BGH,
Urt. v. 17.7.2003 - 4 StR 105/03
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 105/03
vom
17. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17.
Juli 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
als Nebenklägerin in Person,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Essen vom 12. November 2002 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe
von dreizehn Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte
mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts
rügt.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Sachrüge hat keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Dies gilt auch für
den Strafausspruch.
Die sachverständig beratene Strafkammer hat, wie der
Generalbundesanwalt
in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat,
rechtsfehlerfrei das
Vorliegen einer affektbedingten erheblichen Verminderung der
Steuerungsfähigkeit
des Angeklagten sowie einen minder schweren Fall im Sinne des
§ 213
StGB verneint. Auch die Darlegungen, mit denen das Schwurgericht die
Höhe
der dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommenen Strafe
begründet,
begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist nicht zu
beanstanden,
daß die Strafkammer "die lange Tatanlaufzeit,
während der er [der
Angeklagte] alle Warnungen, eine Gefährderansprache durch die
Polizei und
gerichtliche Verbote in Verfolgung seiner eigenen egoistischen
Interessen
mißachtete", berücksichtigt hat. Es wäre
allerdings rechtsfehlerhaft, wenn sich
der Angeklagte bei Begehung der Tat in einem geistig-seelischen
Ausnahmezustand
befunden und das Landgericht auch solche Umstände
strafschärfend
verwertet hätte, die unverschuldete Folgen dieses Zustands
darstellen (vgl.
BGHR StGB § 46 Abs. 2 Gesamtbewertung 3). Das ist jedoch nicht
der Fall.
Zwar weist der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen
Persönlichkeitsauffälligkeiten
auf, die Zeichen einer durch Zwanghaftigkeit geprägten
(anankastischen)
Persönlichkeit mit starken narzißtischen Anteilen
sind; sie äußern sich
in abnormem Geiz, Fixiertheit auf das Geld und Starrsinn sowie darin,
daß er
seiner Ehefrau und seinen Kindern nichts, sich selbst dagegen alles
zubilligte.
Das Landgericht hat aber in Übereinstimmung mit dem
Sachverständigen
nachvollziehbar ausgeschlossen, daß diese
Auffälligkeiten einen forensisch
relevanten Schweregrad erreicht haben, und hat deswegen eine erhebliche
Verminderung der Schuldfähigkeit verneint. Es ist daher im
Hinblick auf die
Persönlichkeitsauffälligkeiten rechtlich nicht zu
beanstanden, daß die Hartnäkkigkeit,
mit der der Angeklagte seiner Ehefrau trotz aller Warnungen
über einen
längeren Zeitraum nachstellte, straferschwerend gewertet wurde.
Im übrigen ist nicht zu besorgen, daß die
Strafkammer im Rahmen der
Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten
sprechenden Umstände
einen gewissen Zusammenhang zwischen den
Persönlichkeitsauffälligkeiten
und dem aggressiven Vorgehen gegen das Tatopfer nicht bedacht haben
könnte, da sie bei den Milderungsgründen
ausdrücklich die besondere Persönlichkeitsstruktur
erwähnt.
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Die strafschärfende Erwägung, daß die
Tötung "objektiv" Besonderheiten
aufweise, die sich "am Rande von Mordmerkmalen wie Heimtücke
und
niedrigen Beweggründen bewegen", begegnet ebenfalls keinen
rechtlichen
Bedenken. Zwar hat das Landgericht die subjektive Tatseite dieser
Mordmerkmale
verneint, da der Angeklagte aufgrund seiner zwanghaften
Persönlichkeitsanteile
möglicherweise nicht in der Lage gewesen sei, die Arg- und
Wehrlosigkeit des Opfers sowie die Umstände, welche die
niedrigen Beweggründe
ausmachen könnten, rational zu erfassen. Dies bedeutet jedoch
nicht,
daß die Art des Angriffs und die egoistische Motivation als
Belastungsfaktoren
gänzlich ausscheiden müssen (vgl. BGHR StGB
§ 212 Abs. 1 Strafzumessung
1). Wie sich den Urteilsausführungen entnehmen
läßt, mit denen die Strafkammer
auf die objektive Nähe zu den Mordmerkmalen hinweist, war sie
sich
dessen bewußt, daß diese Tatumstände bzw.
Beweggründe dem Angeklagten
nur eingeschränkt anzulasten sind.
Die Bemessung der Strafhöhe läßt auch im
übrigen keinen Rechtsfehler
erkennen. Die Strafkammer hat die für die Strafzumessung im
engeren Sinn
bestimmenden Gesichtspunkte ausreichend dargelegt. Die erkannte Strafe
nähert
sich zwar dem gesetzlichen Höchstmaß. Angesichts der
konkreten Tatschwere
und der gewichtigen Strafschärfungsgründe
löst sie sich aber keineswegs
nach oben von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein. Sie
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liegt vielmehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten
Beurteilungsrahmens
und ist daher vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Tepperwien Maatz Kuckein
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