BGH,
Urt. v. 15.11.2001 - 4 StR 385/01
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 385/01
vom
15. November 2001
in der Strafsache gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom 15.
November 2001, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien als Vorsitzende, die Richter am
Bundesgerichtshof Maatz, Dr. Kuckein, Athing, Dr. Ernemann als
beisitzende Richter, Bundesanwalt in der Verhandlung, Staatsanwalt bei
der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle
vom 2. Mai 2001 wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf der schweren
Brandstiftung, der versuchten schweren Brandstiftung, der
fahrlässigen Brandstiftung sowie der Sachbeschädigung
wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB weist
keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere ist auch die Annahme des
Landgerichts hinreichend belegt, daß von dem Angeklagten
infolge seines Zustandes, einer nach den Ausführungen der
Sachverständigen als Schizophrenie zu wertenden
Wahnsymptomatik, "aufgrund des weiter bestehenden
produktiv-psychotischen Bildes" weitere erhebliche rechtswidrige Taten
zu befürchten sind und er deshalb für die
Allgemeinheit gefährlich ist. Nach den Feststellungen hat
diese Wahnsymptomatik seit der ersten psychiatrischen Exploration des
Angeklagten im Juli 1999 "sowohl an Systematik als auch an Dynamik
deutlich erkennbar zugenommen". Der Angeklagte fühlt sich
nunmehr auch durch die Polizei, die ihn "ausschalten" wolle, bedroht.
Er glaubt, es sei auf ihn geschossen und versucht worden, ihn zum
Suizid zu nötigen, und er hat angekündigt, sich in
Form von "Selbstjustiz" gegen die Polizei selbst helfen zu wollen. Mit
Rücksicht auf diese Entwicklung des Zustandes des Angeklagten
ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer
den Umstand, daß sich der Angeklagte nach Begehung der
rechtswidrigen Taten im März und April 1998 bis zu seiner
einstweiligen Unterbringung etwa drei Jahre auf freiem Fuß
befunden hat, ohne daß weitere erhebliche strafbare
Handlungen des Angeklagten bekannt geworden sind, bei der
Gefährlichkeitsprognose nicht ausdrücklich
erörtert hat.
Auch die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es die
Aussetzung des Vollzugs der Unterbringung zur Bewährung
abgelehnt hat, halten rechtlicher Nachprüfung stand.
Nach § 67 b Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Aussetzung des Vollzugs
der Unterbringung geboten, wenn besondere Umstände die
Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel
auch ohne deren Vollzug erreicht werden kann. Besonderheiten im Sinne
dieser Vorschrift sind Gegebenheiten in der Tat oder in der Person des
Täters, die zu dem Schluß führen, die von
ihm ausgehende Gefahr könne so herabgemindert werden,
daß es angebracht erscheint, den Verzicht auf den Vollzug der
Maßregel zu wagen (vgl. BGHR StGB § 67 b
Gesamtwürdigung 1 m.N.). Entgegen der Auffassung der Revision
und des Generalbundesanwalts hat sich das Landgericht unter Beachtung
dieser Grundsätze ausreichend damit auseinandergesetzt, ob
eine Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel, verbunden mit
der Auflage, daß sich der Angeklagte in fachpsychiatrische
Behandlung begibt, in Betracht kommt. Es hat seine Entscheidung, die
Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung zu versagen,
rechtsfehlerfrei auf die fehlende Einsicht des Angeklagten, psychisch
krank zu sein, und seine damit einhergehende mangelnde Bereitschaft
gestützt, sich in die notwendige ärztliche Behandlung
zu begeben. Hierzu und zu den im Falle einer Aussetzung gegebenen
Hilfs- und Kontrollmöglichkeiten nach §§ 67
b Abs. 2, 68 a und b StGB (vgl. BGHR StGB § 67 b besondere
Umstände 2), bedurfte es im Hinblick auf die
Ausführungen zum Zustand des Angeklagten im Rahmen der
Gefährlichkeitsprognose keiner weiteren Ausführungen.
Nach den Feststellungen bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte
für Umstände in den Taten oder in der Person des
Angeklagten, die gleichwohl eine hinreichende Gewähr
dafür bieten könnten, daß weitere
rechtswidrige Taten mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden
werden.
Tepperwien Maatz Kuckein Athing Ernemann |