BGH,
Urt. v. 19.1.2005 - 2 StR 402/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 402/04
vom
19.1.2005
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19.
Januar
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
und der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Meiningen vom 1. März 2004 im Ausspruch über die
Einziehung
der diesem Angeklagten gehörenden bei der Aufzucht der
Pflanzen benutzten Gegenstände - mit Ausnahme der
Dieselgeneratoren
- mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen,
daß
die Worte "gemeinschaftlich begangenen" im Schuldspruch entfallen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer
Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat den
Verfall
eines Geldbetrags von 25.000 € angeordnet und ausgesprochen,
daß die sichergestellten
Cannabisprodukte sowie alle bei der Aufzucht der Pflanzen benutzten
Gegenstände, soweit sie von der Polizei sichergestellt wurden,
insbesondere
der VW-Transporter und das Handy des Mitangeklagten B. und die
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Stromerzeugungsgeräte des Angeklagten eingezogen werden. Die
auf die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum
Schuld- und zum Strafausspruch
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Auch die Anordnung des Verfalls hält rechtlicher
Nachprüfung stand.
a) Der Senat teilt nicht die Bedenken des Generalbundesanwalts gegen
die Schätzung der Einnahmen aus dem Verkauf der
Marihuanaprodukte durch
die Angeklagten. Die der Schätzung zugrunde gelegte Annahme,
es handele
sich bei einer Ernte von jeweils 600 bis 700 Cannabispflanzen mit einer
Wuchshöhe von mindestens 80 cm um einen Ertrag zwischen 10 und
12 kg,
beruht ersichtlich auf der geständigen Einlassung des
Mitangeklagten B. ,
der sämtliche Umstände hinsichtlich der Anzahl, des
Umfangs und des Ertrages
der Ernten freimütig geschildert hat (UA S. 6 unten/S. 7
oben). Dieses Geständnis
ist auch glaubhaft. Bei einer Erntemenge von 10 kg Cannabis und 600
bzw. 700 Pflanzen ergibt sich ein Gewicht von 16,67 g bzw. 14,29 g pro
Pflanze.
Ein solches Gewicht für eine einzelne mindesten 80 cm
große Cannabispflanze
erscheint durchaus plausibel. Gegen die Annahme eines
THC-Gehaltes von 8 bis 9 % ist nichts zu erinnern; die
größten untersuchten,
aber noch nicht erntereifen Cannabispflanzen hatten einen THC-Gehalt von
bereits 8 bis 8,4 % und ein Cannabis-Trockenstrauß aus einer
früheren Ernte
wies 9,7 % THC-Gehalt auf (UA S. 9). Auch der von der Kammer zugrunde
gelegte
Verkaufspreis 2,50 €/Gramm ist angesichts der guten
Qualität der Cannabisprodukte
nicht überhöht (vgl. Körner BtMG 5. Aufl.
Anhang C 1 Rdn. 225).
Diese Schätzungsgrundlagen sind ausreichend sicher, um einen
Verkaufserlös
von insgesamt 50.000 € zu belegen.
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b) Zwar hat die Strafkammer bei der Anordnung des Wertersatzverfalls
nicht ausdrücklich erörtert, ob die Voraussetzungen
des § 73 c Abs. 1 Satz 1
StGB oder des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB vorliegen. Das
Fehlen von
Ausführungen zu § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB vermag den
Bestand des Maßnahmeausspruchs
nicht in Frage zu stellen, weil nach den Feststellungen keine
Umstände dafür ersichtlich sind, daß der
Verfall des gesamten Erlöses für den
Angeklagten eine unbillige Härte wäre (vgl. BGHSt 33,
37, 39). Aber auch das
Unterlassen einer Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1
Satz 2 1. Alt.
StGB führt hier nicht zur Aufhebung des
Maßregelausspruchs.
Eine Entscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB setzt
voraus,
daß der Angeklagte entreichert ist; sie kommt nicht in
Betracht, soweit der Angeklagte
über Vermögen verfügt, das
wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden
Verfallbetrag zurückbleibt (vgl. BGHR StGB § 73 c
Wert 2). Da der nachträgliche
Wegfall der Bereicherung den Verfall des erlangten Tatvorteils bzw.
seines Wertes an sich unberührt läßt,
muß der Tatrichter neben den persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen in seine
Billigkeitsentscheidung
insbesondere einbeziehen, aus welchem Grunde das Erlangte bzw.
dessen Wert nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden
ist. Hierbei
ist maßgebend, ob und inwieweit es unter
Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalles unangemessen erscheint, den Verfall anzuordnen (vgl. BGH,
Urteil
vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04 m.w.N.). Zwar fehlen im vorliegenden
Fall bereits Feststellungen zu den
Vermögensverhältnissen des Angeklagten.
Da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Aburteilung aber offenbar ein
gutbürgerliches
Leben geführt hat und auch sonst keine Anhaltspunkte
ersichtlich sind,
die für einen völligen oder teilweisen Wegfall der
Verfallsanordnung sprechen
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könnten, drängte sich eine Erörterung des
§ 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB
hier nicht auf.
2. Hingegen ist die Anordnung der Einziehung teilweise rechtsfehlerhaft.
a) Die Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten S. hat
keinen Bestand, soweit außer den Dieselgeneratoren weitere
zur Aufzucht benutzte
Gegenstände erfaßt werden sollen. Die weiteren
einzuziehenden Gegenstände
werden weder im Tenor noch in den Urteilsgründen
aufgeführt. Dies
wäre jedoch notwendig gewesen, um dem Senat eine
Überprüfung der rechtlichen
Voraussetzungen einer Einziehung zu ermöglichen (vgl. BGHSt 8,
205,
211 f.; 9, 88 f.). Die Bezugnahme auf die polizeiliche Sicherstellung
reicht nicht
(vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1). So ist
hinsichtlich des Sattelaufliegers
des Angeklagten, der bei den Pflanzenaufzucht benutzt worden ist (UA
S. 5), dessen Sicherstellung nicht aus den Urteilsgründen
erkennbar, desgleichen
nicht, ob weitere bei der Pflanzenaufzucht benutzte
Gegenstände dem
Angeklagten gehören und sichergestellt wurden.
b) Eine Erstreckung der Aufhebung auf den Mitangeklagten B.
gemäß § 357 StPO kommt nicht in Betracht,
weil die Einziehungsanordnung
bezüglich dieses Angeklagten nicht von demselben Rechtsfehler
betroffen ist.
Der Angeklagte B. hat sich mit der Einziehung der sichergestellten
Gegenstände
einverstanden erklärt, soweit er nicht ausdrücklich
die Herausgabe
verlangt hat. Von den herausverlangten Gegenständen hat die
Strafkammer
den VW-Transporter und das Handy eingezogen. Damit sind die eingezogenen
Gegenstände bei diesem Angeklagten im einzelnen bestimmt.
Daß die Einziehungsanordnung
aus anderen Gründen rechtlich bedenklich ist - das Urteil
läßt
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nicht erkennen, inwieweit die eingezogenen Gegenstände bei der
Anzucht der
Marihuanapflanzen und dem Verkauf der Marihuanaprodukte eingesetzt
worden
sind - hätte nur dann zur Aufhebung führen
können, wenn dieser Angeklagte
selbst Revision eingelegt hätte.
3. Im übrigen waren entsprechend dem Antrag des
Generalbundesanwalts
aus dem Tenor die Worte "gemeinschaftlich begangenen" zu streichen,
da Tatmodalitäten die - wie die mittäterschaftliche
Begehung - keinen eigenen
Unrechtsgehalt wiedergeben, nicht in den Urteilstenor aufzunehmen sind
(BGHSt 27, 287, 289). Von einer Kennzeichnung der sichergestellten
Cannabisprodukte
konnte hingegen abgesehen werden, weil sich Art und Menge
- 1491 Cannabispflanzen und ein Cannabis-Trockenstrauß - im
einzelnen aus
den Urteilsgründen ergeben.
Rissing-van Saan Bode Otten
Rothfuß Roggenbuck |