BGH,
Urt. v. 2.3.2005 - 5 StR 371/04
5 StR 371/04
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom
2.3.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
2.03.2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dr. Graf
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Görlitz vom 26. September 2003 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die
insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten.
- Von Rechts wegen -
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei
Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt
(Einzelstrafen: ein
Jahr und sechs Monate sowie ein Jahr und vier Monate) und deren
Vollstreckung
zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf der Untreue hat es den
Angeklagten
freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen
Erfolg.
1. Soweit sich die Revision der Beschwerdeführerin - insoweit
vom
Generalbundesanwalt vertreten - gegen den Freispruch richtet, gilt
folgendes:
a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an
seiner
Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das
durch das Revisionsgericht
grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung
Sache des Tatrichters
ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob
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dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall,
wenn die
Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist, wenn sie gegen
Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze
verstößt oder das Gericht
überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung
erforderliche Überzeugungsbildung
gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261
Beweiswürdigung
16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ
2000, 48;
BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen
muß sich auch ergeben,
daß die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert
gewertet, sondern
in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl.
BGHR StPO §
261 Beweiswürdigung 2, 11, 24).
b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.
aa) Entscheidend kam es für den Vorwurf der Untreue auf den
Inhalt
eines Gesprächs am 18. März 1999 zwischen dem
Angeklagten und seinem
Geschäftspartner A T , dem faktisch Verantwortlichen der VBG
mbH & Co. KG (nachfolgend: VBG),
an. Fraglich war dabei insbesondere, ob in diesem Gespräch
eine ausdrückliche
Zweckbestimmung für eine am selben Tag von A T für
die VBG
vorgenommene Überweisung von 500.000 DM auf das Konto der vom
Angeklagten
und weiteren Ingenieuren betriebenen Partnerschaftsgesellschaft
B T und P vereinbart wurde. Dem Anklagevorwurf
der Untreue liegt die Annahme zugrunde, daß diese Zahlung
nicht für die
Partnerschaftsgesellschaft B T und P , sondern für die
vom Angeklagten geleitete TBG KG
(nachfolgend: TBG) bestimmt gewesen sei und der Angeklagte die Zahlung
entgegen dieser ausdrücklichen Bestimmung nicht an die TBG
weitergeleitet
habe, so daß diese mangels Zahlungsfähigkeit am
nächsten Tag einen Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen mußte.
bb) Zum Inhalt des Gesprächs haben der Angeklagte und der Zeuge
A T unterschiedliche Angaben gemacht; der ebenfalls an dem Ge-
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spräch beteiligte Zeuge Fr T hat sich auf sein
Zeugnisverweigerungsrecht
berufen. Damit stand letztlich Aussage gegen Aussage. Bei dieser
Konstellation ist die Wertung des Landgerichts, dem nach den
Urteilsfeststellungen
ebenfalls in strafrechtlich relevanter Weise in das Geschehen
involvierten Zeugen A T nicht mehr zu glauben als dem Angeklagten,
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die
Urteilsgründe lassen insbesondere
nicht besorgen, daß die Strafkammer wesentliche
Umstände nicht
bedacht oder die notwendige Gesamtwürdigung unterlassen haben
könnte.
cc) Die Einlassung des Angeklagten ist mit den sonstigen Beweismitteln
in gleicher Weise vereinbar wie die Aussage des Zeugen A T ,
der sich zudem widersprüchlich zu Schulden der VBG bei der TBG
geäußert
hatte. Angesichts der auch von weiteren Zeugen bekundeten Schulden der
VBG gegenüber der TBG einerseits und gegenüber der
Partnerschaftsgesellschaft
B T und P andererseits in Höhe von jeweils
deutlich über 500.000 DM spricht zunächst schon der
objektive Umstand
einer Überweisung auf das Konto der Partnerschaftsgesellschaft
B
T und P für eine Zahlung auf deren Forderungen, da
geschuldete Leistungen grundsätzlich an den Gläubiger
und nicht an Dritte
zu bewirken sind (vgl. § 362 Abs. 1 BGB).
Die Unterzeichnung der - später nicht umgesetzten -
Vereinbarung,
die Eintragungen von Sicherungshypotheken durch die TBG zu Lasten der
VBG nicht weiterzubetreiben und bereits eingetragene Vormerkungen
zurückzunehmen,
ist mit der Schilderung des Angeklagten über die Zusage
A T s, nicht nur an die Partnerschaftsgesellschaft B
T und P 500.000 DM, sondern auch an die TBG 600.000 DM zu
zahlen, ebenso zu vereinbaren wie mit der Aussage A T s. Zudem ist
die Aussage des Zeugen A T über den Verlauf der Unterredung am
18. März 1999 zur Überzeugung des Landgerichts in
Teilbereichen durch die
Schilderungen des Zeugen M T widerlegt worden.
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c) Soweit die Staatsanwaltschaft eine Erörterung der
Verwendung des
überwiesenen Betrages in den Urteilsgründen
vermißt, rügt sie in der Sache,
das Landgericht habe die ihrer Ansicht nach gebotene
Aufklärung, wie der
Angeklagte die erhaltenen 500.000 DM konkret weiter verwendet habe,
unterlassen.
Entsprechende Verfahrensrügen hat die Staatsanwaltschaft indes
nicht erhoben.
d) Der vom Landgericht festgestellte Sachverhalt ist auch nicht etwa
unter dem Gesichtspunkt als Untreue zu werten, daß der
Angeklagte die
Vereinbarung vom 18. März 1999 ohne jede Gegenleistung zu
Lasten der
TBG unterzeichnet hätte. Nach seinen - vom Landgericht
rechtsfehlerfrei als
unwiderlegbar angesehenen - Angaben, wurde diese Vereinbarung nur
unterzeichnet,
weil A T die sofortige Überweisung von 600.000 DM an
die VBG als Gegenleistung versprochen hatte und der Angeklagte von der
Einhaltung dieser Zusage ausgegangen war.
2. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Angriffe der Revision
gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ebenfalls erfolglos. Die
Staatsanwaltschaft erstrebt dabei die Anwendung des erhöhten
Strafrahmens
von § 263 Abs. 3 StGB und damit die Verhängung
höherer Strafen.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts fertigte der Angeklagte
als Bauleiter zweier Sanierungsvorhaben auf Anraten von A T wegen
wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Bauherrin VBG unzutreffende
Baufortschritts-
oder Fertigstellungsanzeigen, um die finanzierende Bank entsprechend
den jeweiligen Kaufverträgen mit den einzelnen Erwerbern der
Sanierungseinheiten
zur vorzeitigen Auszahlung des Werklohns an die von A
T faktisch geleitete VBG zu veranlassen. Der Angeklagte ging davon
aus, daß dieses Vorgehen nur einen zeitweiligen
Liquiditätsengpaß überbrücken
sollte, die Sanierungsarbeiten aber wie vertraglich vereinbart
abgeschlossen
werden können. Tatsächlich sind bis heute
sämtliche Wohn- und
Gewerbeobjekte nicht beziehbar, weil die Sanierungsarbeiten infolge
Insol-
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venz der beteiligten Firmen nicht beendet wurden. In beiden Objekten
zahlt
jeweils nur ein Käufer regelmäßig die
Kreditraten an die finanzierende Bank.
Die übrigen Kredite sind gekündigt und die Bank
betreibt in diesen Fällen die
Zwangsvollstreckung; teils haben die Erwerber deshalb Privatinsolvenzen
eingeleitet. Der Forderungsausfall der Bank beträgt insgesamt
(incl. Kosten
und Zinsen) ca. 400.000 Euro.
Für jedes Sanierungsvorhaben ist das Landgericht insgesamt von
einer
Betrugstat ausgegangen und hat die Strafe für beide Taten
jeweils dem
Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB entnommen. Hiergegen wendet
sich die
Staatsanwaltschaft erfolglos.
b) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters.
Ihm
obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der
Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des
Täters gewonnen
hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände
festzustellen,
sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des
Revisionsgerichts
ist in der Regel nur möglich, wenn die
Zumessungserwägungen in
sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte
Strafzwecke
verstößt oder wenn sich die verhängten
Strafen nach oben oder unten
von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein
(st.
Rspr., vgl. nur BGHSt 34, 345, 349; BGH wistra 2002, 137).
c) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der
Generalbundesanwalt
zutreffend ausgeführt hat, nicht auf.
Daß das Landgericht vom Strafrahmen des § 263 Abs. 1
StGB ausgegangen
ist, ohne die Möglichkeit eines besonders schweren Falles des
Betruges
ausdrücklich zu prüfen, gibt keinen Anlaß
zu durchgreifenden Bedenken.
Die Feststellungen des Landgerichts belegen schon nicht ohne weiteres
das Vorliegen eines Regelbeispiels nach § 263 Abs. 3 Satz 2
StGB; an die
Strafzumessungserwägungen sind deshalb auch keine besondere
Begrün-
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dungsanforderungen (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 3 StPO) zu stellen.
Nach den
Urteilsgründen liegen die Voraussetzungen von § 263
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Alt. 1, Nr. 3 StGB in Hinblick auf die Schadenshöhe und
Privatinsolvenzen
einiger Käufer zwar objektiv vor; die subjektive Seite dieser
beiden Regelbeispiele
ist jedoch angesichts der festgestellten - nach den Umständen
weder
unberechtigten noch fernliegenden - Hoffnungen des Angeklagten auf einen
guten Abschluß der Sanierungen nach
Überbrückung eines kurzfristigen
Liquiditätsengpasses
nicht belegt.
Den zu Lasten des Angeklagten gewürdigten Umständen
hat das
Landgericht zudem eine Mehrzahl als insgesamt gewichtig angesehener
Strafmilderungsgründe gegenübergestellt; auch hieraus
wird deutlich, daß
die tatrichterliche Gesamtwürdigung nicht zur Annahme eines
besonders
schweren Falles geführt hat. Daß solches nicht
ausdrücklich ausgeführt worden
ist, läßt den Senat nicht besorgen, das Landgericht
könne die Vorschrift
des § 263 Abs. 3 StGB gänzlich außer acht
gelassen haben.
Zudem kann der Senat ausschließen, daß das
Landgericht bei Erörterung
von § 263 Abs. 3 StGB höhere Einzelstrafen
festgesetzt hätte. Die ausführlichen
Strafzumessungserwägungen umfassen alle wesentlichen
Gesichtspunkte
und dabei insbesondere die Schadenshöhe sowie die auf
Käu-
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ferseite verursachte wirtschaftliche Not. Die verhängten
Einzelstrafen unterschreiten
den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB nicht.
Harms Raum Brause
Schaal Graf |