BGH,
Beschl. v. 9.11.2000 - 3 StR 371/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 371/00
vom
9. November 2000
in der Strafsache gegen
wegen Betrugs
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 9. November 2000 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 16. März 2000 wird als unbegründet
verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend zu der Begründung der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat die 27 Betrugstaten des Angeklagten jeweils als
besonders schwere Fälle des Betruges gemäß
§ 263 Abs. 3 Satz 1 StGB angesehen und dabei auch das dort in
Satz 2 Nr. 2 Alternative 2 aufgeführte Regelbeispiel
angenommen. Dazu ist erforderlich, daß der Täter in
der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine
große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von
Vermögenswerten zu bringen. Dem könnten Bedenken
insoweit entgegenstehen, als in 18 der 27 Fälle juristische
Personen (regelmäßig Handelsgesellschaften in der
Form der GmbH) vom Angeklagten geschädigt worden sind.
Bei den durch das 6. StrRG eingefügten Regelbeispielen in
§ 263 Abs. 3 Satz 2 StGB wollte der Gesetzgeber an
Umstände anknüpfen, die nach Rechtspre-
chung oder Literatur bereits auf der Grundlage des bis dahin geltenden
Rechts als besonders schwere Fälle gewertet werden konnten und
auch aus anderen Strafzumessungsvorschriften bekannt waren.
Hinsichtlich des Regelbeispiels "Gefahr des Verlustes von
Vermögenswerten einer großen Zahl von Menschen" ist
in der Gesetzesbegründung auf § 283 a Satz 2 Nr. 2,
§ 283 d Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB Bezug genommen worden
(BTDrucks. 13/8587 S. 42). Nach diesen Vorschriften liegt ein besonders
schwerer Fall des Bankrotts oder der Schuldnerbegünstigung in
der Regel vor, wenn der Täter "viele Personen in die Gefahr
des Verlustes ... ihrer Vermögenswerte ... bringt". Trotz
dieser Bezugnahme in der Entstehungsgeschichte kann der Begriff Mensch
nicht dahin ausgelegt werden, daß unter ihn neben
natürlichen Personen auch juristische Personen fallen.
Insoweit ist der Gesetzeswortlaut die Grenze der Auslegung. Die
Absicht, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine
große Zahl von juristischen Personen in die Gefahr des
Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, könnte
daher - von Sonderfällen, etwa einer Ein-Mann-GmbH, abgesehen
- das benannte Regelbeispiel für den Betrug im besonders
schweren Fall nicht erfüllen.
Das Regelbeispiel ist indes nicht erst erfüllt, wenn eine
große Zahl von Menschen in die Gefahr geraten ist, ihr
Vermögen zu verlieren, sondern bereits dann, wenn der
Täter in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung
von Betrug eine große Zahl von Menschen in diese Gefahr zu
bringen. Die Annahme des besonders schweren Falles ist in aller Regel
bereits dann gerechtfertigt, wenn der Täter eine Person in
wirtschaftliche Not bringt (so die Stellungnahme des Bundesrats -
BTDrucks. 13/8587 S. 64). Bei entsprechender Absicht reicht bereits die
einmalige Tatbegehung zur Erfüllung des Regelbeispiels aus (so
die Bundesregierung in ihrer die Bedenken des Bundesrates aufnehmenden
Stellungnahme - BTDrucks. 13/8587 S. 85). Daß der Angeklagte
diese Absicht hatte, ist dem Urteil zu entnehmen. Danach wollte der
Angeklagte unter der Vortäuschung seiner Zahlungsbereitschaft
im gesamten Bundesgebiet Warenbestellungen aufgeben und die gelieferten
Waren schnellstmöglich weiterverkaufen. Nach diesem Plan ist
der Angeklagte vorgegangen. Es versteht sich von selbst, daß
dabei auch eine Vielzahl natürlicher Personen als Opfer in
Betracht kam und sich die Absicht des Angeklagten auch darauf
erstreckte.
Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen |