BGH,
Urt. v. 12.6.2002 - 2 StR 107/02
2 StR 107/02
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
12. Juni 2002
in der Strafsache gegen
wegen Vergewaltigung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat aufgrund der
Hauptverhandlung vom 12. Juni 2002 in der Sitzung am 14. Juni 2002, an
denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan als Vorsitzende, die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode, Rothfuß, Prof. Dr. Fischer, die Richterin am
Bundesgerichtshof Elf als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim
Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung,
Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenklägerin in
der Hauptverhandlung, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad
Kreuznach vom 30. Oktober 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des
Landgerichts Trier zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einer ersten Hauptverhandlung
durch Urteil vom 14. Februar 2000 wegen Vergewaltigung zu einer
Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dieses Urteil hat der Senat
auf die Revision des Angeklagten durch Beschluß vom 1.
Dezember 2000 aufgehoben. Aufgrund der neuen Hauptverhandlung hat das
Landgericht den Angeklagten nun wegen Vergewaltigung zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen eingelegte
Revision führt mit einer Verfahrensrüge zur erneuten
Aufhebung des Urteils.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielten sich der Angeklagte
und die damals 15-jährige Nebenklägerin, die beide
einem Musikverein ihres Heimatdorfes angehörten, am Tattag,
dem 3. Juni 1995, auf einer Festveranstaltung im Rahmen des
mehrtägigen Bundesmusikfestes in M. auf, wohin die Mitglieder
des Musikvereins gemeinsam gefahren waren. Die Nebenklägerin
verließ gegen 23.30 Uhr das Festzelt, in dem eine
Großveranstaltung stattfand, und begab sich zu dem etwa 50 m
entfernt stehenden Toilettenwagen. Dort stieß sie auf den
Angeklagten, der sie von der Treppe des Wagens herunterzog, sie
festhielt und gegen ihren Willen etwa 200 m weit über einen
Parkplatz bis zu einer Stelle führte, an der mehrere Wohnwagen
standen. Unterwegs fragte er sie, ob sie "schon einmal mit einem Kerl
geschlafen" habe; als sie daraufhin versuchte wegzulaufen, hielt er sie
fest. Obgleich sie ihn mehrfach anflehte, sie gehen zu lassen,
drückte er sie zunächst mit dem Rücken gegen
die Längsseite eines Wohnwagens, hielt ihre Arme fest, zog
ihre Bluse aus der Hose und berührte und
küßte ihre Brust. Dann warf er sie zu Boden, indem
er ihr ein Bein stellte und sie nach hinten umstieß. In der
Folge kam es zunächst zum Oralverkehr und dann zum
ungeschützten Geschlechtsverkehr. Dann entfernte sich der
Angeklagte, nachdem er zu der Nebenklägerin gesagt hatte, wenn
sie etwas erzähle, "passiere etwas". Die
Nebenklägerin ging kurz darauf in das Festzelt
zurück, in dem weiter fröhlich gefeiert wurde. Der
mit ihr befreundeten D. H. erzählte sie, der Angeklagte habe
sie im Bereich der Toilette zur Seite gezerrt und sie aufgefordert,
sein Geschlechtsteil anzufassen. Sie habe sich aber losreißen
können; es sei "nichts passiert".
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung tat die Nebenklägerin
so, als sei nichts geschehen; sie verschwieg die Tat auch in der
Folgezeit. Im Jahre 1997 entwickelte sich bei der
Nebenklägerin aus bislang nicht geklärten
Gründen, möglicherweise als Folge eines seit ihrem
12. Lebensjahr erlittenen sexuellen Mißbrauchs durch eine
unbekannte Person, eine schwere psychosomatische Symptomatik, die unter
anderem zu einer psychogenen Lähmung der Beine sowie zu
schwerer Depressivität und Autoaggression führte; die
Nebenklägerin wurde schließlich im Juli 1997 in eine
psychosomatische Klinik aufgenommen. Nach etwa drei Wochen ihres
Aufenthaltes offenbarte sie, ohne Einzelheiten zu schildern, erstmals
einer Therapeutin das Tatgeschehen; im August 1997 berichtete sie ihren
Eltern davon und offenbarte auf deren Drängen den Namen des
Angeklagten, bat ihre Eltern jedoch, die Tat nicht anzuzeigen. Das
Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten kam in Gang, nachdem durch
Erzählungen der Eltern der Nebenklägerin die
Vorwürfe gegen den Angeklagten in dem Heimatdorf N. zum
"Ortsgespräch" geworden waren. Die Nebenklägerin
wurde im Juni 1998 von der Polizei zur Tat vernommen; im Februar und
März 1999 fand eine Exploration durch eine Psychologin statt,
eine weitere Exploration durch einen Psychiater im September 2001.
