BGH,
Urt. v. 12.5.2009 - 1 StR 718/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 718/08
vom
12. Mai 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
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StPO § 267 Abs. 1
Zu den Anforderungen an die Feststellung und die
Beweiswürdigung von Besteuerungsgrundlagen in
steuerstrafrechtlichen Urteilen.
BGH, Urt. vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Regierungsoberrat
als Vertreter des Finanzamts Wetzlar,
Justizangestellte
- bei der Verhandlung -,
Justizangestellte
- bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Gießen vom 9. September 2008 wird
a) das Verfahren im Fall 1. der Urteilsgründe eingestellt,
soweit der Angeklagte wegen Umsatzsteuerhinterziehung für den
Veranlagungszeitraum 1999 verurteilt wurde;
b) die weitergehende Revision mit der Maßgabe verworfen, dass
aa) der Angeklagte in den Fällen 15. und 16. der
Urteilsgründe schuldig ist des vorsätzlichen
unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit
mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition und mit
Führen eines verbotenen Gegenstandes;
bb) für die Fälle 15. und 16. der
Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten
festgesetzt wird.
2. Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, hat die Staatskasse die
Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu
tragen; im Übrigen hat der Beschwerdeführer die
Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf
Fällen, wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in
zwei Fällen, wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen
und wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz zu
der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten
verurteilt. Die Revision des Beschwerdeführers, mit der er
ohne nähere Ausführungen die Verletzung sachlichen
Rechts rügt, hat lediglich den aus dem Tenor ersichtlichen
Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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I.
1. Der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung liegen folgende
Feststellungen zu Grunde:
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Der Angeklagte ist seit ca. 20 Jahren im Immobiliengeschäft
tätig. Er erzielte steuerpflichtige Umsätze durch die
Überlassung eigener und angemieteter Wohnungen; die meisten
der Wohnungen überließ er Prostituierten zur
Ausübung der gewerblichen Prostitution. Im Jahre 1999
gründete der Angeklagte die BH gesellschaft mbH (nachfolgend:
BH GmbH), deren Geschäftsführer er seit der
Gründung war.
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Für den Veranlagungszeitraum 1999 unterließ es der
Angeklagte für sich persönlich
Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Dadurch wurde Umsatzsteuer
in Höhe von 55.040,-- DM verkürzt. Darüber
hinaus gab er unter dem Datum des 8. Februar 2001 eine
Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 bei dem
für ihn zuständigen Finanzamt ab, in der er bewusst
wahrheitswidrig zu
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geringe Einkünfte erklärte, weshalb am 5. April 2001
die von ihm zu zahlende Einkommensteuer um 100.982,-- DM und der
Solidaritätszuschlag um 5.505,17,-- DM zu gering festgesetzt
wurden. Auf dieser Grundlage setzte das Landgericht wegen
Steuerhinterziehung in drei tateinheitlichen Fällen eine
Geldstrafe von 270 Tagessätzen fest.
Für die Veranlagungszeiträume der Jahre 2000 bis 2004
erklärte der Angeklagte die aus der Überlassung der
Wohnungen resultierenden Einkünfte und Umsätze, die
er selbst und die BH GmbH erzielte, in den jeweiligen
Steuererklärungen nicht vollständig, wodurch
Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, Umsatz-,
Körperschaft- und Gewerbesteuer in einer Gesamthöhe
von etwa 620.000,-- EUR verkürzt wurden.
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2. Die Verurteilung im Fall 1. der Urteilsgründe kann keinen
Bestand haben, soweit der Angeklagte für den
Veranlagungszeitraum 1999 tateinheitlich auch wegen Hinterziehung von
Umsatzsteuer verurteilt wurde. Ihr steht ein Verfolgungshindernis
entgegen, weshalb das Verfahren insoweit einzustellen ist.
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a) Selbst wenn man wegen der Einschaltung eines Steuerberaters davon
ausgeht, dass dem Angeklagten über die gesetzliche Frist nach
§ 149 Abs. 2 AO (31. Mai 2000) hinaus eine
Fristverlängerung eingeräumt war (vgl. die
Gleichlautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der
Länder über Steuererklärungsfristen
für das Kalenderjahr 1999, BStBl. 2000 I, 86), war die Tat
jedenfalls spätestens am 30. September 2000 beendet (vgl. BGHR
AO § 370 Verjährung 3). Bis zum Eintritt der
Verjährung erfolgte keine geeignete Unterbrechungshandlung.
Der Durchsuchungsbeschluss in dem gegen den Angeklagten
geführten Verfahren (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB)
wurde erst am 24. März 2006 erlassen.
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b) Das Verfahren ist daher insoweit gemäß §
260 Abs. 3 StPO einzustellen. Die Annahme von Tateinheit steht dem
nicht entgegen. Zwar bedarf es einer förmlichen Einstellung
nicht, wenn sich ein Prozesshindernis nur auf eine tateinheitlich
begangene Gesetzesverletzung bezieht (BGHSt 7, 305, 306;
Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 43). Der
Bundesgerichtshof hat jedoch andererseits entschieden, dass in
Fällen, in denen sich die Annahme von Tateinheit schon
aufgrund des der Anklage zu Grunde liegenden Sachverhalts als verfehlt
darstellt, ein Teilfreispruch zu erfolgen hat, wenn eine der in
Betracht kommenden selbständigen Taten nicht nachzuweisen ist
(BGH NJW 1993, 2125, 2126; ebenso Schoreit in KK StPO § 260
Rdn. 20, Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 12
m.w.N.).
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Der vorliegende Fall, in dem die Verurteilung wegen Vorliegens eines
Verfolgungshindernisses nicht erfolgen kann, ist diesen Fällen
vergleichbar. Auch insoweit ist zur erschöpfenden Erledigung
des angeklagten Prozessstoffes eine Teileinstellung auszusprechen, da
sich die Annahme von Tateinheit in der Anklage und dem
Eröffnungsbeschluss als verfehlt erweist. Denn durch die
pflichtwidrig unterlassene Umsatzsteuererklärung für
den Veranlagungszeitraum 1999 ist der Tatbestand des § 370
Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt. Demgegenüber verwirklichte
der Angeklagte durch Abgabe der unrichtigen
Einkommensteuererklärung und die daran anschließende
Festsetzung durch die Finanzbehörden den Tatbestand des
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Liegen aber die Handlungsalternative
des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und die Unterlassungsalternative des
§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor, die sich zudem noch auf
unterschiedliche Steuerarten beziehen, stehen die beiden verwirklichten
Straftaten in Tatmehrheit (BGH wistra 2005, 30, 31).
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3. Die Feststellungen hinsichtlich der übrigen Fälle
der Steuerhinterziehung tragen demgegenüber den Schuld- und
den Strafausspruch. Wenngleich die Sachdarstellung teilweise
unvollständig ist und die getroffenen Feststellungen nicht
zwischen der Darlegung des Tatgeschehens, der Beweiswürdigung
und der rechtlichen Würdigung unterscheiden, so dass sie sich
teilweise auch als unklar und unübersichtlich erweisen,
ermöglichen sie dem Senat dennoch eine hinreichende rechtliche
Überprüfung des Urteils.
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a) Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die
Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen,
also das Tatgeschehen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der
Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung
aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch
der dazugehörigen inneren Tatsachen in so
vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret
angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt
werden kann (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1
Sachdarstellung 4 und 7). Nur dann kann das Revisionsgericht auf die
Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen
Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet
worden ist (§ 337 StPO).
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Bei der Steuerhinterziehung kommt hinzu, dass die Blankettnorm des
§ 370 AO und die sie ausfüllenden steuerrechtlichen
Vorschriften zusammen die maßgebliche Strafvorschrift bilden
(BGH NStZ 2007, 595). Die Strafvorschrift des § 370 AO wird
materiellrechtlich ausgefüllt durch die im Einzelfall
anzuwendenden steuerrechtlichen Vorschriften, aus denen sich ergibt,
welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen
Abgabenart zu einer Steuerverkürzung geführt hat
(vgl. BGH NStZ-RR 1997, 374, 375; NStZ 2001, 201).
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Die sachlich-rechtliche Prüfung der rechtlichen
Würdigung durch das Revisionsgericht setzt bei einer
Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, dass die steuerlich
erheblichen Tatsachen festgestellt sind. Dazu gehören
insbesondere diejenigen Parameter, die maßgebliche Grundlage
für die Steuerberechnung sind (Besteuerungsgrundlagen).
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b) Bei einer Steuerhinterziehung durch Abgabe unrichtiger
Steuererklärungen sind daher grundsätzlich folgende
Anforderungen zu stellen:
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aa) Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist
einerseits Erklärungsdelikt. Der Tatbestand wird dadurch
verwirklicht, dass gegenüber den Finanzbehörden
über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder
unvollständige Angaben gemacht werden. Daher ist
festzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen
mit welchem Inhalt abgegeben hat (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz
1 Sachdarstellung 4).
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bb) Die Steuerhinterziehung ist darüber hinaus Erfolgsdelikt,
da § 370 Abs. 1 AO voraussetzt, dass durch die unrichtigen
oder unvollständigen Angaben über steuerlich
erhebliche Tatsachen Steuern verkürzt oder nicht
gerechtfertigte Steuervorteile erlangt worden sind. Steuern sind dabei
namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller
Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370
Abs. 4 Satz 1 AO). Insoweit bedarf es einerseits der Feststellung,
welche Steuern seitens der Finanzbehörden zu welchem Zeitpunkt
festgesetzt wurden (sog. Ist-Steuer). Weiter ist erforderlich, dass zum
einen der tatsächliche Sachverhalt festgestellt wird, aus dem
die von Gesetzes wegen geschuldete Steuer folgt (sog. Soll-Steuer).
Daneben ist die Soll-Steuer als solche festzustellen. Aus der
Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Steuer ergibt sich dann
die verkürzte Steuer.
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c) Von der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, also der
steuerrechtlich erheblichen Tatsachen, zu unterscheiden ist die Frage,
in welchem Umfang die festgestellten Tatsachen gewürdigt
werden müssen (Beweiswürdigung). Für einen
geständigen und zudem verteidigten Angeklagten (vgl.
§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO) gilt grundsätzlich:
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Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat
sich der Tatrichter erkennbar von der Richtigkeit des
Geständnisses überzeugt, dann genügt eine
knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung.
Jedenfalls, soweit es um das „reine Zahlenwerk“ -
etwa den Umsatz, die Betriebseinnahmen oder die Betriebsausgaben -
geht, wird regelmäßig davon ausgegangen werden
können, dass auch ein steuerrechtlich nicht versierter
Angeklagter diese Parameter aus eigener Kenntnis bekunden kann.
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Der Tatrichter kann seine Überzeugung insoweit auch auf
verlässliche Wahrnehmungen von Beamten der Finanzverwaltung zu
den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen stützen.
Angaben von Beamten der Finanzverwaltung zu tatsächlichen
Gegebenheiten können - wie bei sonstigen Zeugen auch -
taugliche Grundlage der Überzeugung des Tatgerichts sein.
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d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende
Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts
(vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ
2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen
Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen,
sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden
kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung
bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils
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erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die
Möglichkeit zu kontrollieren, ob die steuerlich erheblichen
Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.
Den der Berechnungsdarstellung zukommenden Aufgaben kann nicht durch
Bezugnahmen auf Betriebs- oder Fahndungsprüfungsberichte
entsprochen werden. Das Tatgericht ist aber nicht gehindert, sich
Steuerberechnungen von Beamten der Finanzverwaltung
anzuschließen, die auf den festgestellten
Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Allerdings muss im Urteil zweifelsfrei
erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige - weil
ihm obliegende Rechtsanwendung - Steuerberechnung durchgeführt
hat (vgl. Jäger StraFo 2006, 477, 479 m.w.N.).
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e) Den vorstehenden Anforderungen wird das Urteil nicht in vollem
Umfang gerecht. Auf der teilweise unvollständigen
Sachdarstellung beruht das Urteil indes nicht.
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aa) Ist die sachlich-rechtliche Überprüfung dem
Revisionsgericht aufgrund unzureichender Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen nicht zuverlässig möglich, so
beruht das Urteil grundsätzlich auf einer Verletzung des
Gesetzes (§ 337 StPO).
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Ausnahmsweise kann trotz unzureichender Darstellung der
Besteuerungsgrundlagen aber ein Beruhen dann ausgeschlossen werden,
wenn sich die Darstellungsmängel allein auf die
Überprüfbarkeit der Höhe der hinterzogenen
Steuern - mithin die Überprüfbarkeit des
Schuldumfangs - durch das Revisionsgericht beziehen und auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen sicher ausgeschlossen werden
kann, dass die Steuerberechnung den Angeklagten in Bezug auf den
Schuldumfang beschwert.
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bb) So liegt der Fall hier. Die getroffenen Feststellungen tragen den
Schuldspruch; auf der Grundlage der im Urteil - wenngleich an
unterschiedlichen Stellen - mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen kann
der Senat auch ausschließen, dass sich auf der Grundlage
einer rechtsfehlerfreien Darstellung eine geringere
Steuerverkürzung ergeben hätte.
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Anhand der mitgeteilten Umsätze sowie der festgestellten
Aufwendungen, die seitens des Angeklagten bzw. der BH GmbH
getätigt wurden, lässt sich die von Gesetzes wegen
geschuldete Umsatzsteuer ebenso wie die von Gesetzes wegen geschuldete
Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer in ihrer
Größenordnung berechnen. Soweit bei der Darstellung
der im Veranlagungszeitraum 2000 hinterzogenen Steuern teilweise
Feststellungen fehlen, die angesichts der damaligen Geltung des
körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens (vgl.
§ 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 KStG aF) erforderlich waren,
gefährdet dies den Bestand des Urteils im konkreten Fall
nicht. Insbesondere kann trotz der fehlenden Feststellungen zum
verwendbaren Eigenkapital der BH GmbH (vgl. insoweit Senat, Urt. vom 2.
Dezember 2008 - 1 StR 375/08) die Höhe der hinterzogenen
Körperschaftsteuer ermittelt werden. Aus dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, dass es bei
der BH GmbH im Veranlagungszeitraum 2000 nach damaligem Recht kein
verwendbares Eigenkapital gab, das auf der Ebene der Gesellschafter zu
einer weiteren Steuererstattung geführt hätte oder
hätte führen können.
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Die auf dieser Grundlage erfolgte Überprüfung der vom
Landgericht angenommenen Soll-Steuern durch den Senat ergab keine
Berechnungsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Dieser hat zudem das
Ergebnis der Neuberechnung der Steuern, die auf der Grundlage der von
ihm eingestandenen Be-
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steuerungsgrundlagen in der Hauptverhandlung erfolgte, auch anerkannt.
Hierfür war der kaufmännisch versierte und
verteidigte Angeklagte auch ausreichend sachkundig.
II.
Demgegenüber kann in den Fällen 15. und 16. der
Urteilsgründe die Verurteilung wegen Verstoßes gegen
das Waffengesetz in zwei Fällen keinen Bestand haben.
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1. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass bei der Durchsuchung
des Hauses des Angeklagten am 25. April 2006 eine ihm
gehörende Pistole P 38, 9 mm sowie knapp 400 Patronen Munition
Kaliber 22 aufgefunden wurden, für die der Angeklagte keine
waffenrechtliche Erlaubnis hatte. Daneben führte der
Angeklagte bei seiner Festnahme am gleichen Tag im Handschuhfach seines
Fahrzeuges einen Schlagring bei sich.
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2. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erweist
sich die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz
in zwei Fällen als rechtsfehlerhaft.
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Das gleichzeitige unerlaubte Ausüben der
tatsächlichen Gewalt über mehrere Waffen oder
Waffenteile bzw. Munition, auch wenn sie nicht unter dieselbe
Strafbestimmung fallen, gilt als nur ein Verstoß gegen das
Waffenrecht (st. Rspr., vgl. BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1;
BGH NStZ-RR 2003, 124 f.; BGHR WaffG § 52a Abs. 1 Konkurrenzen
1 m.w.N.; BGH, Beschl. vom 13. Januar 2009 - 3 StR 543/08 jeweils
m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Täter mehrere Waffen
besitzt und lediglich eine davon führt (BGHR WaffG §
53 Abs. 3a Konkurrenzen 2; BGH NStZ 2001, 101). Hieran hält
der Senat fest,
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auch wenn in Fällen, bei denen - wie hier - durch das
Führen einer der Waffen eine besonders gefährliche
Manifestation des Willens zur Gewaltausübung gegeben ist, eine
andere Beurteilung nicht weniger überzeugend erscheint.
Der Schuldspruch in diesem Zusammenhang ist daher so wie geschehen zu
berichtigen. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der insoweit
geständige Angeklagte hätte sich auch im Falle eines
Hinweises nicht anders und Erfolg versprechender als geschehen
verteidigen können.
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III.
Im Zusammenhang mit der Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum
Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz und wegen Beihilfe zum
Betrug in zwei Fällen zeigt die Revision keinen Rechtsfehler
auf.
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IV.
1. Der Wegfall der Verurteilung wegen tateinheitlicher
Steuerhinterziehung hinsichtlich der Umsatzsteuer für den
Veranlagungszeitraum 1999 im Fall 1. der Urteilsgründe
führt nicht zur Aufhebung der hierfür
verhängten - angesichts des verbleibenden Schadens und der
einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten sehr
maßvollen - Einzelstrafe. Der Senat kann
ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender
rechtlicher Würdigung auf eine geringere Einzelstrafe erkannt
hätte, weil auch festgestellte, aber verjährte Taten
bei der Findung schuldangemessener Strafen berücksichtigt
werden können (vgl. Senat, Beschl. vom 27. August 2008 - 1 StR
452/08; Fischer, StGB 56. Aufl. § 46 Rdn. 38b m.w.N.).
34
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2. Der Wegfall der in Fall 16. der Urteilsgründe
verhängten Einzelstrafe von vier Monaten führt nicht
zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. In Anbetracht der
verbleibenden Einzelstrafen und der maßvollen
Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten,
kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1
StPO ausschließen, dass das Landgericht auf eine niedrigere
Gesamtstrafe als zwei Jahre und fünf Monate erkannt
hätte.
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3. Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass das
Landgericht die an sich für schuldangemessen erachtete
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten um fünf
Monate milderte, ohne dass dies rechtlich geboten war.
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Der Milderung lag zu Grunde, dass der gegen den Angeklagten ergangene
Haftbefehl mit der Maßgabe außer Vollzug gesetzt
wurde, dass der Aufenthalt des Angeklagten mittels einer elektronischen
Fußfessel überwacht wird. Die Auflage wurde
für die Dauer von einem Jahr und fünf Monaten
vollzogen. Diesem Umstand hat die Strafkammer einerseits
„ganz erheblich bei der Strafzumessung zugunsten des
Angeklagten“ Rechnung getragen (UA S. 28). Darüber
hinaus erachtete das Landgericht deswegen aber eine Milderung der
tatsächlich für schuldangemessen erachteten
Gesamtfreiheitsstrafe für erforderlich.
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Die Überwachung des Aufenthalts des Angeklagten mittels einer
elektronischen Fußfessel stellt indes keine haftgleiche
Freiheitsentziehung, sondern vielmehr nur eine
Freiheitsbeschränkung dar (vgl. auch Senat NJW 1998, 767;
Heghmanns ZRP 1999, 297, 302, siehe auch Fünfsinn in
Festschrift für Eisenberg S. 691, 697 m.w.N.). Eine wie auch
immer geartete Anrechnung auf die
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verhängte Strafe ist daher nicht erforderlich. Vielmehr
handelt es sich - wie vom Landgericht im Ansatz richtig gesehen - nur
um einen allgemeinen Strafzumessungsgrund zu Gunsten des Angeklagten.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander |