BGH,
Urt. v. 13.11.2007 - 3 StR 462/06
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 462/06
vom
13.11.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u. a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 26. Juli 2007 in der Sitzung am 13.11.2007, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Pfister,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 26. Juli 2007 -
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 26. Juli 2007 -
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mönchengladbach vom 12. Dezember 2005 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betruges in Tateinheit mit
acht Fällen des Verleitens Unerfahrener zu
Börsenspekulationsgeschäften zu einer Freiheitsstrafe
von zwei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten M. wegen Betruges
in Tateinheit mit drei Fällen des Verleitens Unerfahrener zu
Börsenspekulationsgeschäften zu einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es zur
Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt. Die jeweils auf die
Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten
Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos.
1
I.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
2
Der Angeklagte K. , der seit 1990 in der sogenannten
Warenterminhandelsbranche tätig war, gründete im
September 1997 die F. Vermögensberatungs-GmbH (im Folgenden:
F. ) und bestellte sich zu deren Ge-
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- 4 -
schäftsführer. Gegenstand des Unternehmens war die
Vermittlung von Warentermin- und Optionsgeschäften.
Hauptzielgruppe des Angeklagten K. waren in
Börsenspekulationsgeschäften unerfahrene
Kapitalanleger. Der Angeklagte plante von vornherein, seinen Kunden
durch eine intensive Telefonwerbung und regelmäßige
Beratung vorzutäuschen, die F. verschaffe den Anlegern eine im
Verhältnis zum Verlustrisiko größere
Gewinnaussicht.
4
Zur Durchführung der den Anlegern von der F. empfohlenen
Handelsgeschäfte arbeitete der Angeklagte K. mit der P. Market
Inc. (im Folgenden: P ) in C. zusammen. Mit ihr vereinbarte der
Angeklagte K. ein mehrstufiges Vermittlungsverhältnis, in
welchem die F. die Rolle eines "Introducing Broker" und die P die eines
"Commodity Broker" einnahm. Diese sollte die Handelsgeschäfte
der F. -Kunden durch in den USA zum Börsenhandel zugelassene
"Floor Broker" an dortigen Börsen ausführen und die
von der F. mit ihren Kunden vereinbarte Leistungsvergütung von
den Kundenkonten an die F. überweisen. Zur Entgegennahme der
Kundengelder in Deutschland unterhielt die P ein von einem
Steuerberater in S. als sogenannte Treuhandstelle verwaltetes Bankkonto
mit einzelnen kundenbezogenen Anlagekonten.
5
Den Angeklagten M. stellte der Angeklagte K. spätestens Mitte
April 1998 als Kundenbetreuer der F. ein. Er kannte M. aus seiner
früheren Tätigkeit für ein anderes mit der
Vermittlung von Warentermin- und Optionsgeschäften befasstes
Unternehmen, die mit der Insolvenz dieses Unternehmens und der
Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen deren
Geschäftsführer im Juni 1997 geendet hatte. M. , der
ebenfalls in diesem Un-
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- 5 -
ternehmen tätig gewesen war, übernahm die Aufgabe,
die geworbenen Kunden durch ständige telefonische Kontakte zu
immer neuen Handelsentscheidungen zu bewegen und davon abzuhalten, sich
ihr restliches Anlagekapital oder in Einzelfällen erzielte
Gewinne auszahlen zu lassen.
Die von den Telefonverkäufern geworbenen Kunden schlossen mit
der F. einen "Vermittlungs- und Verwaltungsvertrag" ab. In diesem
beschrieb die F. ihre Tätigkeit als "Besorgung der
Anlagegeschäfte des Kunden" und als "Beratung bei dem Erwerb
und der Veräußerung der auf dem Konto befindlichen
Vermögenswerte durch Anweisung des ausführenden
Brokers". Für die Ausübung dieses
"Vermögensverwaltungsauftrags" war die F. - neben anderen den
Kunden entstehenden Gebühren - zur Berechnung einer einmaligen
Vermittlungsgebühr von 5 % Disagio auf alle Einzahlungen des
Kunden sowie zur Berechnung von An- und Verkaufskommissionen
für jedes der getätigten Handelsgeschäfte
berechtigt. In schriftlichen Risikohinweisen und
Aufklärungsbroschüren wurden die F. -Kunden
entsprechend den Vorschriften des Börsengesetzes auf die hohen
Risiken eines Kapitalverlustes bei
Börsenspekulati-onsgeschäften hingewiesen.
Insbesondere wurden die Kunden schriftlich davon unterrichtet, dass das
vom Anlagekapital durch die F. vereinnahmte Disagio sowie die
Kommissionen und Brokergebühren das Kapitalverlustrisiko
erheblich erhöhten.
7
Die schriftlichen Risikowarnungen wurden jedoch in der
mündlichen Kundenwerbung durch die Telefonverkäufer
der F. und in den folgenden Beratungsgesprächen durch den
Angeklagten M. , teils auch durch den Angeklagten K. selbst, im Rahmen
der sogenannten Kundenbetreuung als bloße Formalität
dargestellt, zu der man gesetzlich verpflichtet sei. In den
mündlichen Kontakten täuschten die Angeklagten und
ihre Telefonverkäufer den Anlegern,
8
- 6 -
die bis auf wenige Ausnahmen keine Erfahrungen mit kurzfristigen
Börsenspekulationsgeschäften gemacht hatten, unter
Ausnutzung dieser Unerfahrenheit vor, dass bei den unter Beratung und
Betreuung der F. durchzuführenden
Börsenspekulationsgeschäften die Gewinnaussicht das
Verlustrisiko überwiege. So wurde den Kunden erklärt,
es bestünden realistische Gewinnchancen, mit einer Rendite von
bis zu 30 % sei zu rechnen, eine Verdoppelung des eingesetzten Kapitals
sei in der Vergangenheit schon erreicht worden, den Anlegern sei
bereits ein erheblicher Gewinn entgangen, durch die Anwendung eines
Computerprogramms seitens der F. seien die Gewinnaussichten noch
besser, ein Totalverlust trete nur im Extremfall auf und die F.
verfolge eine sehr sichere Anlagestrategie. Über die F. selbst
hieß es gegenüber den Anlegern, diese sei schon seit
längerem erfolgreich am Markt, habe Börsenfachleute
und arbeite mit einem namhaften Broker zusammen. Den geworbenen
Anlegern wurde suggeriert, die Handelsempfehlungen der F.
ließen insbesondere bei einer Vielzahl von
Spekulationsgeschäften über einen längeren
Zeitraum gute bis hohe Gewinne erwarten. Der Angeklagte M.
bestärkte in den von ihm zur Kundenbetreuung
geführten Telefonaten den zuvor von den
Telefonverkäufern vermittelten falschen Eindruck, aufgrund der
Fachkompetenz ihrer Mitarbeiter bestehe eine überwiegende
Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihrer
Handelsempfehlungen und für das Erzielen eines Gewinns.
Zumindest einem Anleger gegenüber bezifferte der Angeklagte M.
die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns mit 85 % bei einem Restrisiko von
15 %. Mit Wissen und Billigung des Angeklagten K. diente der
regelmäßige Kundenkontakt des Angeklagten M. dem
gemeinsamen Ziel, die Kunden trotz der unverändert weit
erhöhten Wahrscheinlichkeit, einen Verlust zu erleiden, zum
Abschluss weiterer Spekulationsgeschäfte zu veranlassen.
- 7 -
Beiden Angeklagten war bekannt, dass im Warentermin- und Optionshandel
an amerikanischen Börsen erfahrungsgemäß
etwa 80 % der Anleger ihr Kapital ganz oder teilweise verlieren und nur
etwa 20 % der Anleger Gewinne erzielen. Ihnen war ebenfalls bewusst,
dass auch die F. nicht in der Lage war, für ihre Kunden ein
günstiges Gewinn-Verlust-Risiko zu erreichen. Der Angeklagte
K. billigte das Verhalten der Telefonverkäufer und des
Angeklagten M. als Kundenbetreuer, den Kunden wahrheitswidrig den
Eintritt eines Gewinns bei jedem einzelnen
Spekulationsgeschäft und insbesondere bei wiederholten
Spekulationsgeschäften als wesentlich wahrscheinlicher als den
Eintritt eines Verlustes darzustellen.