In der ersten Hauptverhandlung am 30. November 1999 schilderte die
Nebenklägerin die Tat. Erstmals in dieser Hauptverhandlung
offenbarte sie, daß sie nicht, wie sie bei früheren
Befragungen angegeben hatte, bei der Tat von dem Angeklagten
entjungfert worden sei, sondern daß sie bereits seit ihrem
zwölften Lebensjahr von einer Person, deren Namen sie nicht
nennen wolle, sexuell mißbraucht worden sei. Sie berichtete
überdies, sie habe bereits vor der Tat mit einem
früheren Freund Geschlechtsverkehr gehabt. Die Vernehmung der
Nebenklägerin konnte in der ersten Hauptverhandlung nicht
abgeschlossen werden, da sie vernehmungsunfähig wurde, bevor
sie von der Verteidigung befragt werden konnte. Auch in der Zeit bis
zur erneuten Hauptverhandlung befand sie sich mehrfach in
stationärer Behandlung, unternahm im März 2001 einen
Selbstmordversuch und fügte sich wiederholt Selbstverletzungen
zu. In der neuen Hauptverhandlung wurde die Nebenklägerin
nicht als Zeugin vernommen, weil sie einen Tag vor ihrer vorgesehenen
Vernehmung von ihrer Hausärztin in ein Krankenhaus eingewiesen
worden war. Das Landgericht hat die früheren Bekundungen der
Nebenklägerin bei ihrer polizeilichen Vernehmung,
gegenüber der zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit
beigezogenen Sachverständigen sowie in der ersten
Hauptverhandlung durch Vernehmung des Polizeibeamten W. , der
Psychologin M. -B. und des an der ersten Hauptverhandlung beteiligten
Richters Ge. als Zeugen eingeführt und der Verurteilung diese
Aussagen zugrunde gelegt.
2. Die auf § 244 Abs. 2 StPO gestützte
Verfahrensrüge, mit welcher die Revision beanstandet,
daß die Nebenklägerin vom Landgericht nicht als
Zeugin vernommen wurde, erweist sich als zulässig und
begründet.
a) Die von der Revision vermißte Vernehmung der
Nebenklägerin betraf ein Hauptbeweismittel, nämlich
die einzige Tatzeugin, und einen zentralen Punkt der Beweisaufnahme,
nämlich den Hergang der von der Nebenklägerin
behaupteten Straftat. Der Zulässigkeit der Rüge steht
hier nicht entgegen, daß die Revision nicht
ausdrücklich das von ihr erwartete Ergebnis der Beweiserhebung
mitteilt. Dieses, nämlich die Nichterweislichkeit des
Tatvorwurfs, ergibt sich vielmehr ohne Weiteres aus dem Zusammenhang
des Revisionsvortrags. Der Angeklagte, der die Tat auch in der neuen
Hauptverhandlung bestritten und sich dahin eingelassen hat, er habe die
Veranstaltung am Tatabend nicht besucht und die Nebenklägerin
an diesem Abend nicht getroffen, wendet sich umfassend gegen die
Glaubhaftigkeit der ihn belastenden Bekundungen der
Nebenklägerin und deren Glaubwürdigkeit. Die Revision
könnte sich zu den für den Angeklagten
günstigen Einzelheiten nur spekulativ
äußern: die unter den gegebenen Umständen
für die Zulässigkeit ausreichende Behauptung,
daß nach ihrer Auffassung die Beweiserhebung die Richtigkeit
der Einlassung des Angeklagten ergeben hätte, ist dem
Revisionsvortrag mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen.
b) Die Rüge ist auch begründet. Auf der Grundlage der
ihm vorliegenden Erkenntnisse zur Verhandlungs- und
Vernehmungsfähigkeit hätte das Landgericht auf eine
Vernehmung nicht verzichten dürfen.
