BGH,
Urt. v. 11.5.2001 - 3 StR 549/00
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________
StGB §§ 332, 266, 52, 73 Abs. 1 Satz 2
1. Konkurrenzen zwischen Bestechlichkeit und Untreue.
2. Bei Bestechlichkeit und Untreue stehen Ansprüche des durch
die Untreue
Verletzten der Verfallsanordnung entgegen, wenn der Bestechungslohn
zugleich
den durch die Untreue zugefügten Vermögensnachteil
darstellt.
BGH, Urt. vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00 - LG Mönchengladbach
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 549/00
vom
11. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit u.a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom
9. Mai 2001 in der Sitzung am 11. Mai 2001, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Kutzer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Becker
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin ,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektorin in der Verhandlung,
Justizamtsinspektor bei der Verkündung
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts Mönchengladbach vom 1. März 2000
aufgehoben,
soweit eine Verfallserklärung unterblieben ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
aufgehoben
a) in den Fällen 1 bis 14 und 16 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
3. Die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen
bleiben aufrechterhalten.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in 17
Fällen
und wegen Untreue in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von sechs
Jahren verurteilt. Die Summe der 17 Einzelstrafen wegen Bestechlichkeit
be-
4 -
trägt 35 Jahre, die der 15 Einzelstrafen wegen Untreue 25
Jahre. Hiergegen
richten sich die Revision des Angeklagten, die sachlichrechtliche
Bedenken
insbesondere gegen die Annahme von Tatmehrheit zwischen der
Bestechlichkeit
und der Untreue erhebt, sowie die zum Nachteil des Angeklagten
eingelegte
und auf die Nichtanordnung des Verfalls beschränkte Revision
der
Staatsanwaltschaft. Die Revision des Angeklagten führt zur
Aufhebung der
Verurteilung in 15 Fällen sowie zur Aufhebung des Ausspruchs
über die Gesamtstrafe.
Die wirksam auf die Verletzung der Vorschriften über den
Verfall
beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
I. Revision des Angeklagten
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte 1973
bei der "Gebühreneinzugszentrale - Verwaltungsgemeinschaft der
Deutschen
Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland" (GEZ) als
Organisationsprogrammierer
eingestellt und schon 1975 zum Systemanalytiker und
Projektleiter u.a. für die gesamte Formblattorganisation der
GEZ hochgestuft
worden. Er hatte ab 1977 im Teilbereich "Formulare" eine sachgerechte,
wirtschaftliche
Versorgung mit den für den Rundfunkgebühreneinzug
erforderlichen
Vordrucken sicherzustellen. Zu seinen Aufgaben gehörte dabei
u.a., die
in Frage kommenden Anbieter vorzuschlagen, die Angebote zu
prüfen und
über die Aufträge zu entscheiden. Unter dem
Einfluß eines der Geschäftsführer
der GEZ suchte der Angeklagte von Anfang an engen Kontakt mit Betrieben
der Druckindustrie, um Unterstützung bei der
Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben
zu finden. Er ließ später nur Unternehmen, zu denen
er enge Kontakte
geknüpft hatte, als mögliche Auftragnehmer der GEZ
zu. Er billigte, daß diese
als "Partnerfirmen" bezeichneten Unternehmen in ihre Preise Nebenkosten
mit
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einrechneten, die durch die Bewirtung und Beschenkung eines Kreises von
Mitarbeitern der GEZ entstanden waren. Neben den aufwendigen
Arbeitsessen,
Gala-Diners, Neujahrsessen, Betriebsfesten und
Vatertagsausflügen, an
denen der Angeklagte zusammen mit anderen teilnahm, ließ sich
der Angeklagte