9
2. Im Fall von 28 Anlegern kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, diese
hätten aufgrund ihres entsprechenden Irrtums in der Zeit von
November 1997 bis April 1999 Kapital auf Veranlassung der F. auf ein
Anlagekonto der P eingezahlt. Der Angeklagte K. sei in diesen 28
Fällen für die Täuschung und
Vermögensschädigung der Anleger verantwortlich, der
Angeklagte M. in 14 dieser Fälle. Den Betrugsschaden sieht das
Landgericht in den von der F. einbehaltenen Disagio-Beträgen
in Höhe von jeweils 5 % und den der F. für jedes
Handelsgeschäft vergüteten Kommissionen. Danach habe
der Angeklagte K. einen Betrugsschaden in Höhe von insgesamt
etwa 230.000 DM und der Angeklagte M. einen Betrugsschaden in
Höhe von etwa 114.000 DM zu verantworten.
10
3. Rechtlich begründet das Landgericht die Erfüllung
des Betrugstatbestandes wie folgt: Im Zusammenwirken mit den weiteren
Mitarbeitern der F. hätten die Angeklagten die 28 Kunden
bewusst durch die unwahre Tatsachendarstellung getäuscht, die
Dienstleistungen der F. verschafften ihnen durch die Vermittlung und
Steuerung von Börsenspekulationsgeschäften eine
11
- 8 -
bei jedem Geschäft so große Gewinnchance, dass in
der Summe der Spekulationsgeschäfte die Wahrscheinlichkeit,
einen Gewinn zu erzielen, größer sei als die
Wahrscheinlichkeit, einen Verlust zu erleiden. Aufgrund ihrer
Fehlvorstellung über den Leistungsgegenstand der F. , die
vorgeblich durch deren Anlageberatung begründete
überwiegende Gewinnerwartung, hätten die Kunden an
die F. die als Disagio und Kommissionen vereinbarte Gegenleistung
erbracht. In Höhe dieser Leistungen hätten sie einen
Vermögensschaden erlitten. Dieser liege nicht in der
enttäuschten Erwartung der Kapitalmehrung und auch nicht in
dem Verlust der angelegten Beträge, sondern darin, dass der
durch diese Zahlungen eingetretene Vermögensverlust nicht
durch eine gleichwertige Gegenleistung der F. ausgeglichen wurde. Unter
Berücksichtigung des auf Veranlassung der F. von den Kunden
vorausgesetzten Vertragszwecks sei deren
Vermögensberatungsleistung für sie wertlos gewesen.
Die danach zwischen ihnen bestehende Geschäftsgrundlage habe
in der Vermittlung einer überwiegenden
Gewinnwahrscheinlichkeit bestanden. Ohne diese, das heißt bei
Kenntnis der weit überwiegenden Verlustwahrscheinlichkeit,
hätte keiner der Kunden die Leistung der F. in Anspruch
genommen.
Darüber hinaus hätten sich der Angeklagte K. in acht
Fällen und der Angeklagte M. in drei Fällen des
gewerbsmäßigen Verleitens zur
Börsenspekulation gemäß § 89 Abs.
1 BörsenG aF schuldig gemacht, indem sie in den jeweiligen
Fällen gezielt die Unerfahrenheit der Kunden ausgenutzt
hätten, um diese zur Vornahme von
Börsenspekulationsgeschäften zu verleiten.
12
- 9 -
II.
Zu den Verfahrensrügen der Angeklagten
13
1. Verfahrensrügen des Angeklagten K.
14
Die von der Revision des Angeklagten K. erhobenen Verfahrensbeschwerden
Nr. 1 bis Nr. 3 sind aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts unbegründet. Die weiteren
Verfahrensrügen Nr. 4 bis Nr. 10, zu denen der
Generalbundesanwalt wegen der von ihm insoweit für erfolgreich
erachteten Sachbeschwerde des Angeklagten nicht Stellung genommen hat,
greifen ebenfalls nicht durch.
15
a) Die Verfahrensbeschwerden Nr. 7 (Rüge der Verletzung des
§ 244 Abs. 6 StPO durch Nichteinholung eines Gutachtens des
Sachverständigen H. ), Nr. 9 (Rüge der Verletzung des
§ 244 Abs. 3 StPO durch Nichteinholung eines schriftlichen
Gutachtens dieses Sachverständigen) und Nr. 10 (Rüge
der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 5 StPO ebenfalls
durch Nichteinholung eines Gutachtens dieses Sachverständigen
sowie durch Nichtverlesen von Kontoauszügen) genügen
nicht den Begründungserfordernissen des § 344 Abs. 2
Satz 2 StPO und sind daher unzulässig.
16
aa) Hinsichtlich der Verfahrensrüge Nr. 7 ist das Vorbringen
der Revision widersprüchlich, indem sie einerseits
beanstandet, die Kammer habe den Antrag mit der Begründung
abgelehnt, das Beweismittel sei völlig ungeeignet,
andererseits aber das Fehlen eines Ablehnungsbeschlusses rügt.
Darüber hinaus teilt die Revision hier den von ihr genannten
Beschluss der Kammer vom 5. Dezember 2005 nicht mit.
17
- 10 -
bb) Zu der Verfahrensrüge Nr. 9, die im Übrigen ihr
Angriffsziel nicht ausreichend verdeutlicht, teilt die Revision die
relevanten Verfahrenstatsachen, insbesondere den Ablehnungsbeschluss
der Kammer, nicht vollständig mit. Zudem wird der Wortlaut von
"Blatt 2 der Anlage 1 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 07.09.2005"
nicht wiedergegeben, so dass auch insoweit unklar bleibt, mit welcher
Begründung die Kammer die von der Verteidigung beantragte
Beweiserhebung abgelehnt hat.
18
cc) Mit der Verfahrensrüge Nr. 10 hätte der von der
Kammer in ihrem Ablehnungsbeschluss in Bezug genommene Beschluss vom
13. Oktober 2005 zumindest seinem wesentlichen Inhalt nach
wiedergegeben werden müssen.
19
b) Die Verfahrensbeschwerden Nr. 4 bis 6, mit denen die Revision des
Angeklagten K. jeweils eine Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO
behauptet, sowie Nr. 8, mit der eine Verletzung des § 244 Abs.
4 StPO gerügt wird, haben ebenfalls sämtlich die
Ablehnung einer erneuten Vernehmung des Sachverständigen H.
durch die Kammer zum Gegenstand. Diese Verfahrensbeschwerden sind
jedenfalls unbegründet.
20
aa) Die Verfahrensrüge Nr. 4 ist unbegründet, da der
Beweisantrag auf Vernehmung des Sachverständigen H. zum Wert
der Leistungen der F. bereits von der Kammer beschieden worden war. Bei
dem erneuten Antrag handelte es sich somit lediglich um eine
Beweisanregung. Das Landgericht hat nicht gegen seine
Aufklärungspflicht verstoßen, indem es dieser
Beweisanregung nicht gefolgt ist.
21
bb) Zur Verfahrensrüge Nr. 5: Die Kammer hat den Beweisantrag
auf Vernehmung des Sachverständigen H. zu Recht wegen
Bedeutungslosigkeit
22
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der Beweisbehauptung abgelehnt. Auf den unter Umständen
marktgerechten Preis der vermittelten Optionen kam es auf Grundlage des
von der Kammer angenommenen Betrugs bezüglich der Disagio- und
Kommissionszahlungen nicht an.
cc) Bei dem Antrag der Verteidigung, deren Zurückweisung
Gegenstand der Verfahrensbeschwerde Nr. 6 ist, handelte es sich um
einen Beweisermittlungsantrag; mit ihm ist keine bestimmte Tatsache
behauptet worden, die durch das Beweismittel bewiesen werden sollte.
Diesem Beweisermittlungsantrag musste die Kammer auch unter
Berücksichtigung ihrer Aufklärungspflicht nicht
nachgehen, da es für den Betrugsvorwurf nicht darauf ankam,
welche Gewinnchancen die von der F. vermittelten Optionen genau boten.
Die Kammer hat den Betrugsvorwurf daran geknüpft, dass die
Angeklagten als Gegenleistung für die Gebühren eine
besonders kompetente Anlage der Gelder und die Vermittlung einer das
Verlustrisiko übersteigenden Gewinnwahrscheinlichkeit
versprachen. Dass den Kunden tatsächlich eine solche das
Verlustrisiko übersteigende Gewinnwahrscheinlichkeit
vermittelt wurde und dass der Sachverständige H. dies darlegen
würde, wird in dem Antrag der Verteidigung nicht behauptet und
drängte sich auch im Übrigen nicht auf.
23
dd) Der mit der Verfahrensrüge Nr. 8 behauptete
Verstoß gegen § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO wird durch
das Revisionsvorbringen nicht belegt. Weder trägt die Revision
ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor,
dass die Wirtschaftsstrafkammer ihre Sachkunde zur Beurteilung der
Frage, ob die Kunden der F. eine überwiegende
Gewinnwahrscheinlichkeit hatten, zu Unrecht angenommen habe, noch sind
sonst Anhaltspunkte für eine solche Fehleinschätzung
der Kammer erkennbar.
24
- 12 -
2. Verfahrensrügen des Angeklagten M.
25
Auch die beiden Verfahrensbeschwerden des Angeklagten M. greifen nicht
durch. Beide Rügen sind bereits unzulässig
(§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
26
a) Ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO ergibt sich
schon aus dem eigenen Vorbringen der Revision nicht. Insofern fehlt es
auch an einer Wiedergabe des ablehnenden Kammerbeschlusses.
27
b) Bei der Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 2 StPO
gibt die Revision weder den vollständigen Inhalt des
"Beweisantrages" vom 29. September 2005 noch den Ablehnungsbeschluss
der Kammer vom 29. September 2005, den erneuten "Beweisantrag" vom 13.
Oktober 2005 und den weiteren Ablehnungsbeschluss der Kammer vom 13.
Oktober 2005 wieder.
28
III.
Zu den Sachrügen der Angeklagten
29
1. Strafbarkeit wegen Betruges
30
Entgegen der Auffassung der Revision und des Generalbundesanwalts hat
das Landgericht bei beiden Angeklagten ohne Rechtsfehler den Tatbestand
des Betruges bejaht.
31
a) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet zunächst die Annahme
der Tatbestandsmerkmale der Täuschung, des Irrtums und der
Vermögensverfü-
32
- 13 -
gung einschließlich des jeweiligen
Ursächlichkeitszusammenhangs zwischen diesen Merkmalen. Nach
den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts haben
die beiden Angeklagten den Kunden der F. bewusst wahrheitswidrig
vorgespiegelt, dass aufgrund der von der F. verfolgten Anlagestrategie
und der speziellen Kenntnisse ihrer Mitarbeiter bei jedem einzelnen der
von ihr vermittelten Börsenspekulationsgeschäfte und
insbesondere bei wiederholten Spekulationsgeschäften die
Gewinnaussicht das Verlustrisiko überwiege. Bei diesen
Erklärungen handelt es sich nicht um übertreibende
Anpreisungen oder Prognosen, die als Werturteile einzustufen
wären und keine tatbestandsmäßigen
Täuschungshandlungen darstellen. Vielmehr erhalten die
Äußerungen gegenüber den Kunden,
insbesondere durch die Berufung auf die Erfolge der F. in ihrer
bisherigen Geschäftstätigkeit, die
Erläuterung der angeblichen Ursachen für diesen
Erfolg und die darauf gestützte Behauptung, die Gewinnchance
für den Anleger sei bei der F. höher als das
Verlustrisiko, den erforderlichen Tatsachenbezug. Die behaupteten
Tatsachen sind auch unwahr. Aufgrund dieser Täuschungen wurde
durch die Mitarbeiter der F. bei jedem der 28 im Urteil bezeichneten
Kunden gezielt eine entsprechende Fehlvorstellung erzeugt. Infolge
ihres täuschungsbedingten Irrtums haben die 28 genannten
Kunden über ihr Vermögen verfügt, indem sie
sich gegenüber der F. vertraglich verpflichtet haben, als
Gegenleistung für deren Vermögensberatung ein Entgelt
in Gestalt eines Disagios und von Kommissionen zu zahlen.
b) Mit Recht hat die Strafkammer auch das Vorliegen eines
Vermögensschadens bejaht.
33
aa) Der Vermögensschaden beim Betrug ist nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch einen
Vermögensvergleich mit wirtschaft-
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- 14 -
licher Betrachtungsweise zu ermitteln (BGHSt 45, 1, 4; BGH NStZ 1996,
191; 1997, 32, 33).
