BGH,
Urt. v. 18.6.2008 - 2 StR 115/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 115/08
vom
18. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18.
Juni 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Prof. Dr. Schmitt,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf den Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren
hinsichtlich des Angeklagten V. im Fall II. 18 der
Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2
StPO eingestellt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Darmstadt vom 28. August 2007 im Schuldspruch dahin geändert,
dass der Angeklagte des Betrugs in 13 Fällen, davon in neun
Fällen in Tateinheit mit jeweils zwei Fällen der
Urkundenfälschung und in vier Fällen in Tateinheit
mit jeweils einem Fall der Urkundenfälschung, des versuchten
Betrugs in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit
Urkundenfälschung, und des Diebstahls in acht Fällen
schuldig ist.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 13
Fällen, davon in neun Fällen in Tateinheit mit je
zwei Fällen der Urkundenfälschung und in vier
Fällen in Tateinheit mit je einem Fall der
Urkundenfälschung, wegen versuchten Betrugs in vier
Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
und wegen "des besonders schweren Falls des Diebstahls" in acht
Fällen unter Einbezie-
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hung einer Strafe aus einer früheren Verurteilung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Seine auf Verfahrensrügen und die Sachrüge
gestützte Revision führt nach Einstellung des
Verfahrens in einem Fall zur Änderung des Schuldspruchs; im
Übrigen ist die Revision unbegründet.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts gelangte der Angeklagte im
Tatzeitraum ab Ende 2001 auf unbekannte Weise in den Besitz von
Nachschlüsseln zu Briefkästen der Deutschen Post AG
im Raum D. -D. . Mit Hilfe dieser Nachschlüssel
öffnete er in einer Vielzahl von Fällen
Briefkästen, entnahm an Banken adressierte Briefe,
öffnete diese und nahm Kenntnis von ihrem Inhalt, namentlich
von Überweisungsaufträgen und Schecks. In mindestens
acht abgeurteilten Fällen behielt er die Postsendungen
für sich; in anderen Fällen leitete er sie nach
Kenntnisnahme bestimmungsgemäß weiter. Auf diese
Weise erlangte er Kenntnis von Bankverbindungen, Kontoständen,
den Personen von Kontobevollmächtigten und dem
Unterschriftsbild der jeweils Berechtigten.
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Um unberechtigt an Guthaben ihm bekannt gewordener Konten zu gelangen,
kaufte der Angeklagte in der Folgezeit in einer Vielzahl von
Fällen unter Einschaltung verschiedener Mittelsmänner
unter falschem Namen und mit jeweils wechselnder Legende
Kraftfahrzeuge, die er durch Überweisung von
ausgespähten Konten bezahlte und nach daraufhin erfolgter
Übergabe durch die gutgläubigen Verkäufer an
unbekannte Dritte weiter verkaufte. Der Angeklagte handelte in allen
Fällen, um sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu sichern,
aus welcher er seinen Lebensunterhalt bestritt.
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a) In neun Fällen (Fälle II. 2, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 14
und 20 der Urteilsgründe) fälschte der Angeklagte,
nachdem er sich unter Einschaltung eines Mittelsmannes mit den
jeweiligen Verkäufern auf den Kaufpreis geeinigt und Bezah-
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lung per Vorab-Überweisung vereinbart hatte,
Überweisungsaufträge von ihm aus entwendeten
Briefsendungen bekannt gewordenen Konten, indem er die Unterschriften
der Berechtigten nachmachte. Nach Gutschrift der entsprechenden
Beträge auf den Konten der Verkäufer ließ
er die Fahrzeuge von seinem Mittelsmann abholen, wobei dieser jeweils
einen vom Angeklagten unter dem Namen des angeblichen Käufers
ausgefüllten und unterschriebenen Kaufvertrag vorlegte und vom
Verkäufer unterschreiben ließ. Den Inhabern der
Konten wurde in diesen Fällen der jeweilige Betrag
regelmäßig zurückerstattet. In den meisten
Fällen verblieb den Verkäufern die Gutschrift, so
dass der endgültige Schaden bei der überweisenden
Bank entstand. In einzelnen Fällen zahlten Verkäufer
die Beträge ganz oder teilweise an die Bank zurück.
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen neun Fällen
jeweils wegen (eines) Betrugs in Tateinheit mit jeweils zwei
Urkundenfälschungen verurteilt.
b) In einem weiteren Fall (Fall II. 16 der Urteilsgründe) ging
der Angeklagte entsprechend vor, verwendete jedoch keinen
gefälschten Kaufvertrag. Die gefälschte
Überweisung wurde ausgeführt; vor Übergabe
des Fahrzeugs aber bemerkt und zurückgebucht. Das Landgericht
hat dies als (vollendeten) Betrug in Tateinheit mit
Urkundenfälschung angesehen.
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c) In den Fällen II. 23 und 25 überwies der
Angeklagte mittels gefälschter
Überweisungsaufträge Beträge auf das Konto
einer T.-Bau GmbH. Ob er durch Einschaltung einer Mittelsperson diese
Beträge abheben ließ und erlangte, konnte nicht
festgestellt werden. Im Fall II. 7 überwies der Angeklagte
einen Betrag von 5.484,-- Euro auf das Konto des rechtskräftig
Mitverurteilten H., der 5.300,-- Euro an den Angeklagten bar
übergab. Das Landgericht hat diese drei Fälle jeweils
als (vollendeten) Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung
angesehen.
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d) Zwei weitere vom Angeklagten mittels gefälschter
Überweisungsträger in Auftrag gegebene
Überweisungen auf Konten der T.-Bau GmbH (Fälle II.
21 und 24) wurden nicht ausgeführt; im Fall II. 11 wurde eine
für einen Kfz-Kauf gefälschte Überweisung
nicht ausgeführt. Insoweit hat das Landgericht wegen drei
Fällen des versuchten Betrugs, jeweils in Tateinheit mit
Urkundenfälschung, verurteilt.
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e) In den Fällen II. 1, 6, 12, 13, 15, 17, 19 und 22
entwendete der Angeklagte den Inhalt von Briefsendungen, die er aus
Briefkästen der Deutschen Post AG entnommen hatte. Insoweit
hat das Landgericht jeweils Diebstahl in besonders schwerem Fall
gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 2
StGB angenommen.
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f) Im Fall II. 18 fälschte der Angeklagte ein
Scheck-Einreichungsformular mit der Unterschrift des Mitangeklagten W.,
der sich bereit erklärt hatte, sein Konto zur
Verfügung zu stellen. Mit dem Formular reichte er einen zuvor
(Fall II. 17) entwendeten Orderscheck der Fa. F.-GmbH über
24.429,35 Euro ein. Da die Bank des Mitangeklagten W. im Hinblick auf
den hohen Betrag misstrauisch wurde und beim Aussteller des Schecks
nachfragte, unterblieb eine Gutschrift. Das Landgericht hat dies als
versuchten Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung
angesehen.
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g) Hinsichtlich des weiteren Vorwurfs der Verletzung des
Briefgeheimnisses hat das Landgericht das Verfahren
gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. In den
25 abgeurteilten Fällen hat es gegen den - mehrfach und
einschlägig vorbestraften - Angeklagten V. auf
Einzelfreiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und drei Jahren neun
Monaten erkannt, im Fall II. 18 auf eine Einzelfreiheitsstrafe von
einem Jahr und neun Monaten. Unter Einbeziehung einer Einzelstrafe von
zwei Jahren aus einer früheren Verurteilung hat es hieraus die
Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten gebildet.
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2. Die von der Revision erhobenen Verfahrenrügen haben keinen
Erfolg. Die mit den Verfahrensrügen Nr. 1, 3, 4 und 5
gerügten Zurückweisungen von Beweisanträgen
mit der Begründung, die jeweils unter Beweis gestellten
Tatsachen seien aus tatsächlichen Gründen
für die Entscheidung ohne Bedeutung, begegnen aus den vom
Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen keinen
rechtlichen Bedenken. Soweit die Revision rügt, dass das
Landgericht aus den unter Beweis gestellten Tatsachen nicht die
gewünschten Schlüsse gezogen hat, wird damit ein
Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht
aufgezeigt.