auch für sich allein teuere Geschenke machen, Hotelaufenthalte
bezahlen
oder forderte Barzahlungen ein. Über diese allgemeinen
Zuwendungen
hinaus erlangte der Angeklagte für sich allein weitere
Geldzahlungen als Gegenleistung
für bestimmte Aufträge der GEZ, an deren
Zustandekommen er
unter Verletzung seiner Pflicht, die Aufträge auszuschreiben
und dem Anbieter
mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag zu erteilen,
maßgeblich mitgewirkt
hatte. Teilweise traf er mit Unternehmen Vereinbarungen über
Provisionen
für jeden Auftrag, teilweise ließ er sich
Einzelzahlungen geben oder
einzelne Gegenstände, wie z.B. das Reitpferd für
seine Tochter, bezahlen. Ab
Mitte der 80er Jahre entwickelte der Angeklagte zusammen mit dem
Handelsvertreter
F. und einer Reihe von Druckunternehmen ein Preisabsprachesystem,
das es ihm ermöglichte, den Betrieben Aufträge zu
erteilen, obwohl
deren Angebote über eine Vollkostenkalkulation hinaus so
kalkuliert waren,
daß sie auch die an F. und den Angeklagten zu erbringenden
Provisionen
beinhalteten. Der Angeklagte erhielt von F. 3 % bis 5 % der
Auftragssumme
als Provision. Die Zahlungen erfolgten zur Verschleierung an das
Organisations-Studio der Ehefrau des Angeklagten. Diese Vereinbarung
wurde
am 1. Mai 1990 auf Drängen des Angeklagten sogar schriftlich
fixiert. Vertragsparteien
waren auf der Seite F. s dessen Ehefrau als
Geschäftsführerin
der 1989 als Nachfolgeunternehmen der Firma Orga-Systeme
gegründeten
OSG Orga-Systeme GmbH und auf der Seite des Angeklagten dessen Ehefrau
als Inhaberin der Firmen Organisations-Studio bzw. Orga-Studio KHB [
H. ] GmbH. Vereinbart wurde eine Provision von 5 % für jedes
- 6 -
vermittelte Geschäft, für separat zu berechnende
Satz-, Film- und Montagearbeiten
eine Provision von 17,5 %. Abgerechnet wurde zu Beginn eines Monats
auf der Basis der bis zum Ende des vergangenen Monats bei der Orga-
Systeme eingegangenen Zahlungen. Von 1988 bis 1993 erhielten die
Gesellschaften
der Ehefrau des Angeklagten auf Veranlassung F. s auf diese
Weise mehr als 1,5 Mio DM Provisionszahlungen. Der Schaden, den die GEZ
(und damit die hinter ihr stehende Gemeinschaft der Rundfunkanstalten)
dadurch
erlitt, daß sie Aufträge zu deutlich
überhöhten Preisen erteilte, betrug
allein für die 14 über F. vermittelten
Aufträge ca. 3,8 Mio DM. Nach
Aufdeckung der Straftaten sank der Haushalt der GEZ von 5 Mio DM
für 1993
auf 2,6 Mio DM für 1994.
2. Gegenstand des Schuldspruchs wegen Bestechlichkeit und wegen
Untreue sind zum einen 14 Druckaufträge der GEZ an die K. GmbH
unter
Vermittlung von F. (Fälle 1 bis 14 des Urteils), zum anderen
ein Druckauftrag
an die Fi. GmbH (Fall 16 des Urteils), während die
Fälle 15
und 17 den Abschluß von Vordrucklagerverträgen
betreffen und ausschließlich
als Bestechlichkeit abgeurteilt worden sind. Die Feststellungen hierzu
beruhen
auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Landgerichts.
Nicht zu beanstanden
ist, daß das Landgericht in den eingangs genannten
Fällen neben Bestechlichkeit
auch Untreue in Form des Treubruchstatbestands zum Nachteil
der GEZ und der hinter ihr stehenden Rundfunkanstalten angenommen hat.
Ihr
gegenüber bestand eine Vermögensbetreuungspflicht des
Angeklagten, der die
Angebote zur Herstellung von Vordrucken für den
Gebühreneinzug auch auf
die Angemessenheit der Preise zu überprüfen hatte.
Der Vermögensnachteil
bestand bereits in der jeweiligen Auftragsvergabe, durch die die GEZ
verpflichtet
wurde, zu überhöhten Preisen Druckleistungen
abzunehmen (vgl.
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BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1). Wegen
des pflichtwidrigen
Verhaltens des Angeklagten entging ihr der Vorteil, die Druckarbeiten zu
marktgerechten, niedrigeren Preisen erledigen zu lassen.
