BGH,
Urt. v. 18.12.2007 - 1 StR 411/07
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 411/07
vom
18.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
18.12.2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des
Landgerichts München II vom 17. April 2007 dahin
geändert, dass die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten
in einer Entziehungsanstalt entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung und wegen Diebstahls geringwertiger
Sachen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit ihrer auf
den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision rügt
die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere
beanstandet sie zuungunsten des Angeklagten die von der Strafkammer
angenommene erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit
nach § 21 StGB und die damit begründete
Strafrahmenverschiebung. Diese beruhe auf einem unzureichenden
psychiatrischen Sachverständigengutachten. Außerdem
lägen die Voraussetzungen für die Anordnung der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB nicht
vor. Insoweit wirkt das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu-
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gunsten des Angeklagten (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO), was
allerdings entgegen Nr. 147 Abs. 3 Satz 2 RiStBV nicht zum Ausdruck
gebracht wurde. Das Rechtsmittel wird vom Generalbundesanwalt nur
insoweit vertreten, als es sich gegen die Anordnung der Unterbringung
in der Entziehungsanstalt richtet. In diesem Umfang hat das
Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten Erfolg.
I.
Das Landgericht hat festgestellt:
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1. Der Angeklagte, ein italienischer Staatsangehöriger, ist
seit seinem 15. Lebensjahr Haschischkonsument. Mit 18 Jahren schnupfte
er daneben auch Kokain. Ab dem 19. Lebensjahr trank er auch
gelegentlich Alkohol. Das Geld für den Drogenkonsum verdiente
er sich durch Gelegenheitsarbeiten. Er lebte überwiegend bei
seiner Adoptivmutter in Neapel. Nachdem ihn seine Adoptivmutter bei der
Polizei angezeigt hatte, verbrachte er statt der
Verbüßung einer an sich verwirkten Freiheitsstrafe
die Zeit von November 2002 bis April 2006 in verschiedenen
Therapiegemeinschaften der italienischen Drogenhilfeeinrichtung SAMAN.
Anfang Mai 2006 wurde er aus dem Programm entlassen und kehrte nach
Neapel zurück. Nach seiner Rückkehr stand er vor dem
Nichts, da seine Adoptivmutter in der Zwischenzeit verstorben war und
ihm jeglicher sozialer Empfangsraum fehlte. Er bekam Depressionen,
entwickelte Ängste und trank wieder vermehrt Alkohol. Wegen
seiner depressiven Verstimmungen wurde er vom 19. bis 24. Mai 2006 in
der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses in Neapel
stationär behandelt. Nach nur fünf Tagen wurde er
dort auf eigenen Wunsch entlassen. Nach seiner Entlassung begab sich
der Angeklagte am 26. Mai 2006 nach München, um sich eine
Arbeit als Küchenhilfe zu suchen. Er bekam in der
Nähe von München eine Stelle in einer Pizzeria, wo er
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zur Probe arbeiten durfte. Wegen seiner langsamen Arbeitsweise und
seiner Trägheit war der Betreiber der Pizzeria nicht mit
seiner Arbeitsleistung zufrieden und eröffnete ihm am 29. Mai
2006 nach Auszahlung eines Arbeitsentgelts von 100 €, dass er
nicht eingestellt werde.
2. Den Vormittag des Tattages, des 29. Mai 2006, verbrachte der
Angeklagte damit, Alkohol zu trinken sowie mit dem vergeblichen
Versuch, bei der Post an Geld heranzukommen, das ihm seine Schwester
aus Italien überweisen sollte. Eine freundliche 72 Jahre alte
Postkundin bot ihm an, sich für ihn von ihrer Wohnung aus
telefonisch um eine Übernachtungsmöglichkeit zu
bemühen. Während die Frau telefonierte, nahm er in
der Küche ihren dort abgelegten Geldbeutel an sich, in dem
sich 35 € Bargeld und zwei EC-Karten befanden. Danach verhielt
sich der Angeklagte zunächst weiter plan- und ziellos, trank
Alkohol und spielte an Automaten.
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Gegen 17.00 Uhr erwarb er in einem Supermarkt ein ca. 29 cm langes,
vorne spitz zulaufendes Küchenmesser mit der Absicht, dieses
bei einer Straftat einzusetzen. Er begab sich auf den Kunden-Parkplatz
des Supermarktes, wo eine Kundin gemeinsam mit ihrer
neunjährigen Tochter dabei war, die eingekauften
Gegenstände in ihrem Pkw zu verstauen. Die
Geschädigte und ihre Tochter waren gerade eingestiegen, um
nach Hause zu fahren, als der Angeklagte mit der linken Hand die
Fahrertür aufriss und die Geschädigte unter Bedrohung
mit dem Messer aufforderte, den Pkw zu verlassen. Er hielt ihr das
Küchenmesser mit der rechten Hand vor den Unterleib und
deutete mit dem Messer auch in Richtung auf das Kind. Dadurch
veranlasste er beide, den Pkw zu verlassen. Diese verstanden die in
italienischer Sprache gemachten Aufforderungen nicht, empfanden aber
die Gesamtsituation als bedrohlich. Der Angeklagte setzte sich ans
Steuer, verlor aber nach kurzer Fahrt die Kontrolle
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über den Pkw und blieb im Gartenzaun eines nahe gelegenen
Grundstücks hängen. An dem Pkw entstand Totalschaden.
Er flüchtete zu Fuß und wurde gegen 19.00 Uhr
schlafend angetroffen und festgenommen. Ihm wurde um 19.26 Uhr und um
19.51 Uhr Blut entnommen. Es wurde eine Blutalkoholkonzentration (BAK)
von 1,94 o/oo und von 1,85 o/oo festgestellt. Die Strafkammer ist,
sachverständig beraten, von einer auf den Tatzeitpunkt
zurückgerechneten maximalen BAK von 2,8 o/oo bei der ersten
Tat und 2,6 o/oo bei der zweiten Tat ausgegangen.
II.
Die Revision ist auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
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1. Die Strafzumessung ist rechtsfehlerfrei. Der Senat kann den
für das Revisionsverfahren allein maßgeblichen
Urteilsgründen entnehmen, dass die Strafkammer - die sich
sowohl von einem Rechtsmediziner als auch von einer
forensisch-psychiatrischen Sachverständigen hat beraten lassen
- bei der Annahme der erheblichen Verminderung der
Steuerungsfähigkeit von zutreffenden
Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist. Soweit die
Beschwerdeführerin, die die Diagnosen der
Sachverständigen selbst nicht in Frage stellt, eigene
methodenkritische Ausführungen zum vorläufigen
schriftlichen Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen
macht, ist dem Senat die inhaltliche Prüfung schon deshalb
verwehrt, weil die Staatsanwaltschaft - unabhängig von der
Frage, ob nicht ohnehin eine Verfahrensrüge zu erheben gewesen
wäre - das schriftliche Gutachten nicht mitgeteilt hat.
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a) Bezogen auf den Einfluss von Alkohol auf die
Steuerungsfähigkeit ist die Kammer mit dem rechtsmedizinischen
Sachverständigen rechtsfehlerfrei
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davon ausgegangen, dass bezogen auf die Tatzeit kein eindeutiges durch
die Einnahme von Alkohol beeinflusstes Leistungsdefizitbild, sondern
nur ein Mischbild vorliegt. Die Kammer hat die maßgeblichen
Anknüpfungstatsachen ausführlich dargelegt und unter
Zugrundelegung der maximalen BAK und dem gezeigten Verhalten
(motorische Auffälligkeiten, eigengefährdende
Handlungsweise, Enthemmung, fehlende Zielgerichtetheit) Hinweise auf
eine Rauschbeeinflussung festgestellt. Sie hat aber ebenso mit dem
Sachverständigen angenommen, dass die planvolle
Verknüpfung von Kauf und Einsatz des Messers, das ruhige
Halten des Messers in der Bedrohungssituation, die sinnhafte Reaktion
auf das unverhofft angetroffene Kind und das Fehlen sprachlicher
Auffälligkeiten gegen die Annahme eines Rausches sprachen. Die
Strafkammer hat somit ihre Entscheidung über die Verminderung
der Steuerungsfähigkeit auch nicht allein auf die Intoxikation
durch Alkohol zur Tatzeit gestützt. Soweit die
Beschwerdeführerin rügt, die Kammer habe sich nicht
ausreichend mit der Möglichkeit eines Nachtrunks
auseinandergesetzt, zeigt sie selbst keine tragfähigen
Anhaltspunkte auf, die auf mehr als die bloße
Möglichkeit der späteren Einnahme weiteren Alkohols
hinweisen.
b) Die Strafkammer hat zusätzlich die bisherige
Lebensgeschichte des Angeklagten in den Blick genommen, die durch einen
multiplen Substanzgebrauch sowie darauf beruhenden
Verhaltensauffälligkeiten geprägt war.
Rechtsfehlerfrei ist die Strafkammer der psychiatrischen
Sachverständigen darin gefolgt, dass beim Angeklagten eine
emotional instabile Persönlichkeitsstörung nach den
Eingangskriterien DSM-IV 304.80 sowie psychische
Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen nach ICD-10 F
19.20 vorliegen. Sie hat dabei beachtet, dass das Vorliegen einer
Persönlichkeitsstörung für sich genommen
nicht ausreicht, das vierte Merkmal des § 20 StGB, die schwere
andere seelische Abartigkeit, anzunehmen (BGHSt 49, 45, 54 f. m.w.N.).
Sie
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hat für die Bestimmung des Schweregrads einer anderen
seelischen Abartigkeit noch weitere Umstände herangezogen.
Danach befand sich der Angeklagte zur Tatzeit in einer akuten
Lebenskrise bei abnormer Erlebnisverarbeitung, die nach ICD-10 F 43.25
als pathologische Trauerreaktion bewertet werden. Der Angeklagte hat
seine unbewältigte Lebenskrise durch einen unvorbereiteten
fluchtartigen Wechsel nach Deutschland zu lösen versucht. Die
Strafkammer durfte der Sachverständigen darin folgen, dass das
schnelle berufliche Scheitern in der Pizzeria zu noch
größerer Vereinsamung und wegen der
Sprachschwierigkeiten zu noch größerer Isolierung
geführt hat. Diese Umstände konnte die Kammer
für ihre Bewertung der Störung als
„schwer“ heranziehen, weil die von ihr
festgestellte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit
des Angeklagten am Tattag durch die Summierung der pathologischen
Verhaltensmuster in ihren Auswirkungen denen einer krankhaften
seelischer Störungen gleichstanden (vgl. Kröber NStZ
1998, 80 f.).
c) Letztlich hat die Strafkammer die ihr obliegende Entscheidung
über die Rechtsfrage der Erheblichkeit der Verminderung auf
eine Gesamtwürdigung aller auch von beiden
Sachverständigen für die Beurteilung
maßgeblichen Umstände gestützt, die den
Zustand des Angeklagten bei Begehung der Tat geprägt haben.
Vor dem Hintergrund der festgestellten
Persönlichkeitsstörung hat sie maßgeblich
auf die Wechselwirkung zwischen der zugespitzten Belastungssituation
und dem zur Tatzeit wirksamen Alkohol abgestellt und diese nach
eigenständiger Prüfung zur Grundlage ihrer
rechtlichen Bewertung gemacht. Aus dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe ergibt sich, dass die Kammer die von beiden
Sachverständigen übereinstimmend getragene Diagnose
einer vorübergehenden „krankhaften“
seelischen Störung - im Sinne des ersten
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Merkmals des § 20 StGB - nach eigenständiger
Prüfung übernommen hat und daraus rechtlich eine
erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von
§ 21 StGB angenommen hat.