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Auch die Rüge eines Verstoßes gegen § 244
Abs. 3 Satz 2 StPO durch Zurückweisung eines Beweisantrags mit
der Begründung, die Beweistatsache sei bereits erwiesen
(Verfahrensrüge Nr. 2), ist offensichtlich
unbegründet. Soweit unter Beweis gestellt war, dass
anlässlich der Festnahme des Angeklagten in einem Pkw unter
anderem eine Kladde mit diversen Unterlagen, eine schwarze Brieftasche
und vier Schlüssel sichergestellt wurden, widersprechen die
Urteilsgründe dieser als erwiesen angesehenen Tatsache
ersichtlich nicht. Die Ausführungen der Revision über
den weiter gehenden "Sinn" des Beweisantrags und über die von
ihr gewünschten Schlussfolgerungen lassen schon einen
Zusammenhang mit den tragenden Beweisgründen des Urteils kaum
erkennen und zeigen einen Rechtsfehler nicht auf.
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3. Die Sachrüge ist unbegründet, soweit sie sich
gegen die rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung des Landgerichts
wendet. Auch die Schuldsprüche in den nach Einstellung des
Falles II. 18 verbleibenden Fällen halten im Ergebnis der
rechtlichen Prüfung stand.
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Dass das Landgericht den Angeklagten in den Fällen II. 2, 3,
4, 5, 8, 9, 10, 14, 16 und 20 jeweils nur wegen eines Betrugs zu Lasten
der Banken und
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nicht (auch) wegen tateinheitlichen Betrugs zu Lasten der jeweiligen
Kfz-Verkäufer verurteilt hat, beschwert den Angeklagten
jedenfalls nicht. Das gilt auch für den versuchten Betrug im
Fall II. 11.
In den 13 Fällen II. 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 14, 16, 20, 23
und 25 ist, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, in
den Urteilsfeststellungen offen geblieben, ob die von dem Angeklagten
gefälschten Überweisungsaufträge von den
jeweiligen Banken vor der Bearbeitung individuell geprüft
oder, wie vielfach üblich, lediglich in automatisierter Weise
geprüft wurden. Im letzten Fall wäre eine vom
Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB vorausgesetzte
Irrtumserregung nicht bewirkt worden; vielmehr wäre der
Tatbestand des Computerbetrugs gemäß § 263
a Abs. 1 StGB in der Variante des unbefugten Verwendens von Daten
erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 4 StR
623/07). Bei Unaufklärbarkeit dieser Tatsachen hätte
eine Verurteilung auf wahldeutiger Grundlage erfolgen müssen
(vgl. auch Fischer StGB 55. Aufl. § 263 a Rdn. 23).
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Dass das Landgericht dies übersehen und jeweils wegen Betrugs
gemäß § 263 StGB verurteilt hat, beschwert
den Angeklagten gleichfalls nicht; die Strafrahmen des § 263 a
StGB stimmen mit denen des § 263 überein.
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4. Nachdem das Verfahren hinsichtlich des Angeklagten V. auf den Antrag
des Generalbundesanwalts im Fall II. 18 der Urteilsgründe
gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde,
war der Schuldspruch wie aus der Urteilsformel ersichtlich zu
berichtigen. Die Verwirklichung des Strafzumessungsgrunds
gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB in den
Fällen des Diebstahls ist in den Schuldspruch nicht
aufzunehmen.
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Die Verfahrenseinstellung im Fall II. 18, in dem das Landgericht wegen
des versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung
eine Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten festgesetzt hat,
führt nicht zur Aufhebung
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der Gesamtstrafe. Die Zumessung der übrigen Einzelstrafen
enthält keinen Rechtsfehler. Der Senat kann angesichts der
Vielzahl und der Höhe der übrigen Einzelstrafen
ausschließen, dass sich die im Fall II. 18 verhängte
Einzelstrafe bei der Gesamtstrafenbildung zu Lasten des Angeklagten
ausgewirkt hat.
Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Cierniak Schmitt |