Die Ansicht des Landgerichts, zwischen den Tatbeständen der
Bestechlichkeit
und der Untreue bestünde jeweils Tatmehrheit, wird von den
Feststellungen
indes nicht belegt (nachstehend a)). Es ist vielmehr möglich,
daß bei
den einzelnen Fällen diese Delikte jeweils in Tateinheit
zueinander stehen
(nachstehend b)); die bisherigen Feststellungen lassen auch die
Möglichkeit
offen, daß durch die tatsächliche Abwicklung der
einzelnen Aufträge mehrere
der einzeln abgeurteilten Fälle zu einer Tat der
Bestechlichkeit zusammengefaßt
werden (nachstehend c)); möglich ist schließlich
auch, daß in einzelnen
Auftragsfällen jeweils mehrere Taten der Bestechlichkeit
vorliegen (nachstehend
d)).
a) Das Landgericht hat seine Auffassung, zwischen der Bestechlichkeit
und der Untreue bestünde jeweils Tatmehrheit, allein mit dem
Satz begründet,
die Begehung der pflichtwidrigen Diensthandlung gehöre nicht
zum Tatbestand
der Bestechlichkeit (UA S. 138). Dies läßt die
Besonderheiten des Einzelfalles
außer acht und greift deshalb zu kurz.
Möglicherweise hat das Landgericht die
bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
mißverstanden. Soweit der
Bundesgerichtshof zwischen Bestechlichkeit und einer Straftat, die
Bestandteil
der von dem Amtsträger vorgenommenen pflichtwidrigen
Diensthandlung ist,
Tatmehrheit angenommen hat, hat er abstrakt darauf abgehoben,
daß die
pflichtwidrige Diensthandlung nach der ständigen
Rechtsprechung des Reichsgerichts
und des Bundesgerichtshofs nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit
gehört (BGH NStZ 1987, 326, 327 [in BGHR StGB § 332 I
Konkurrenzen 2 in-
8 -
soweit nicht abgedruckt]; BGH, Urt. vom 4. Oktober 1994 - 5 StR 503/94
[= NStE Nr. 49 zu § 52 StGB; zuletzt BGH, Urt. vom 6. Februar
2001 - 5 StR
571/00 - S. 13]). Das trifft zu, denn die Bestechlichkeit ist bereits
vollendet, sobald
der Amtsträger einen Vorteil gefordert hat; zu der
pflichtwidrigen Diensthandlung
muß es nicht kommen. Dies wiederum folgt aus dem Normzweck der
Bestechungstatbestände, die das Vertrauen in die
Nichtkäuflichkeit von
Diensthandlungen und nicht den Staatswillen vor einer
Verfälschung schützen
sollen (BGHSt 30, 46, 48 m.w.Nachw.; BGHR StGB § 73 Verletzter
2; Letzgus
NStZ 1987, 309, 311). Hieraus läßt sich aber nur
ableiten, daß eine Dienstpflichtwidrigkeit,
die zugleich den Tatbestand einer strafbaren Handlung verwirklicht,
regelmäßig in Tatmehrheit zur Bestechlichkeit stehen
wird (so auch
BGH GA 1959, 176, 177). Der allgemeine Grundsatz, daß
Tateinheit zwischen
zwei Delikten besteht, wenn die Verwirklichung beider
Tatbestände wenigstens
in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (Rissing-van Saan
in LK 11. Aufl.
§ 52 Rdn. 19 m.w.Nachw.), wird dadurch für die
Bestechlichkeit und die mit ihr
zusammentreffenden Delikte jedoch nicht in Frage gestellt (so auch
BGHSt 7,
149, 152; BGH MDR (H) 1985, 627).
b) Ist damit Tateinheit zwischen Bestechlichkeit und einer Straftat, die
Bestandteil der von dem Amtsträger vorgenommenen
pflichtwidrigen Diensthandlung
ist, grundsätzlich möglich, so bedarf die
Entscheidung über das
rechtliche Zusammentreffen einer genaueren Feststellung des
Tatgeschehens,
als dies bislang geschehen ist.
(1) Nach den bisherigen Feststellungen hat der Angeklagte in den
Fällen
1 bis 14 des Urteils jeweils bereits vor der Ausschreibung des
Druckauftrags
durch die GEZ mit F. besprochen, daß die Druckerei K. den
Auftrag
- 9 -
erhalten sollte. Der Angeklagte und F. bewirkten sodann mit Hilfe von
anderen Druckereien, die zur Abgabe von Scheinangeboten bereit waren,
daß
die K. GmbH in der Ausschreibung jeweils der günstigste
Anbieter war, obwohl
sie ihrer Kalkulation nicht nur die Lohn- und Materialkosten sowie die
üblichen
Gewinnaufschläge zugrundegelegt, sondern auch noch einen von
F. gewünschten Aufschlag hinzugesetzt hatte, aus dem heraus
sodann
hohe Provisionen für F. gezahlt wurden.