2. Der Maßregelausspruch hat hingegen keinen Bestand. Nach
der landgerichtlichen Entscheidung ist das Gesetz zur Sicherung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) in Kraft getreten.
Nach der Gesetzesbegründung soll dieses Gesetz dazu beitragen,
die vorhandenen Kapazitäten des Maßregelvollzugs
besser und zielgerichteter zu nutzen und zu verhindern, dass Personen
in den Maßregelvollzug gelangen, deren Unterbringung aus
therapeutischen oder rechtlichen Gründen problematisch ist
(BTDrucks. 16/1110 S. 9). Deshalb wurden § 64 Satz 1 StGB in
eine Sollvorschrift umgestaltet und die Entscheidung über die
Vollstreckungsreihenfolge nach § 67 Abs. 2 StGB zur Sicherung
des Rehabilitationsinteresses des Verurteilten flexibler gestaltet. Da
der Angeklagte durch die Anordnung der Maßregel beschwert
ist, hat der Senat die geänderte Rechtslage nach §
354a StPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
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a) Unverändert geblieben ist in § 64 StGB als erste
Voraussetzung das Vorliegen eines Hanges, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen. Von einem Hang ist
auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition
zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive
Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese
Neigung noch nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht
haben muss (vgl. nur BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; Hanack in
LK-StGB 11. Aufl. § 64 Rdn. 40).
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„Im Übermaß“ bedeutet
regelmäßig, dass der Täter berauschende
Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit,
Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich
beeinträchtigt wird (BGH NStZ-RR 2004, 39, 40).
Die Urteilsfeststellungen zu der seit dem 15. Lebensjahr von
ständigem Drogenkonsum beeinflussten
Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten und zu seinen
langjährigen Aufenthalten in therapeutischen Einrichtungen
legen nahe, dass der Angeklagte schon bisher Betäubungsmittel
und auch Alkohol im Übermaß konsumiert hat. Den
Urteilsgründen ist auch ein symptomatischer Zusammenhang
zwischen dem Hang des Angeklagten und den Straftaten zu entnehmen, da
er nur wenige Tage nach der Entlassung aus der psychiatrischen
Abteilung eines Krankenhauses in Neapel rückfällig
geworden ist und die beiden Taten in alkoholisiertem Zustand zur
Lösung der zugespitzten Belastungssituation begangen hat.
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b) Dagegen halten die Gründe, mit denen die Strafkammer die
hinreichend konkrete Erfolgsaussicht für eine Behandlung des
Angeklagten in der Entziehungsanstalt bejaht hat, revisionsrechtlicher
Überprüfung - gemessen am Maßstab des neuen
§ 64 Satz 2 StGB - nicht stand.
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Die Neuregelung des § 64 Satz 2 StGB bestimmt, dass die
Anordnung der Unterbringung nur dann ergehen darf, wenn eine
hinreichend konkrete Erfolgsaussicht besteht, die untergebrachte Person
zu heilen oder über eine nicht unerhebliche Zeit vor dem
Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung
erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf den Hang
zurückgehen (BTDrucks. 16/1110 S. 10 und 13). Die Anordnung
dieser beschweren
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den Maßregel ist demnach nur dann vorgesehen, wenn sie
geeignet ist, den Schutzzweck gerade durch eine Behandlung zu erreichen
(vgl. BVerfGE 91, 1, 28 f.).
