BGH,
Urt. v. 16.12.2004 - 3 StR 362/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 362/04
vom
16. Dezember 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16.
Dezem-
ber 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
Winkler ,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter ,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wir d das Urteil des Land-
gerichts Verden vom 15. Juli 2003, soweit es die Angeklagten
T. und D. betrifft, in den
Strafaussprüchen mit den zuge-
hörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen erpresserischen Menschen-
raubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung
verurteilt. Dem lag
folgendes Geschehen zugr unde:
Nach den Feststellungen führte der Angeklagte T. ,
der bereits 1999
wegen eines ähnlichen Raubüberfalls zu einer
Jugendstrafe verurteilt worden
war, zusammen mit weiteren Mittätern einen
Raubüberfall mit Geiselnahme auf
einen gepanzerten Geldtransporter durch, bei dem eine Beute von
über
482.000 € gemacht wurde. Vor der Tat hatte
er den An geklagten D. , der
als Fahrer bei der Transportfirma angestellt war und den
überfallenen Kasten-
wagen lenkte, durch massives Drängen als Mittäter
gewonnen. Am Tattat ließ
D. , während der - nicht eingeweihte -
Beifahr er sich in einen Einkaufs-
markt zur Abholung der Tageseinnahmen begeben hatte, die anderen
Mittäter
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einsteigen. Während einer länger en Fahrt zu einer
entlegenen Stelle wurde der
Beifahrer gefesselt und geknebelt. Seine scharfe Dienstwaffe nahmen die
Täter
an sich. Sodann flohen sie mit der später aufgeteilten Beute,
von der sich nach
wie vor über 120.000
€
im Besitz des Angeklagten T. befinden.
Das Landgericht hat den Angeklagten T. zu einer
Freiheitsstrafe von
sechs Jahr en, den Angeklagten D. bei Annahme eines
minder schweren
Falles zu zwei Jahren elf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen
diese Ent-
scheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der jeweils auf den
Strafaus-
spruch beschränkten Sachrüge; sie strebt die
Verurteilung der Angeklagten zu
höheren Freiheitsstrafen an. Das Rechtsmittel hat Er folg.
I. Die Strafaussprüche halten rechtlicher Nachprüfung
nicht stand. Bei
beiden Angeklagten ist die Höhe der verhängten
Freiheitsstrafe nicht tragfähig
begründet. Angesichts des im Vergleich zu anderen Raubtaten
von besonder er
Brutalität gekennzeichneten Tatgeschehens liegen die gegen den
Angeklagten
T. verhängte - die Mindeststrafe nur wenig
übersteigende - Strafe und die
Annahme eines minder schweren Falles beim Angeklagten
D. an der
Grenze des Vertretbar en. Je mehr sich jedoch die im Einzelfall
verhängte Str a-
fe dem unteren oder oberen Rand des zur Verfügung stehenden
tatrichterli-
chen Spielraums nähert, um so höher sind die
Anforderungen, die an eine um-
fassende Abwägung und eine erschöpfende
Würdigung der maßgeblichen
straferschwerenden und strafmildernden Umstände zu stellen
sind (vgl. BGHR
StGB § 46 Abs. 1 Begründung 15, Beurteilungsrahmen 7)
. Dem werden die
Urteilsgründe nicht gerecht.
1. Bei dem Angeklagten T. hat die Str afkammer folgende
strafer-
schwerende Umstände nicht erörtert:
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a) Nachdem ein Mittäter sich mit der Beute entfernt hatte,
nahmen der
Angeklagte T. und der Mitangeklagte A. die
Dienstwaffe des gefesselten
Beifahrers an sich und führten sie auf der weiteren Flucht mit
sich. Dieser im
Sinne des § 267 Abs. 3 StPO bestimmende Umstand hätte
zum Nachteil des
Angeklagten T. gewer tet werden müssen. Denn
hierdurch wurde nicht nur
ein gemeinschaftlicher Verstoß gegen das Waffengesetz
begangen, vielmehr
wurde - wegen der Möglichkeit eines Waffeneinsatzes gegen
etwaige Verfol-
ger - die Gefährlichkeit des Tatgeschehens erheblich
erhöht. Dieser Strafer-
schwerungsgrund besteht unabhängig davon, ob die Waffe auch
dann bei der
Tat im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB "bei sich"
geführt wird, wenn sich
nach einem geglückten Raub die Tätergruppe teilt, ein
Teil sich - unbewaffnet -
mit der Beute entfernt und diese in Sicherheit bringt, der andere Teil
dagegen
ohne Beute, aber mit einer am Tatort vorgefundenen Waffe flieht (vgl.
zur ge-
ner ellen Problematik des Beisichführens in der
Beendigungsphase: Tröndle/
Fischer, StGB 52. Aufl. § 244 Rdn. 14 m. w. N.). Im
übrigen weist der Senat in
diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Ausführungen
der Strafkammer auf
UA S. 48 zum fehlenden Vorsatz des Beisichführens
rechtsfehlerhaft sind. Daß
die Täter ein ander es Wegnahmemotiv hatten, ist ohne
Bedeutung. Für den
Vorsatz reicht das Bewußtsein aus, die Waffe gebrauchsbereit
bei sich zu ha-
ben; eine irgendwie geartete Verwendungsabsicht ist nicht erforderlich
(vgl.
Tr öndle/Fischer aaO Rdn. 6 ff.).
b) Die Strafkammer hätte weiterhin den Umstand
erörtern und zum
Nachteil des Angeklagten T. bewerten müssen,
daß dieser noch im Besitz
seines Beuteanteils von mindestens 120.000
€
ist. Ein Str a ftäter ist nach der
Rechtsordnung verpflichtet, den dem Geschädigten
zugefügten Schaden zu
ersetzen und die entwendete Beute wieder zurückzugeben. Wenn
er diese
Pflicht nicht erfüllt, sondern sich die Möglichkeit
erhält, nach Strafverbüßung in
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den Genuß der Früchte seines verbrecherischen Tuns
zu kommen, zeigt er
damit eine r echtsfeindliche Haltung, die zu seinen Lasten
berücksichtigt wer-
den kann und muß (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2
Nachtatverhalten 12, 22). Der
Sonderfall, in dem ein leugnender Angeklagter durch eine Schadenswieder-
gutmachung seine Verteidigungsposition gefährdet, liegt hier
nicht vor, da der
Angeklagte T. die Wegnahme eingestanden hat.
2. Auch bei dem Angeklagten D. ist ein bestimmender
Strafer-
schwerungsgrund außer Betracht geblieben; zudem
läßt die Gewichtung sei-
nes Tatbeitrags einen weiteren Rechtsfehler besor gen:
a) Der Tatbeitrag des Angeklagten D. wird im
wesentlichen da-
dur ch gekennzeichnet, daß er als Angestellter des
Geldtransportunternehmens
sich an diesem Verbrechen beteiligt und damit das Vertrauen einerseits
seines
Arbeitgebers und andererseits auch seines Arbeitskollegen auf
schwerwiegen-
de Weise verletzt hat. Durch diesen Treuebruch hat er nicht nur seine
Pflichten
aus dem Arbeitsverhältnis grob mißachtet und
großen Vermögensschaden ver-
ursacht, sondern auch seinen Arbeitskollegen, der mit ihm im gleichen
Fahr-
zeug einer gefährlichen Tätigkeit nachging, zum Opfer
eines Verbrechens ge-
macht, bei dem dieser massiv mißhandelt und in Todesangst
versetzt worden
ist. Diesen bestimmenden Umstand hätte die Strafkammer nicht
unerörtert las-
sen dürfen.
b) Bei der Gewichtung des Tatbeitrags dieses Angeklagten hat die Straf-
kammer zwar zu Recht seine untergeordnete Stellung innerhalb der
Tätergrup-
pe her vorgehoben. Indem sie aber seinen Tatbeitr ag selbst als unter
geordnet
bezeichnet, läßt sie unberücksichtigt,
daß bei derartigen Überfällen angesichts
der getroffenen Sicherheitsmaßnahmen das Mitwirken eines
Mitarbeiters die
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Tatbegehung entscheidend erleichtert. Nach dem hier gefaßten
Tatplan war
das Öffnen des Fahrzeugs sogar ein unverzichtbarer Beitrag.
II. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin,
daß die
undifferenzierte strafmildernde Berücksichtigung von
Untersuchungshaft und
ausländerrechtlichen Folgen r echtlich nicht unbedenklich ist,
wie der General-
bundesanwalt in seiner Stellungnahme im einzelnen mit Nachweisen
dargelegt
hat.
Tolksdorf
Miebach
Winkler
Becker
Hubert
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