwar setzt die Anwendung von § 121 Abs. 1 Nr. 1 StGB - anders
als dessen Nummer 2 - nicht voraus, dass die Nötigung oder der
tätliche Angriff mit dem Ziel eines Ausbruchs begangen wird.
Jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung eines im Versuchsstadium
steckengebliebenen Ausbruchs, der mit der Nötigung bzw. dem
tätlichen Angriff ermöglicht werden sollte, scheidet
aber die Annahme von Tateinheit aus, weil der lediglich versuchten
Gefangenenmeuterei kein eigenständiges Handlungsunrecht
zukommt (vgl. zum Verhältnis zwi-
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schen versuchter Nötigung und Bedrohung auch BGH, Beschluss
vom 8. November 2005 - 1 StR 455/05 - sowie ferner Eser in
Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 121 Rdn.
23; Bosch in Münchner Kommentar StGB § 121 Rdn. 36;
a.A. LK-Rosenau StGB 12. Aufl. § 121 Rdn. 67 jeweils m.w.N.;
Fischer StGB 57. Aufl. § 121 Rdn. 13).
3. Die Schuldspruchänderung ist gemäß
§ 357 StPO auf den Angeklagten W. zu erstrecken (vgl.
Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 357 Rdn. 7 m.w.N.).
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4. Auf die Rechtsfolgenaussprüche haben die
Schuldspruchänderungen keine Auswirkungen, da der
Erziehungsbedarf der Angeklagten und der Unrechtsgehalt der Tat hiervon
nicht berührt werden und deshalb auszuschließen ist,
dass der Tatrichter - der auf die tateinheitliche Verurteilung auch
wegen versuchter Gefangenenmeuterei bei der Strafzumessung nicht
abgestellt hat - bei richtiger Beurteilung der Konkurrenzen eine andere
Strafe verhängt hätte (vgl. BVerfG Beschluss vom 27.
September 2006 - 2 BvR 1603/06).
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Tepperwien Solin-Stojanović Ernemann
Franke Mutzbauer |