Anlass für die Umgestaltung des § 64 StGB zu einer
„Soll-Vorschrift“ war auch, dass nach bisherigem
Recht an den Aufwand der Maßregelvollzugseinrichtungen, einen
Behandlungserfolg zu erreichen, unter Hinweis auf den zwingenden
Charakter der Vorschrift teilweise zu hohe Anforderungen gestellt
wurden. Von den Verantwortlichen des Maßregelvollzugs war
beklagt worden, dass die Kapazitäten der Anstalten durch eine
nicht zu vernachlässigende Anzahl von in Anbetracht des
Heilungszwecks weniger geeigneten Personen blockiert würden.
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Therapeutische Maßnahmen würden insbesondere dann an
die Grenzen stoßen, wenn eine Verständigung mit dem
Probanden nicht oder nur über einen Dolmetscher
möglich sei (vgl. die Begründung des im
Gesetzgebungsverfahren mit beratenen Entwurf des Bundesrates
für ein Gesetz zur Reform des Rechts der Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus und in der Entziehungsanstalt,
BRDrucks. 455/04 S. 20 f.). Im Zusammenhang mit den Erfolgsaussichten
therapeutischer Behandlung im Maßregelvollzug nach §
64 StGB hätten sich bisher Fälle als problematisch
erwiesen, in denen der deutschen Sprache nicht mächtige
Personen sich - wie z.B. die durchreisenden Rauschgiftkuriere - nur
kurze Zeit in Deutschland aufgehalten haben und bei denen eine
spätere Entlassung und Integration in Deutschland wegen der
überwiegenden Bindungen an das Heimatland kaum zu erwarten
war. In diesen Fällen bestünden kulturelle und
sprachliche Barrieren, die eine Einbeziehung in das therapeutische
Angebot schwierig machten und häufig zu
Therapieabbrüchen führten. Zusätzlich
bestünde nicht selten das Problem, dass Erprobungen
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und Lockerungen im Hinblick auf die erhöhte Fluchtgefahr nicht
gewährt werden können und die Therapieaussichten von
vornherein eingeschränkt sind (BTDrucks. 16/1110 S. 15 zu den
neuen Anforderungen an die Entscheidung über die
Vollstreckungsreihenfolge im Fall des Bestehens einer
rechtskräftigen Ausweisungsverfügung nach §
67 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 5 StGB).
Soweit die Strafkammer unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs ausgeführt hat, mangelhafte oder
fehlende Sprachkenntnisse des Angeklagten hätten bei der
Unterbringungsanordnung außer Betracht zu bleiben (BGHSt 36,
199; BGH NStZ-RR 2002, 7), wird diese Rechtsprechung in dieser
Allgemeinheit unter der Geltung des neuen Rechts nicht aufrecht zu
erhalten sein. Die Neufassung des § 64 StGB
ermöglicht es nunmehr, in den Fällen, in denen die
Ausgangsbedingungen sehr ungünstig sind, von der Anordnung der
Unterbringung Abstand zu nehmen und dadurch den
Maßregelvollzug von einem faktisch nicht zu leistenden
Therapieaufwand zu entlasten, der für die aussichtsreichen
Fälle die knappen Ressourcen entzieht (BRDrucks. 455/04 S. 21).
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c) Die Anwendung der nunmehr für § 64 Satz 2 StGB
geltenden Maßstäbe ergibt (§ 354a StPO),
dass hier keine hinreichend konkrete Behandlungsprognose gestellt
werden kann. Bei einem Angeklagten, der nach jahrelangen
Therapieversuchen in Italien seine unbewältigte Lebenskrise
durch einen unvorbereiteten fluchtartigen Wechsel nach Deutschland zu
lösen versuchte und wegen seines erneuten beruflichen
Misserfolgs und der Sprachschwierigkeiten in noch
größere Isolierung geriet, besteht keine konkrete
Chance für einen Behandlungserfolg in Deutschland. Die
Anordnung der Maßregel muss daher entfallen. Der Senat
schließt aus, dass eine neue Verhandlung Erkenntnisse ergeben
könnte, die eine Unterbringungsanordnung nach § 64
StGB rechtfertigen würden.
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