Beim Betrug durch Abschluss eines Vertrages (Eingehungsbetrug), wie er
hier in Rede steht, ist der Vermögensvergleich auf den
Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen. Ob ein
Vermögensschaden eingetreten ist, ergibt sich aus einer
Gegenüberstellung der Vermögenslage vor und nach
diesem Zeitpunkt. Zu vergleichen sind dem nach die beiderseitigen
Vertragsverpflichtungen (BGHSt 16, 220, 221; 45, 1, 4). Bleibt der
Anspruch auf die Leistung des Täuschenden in seinem Wert
hinter der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten
zurück, ist dieser geschädigt (BGHSt 16, 220, 221).
35
Für die Beurteilung des Vermögenswertes von Leistung
und Gegenleistung kommt es weder auf den von den Vertragsparteien
vereinbarten Preis an (BGHSt 16, 220, 224) noch darauf, wie hoch der
Verfügende subjektiv ihren Wert taxiert (BGHSt 16, 321, 325).
Entscheidend für den Vermögenswert von Leistung und
Gegenleistung ist vielmehr das vernünftige Urteil eines
objektiven Dritten (BGHSt 16, 220, 222; 16, 321, 326; BayObLG NJW 1987,
2452; OLG Hamm NStZ 1992, 593).
36
bb) Daran gemessen ist ein solcher Schaden hier zu bejahen. Zum
maß-geblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses war das
Vermögen der Kunden durch die Forderung der F. auf Zahlung von
Entgelt (Disagio und Kommissionen) belastet; dieser Forderung stand
kein Anspruch der Kunden gegenüber, der den
Vermögensnachteil wertmäßig ausgleichen
konnte. Denn zu diesem Zeitpunkt war nach dem vernünftigen
Urteil eines objektiven Dritten der Anspruch der Kunden auf die
Leistung der F. wertlos. Dies ergibt sich daraus,
37
- 15 -
dass die F. von vornherein nicht in der Lage war, die vertraglich
geschuldete Leistung zu erbringen.
(1) Die von der F. geschuldete Leistung bestand in der Verwaltung der
zur Anlage anvertrauten Gelder mit einer die Fähigkeiten und
Erfahrungen anderer Vermittler in solchem Maße
übersteigenden Kompetenz, dass - anders als bei jenen
Anbietern - eine überwiegende Gewinnwahrscheinlichkeit
vermittelt würde. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei
festgestellt, dass die F. nach dem Inhalt des zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrages nicht bloß die Empfehlung und
Vermittlung von Börsentermingeschäften schuldete, wie
sie auch jedes andere in diesem Bereich tätige
Vermittlungsunternehmen hätte erbringen können.
Vielmehr war es nach den Feststellungen der Strafkammer gerade
wesentlicher Inhalt des zwischen der F. und ihren Kunden
abgeschlossenen Vermögensberatungsvertrages und zugleich
für die Kunden der entscheidende Grund für die
Inanspruchnahme der Dienste der F. , dass diese die
Anlagegeschäfte mit herausragender Kompetenz
durchzuführen und ihnen eine überwiegende
Gewinnwahrscheinlichkeit zu vermitteln hatte.
38
(2) Diese Leistung, nämlich die Kunden unter Einsatz von
außergewöhnlichen Erfahrungen, Fähigkeiten
und Sachmitteln so zu beraten, dass sie mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit Gewinne erzielen würden, vermochte die F.
indessen nicht zu erbringen. Insofern kann dahinstehen, ob
überhaupt jemand dazu in der Lage ist, Anleger beim Handel mit
Optionen auf Börsentermingeschäfte derart zu beraten,
dass diese bei jedem einzelnen Spekulationsgeschäft und
insbesondere bei wiederholten Spekulationsgeschäften mit einer
das Verlustrisiko übersteigenden Gewinnerwartung rechnen
können. Den Feststellungen zufolge war jedenfalls die F. nicht
in der Lage, ihren Kunden diese von ihr vertraglich geschuldete
Leistung zu erbringen. Sie verfügte über
39
- 16 -
keine besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse. Dementsprechend
lagen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen landgerichtlichen
Feststellungen die Gewinnaussichten der Kunden der F. von vornherein
weit unter 50 % und verringerten sich überdies mit Fortsetzung
der Handelstätigkeit immer weiter.
(3) Das Unvermögen der F. , ihren Kunden die vertraglich
geschuldete Dienstleistung zu erbringen, führt hier nach der
maßgeblichen Sicht eines vernünftig urteilenden
unbeteiligten Dritten dazu, dass der Anspruch der Kunden gegen die F.
wertlos ist.
