BGH,
Urt. v. 11.2.2009 - 2 StR 528/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 528/08
vom
11. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11.
Februar 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Cierniak,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Aachen vom 20. Mai 2008
a) in den Fällen II 8 bis 14 der Urteilsgründe und
b) in den Gesamtstrafenaussprüchen
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten R. unter Freisprechung im
Übrigen wegen unerlaubter Abgabe von
Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln tateinheitlich mit Bestechlichkeit in
fünf Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von
Betäubungsmitteln und wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
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Den Angeklagten N. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
unter Mitführung eines Gegenstandes, der seiner Art nach zur
Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt.
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Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der
Sachrüge. Trotz des umfassenden Aufhebungsantrages werden von
ihr ersichtlich weder die Teilfreisprüche noch die
Schuldsprüche in den Fällen II 1-7 der
Urteilsgründe angefochten. Auch die
Einzelstrafaussprüche in diesen Fällen werden nicht
beanstandet, so dass insoweit von einer wirksamen
Rechtsmittelbeschränkung auf die Fälle II 8-14 der
Urteilsgründe und die Gesamtstrafenaussprüche
auszugehen ist.
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Die Rechtsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.
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I.
Das Landgericht hat hinsichtlich der Fälle II 8-14 der
Urteilsgründe im Wesentlichen folgende Feststellungen
getroffen:
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Der Angeklagte R. bezog von dem gesondert Verfolgten K. Amfetamin zum
Eigenverbrauch. Als er bei K. seine Schulden nicht
zurückzahlen konnte, schlug dieser ihm vor, für ihn
Drogenkurierfahrten durchzuführen. R. sollte Amfetamin aus den
Niederlanden nach Deutschland einführen, wobei ihm jeweils ein
Teil seiner Schulden erlassen werden sollte. Er sollte das Rauschgift
bei dem Angeklagten N. , den er bereits kannte, deponieren und
später den Abnehmern übergeben. N. wurde für
seine Depothaltertätigkeit dadurch entlohnt, dass ihm die
Miete in Höhe von monatlich 600 € für
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seine Wohnung bezahlt wurde. Ab September 2007 führte R.
insgesamt sieben Einfuhrfahrten durch.
In vier Fällen brachte R. jeweils in einem roten
mittelgroßen Rucksack mindestens 10 kg Amfetamin von den
Niederlanden nach Deutschland, die er N. übergab, der den
Rucksack in seiner Wohnung aufbewahrte bis ihn R. abholte und den
Abnehmern übergab.
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Bei einer fünften Kurierfahrt brachte R. drei mit Amfetamin
gefüllte Farbeimer, die insgesamt mindestens 30 kg enthielten,
aus den Niederlanden nach Deutschland und deponierte diese
zunächst in seiner Wohnung.
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Bei einer sechsten Fahrt transportierte er eine mit Amfetamin
gefüllte Sporttasche, die 20 kg Amfetamin fasste, von den
Niederlanden zu einem Abnehmer in Deutschland.
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Am 18. Januar 2008 wurden R. in den Niederlanden zwei Reisetaschen mit
einem Inhalt von 45,9 kg Amfetamin brutto in den Kofferraum gestellt,
die er nach Deutschland verbrachte. Dort traf er sich mit N. , der
erklärte, diese Reisetaschen nicht bei sich unterbringen zu
können. Er nahm jedoch 700 g Amfetamin an sich, um diese
gewinnbringend zu verkaufen. R. lagerte die große Menge in
seiner Wohnung, wo sie bei einer polizeilichen Durchsuchung
sichergestellt wurde. Eine Untersuchung des Amfetamins ergab einen
Wirkstoffgehalt von 5,8 %.
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R. ermöglichte die Festnahme des Mitangeklagten N. , in dessen
Zimmer neben den ca. 700 g Amfetamin 106 Ecstasy-Tabletten und ein
Schlagring sichergestellt wurden.
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II.
1. Die Schuldsprüche in den Fällen II 8-14 der
Urteilsgründe halten rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
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Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
drängten zur Erörterung des Vorliegens einer Bande.
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Eine Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen
voraus, die sich - durch ausdrückliche oder stillschweigende
Abrede - mit dem ernsthaften Willen verbunden haben, künftig
für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im
Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen. Ein
Tätigwerden in einem "übergeordneten Bandeninteresse"
oder eine Bandenstruktur sind nicht erforderlich; der Annahme einer
Bande steht auch nicht entgegen, wenn ihre Mitglieder eigene Interessen
verfolgen (BGHSt 46, 321, 329 f.; vgl. auch Franke/Wienroeder BtMG 3.
Aufl. § 30 Rdn. 7 ff. m.w.N.). Mitglied einer Bande kann auch
sein, wem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei
wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (BGHSt
47, 214). Für das Bestehen einer entsprechenden Bandenabrede
liegen hier hinreichende Anhaltspunkte vor. K. und R. waren sich einig,
dass Drogenkurierfahrten, also mehrere, durchgeführt werden
sollten. N. sollte dauerhaft die Miete bezahlt werden, was ebenfalls
auf eine Mehrzahl von Taten hindeutet. Aus den tatsächlich
erfolgten Taten kann auch ein Rückschluss auf die innere
Tatseite gezogen werden.
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Die bisherigen Feststellungen, auch zur Art und Weise der einzelnen
Tatausführungen, drängten die Prüfung einer
Bande auf.
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2. Im Hinblick auf die weiteren Ausführungen der
Staatsanwaltschaft und als Hinweise für den neuen Tatrichter
merkt der Senat an:
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a) Hinsichtlich Fall II 14 der Urteilsgründe wird zu
prüfen sein, ob sich der Angeklagte N. bezüglich des
die 700 g übersteigenden Amfetamins in irgendeiner Weise als
Gehilfe betätigt hat, gegebenenfalls im Rahmen einer
Bandenabrede. Die Tatbestände des bewaffneten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Beihilfe
zum (bandenmäßigen) unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge würden dann
in Tateinheit stehen.
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b) Die auf der Grundlage des glaubhaften Geständnisses des
Angeklagten R. geschätzten Mengenangaben durften
zugrundegelegt werden. Eine nähere Beschreibung der
Transportmittel war ersichtlich nicht möglich.
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c) Wenn auch den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit noch
hinreichend entnommen werden kann, dass die Strafkammer in allen
Fällen von einem Wirkstoffgehalt von 5,8 % ausgegangen ist, so
empfiehlt es sich doch, dies ausdrücklich im Urteil
mitzuteilen und näher zu begründen.
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d) Nicht unbedenklich ist die jeweilige Gesamtstrafenbildung, deren
Begründung sich in floskelhaften Wendungen erschöpft.
Erforderlich sind gesamtstrafenspezifische Erwägungen, die
verdeutlichen, weshalb die jeweilige Einsatzstrafe nur
maßvoll erhöht wurde.
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Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
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ist erkrankt und
deshalb an der
Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan |