BGH,
Urt. v. 11.5.2006 - 5 StR 3/06
5 StR 3/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
11.5.2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
11.05.2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
Rechtsanwalt Wi.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin
vom 6. Juni 2005 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch dem
Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung und mit
Sachbeschädigung (Einsatzstrafe: drei Jahre und vier Monate
Freiheitsstrafe) und wegen vorsätzlicher
Körperverletzung (Einzelfreiheitsstrafe: ein Jahr) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die
Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1
I.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Neben seinem Medizinstudium ist der Angeklagte als
„Security“-Mitarbeiter und als Türsteher
in Tanzgaststätten tätig.
2
1. Als Türsteher lernte er die ukrainische Zeugin B. ken- nen,
die ihm erzählte, sie halte sich illegal in Berlin auf und
habe „schwarz“ in einem türkischen Imbiss
gearbeitet, um Geld für die dringend erforderliche Operation
ihres in der Heimat verbliebenen Kindes zu verdienen. Der Imbiss-
3
- 4 -
inhaber schulde ihr aus ihrer Tätigkeit noch 500 Euro, habe
aber eine Zahlung abgelehnt. Sie bat den Angeklagten, sie bei der
erneuten Geltendmachung ihrer Forderung zu dem Imbiss als
Unterstützung zu begleiten. Tatsächlich hatte die
Zeugin nie in dem Imbiss gearbeitet. Der Angeklagte glaubte der Zeugin.
Mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter und der Zeugin B.
begab er sich kurze Zeit später zu dem Imbiss, um die
angebliche Forderung der Zeugin einzutreiben. Dort verlangte er von
einer Tresenkraft die Herausgabe des vorhandenen Geldes. Um seinem
Verlangen Nachdruck zu verleihen und alle anwesenden Gäste
einzuschüchtern, schlug er mit einem Barhocker auf eine
Glasvitrine ein, wodurch diese einen Sprung erlitt und der Barhocker
zerbrach. Gleichwohl eingreifende Gäste und Imbissmitarbeiter
wurden von dem unbekannten Mittäter mit einem weiteren
Barhocker, vom Angeklagten mit der Faust geschlagen. Nach weiterer
Rangelei und dem Hinausdrängen des Mittäters sah der
Angeklagte sein Vorhaben, aus der Imbisskasse Geld zu erlangen, als
gescheitert an, und wollte flüchten. Der Angeklagte stach in
Verletzungsabsicht unerwartet nach der inzwischen mit einem Barhocker
bewaffneten Tresenkraft mit einem Klappmesser und verletzte sein Opfer
hierdurch am linken Oberarm. Schließlich floh der Angeklagte
nach weiterem Handgemenge aus dem Imbiss. Die Armverletzung musste mit
zehn Stichen genäht werden und führte zu einem
zweitägigen stationären Krankenhausaufenthalt.
2. Als Leiter einer Diskothek verletzte der Angeklagte den
angetrunkenen und als unangenehmer Gast aufgefallenen
Nebenkläger, dessen Hals er nach einer vermeintlich
freundschaftlichen Geste eingeklemmt hatte und den er in dieser Haltung
nach unten drückte, mit einem kräftigen Faustschlag,
der neben einer Augapfelprellung zu einer Jochbeinfraktur und
einmonatiger Arbeitsunfähigkeit des Opfers führte.
4
II.
Die Revision des Angeklagten versagt.
5
- 5 -
- 6 -
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt
zutreffend benannten Gründen erfolglos. Auch die
näher ausgeführte Sachrüge greift nicht
durch. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
6
1. Der Schuldspruch wegen versuchter schwerer räuberischer
Erpressung ist rechtsfehlerfrei.
7
a) Die Feststellungen des Landgerichts belegen auf der Grundlage noch
tragfähiger Beweiswürdigung insbesondere auch die von
§ 253 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Absicht des Angeklagten, sich
oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, ausreichend. Danach hielt
der Angeklagte den vorgeblichen Anspruch der Zeugin B. für
rechtlich nicht durchsetzbar. Unabhängig von der Frage, ob
diese Vorstellung des Angeklagten rechtlich zutreffend gewesen
wäre oder nicht (vgl. dazu nur BGHZ 111, 308, 313; OLG
Frankfurt/Main NStZ-RR 2005, 184, 186; Mosbacher in Achenbach/Ransiek,
Handbuch Wirtschaftsstrafrecht Kap. XII 4 Rdn. 92), war der Angeklagte
- auch im Falle einer Fehlvorstellung (vgl. BGHSt 42, 268, 273) - wegen
versuchter schwerer räuberischer Erpressung strafbar, nicht
lediglich wegen versuchter Nötigung (vgl. auch BGHSt 48, 322).
Auf die Frage, ob das Landgericht überhaupt tragfähig
festzustellen vermochte, dass der Angeklagte bei seinem Vorgehen der
Lügengeschichte der Zeugin vertraute - was fern liegt -, kommt
es danach nicht an.
8
b) Einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch hat das
Landgericht auf tragfähiger Grundlage rechtsfehlerfrei
ausgeschlossen, weil der Versuch spätestens fehlgeschlagen
war, als der Mittäter des Angeklagten aus dem Lokal
gedrängt wurde.
9
c) Auch hat das Landgericht die Qualifikation der Tat nach §
250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu Recht angenommen. Dies findet seinen Grund
nicht etwa in dem Messereinsatz des Angeklagten nach dem Scheitern
seines Tatplans, sondern in dem - dem Angeklagten zuzurechnenden -
Einsatz
10
- 7 -
eines Barhockers durch seinen Mittäter. Dessen von einem
gemeinsamen Tatplan getragenes Mitwirken hat das Landgericht aufgrund
des Geschehensablaufs im Lokal eindeutig festgestellt.
2. Der Strafausspruch ist rechtsfehlerfrei. Namentlich hat das
Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Angeklagte bei
beiden Taten unter Bewährung stand, und zwar wegen einer Tat,
deren Bild mit dem hiesigen Fall 1 korrespondiert.
11
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Schaal |