40
Allerdings ist der Anspruch des Dienstberechtigten gegen den
Dienstverpflichteten nicht in allen Fällen, in denen dieser
zur Erbringung der von ihm vertraglich geschuldeten Leistung von
vornherein nicht imstande ist, ohne jeden Wert. Jedoch ist ein solcher
Anspruch wertlos, wenn auch die Leistung, die der Dienstverpflichtete
tatsächlich erbringen kann, aus Sicht eines objektiven
Beurteilers für den Dienstberechtigten unbrauchbar ist. So
verhält es sich hier.
41
Die F. war bereits zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses mit
den im landgerichtlichen Urteil benannten 28 Kunden
außerstande, ihnen die vertraglich geschuldete Leistung der
Vermittlung von Börsentermingeschäften mit
überwiegender Gewinnwahrscheinlichkeit zu erbringen. Diejenige
Leistung, welche die F. ihren Kunden zu diesem Zeitpunkt
tatsächlich erbringen konnte, war die Vermittlung von
Börsentermingeschäften mit der üblichen, die
Gewinnchance deutlich übersteigenden
Verlustwahrscheinlichkeit. Diese Leistung der F. war für ihre
Kunden aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven
Beurteilers unbrauchbar. Ausgehend davon, dass es den Kunden der F. in
den abgeurteilten Fällen nach den Feststellungen des
Landgerichts darauf ankam, eine Beratungsleistung von einer
Qualität zu erhalten,
42
- 17 -
dass die Wahrscheinlichkeit, mit den vermittelten
Börsentermingeschäften Gewinne zu erzielen, das
Verlustrisiko überstieg und dass die F. ebendies versprochen
hat, darf als objektiver Beobachter nicht ein Spekulant gedacht werden,
der bereit ist, um des Anreizes eines - sei es auch unwahrscheinlichen
- Gewinns willen die hohe Wahrscheinlichkeit eines Verlusts der Anlage
in Kauf zu nehmen. Vielmehr muss die Beurteilung aus der Sicht eines
fiktiven "homo oeconomicus" vorgenommen werden, der von allen
persönlichen Vorlieben oder Vorurteilen des
Verfügenden abstrahiert und nur den nackten Kapitalwert der
beim Verfügenden jeweils vorhandenen Mittel registriert und
bilanziert (vgl. Hoyer in SK-StGB § 263 Rdn. 109 m. w. N.).
Ein so gedachter objektiver und vernünftiger Dritter wird aber
den Wert einer Beratungsleistung, die ihm den wahrscheinlichen Verlust
der Anlage garantiert, mit Null ansetzen.
Bei alledem ist es unerheblich, ob die F. für die Leistung,
die sie tatsächlich erbringen konnte, nicht mehr als das
für derartige Leistungen übliche Entgelt
beanspruchte, wovon im Revisionsverfahren mangels gegenteiliger
Feststellungen des Landgerichts auszugehen ist. Da die
Beratungsleistung, zu der die F. tatsächlich imstande war, aus
der maßgeblichen Sicht eines vernünftigen Dritten
gänzlich unbrauchbar war, stellte jedes für diese
Dienstleistung von den Kunden geschuldete Entgelt unabhängig
von dessen Höhe für die Kunden eine
Zahlungsverpflichtung ohne Gegenwert dar. Bilanziell wurde die
Verpflichtung der Kunden zur Zahlung von Disagio und Kommissionen
ungeachtet deren konkreter Höhe durch ihren wertlosen Anspruch
auf die Beratungsleistung der F. nicht kompensiert.
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2. Strafbarkeit wegen Verleitung zu
Börsenspekulationsgeschäften
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Die Urteilsgründe belegen auch die abgeurteilten
Verstöße der Angeklagten gegen § 89
BörsenG aF (Verleitung zu
Börsenspekulationsgeschäften).
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Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch
hinsichtlich des Angeklagten M. . Aufgrund seiner von der Strafkammer
festgestellten Schlüsselstellung als Kapitalanlagebetreuer und
-berater innerhalb des arbeitsteilig organisierten
Geschäftsbetriebs der F. hat auch er in den ihn betreffenden
Fällen gegen § 89 BörsenG aF
verstoßen.
46
Tolksdorf Miebach Pfister
Becker Hubert |