(2) Im Fall 16 des Urteils verabredete der Angeklagte mit dem im
Vertrieb
von Druckereileistungen tätigen He. , einen Druckauftrag der
GEZ an
die in M. ansässige Fi. GmbH zu vergeben, weil die
Geschäftsleitung
der GEZ die Berücksichtigung eines in den neuen
Bundesländern
ansässigen Unternehmens beschlossen hatte.
Tatsächlich sollte jedoch
eine G. Druckerei den Auftrag erledigen. Der Angeklagte und He.
veranlaßten die Fi. GmbH mit der Zusicherung von erheblichen
Provisionen zur Abgabe eines Angebots mit überhöhten
Preisen und erreichten,
daß diese gleichwohl im Dezember 1991 den Auftrag zum Druck
von 1 Mio
Vordrucken bekam. Die GEZ zahlte der Fi. GmbH auf Rechnung
insgesamt ca. 525.000 DM. He. erhielt von der Fi. GmbH als
Provision ca. 116.000 DM und von dem den Auftrag tatsächlich
ausführenden
Unternehmen ca. 169.000 DM. An den Angeklagten überwies er in
vier Teilbeträgen
über 137.000 DM.
(3) Diese Feststellungen lassen es als nicht fernliegend erscheinen,
daß
die tatbestandlichen Ausführungshandlungen von Bestechlichkeit
und Untreue
zumindest teilweise zusammengetroffen sind. So könnten die
Absprache des
Angeklagten mit F. , einen zur Ausschreibung anstehenden Auftrag an
- 10 -
die K. GmbH zu vergeben und zu diesem Zweck das Preisabsprachesystem
zu nutzen, bzw. die Verabredung mit He. über die
Vortäuschung einer Auftragsvergabe
an ein Unternehmen im Beitrittsgebiet sowohl den Beginn des
Treubruchs als auch den Abschluß der Unrechtsvereinbarung
darstellen. Dies
hat das Landgericht - allerdings ohne die rechtlich gebotenen
Konsequenzen
zu ziehen - im Ansatz auch erkannt, wie die Ausführungen bei
der rechtlichen
Würdigung (UA S. 120), der Angeklagte habe "gleichzeitig" mit
der Bestechlichkeit
eine Untreue begangen, und bei der Gesamtstrafenbildung (UA
S. 149), die Taten der Bestechlichkeit und der Untreue hätten
sich "weitgehend
überschnitten", zeigen.
Die Untreue besteht in der vorsätzlichen Verletzung der
Pflicht zur Betreuung
fremder Vermögensinteressen und der damit verbundenen
Zufügung
eines Vermögensnachteils. Nachdem der Versuch der Untreue
nicht unter
Strafe gestellt ist, tritt Strafbarkeit erst mit dem Erwachsen des
Vermögensnachteils,
hier demnach mit dem Abschluß des nachteiligen Vertrages, ein.
Tatbestandliche Ausführungshandlungen können jedoch
bereits zu einem früheren
Zeitpunkt vorgenommen worden sein, nämlich wenn der
Täter bereits
eine Handlung ausgeführt hat, die seine
Vermögensbetreuungspflicht verletzt.
Es kommt deshalb auf die Einzelheiten der Gespräche an, bei
denen der Angeklagte
jeweils erstmals einen Vermögensvorteil für sich
gefordert hat. In der
bloßen Ankündigung, sich pflichtwidrig verhalten zu
wollen, läge eine Verletzungshandlung
i.S.d. § 266 StGB noch nicht. Sie wäre aber
anzunehmen,
wenn der Angeklagte in dem Gespräch bereits Einzelheiten der
Preisabsprache
oder der Manipulation des Auftrags im Fall 16 des Urteils konkret
verabredet
hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen,
daß es sich bei dem zwischen
dem Angeklagten und F. in den Fällen 1 bis 14 praktizierten
Verfahren
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um ein eingespieltes System gehandelt hat. Je sicherer nach der
Entscheidung
des Angeklagten, einem bestimmten Betrieb den nächsten
Druckauftrag zuzuspielen,
das Preisabsprachesystem funktioniert hat, desto geringere Anforderungen
wird man hinsichtlich einer möglichen konkreten Verletzung der
Vermögensbetreuungspflicht
an den Inhalt des ersten, den jeweiligen Auftrag vorbereitenden
Gesprächs stellen müssen. Zu beurteilen ist dabei das
gesamte Gespräch.
