BGH,
Urt. v. 19.4.2000 - 2 StR 410/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 410/99
vom
19. April 2000
in der Strafsache gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19.
April 2000, an der teilgenommen haben: Vizepräsident des
Bundesgerichtshofes Dr. Jähnke als Vorsitzender, die Richter
am Bundesgerichtshof Niemöller, Dr. Bode, die Richterin am
Bundesgerichtshof Dr. Otten, der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß als beisitzende Richter, Bundesanwalt als Vertreter
der Bundesanwaltschaft, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Köln vom 13. April 1999 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben
Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit
bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
und sechs Monaten verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen
Führerschein eingezogen und für die Neuerteilung der
Fahrerlaubnis eine Sperrfrist von einem Jahr und sechs Monaten
bestimmt. Zudem hat es den Verfall eines Betrages von 5.000, DM
angeordnet und sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die zum Nachteil des Angeklagten
eingelegte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte
Revision der Staatsanwaltschaft. Mit der Sachrüge macht sie
geltend, die Anwendung des § 31 BtMG sei rechtsfehlerhaft und
die Gesamtstrafe unangemessen milde. Das Rechtsmittel, das vom
Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.
II.
Der Angeklagte schloß sich 1995 mit zwei gesondert verfolgten
Tätern zu einer Bande zusammen, um in einer unbestimmten
Anzahl von Fällen dauerhaft gewinnbringend Haschisch
umzusetzen, wobei er die Führungsposition übernahm.
Er war für den Einkauf des Rauschgiftes zuständig,
während die anderen Bandenmitglieder, die in der Folgezeit
wechselten, den Weiterverkauf durchführten. Im Rahmen der
Bandenabrede erwarb der Angeklagte 1998 in sieben Fällen von
Lieferanten aus den Niederlanden jeweils zwischen 1.000 und 4.100 g
Haschisch sowie teilweise zugleich auch geringere Mengen Marihuana. Die
Betäubungsmittel - insgesamt etwa 17 kg Haschisch und 1 kg
Marihuana -, die er sich in fünf Fällen von
Lieferanten aus den Niederlanden nach Deutschland bringen
ließ und in zwei Fällen selbst in den Niederlanden
abholte, übergab er jeweils an ein anderes Bandenmitglied zum
Weiterverkauf.
III.
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler
ergeben, der zur Aufhebung des Strafausspruchs führt.
1. Die vom Landgericht in allen Fällen vorgenommene
Verschiebung der Strafrahmenuntergrenze gemäß
§§ 31 Nr. 1 BtMG, 49 Abs. 2 StGB ist rechtlich nicht
zu beanstanden. Der Angeklagte hat durch die konkrete Benennung der
weiteren Bandenmitglieder und ihrer Beteiligung an den Taten sowie
einiger Abnehmer des Rauschgifts die Taten über seinen eigenen
Beitrag hinaus aufgedeckt. Daß die Offenbarung erst in der
Hauptverhandlung erfolgt ist, steht der Anwendung des § 31
BtMG nicht entgegen (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 21
und 23; Franke/Wienroeder BtMG 1996, § 31 Rdn. 7). Insoweit
ist auch ein Aufklärungserfolg i.S.d. § 31 BtMG
eingetreten. Die Strafkammer hat die Angaben des Angeklagten, die durch
Zeugenaussagen bestätigt worden sind, für glaubhaft
erachtet und sie der Verurteilung zugrundegelegt. Sie war somit
aufgrund ihrer freien richterlichen Beweiswürdigung auch
überzeugt davon, daß seine Angaben über die
Beteiligung der anderen an den Taten zutreffen. Anhaltspunkte
dafür, daß der Angeklagte mit seinen Angaben nur
schon sichere, umfassende Erkenntnisse der
Strafverfolgungsbehörden bestätigt hätte,
enthalten die Urteilsgründe nicht. Lagen somit die
Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG bezüglich der
anderen Bandenmitglieder und der Abnehmer bereits vor, durfte das
Landgericht im Rahmen der Strafzumessung auch berücksichtigen,
daß der Angeklagte sich darüber hinaus
bemüht hat, seine Lieferanten aus den Niederlanden
näher zu beschreiben, selbst wenn insoweit noch kein
Aufklärungserfolg eingetreten ist (vgl. Körner BtMG
4. Aufl. 1994, § 31 Rdn. 33).
2. Die Strafzumessung ist auch im übrigen rechtsfehlerfrei.
Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht alle
wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände
berücksichtigt. Die Höhe der verhängten
Gesamtstrafe ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich
ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Strafzumessung ist
grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des
Revisionsgerichts ist insoweit in der Regel nur möglich, wenn
die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das
Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke
verstößt oder sich die verhängte Strafe
nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter
Schuldausgleich zu sein. Eine ins einzelne gehende
Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349). Diese
Grundsätze gelten auch für die Bildung der
Gesamtstrafe (BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 5).
Das Landgericht hat die Höhe der Gesamtstrafe umfassend und
rechtsfehlerfrei begründet. Sie unterscheidet sich von den in
vergleichbaren Fällen üblicherweise
verhängten Strafen nicht so stark, daß der mit ihr
verfolgte Zweck des Schutzes der Rechtsordnung durch gerechten
Schuldausgleich nicht mehr erreicht werden könnte.
Jähnke Niemöller Bode
Otten Rothfuß |