Das Landgericht hat zwar die hier besonders schwierige Beweislage im
Grundsatz zutreffend gesehen. Der Vernehmung der Nebenklägerin
als einziger Belastungszeugin durch das erkennende Gericht kam hier
besondere Bedeutung zu; namentlich auch deshalb, weil eine Befragung
der Zeugin durch die Verteidigung auch im gesamten früheren
Verfahren nicht möglich war. Zwar ist die Einführung
der Aussage allein durch Zeugen vom Hörensagen auch in einem
solchen Fall nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. vom
16. Mai 2002 - 1 StR 40/02). Das Gericht muß aber, wenn es
auf eine unmittelbare Vernehmung verzichten will und auch die
zahlreichen Möglichkeiten, welche die
Strafprozeßordnung zum Schutz von Zeugen vor besonderen
Belastungssituationen einräumt, für nicht ausreichend
erachtet, die Grundlagen dieser Entscheidung besonders
sorgfältig prüfen. Dies hat das Landgericht nicht in
hinreichendem Maße beachtet.
aa) Die Hauptverhandlung begann am 9. Oktober 2001. Am 8. Oktober 2001
wurde die Nebenklägerin, die als Zeugin geladen war, von ihrer
Hausärztin mit der Diagnose "schwere Depression mit
Suizidgefährdung" in stationäre Behandlung
eingewiesen. Neben diesem Attest lag dem Landgericht eine schriftliche
Stellungnahme der Psychotherapeutin B. vom 8. Oktober 2001 vor, in
welcher diese sich "zur positiven Begutachtung (der)
Aussagefähigkeit ... durch Herrn Dr. Gl. am 14.09.2001"
äußerte. Die Stellungnahme gelangte zu der Diagnose
"schwerste posttraumatische Belastungsreaktion (ICD-10 F 43.1)" und
führt aus, die therapeutischen Interventionen seit Beginn der
Therapie im Jahr 1998 hätten lediglich die lebensbedrohliche
Situation der Nebenklägerin wieder stabilisieren
können, da der Prozeß gegen den Gewalttäter
immer noch in der Schwebe sei. Die Therapeutin verwies "dringend
darauf, daß bei Frau Gu. bei Aussagepflicht eine akute
Suizidgefährdung besteht." Am 3. Hauptverhandlungstag, dem 16.
Oktober 2001, gab der Vorsitzende der Strafkammer bekannt,
daß nach telefonischer Auskunft der Städtischen
Kliniken I. die Nebenklägerin nicht vernehmungsfähig
sei; am 4. Hauptverhandlungstag wurde eine Bescheinigung des in den
Städtischen Krankenanstalten I. beschäftigten
Facharztes für Psychiatrie Dr. S. verlesen. Dieser
führte aus, bei der Nebenklägerin liege ein
"depressives Syndrom sowie autoaggressive Verhaltensweisen (latente
Suizidalität)" vor, und kam zu dem Ergebnis: "Sie ist
ärztlich psychiatrisch derzeit nicht
verhandlungsfähig. Eine gerichtliche Verhandlung ist mit einer
erheblichen Gefahr einer psychischen Dekompensation ... und suizidaler
Gefährdung verbunden." Zu diesen schriftlich vorliegenden
Beurteilungen äußerten sich in der Hauptverhandlung
die Sachverständigen Dr. W. und Prof. Dr. Gl. .
bb) Auf dieser Grundlage durfte das Landgericht eine Vernehmung der
Nebenklägerin nicht als für diese unzumutbar und
deshalb als unmöglich ansehen und durch Vernehmung der Zeugen
vom Hörensagen ersetzen. Die dem Landgericht vorliegenden
Stellungnahmen der behandelnden Ärzte sowie der
Psychotherapeutin gingen - nach ihrer Aufgabenstellung zutreffend - von
einem therapeutischen Blickwinkel aus, welcher unter dem Gesichtspunkt
des ihnen obliegenden Behandlungsauftrags das subjektive Empfinden der
Nebenklägerin nicht in Frage zu stellen hatte. In ihre
Beurteilung der Gefahr einer möglichen "Re-Traumatisierung"
durch eine Vernehmung gingen insoweit notwendig auch Bekundungen der
Nebenklägerin zum Tatgeschehen und ihrer persönlichen
Befindlichkeit ein, deren Überprüfung auf ihren
Wahrheitsgehalt diese Vernehmung erst ermöglichen sollte. Die
schriftlichen Stellungnahmen äußerten sich in
allgemeiner Form zu der Fähigkeit der Nebenklägerin,
"vor Gericht zu erscheinen" (Hausärztin Dr. Ba. ), zur
"Aussagepflicht" in dem "Prozeß gegen den
Gewalttäter" (Psychotherapeutin B. ) sowie zu der
Verhandlungsfähigkeit in einer "gerichtlichen Verhandlung"
(Facharzt Dr. S. ). Ob den genannten Personen die
Möglichkeiten einer vom Regelbild abweichenden, für
die Nebenklägerin schonenderen Vernehmung bewußt
waren, ist nicht festgestellt. Neben einer Vernehmung in der
Hauptverhandlung unter Ausschluß der Öffentlichkeit,
bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 247 Satz 1 StPO auch
des Angeklagten, konnten hier namentlich eine Durchführung des
Hauptverhandlungsteils im Krankenhaus, eine Zeugenvernehmung an einem
anderen Ort unter audiovisueller Übertragung (§ 247 a
StPO), die Vernehmung durch einen beauftragten Richter sowie besondere
Anordnungen über die Durchführung der Befragung (vgl.
§ 241 a Abs. 2 Satz 1 StPO) erwogen werden. Es mußte
sich dem Landgericht daher vor allem auch aufdrängen, die
behandelnden Ärzte des Krankenhauses, in welches die
Nebenklägerin am 8. Oktober 2001 aufgenommen worden war, in
der Hauptverhandlung hierzu zu befragen, um durch nähere
Erörterung auch dieser Möglichkeiten eine sichere
Grundlage für die Beurteilung der
Vernehmungsfähigkeit zu finden. Den nach den
Urteilsgründen lediglich pauschalen
Äußerungen der Sachverständigen Dr. W. und
Prof. Dr. Gl. in der Hauptverhandlung konnte hierfür keine
hohe Bedeutung zukommen, denn diesen standen als aktuelle
Beurteilungsgrundlage allein die genannten schriftlichen Stellungnahmen
sowie die Mitteilung des Vorsitzenden über die telefonische
Auskunft des Krankenhauses zur Verfügung. Der
Sachverständige Dr. W. hatte die Nebenklägerin
zuletzt etwa zwei Jahre vor der Hauptverhandlung untersucht. Der
Sachverständige Prof. Dr. Gl. hatte die Nebenklägerin
am 14. September 2001 untersucht, sie in seinem Gutachten, mit dem sich
das Landgericht im Urteil nicht auseinandersetzt, jedoch gerade als
vernehmungsfähig angesehen. Die im einzelnen nicht
erläuterte Feststellung des Landgerichts, "daß die
Zeugin vernehmungsunfähig ist, ihr jedenfalls eine Vernehmung
auch durch einen beauftragten Richter ... nicht zumutbar ist" (UA S.
10), entbehrt einer tragfähigen Grundlage und
läßt daher die hier gebotene Ausschöpfung
der naheliegenden Erkenntnisquellen vermissen.
3. Da die Verfahrensrüge durchgreift, kommt es auf die
Sachrüge nicht an. Insoweit weist der Senat für die
neue Hauptverhandlung nur auf Folgendes hin:
a) Die bisherige Beweiswürdigung begegnet schon deshalb
Bedenken, weil sie Widersprüche in den verschiedenen Aussagen
der Nebenklägerin nur unzureichend berücksichtigt.
Das Landgericht hat festgestellt, die Nebenklägerin habe
mehrfach widersprüchliche Aussagen zu ihren ersten sexuellen
Erfahrungen gemacht. Ursprünglich hatte sie angegeben, sie sei
bei der Tat von dem Angeklagten entjungfert worden. In der ersten
Hauptverhandlung gab sie an, sie sei bereits seit ihrem 12. Lebensjahr
sexuell mißbraucht worden. Gegenüber dem
Sachverständigen Prof. Dr. Gl. bestritt sie später
nicht nur, sexuell mißbraucht worden zu sein, sondern auch,
dies in der ersten Hauptverhandlung ausgesagt zu haben. Auch die
Aussage der Nebenklägerin, schon vor der Tat mit ihrem
früheren Freund Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, hat das
Landgericht als widerlegt angesehen. Es hat dieses Aussageverhalten
dahin zusammengefaßt, daß die
Nebenklägerin zur Frage ihres ersten Geschlechtsverkehrs
"nicht bereit (sei), wahrheitsgemäße
Auskünfte zu erteilen", und sich in Unwahrheiten
flüchte (UA S. 24). Die sich hieran ohne weitere
Begründung anschließende Würdigung, die
Überzeugungskraft der Aussage zum Vergewaltigungsgeschehen sei
hierdurch "nicht berührt" (UA S. 24), begegnet Bedenken. Die
Frage, ob die Nebenklägerin durch die Tat entjungfert worden
war, "berührt" ersichtlich nicht allein "kleinere
Unstimmigkeiten" des Randgeschehens, wie das Landgericht meint, sondern
den Kern des Tatgeschehens.
In der Beweiswürdigung unberücksichtigt geblieben ist
überdies - auch unter dem Gesichtspunkt eines
möglichen Falschbelastungsmotivs im Zusammenhang mit einem
subjektiv empfundenen Offenbarungsdruck und den psychischen
Besonderheiten der Nebenklägerin - die Möglichkeit,
daß die Schilderung des Vorfalls, die die
Nebenklägerin am Tatabend unmittelbar nach ihrer
Rückkehr in das Festzelt gegenüber der Zeugin H.
abgab, zutreffend war. Das Landgericht erörtert insoweit
allein die Möglichkeit einer "unbewußten
Übertragung" (UA S. 22); dies erschöpft die Frage
nicht.
b) Angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls, namentlich wegen der
ungewöhnlichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der
belastenden Aussagen der Nebenklägerin, begegnet die nur
kursorische Darstellung der von den drei hierzu gehörten
Sachverständigen in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten
Bedenken. Der Umstand, daß weder die von den
Sachverständigen zugrunde gelegte Methodik noch die
wesentlichen Ergebnisse und der Argumentationsgang der Gutachten
zusammenhängend dargestellt, sondern nur jeweils einzelne
Äußerungen der Sachverständigen im
Zusammenhang der jeweiligen Beweisfrage wiedergegeben werden, erschwert
die Prüfung, ob das Landgericht die wesentlichen
Beweisergebnisse erschöpfend gewürdigt und das
sachliche Gewicht einzelner Darlegungen der Sachverständigen
zutreffend beurteilt hat. So sind etwa die vom Landgericht
erwähnten Äußerungen des
Sachverständigen Prof. Dr. Gl. über den von der
Nebenklägerin subjektiv erlebten und ihm berichteten
Erwartungs- und Offenbarungsdruck in der Fachklinik "Be. " (UA S. 20)
nicht schon dadurch relativiert, daß die dortigen Therapeuten
als Zeugen ausgesagt haben, es sei von ihnen aus therapeutischen
Gründen ein solcher Druck nicht ausgeübt worden. Wie
die Sachverständigen sich hierzu geäußert
haben, teilt das Urteil nicht mit; die Äußerung des
Sachverständigen Prof. Dr. Gl. , die Nebenklägerin
sei trotz gravierender hysterischer Symptomatik und hochgradiger
Suggestibilität "nicht gehindert", realitätsbezogen
auszusagen, erschöpft das Beweisthema nicht.
4. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die
Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an ein
anderes Landgericht zurückzuverweisen.
Rissing-van Saan Bode Rothfuß Fischer Elf
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