Unerheblich ist insoweit, daß der Angeklagte, sobald er sich
seinem
Gesprächspartner gegenüber als zur
Durchführung einer vorgespiegelten Ausschreibung
gegen eine Geldzahlung bereit erklärt hat, bereits den
Tatbestand
der Bestechlichkeit vollendet hat. Alles in diesem jeweils ersten
Gespräch Gesagte
ist bei natürlicher Betrachtungsweise Teil eines einheitlichen
Geschehens.
c) Die bisherigen Feststellungen lassen aber auch die
Möglichkeit offen,
daß in den Fällen 1 bis 14 des Urteils mehrere
Fälle der Bestechlichkeit tateinheitlich
zu einer Tat zusammentreffen könnten.
Danach erhielt F. im Zuge der gestaffelten Abwicklung der 14
Aufträge von der K. GmbH die Provisionen (insgesamt 3.881.315
DM) und
leistete entsprechend gestaffelt Zahlungen an den Angeklagten (Zahlungen
von insgesamt 448.903 DM; weitere 65.000 DM, die F. hätte
vereinbarungsgemäß
zahlen sollen, leistete er nicht). Für jeden der
Fälle hat das Landgericht
den Zeitpunkt des Druckauftrags, die Anzahl der Teilrechnungen der
K. GmbH an die GEZ, die Rechnungssumme, die Summe der Zahlungen an
F. und an den Angeklagten sowie den Zeitpunkt der letzten Zahlung
F. s an den Angeklagten festgestellt. Der früheste
Vertragsabschluß
erfolgte am 1. Dezember 1989 (Fall 2 - UA S. 44), der letzte am 26.
November
- 12 -
1992 (Fall 14 - UA S. 48), die erste Zahlung leistete F. am 7. Februar
1990 (Fall 1 - UA S. 44), die letzte am 10. Februar 1993 (Fall 14 - UA
S. 48).
Hieraus ergibt sich, daß seit Ende 1989 bis Februar 1993
zeitlich ineinander
verzahnt die Vorbereitungen für die Erteilung von
Druckaufträgen und die Abwicklung
der Provisionszahlungen erfolgten.
Die Feststellung, daß die Zahlungen F. s in der Weise
erfolgten,
"daß er dem Angeklagten Schecks übergab oder
Überweisungen auf das Konto
der Firma Organisations-Studio vornahm und jeweils durch
'Schnellbriefe' im
einzelnen darlegte, worauf sich die Provisionszahlung bezieht und wie
sie sich
errechnet" (UA S. 39), läßt die Möglichkeit
offen, daß durch eine Zahlung Provisionen
für mehrere Unrechtsvereinbarungen geleistet wurden.
Enthält der
Bestochene die Zahlungen aus mehreren Unrechtsvereinbarungen aber durch
jeweils eine einheitliche Geldzahlung, so führt dies zur
Annahme von Tateinheit
zwischen den dadurch abgegoltenen, einzelnen Taten der Bestechlichkeit
(BGHR StGB § 332 I Konkurrenzen 5).
d) Es ist zuletzt nicht ausgeschlossen, daß in den Handlungen
des Angeklagten
mehr als 15 Taten der Bestechlichkeit zu sehen sind.
Die Bestechlichkeit kann auf verschiedene Weise, nämlich durch
Fordern,
Sichversprechenlassen oder Annahme eines Vorteils durch den
Amtsträger
begangen werden. Jede einzelne der Tatvarianten reicht für
sich allein aus.
Bei der Begehungsform des Forderns ist die Tat mit der Kenntnisnahme
seitens
des Aufgeforderten vollendet (BGHSt 10, 237, 243). Beim
Sichversprechenlassen
genügt es für die Vollendung, wenn der
Amtsträger durch sein Verhalten
gegenüber dem Versprechenden seine Bestechlichkeit nach
außen zu
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erkennen gibt; bei der Annahme reicht die Entgegennahme des Vorteils
(Cramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl.
§ 331 Rdn. 31). Das Delikt kann
deshalb im Einzelfall sehr unterschiedliche Erscheinungsformen haben.
Der
Angeklagte hat, indem er F. unter Bezug auf die zwischen ihnen
bestehenden
Vereinbarungen ankündigte, daß ein Auftrag an die K.
GmbH erteilt
werden solle, zumindest konkludent einen Vorteil gefordert. Indem er,
nachdem
F. sein Einverständnis zur Mitwirkung an der Preisabsprache
und zur
Provisionszahlung signalisiert hatte, mit den Vorbereitungen fortfuhr,
hat der
Angeklagte weiterhin seine Bestechlichkeit nach außen zu
erkennen gegeben.
Zuletzt hat er die vereinbarten Vorteile auch entgegengenommen. Es
liegt deshalb
die Erscheinungsform der Bestechlichkeit vor, in der der Täter
alle Alternativen
des Tatbestandes verwirklicht. Dies gilt auch für die Tat im
Fall 16 der
Urteilsgründe.
Wie diese verschiedenen Begehungsformen rechtlich zueinander stehen,
hat den Bundesgerichtshof schon in mehreren Entscheidungen
beschäftigt.
Er hat dabei ausgesprochen, daß zwar das durch das Fordern
des Vorteils
bereits vollendete Verbrechen durch die Annahme des Vorteils
fortgesetzt und
mit ihr beendet wird, aber beide Begehungsformen der Bestechlichkeit
eigenen
rechtlichen Voraussetzungen unterliegen (BGHSt 10, 237, 243). Er hat
weiter
ausgeführt, daß die Begehungsform des Forderns - und
ebenso die des Sichversprechenlassens
- nicht in der Annahme von Vorteilen aufgeht, sondern
selbständig neben den beiden anderen Begehungsarten der
Bestechlichkeit
steht (BGHSt 11, 345, 346) und daß die Beendigung erst mit
der Annahme des
letzten Vorteils eintritt (BGHSt 11, 345, 347). Eine tatbestandliche
Handlungseinheit
hat der Bundesgerichtshof jedoch nur anerkannt, wenn die Annahme
auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu
leistenden Vorteil genau
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festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein
(BGHR
StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1 und Bestechung
1; BGHR
StGB § 332 I 1 Unrechtsvereinbarung 5; BGH, Urt. vom 4.
Oktober 1994
- 5 StR 503/94 [= NStE Nr. 49 zu § 52 StGB]; so auch BGHSt 41,
292, 302 für
die Bestechung; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor
§§ 52 ff Rdn. 27). Eine
genaue Festlegung des Vorteils bei der Unrechtsvereinbarung ist hier
nicht
festgestellt. Bei ihrem Zustandekommen war allenfalls der Prozentsatz
vereinbart,
den der Angeklagte erhalten sollte. Das genaue Volumen des Auftrags lag
noch nicht fest. Dies reicht jedenfalls dann nicht für die
Annahme eines bei der
Unrechtsvereinbarung genau festgelegten Vorteils, wenn - wie hier - die
für die
einzelnen Fälle festgestellten Zahlungen nicht einmal mit den
vereinbarten
Provisionsprozentsätzen betragsmäßig in
Einklang zu bringen sind.
3. In den Fällen 1 bis 14 und 16 des Urteils ist die
Verurteilung deshalb
aufzuheben. Die Feststellungen zum objektiven und subjektiven
Tatgeschehen
sind von dem Fehler, der allein in der nicht ausreichenden
Klärung der Konkurrenzverhältnisse
besteht, nicht beeinflußt. Der Senat hat sie deshalb
aufrechterhalten.
Der neue Tatrichter kann und muß ergänzende
Feststellungen dazu
treffen.
4. Unberührt von dem Fehler sind auch die
Schuldsprüche in den Fällen
15 und 17 des Urteils. Das Landgericht hat den Angeklagte jeweils (nur)
wegen
Bestechlichkeit verurteilt, weil er gegen Geldzahlungen
veranlaßte, daß jeweils
ein bestimmtes Unternehmen den Auftrag zur Lagerung von Vordrucken der
GEZ erhielt, obwohl es gegenüber den Konkurrenten nicht das
wirtschaftlichste
Angebot abgegeben hatte. Der Angeklagte ist zumindest nicht dadurch
beschwert,
daß das Landgericht in diesen Fällen lediglich eine
Tat der Bestech-
15 -
lichkeit angenommen hat, obwohl der Angeklagte aufgrund einer jeweils
einheitlichen
Unrechtsvereinbarung nicht nur laufende Zahlungen erhielt sondern
auch noch Einzelzuwendungen entgegennahm, die nicht von vorneherein
festgelegt
waren (vgl. BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit
1 und
Bestechung 1; BGH NStZ-RR 1998, 269). Ein etwaiger Fehler zum Vorteil
des
Angeklagten ist unerheblich, weil die Staatsanwaltschaft ihre Revision
auf die
Anordnung des Verfalls beschränkt hat. Die
Möglichkeit eines Zusammenfallens
dieser Taten mit den übrigen Taten ist ausgeschlossen, da es
sich um andere
bestechende Unternehmer handelt als in den Fällen 1 bis 14 und
16 des
Urteils. Die Einzelstrafen können bestehen bleiben. Der
Angeklagte hat im Fall
15 einen Bestechungslohn von insgesamt 26.500 DM entgegengenommen.
Für
einen Teil der Zahlungen gab er dem bestechenden Unternehmer Quittungen,
die er von seiner Tochter über angeblich geleistete
Aushilfsarbeiten hatte unterschreiben
lassen. Die Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
hierfür ist zur Überzeugung des Senats ebensowenig
von den aufgehobenen
Strafen beeinflußt wie die Einsatzstrafe von drei Jahren und
sechs Monaten für
den Fall 17, bei dem der Angeklagte innerhalb von drei Jahren Vorteile
von
mehr als 340.000 DM in der Weise erhielt, daß Leistungen an
seine Tochter,
an seine Ehefrau oder an seine Geliebte erfolgten.
5. Der neue Tatrichter ist dadurch, daß allein der Angeklagte
zum
Schuldspruch Revision eingelegt hat, nicht gehindert, eine
höhere Anzahl von
Bestechungstaten festzustellen. Das Verschlechterungsverbot
stünde nur der
Verhängung einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe
entgegen.
- 16 -
Im übrigen erscheint es angezeigt, im neuen Verfahren von den
Möglichkeiten
der Beschränkung des Prozeßstoffes nach §
154 Abs. 2, § 154 a
Abs. 2 StPO Gebrauch zu machen.
II. Revision der Staatsanwaltschaft
1. Die Entscheidung, von einer Verfallsanordnung abzusehen, ist
aufzuheben,
weil das Landgericht ohne Erörterung, ob die Voraussetzungen
des
Verfalls (§ 73 Abs. 1 StGB) vorliegen, sogleich angenommen
hat, daß darin
jedenfalls eine unbillige Härte für den Verurteilten
liegen würde (§ 73 c Abs. 1
Satz 1 StGB). Die bisherigen Feststellungen belegen dies - wie die
Beschwerdeführerin
zutreffend ausgeführt hat - nicht ausreichend (vgl. dazu BGHR
StGB
§ 73 c Härte 3 und 4; BGH NStZ 2000, 589; BGH NStZ-RR
2000, 365; BGHR
StGB § 73 c Wert 2).
2. Der neue Tatrichter wird bei der vorrangigen Prüfung, ob
überhaupt
ein Verfall angeordnet werden kann, das Folgende zu beachten haben:
a) Die dem Angeklagten zugeflossenen Bestechungsgelder sind durch
eine Straftat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt und
unterliegen
deshalb grundsätzlich dem Verfall. Nach § 73 Abs. 1
Satz 2 StGB ist der Verfall
jedoch dann ausgeschlossen, wenn aus der Tat dem Verletzten ein Anspruch
erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder
Teilnehmer den Wert des aus
der Tat Erlangten entziehen würde. Damit soll die
Erfüllung des Ausgleichsanspruches
gewährleistet und zugleich sichergestellt werden,
daß der Täter nicht
zweimal zahlen muß (BGHR StGB § 73 Anspruch 1 und
Verletzter 3). Da
Schutzgut der Amtsdelikte das Vertrauen der Allgemeinheit in die
Lauterkeit
- 17 -
des öffentlichen Dienstes ist (BGHSt 30, 46, 47 f.; BGHR StGB
§ 73 Verletzter
2), kommt der Dienstherr (hier: die GEZ) bei den Bestechungsdelikten
regelmäßig
nicht als Verletzter in Betracht. Soweit die GEZ Verletzte der durch den
Angeklagten begangenen Untreuehandlungen war, könnte einer
Anwendung
von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, daß der
Angeklagte aus diesen
Delikten wiederum nichts unmittelbar erlangt hat (vgl. BGHR StGB
§ 73 Verletzter
2). Soweit allerdings der Bestechungslohn zugleich den
Vermögensnachteil
im Rahmen der Untreuehandlung ausmachen und damit der Untreueschaden
spiegelbildlich mit dem Vermögenszuwachs, den der Angeklagte
aus
der Tat erlangt hat, korrespondieren würde, würde die
Realisierung eines
Schadensersatzanspruchs der GEZ den Vermögensvorteil des
Angeklagten
abschöpfen. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden,
daß der Schutzzweck
des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in derartigen Fällen
gebietet, eine Doppelinanspruchnahme
auszuschließen (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 - 5 StR
571/00 - zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB
§ 73 Verletzter 4).
Dem tritt der Senat im Grundsatz bei. Sofern demnach der Bestechungslohn
des Angeklagten vollständig in die Kalkulation des anbietenden
Druckunternehmens
eingeflossen ist, die GEZ demnach (zumindest) um den Bestechungslohn
des Angeklagten überhöhte Preise zahlen
mußte, besteht eine
Identität zwischen Bestechungslohn und Untreueschaden mit der
Folge, daß
der Verfall ausgeschlossen ist. Bei lediglich teilweiser
Identität, etwa wenn der
Druckunternehmer nur einen Teil des Bestechungslohns auf den Preis
aufgeschlagen
und den anderen Teil aus seiner sonst üblichen Gewinnspanne
bezahlt
hätte, erfordert der Gesichtspunkt des Doppelbelastungsverbots
nicht die
Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB;
übermäßige Belastungen des Angeklagten
könnten vielmehr durch die Härteklausel nach
§ 73 c StGB vermieden
- 18 -
werden (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 - 5 StR 571/00 - zur
Veröffentlichung
vorgesehen in BGHR StGB § 73 Verletzter 4).
Für die Frage, ob Bestechungslohn und Untreueschaden identisch
sind
und ob deshalb die GEZ Verletzter i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2
StGB ist, kommt es
nicht darauf an, ob die beiden Tatbestände zueinander in
Tateinheit oder in
Tatmehrheit stehen. Grenze für die innere Verknüpfung
ist allerdings die prozessuale
Tat. Der Anspruch muß als Folge der Tat im Sinne des
§ 264 StPO
erwachsen sein (Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 40). Der
weitergehenden,
für dessen Entscheidung (BGH, Urt. vom 6. Februar 2001 - 5 StR
571/00 - zur
Veröffentlichung vorgesehen in BGHR StGB § 73
Verletzter 4) nicht erheblichen
Auffassung des 5. Strafsenats schließt sich der Senat nicht
an. Eine Ausdehnung
über die Grenze der prozessualen Tat hinaus würde den
Unterschied
zwischen dem Verfall und dem erweiterten Verfall nach § 73 d
StGB verwischen.
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b) Der neue Tatrichter wird auch zu beachten haben, daß in
den Fällen
1 bis 3, 5, 6, 8 und 9 die Zahlungen vor dem 7. März 1992
abgeschlossen waren,
in den Fällen 4, 7, 10 und 11 die Unrechtsvereinbarung vor
diesem Zeitpunkt,
die letzte Zahlung aber danach erfolgt ist und in den Fällen
12 und 14
bereits die Unrechtsvereinbarung nach diesem Zeitpunkt getroffen worden
ist.
Zu diesem Zeitpunkt ist durch den Gesetzgeber bei der Entscheidung
über den
Verfall das Nettoprinzip durch das Bruttoprinzip ersetzt worden.
Kutzer Rissing-van Saan Pfister
von Lienen Becker |