BGH,
Urt. v. 22.11.2005 - 1 StR 571/04
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________
StGB § 266
Zur Untreue durch Geldtransferleistungen innerhalb einer
Unternehmensgruppe.
BGH, Urteil vom 22.11.2005 - 1 StR 571/04 - Landgericht
München I
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 571/04
vom
22.11.2005
in der Strafsache
gegen
- 2 -
wegen Untreue u.a.
- 3 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat in der Sitzung vom
22.11.2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 4 -
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das
Urteil des Landgerichts München I vom 22. Juli 2004 werden
verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem
Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt
die Staatskasse.
Von Rechts wegen
Gründe:
Der Angeklagte war Gründungsaktionär und ab April
1998 Vorstand der „Kinowelt Medien AG“
(nachfolgend: Kinowelt) mit Sitz in München. Die Gesellschaft
entwickelte sich nach ihrem Börsengang am Neuen Markt in
Frankfurt am Main ab Mai 1998 zu einer Holding, die im Jahr 2001 Kopf
von mehr als 60 Gesellschaften der Kinowelt-Gruppe war. Ihr
Kerngeschäft bildeten der Erwerb und die Vermarktung von
Verwertungsrechten an Filmen. Daneben investierte die Kinowelt-Gruppe
in weitere Geschäftsfelder, insbesondere in den Betrieb von
Multiplex-Kinos. Der Angeklagte beteiligte sich mit privaten Geldern
auch an mehreren Gesellschaften, die er im Erfolgsfall in die
Kinowelt-Gruppe einbringen wollte. An diese, an
Geschäftspartner und auf eigene Privatkonten veranlasste er
zwischen Januar 2001 und November 2001 mehrfach Zahlungen aus dem
Vermögen der Kinowelt-Gruppe. Bedingt durch die
rückläufige Entwicklung an den Aktienmärkten
geriet die Kinowelt Mitte des Jahres 2001 in eine finanzielle
Schieflage, die zu ihrer Insolvenz im Jahr 2002 führte.
- 5 -
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in vier
Fällen sowie wegen vorsätzlicher
Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr
und zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung
ausgesetzt hat, sowie zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen
zu je 700,-- € verurteilt. Von Anklagevorwürfen der
Untreue in elf weiteren Fällen, davon in einem Fall in
Tateinheit mit Betrug, und des Bankrotts in zwei Fällen hat
das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Gegen das Urteil haben
der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, jeweils gestützt
auf Verfahrensrügen und die Sachrüge, Revision
eingelegt. Der Angeklagte wendet sich insbesondere gegen die
Verurteilung wegen Untreue. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer
vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Revision eine Aufhebung des
Urteiles, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde. Soweit der
Angeklagte verurteilt wurde, beanstandet sie die Strafzumessung und die
dem Angeklagten gewährte Strafaussetzung zur
Bewährung. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
A.
Die Revision des Angeklagten
I. Die Verfahrensrüge
Mit der auf § 261 StPO gestützten
Verfahrensbeschwerde beanstandet der Angeklagte, das Landgericht habe
sich bei der Verurteilung wegen Untreue im Fall B. II. der
Urteilsgründe (sog. Springer-Zahlung) nicht hinreichend mit
dem Inhalt und dem äußeren Erscheinungsbild der im
Wege des Urkundenbeweises in die Hauptverhandlung eingeführten
Bürgschaftserklärung der Kinowelt auseinandergesetzt.
Danach habe der Angeklagte vom Bestehen einer wirksamen
Bürgschaftsverpflichtung ausgehen können, allenfalls
sei er irrtümlich von der Wirksamkeit der Bürgschaft
ausgegangen; damit entfalle der Schuldspruch in diesem Fall. Die
Verfahrensbeschwerde hat keinen Erfolg.
- 6 -
1. Der Rüge liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte war zu 51 % Inhaber und
Geschäftsführer der MK Medien Beteiligungs GmbH
(nachfolgend: MK Medien). Die MK Medien war an der Finanzen
Verlagsgesellschaft (nachfolgend: Finanzen-Verlag) beteiligt. Im Jahre
2000 verkaufte die MK Medien ihren Anteil am Finanzen-Verlag an den
Axel Springer Verlag in Hamburg. Der Axel Springer Verlag war Inhaber
einer fälligen Forderung aus einem von der kinowelt.de AG
erteilten Druckauftrag in Höhe von 2.486.568,07 DM. Die
kinowelt.de AG gehörte der Kinowelt-Gruppe an: 45 % der Aktien
hielt die Kinowelt Internet Beteiligungs GmbH, die über eine
90%ige Beteiligung von der Kinowelt beherrscht wurde. Die weiteren 55 %
der Anteile an der kinowelt.de AG gehörten dem Angeklagten.
Der Axel Springer Verlag hatte bei Abschluss des Druckvertrages zur
Sicherung seiner Forderung eine selbstschuldnerische
Bürgschaft der Kinowelt verlangt. Der Angeklagte
unterzeichnete als Vorstand der Kinowelt die
Bürgschaftsurkunde, obwohl er insoweit - wie er wusste - nicht
alleinvertretungsberechtigt war.
Der Axel Springer Verlag verrechnete den von ihm für die
Beteiligung am Finanzen-Verlag zu entrichtenden Kaufpreis mit seiner
aus dem Druckauftrag stammenden Forderung gegen die kinowelt.de AG. Der
Angeklagte war nicht bereit, für die Verbindlichkeit der
kinowelt.de AG aufzukommen. Er veranlasste daher am 1. Juni 2001, dass
die Kinowelt Filmverleih GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der
Kinowelt, einen Betrag in Höhe von 2.486.568,07 DM als ihm
zustehenden Kaufpreis auf sein Züricher Privatkonto
überwies.
2. Der von der Revision behauptete Erörterungsmangel liegt
nicht vor. Der Angeklagte hat sich ausweislich der
Urteilsgründe dahingehend eingelassen, er habe die
Bürgschaftserklärung allein unterschrieben, obwohl er
gewusst habe, dass er nicht alleinvertretungsberechtigt sei, zur
Rechtswirksamkeit der Erklärung vielmehr auch noch die
Unterschrift eines Prokuristen erforderlich gewesen wäre.
Angesichts dieses Vorbringens waren weitere Erörterungen zur
subjektiven Tatseite entbehrlich. Es bedurfte ihrer auch nicht deshalb,
weil die von dem Axel Springer Verlag vorbereitete
Bürgschaftsurkunde nur eine Unterschriftszeile aufwies. Soweit
die Revision wei-
- 7 -
tere Umstände anführt, die ein Versehen des
Angeklagten nahe legen sollen - Vorlage der Bürgschaftsurkunde
in einer Unterschriftsmappe, unmittelbare Verfügbarkeit
mitvertretungsberechtigter Vorstandsmitglieder, geringe Gefahr der
Inanspruchnahme der Bürgschaft im Unterschriftszeitpunkt -,
ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Feststellungen zu
erschüttern.
II. Die Sachrüge
1. Die Bewertung des Landgerichtes, dass der von dem Angeklagten
abgegebenen Bürgschaftserklärung keine Wirksamkeit
zukommt, ist auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht nicht zu
beanstanden. Dass eine Bürgschaft seitens eines Kaufmannes
unter den Voraussetzungen der §§ 350, 344 Abs. 1, 343
Abs. 1 HGB auch formfrei erklärt werden kann, die
Bürgschaftserklärung des Angeklagten daher von einem
weiteren Vertreter der Kinowelt auch hätte konkludent
genehmigt werden können, ist entgegen der Auffassung der
Revision ohne Belang. Den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
zufolge hatte der Axel Springer Verlag von der Kinowelt gerade eine
schriftlich erklärte Bürgschaft verlangt. Das
Landgericht ist hiervon ersichtlich ausgegangen, als es
ausführte, dass „zur Rechtswirksamkeit der
Bürgschaftserklärung (...) auch noch die Unterschrift
eines Prokuristen erforderlich gewesen wäre“. Im
Übrigen ergeben sich Umstände, die auf eine
konkludente Genehmigung hindeuten, aus den Feststellungen nicht.
Die Begründung des Landgerichts trägt den
Schuldspruch, selbst wenn die Bürgschaft als rechtswirksam
anzusehen wäre. Da die Forderung des Axel Springer Verlages
gegen die kinowelt.de AG und die Forderung der MK Medien gegen den Axel
Springer Verlag nicht im Verhältnis der Gegenseitigkeit stehen
(§ 387 BGB), wäre eine wirksame Verrechnung nur mit
Einverständnis der MK Medien möglich gewesen. Auch im
Falle eines solchen Einverständnisses hätte die MK
Medien infolge der Verrechnung jedoch lediglich einen
bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die kinowelt.de AG gewonnen.
Die Forderung des Axel Springer Verlages wäre nicht auf die MK
Medien übergegangen - die Voraussetzungen hierfür
(§ 268 Abs. 1 und 3 BGB) liegen ersichtlich nicht vor -,
sondern erloschen (§ 389 BGB). Dieses Schicksal
- 8 -
teilt die akzessorische Bürgschaft (§ 767 Abs. 1
BGB). Sie sichert nicht den Rückgriffsanspruch der MK Medien
gegen die kinowelt.de AG. Eine Rechtfertigung, den Kaufpreis aus dem
Vermögen der Kinowelt auf das Privatkonto des Angeklagten zu
transferieren, bestand somit jedenfalls nicht.
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue im Fall B. I. der
Urteilsgründe (Zahlungen Kinowelt an Sportwelt) hält
sachlich-rechtlicher Überprüfung gleichfalls stand.
a) Nach den Feststellungen gründete der Angeklagte im Jahr
1998 die „Sportwelt Beteiligungsgesellschaft mbH“
(nachfolgend: Sportwelt), welche sich mit der Verwertung von
Vermarktungsrechten an Fußballvereinen befasste.
Geschäftsziel der Sportwelt war es, den Spielbetrieb von
notleidend gewordenen Traditionsvereinen in den Ligen des Deutschen
Fußballbundes mit Krediten zu fördern und im
Gegenzug Einnahmen aus abgetretenen Verwertungs- und Lizenzrechten der
Vereine, insbesondere aus Fernsehgeldern zu erzielen. Am Stammkapital
der Sportwelt waren die Kinowelt zu 10 %, der Angeklagte zu 57,5 % und
der gesondert verfolgte Bruder des Angeklagten, Dr. R. K. , zu 32,5 %
beteiligt.
Der Angeklagte beabsichtigte, die Sportwelt vollständig in die
Kinowelt-Gruppe einzubringen, da die Aktivitäten der Sportwelt
sich in das Geschäftsfeld der Kinowelt-Gruppe
einfügten. Durch notariellen Vertrag vom 11. Mai 1999
räumten der Angeklagte und der gesondert verfolgte Dr. R. K.
der Kinowelt eine Option auf den Erwerb ihrer Geschäftsanteile
an der Sportwelt ein. Auf Seiten der Kinowelt bedurfte die Beteiligung
an anderen Unternehmen der Zustimmung des Aufsichtsrates. Nachdem der
Vorstand der Kinowelt dem Aufsichtsrat das Konzept der Sportwelt
erläutert hatte, wurden zwei Mitarbeiter der Sportwelt damit
beauftragt, den Wert des Unternehmens zu bestimmen. Diese fertigten am
11. Januar 2000 eine „Risikoanalyse“, in der sie
Chancen und Risiken des Geschäftskonzeptes der Sportwelt
darstellten. Den Unternehmenswert schätzten sie auf 88,691
Mio. DM; später korrigierten sie diese Bewertung auf 111,4
Mio. DM.
- 9 -
Der Aufsichtsrat der Kinowelt stimmte auf dieser Grundlage am 12.
Januar 2000 einstimmig dem Kauf weiterer 90 % der Gesellschaftsanteile
an der Sportwelt zu. Daraufhin beauftragte die Kinowelt die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. GmbH mit einer
Stellungnahme zu der internen Bewertung der Sportwelt. In ihrem
Gutachten vom 9. Mai 2000 bestätigten die
Wirtschaftsprüfer den kalkulierten Unternehmenswert, wobei sie
sich auf eine rechnerische Plausibilitätsprüfung
beschränkten und darauf hinwiesen, dass der wirtschaftliche
Erfolg der Sportwelt mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei, da er
von dem sportlichen Erfolg der einzelnen Vereine abhänge. Die
Planung der Sportwelt sei allerdings unter Berücksichtigung
dieses Umstandes systematisch erstellt und angemessen entwickelt worden.
Zu einer Übernahme der Sportwelt durch die Kinowelt kam es in
der Folgezeit nicht mehr. Im Dezember 2000 entschied der Vorstand der
Kinowelt, die Übernahme zu verschieben, da für die
Kinowelt selbst zunächst neue Liquidität durch
Ausgabe einer Wandelanleihe geschaffen werden sollte. Der Ankauf der
Gesellschaftsanteile wurde auf einen Zeitpunkt frühestens vor
Beginn der Fußballsaison 2001/2002 festgelegt; er wurde von
Vorstand und Aufsichtsrat der Kinowelt jedoch weiterhin als
wirtschaftlich notwendig angesehen. Die geplante Wandelanleihe
scheiterte an der rückläufigen Entwicklung auf den
Aktienmärkten. Die Kinowelt-Gruppe geriet in
Li-quiditätsprobleme und war spätestens im Mai 2001
nicht mehr in der Lage, allen finanziellen Verpflichtungen
nachzukommen. Sie erhielt in dieser Situation von einem
Bankenkonsortium einen Überbrückungskredit in
Höhe von 63 Mio. DM verbunden mit der Auflage, ihre
Sanierungsfähigkeit durch ein externes Beratungsunternehmen
überprüfen und gegebenenfalls ein Sanierungskonzept
erstellen zu lassen. Die hiermit beauftragte D. AG kam Ende Juli 2001
zu dem Ergebnis, dass die Kinowelt sanierungsfähig und
-würdig sei, für eine Fortführung des
Konzerns jedoch ein Finanzbedarf in Höhe von 200 Mio. DM
bestehe. Das Sanierungskonzept scheiterte Anfang August 2001, da sich
nicht alle Banken mit ihm einverstanden erklärten. Die
Kinowelt war in der Folgezeit nicht mehr in der Lage, fällig
gestellte Kreditverbindlichkeiten zu bedienen. Auf den Antrag der A.
Bank vom 29. November 2001 und den Eigenantrag der Kinowelt vom 19.
Dezember 2001 eröffnete das Amtsgericht München mit
Beschluss vom 7. Mai 2002 das Insolvenzverfahren über
- 10 -
das Vermögen der Kinowelt. Über das Vermögen
der Sportwelt wurde am 19. November 2002 das Insolvenzverfahren
eröffnet.
Der Angeklagte war trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Kinowelt
zunächst davon ausgegangen, dass die Übernahme der
Sportwelt noch erfolgen werde. Mit dem Scheitern des
Sanierungskonzeptes Anfang August 2001 standen der Kinowelt jedoch
keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung. Wie auch dem
Angeklagten bewusst war, kam eine Übernahme der Sportwelt
nicht mehr in Betracht. Gleichwohl überwies der Angeklagte von
einem Konto der Kinowelt am 27. September 2001 einen Betrag von
250.000,-- DM, am 18. Oktober 2001 einen Betrag von 600.000,-- DM und
am 16. November 2001 einen Betrag von 200.000,-- DM an die Sportwelt.
b) Das Landgericht hat ausgeführt, das Scheitern des
Sanierungskonzeptes für die Kinowelt-Gruppe im August 2001
bilde für die Zahlungen an die Sportwelt einen Wendepunkt. Die
Sportwelt habe bei wirtschaftlicher Betrachtung bis dahin der
Kinowelt-Gruppe angehört. Es habe Aussicht bestanden, dass
durch weitere Kredite eine Sanierung der Kinowelt gelingen und
entsprechend des Beschlusses des Aufsichtsrates vom 12. Januar 2000 der
Erwerb der restlichen Geschäftsanteile der Sportwelt erfolgen
würde. Kapitaltransfers zwischen einer Holding und
konzernzugehörigen Unternehmen seien im Wirtschaftsleben ohne
Gewährung von Sicherheiten üblich, so dass
Zuwendungen bis August 2001 aus strafrechtlicher Sicht nicht zu
beanstanden seien. Dies gelte allerdings nicht mehr für die
nachfolgende Zeit, als eine Übernahme nicht mehr in
Erwägung gezogen werden konnte. Diese rechtliche
Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
c) Die von dem Angeklagten veranlassten Zuwendungen waren pflichtwidrig
im Sinne von § 266 StGB. Zwar ist den Urteilsgründen
nicht eindeutig zu entnehmen, ob das Landgericht die Strafbarkeit des
Angeklagten nach dem Missbrauchs- oder Treubruchstatbestand des
§ 266 StGB beurteilt. Es fehlt an tragfähigen
Feststellungen, ob der Angeklagte als Vorstand der Kinowelt im
Außenverhältnis alleinvertretungsberechtigt war
(§ 78 Abs. 3 AktG) oder - wie für den Fall der
Bürgschaftsver-
- 11 -
pflichtung festgestellt - die Gesellschaft generell nur
gemeinschaftlich vertreten konnte (§ 78 Abs. 2 AktG). Der
Senat kann dies letztlich dahinstehen lassen, da die
Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des
Missbrauchstatbestandes und die
Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des
Treubruchtatbestandes hier übereinstimmen (vgl. BGH NJW 1984,
2539, 2540; BGHSt 47, 187, 192). Ein Verstoß gegen die
Vermögensbetreuungspflicht durch im
Außenverhältnis wirksame Verfügungen stellt
sich zugleich als Verstoß gegen die
Vermögensfürsorgepflicht dar.
aa) Als Vorstand der Kinowelt unterlag der Angeklagte
gesellschaftsrechtlich den in §§ 76, 82, 93 AktG
umschriebenen Pflichten. Der Vorstand hat gem. § 76 Abs. 1
AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten. Gem.
§ 93 Abs. 1 AktG hat er bei seiner
Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden; gem. § 82
Abs. 2 AktG unterliegt er gegenüber der Gesellschaft den von
der Satzung, dem Aufsichtsrat, der Hauptversammlung und der
Geschäftsordnung gezogenen Beschränkungen.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dem Vorstand
bei seinen in Ausfüllung der vorgenannten Pflichten
getroffenen Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen.
Werden hingegen die - weit zu ziehenden - äußersten
Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit überschritten
und wird damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden
Unternehmen verletzt, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher
Pflichten vor, die so gravierend ist, dass sie zugleich eine
Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründet
(BGHSt 47, 148, 152; 187, 197; vgl. auch BGHZ 135, 244, 253).
cc) Nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten
Maßstäben stellen sich die von dem Angeklagten nach
August 2001 veranlassten Zahlungen an die Sportwelt als pflichtwidrig
im Sinne von § 266 StGB dar. Als Vorstand der Kinowelt war der
Angeklagte grundsätzlich an das durch den
Aufsichtsratsbeschluss vom 12. Januar 2000 formulierte Ziel einer
Integration der Sportwelt in die Kinowelt-Gruppe und die Verfolgung der
darin liegenden Geschäftschancen gebunden. Zuwendungen im
Zusammenhang mit der beabsichtigten Übernahme sind daher nicht
- 12 -
ohne weiteres als pflichtwidrig anzusehen, sondern stellen sich als
Investitionen mit einer zumindest langfristigen
Rentabilitätserwartung im Hinblick auf den gemeinsamen
Geschäftsplan der Unternehmen dar. Diese unternehmerischen
Zielvorgaben waren angesichts des aus der Entwicklung an den
Aktienmärkten folgenden wirtschaftlichen Niederganges der
Kinowelt ab Ende des Jahres 2000 indes immer schwieriger zu
realisieren. Der Kinowelt fehlten finanzielle Mittel, die mit
über 100 Mio. DM bewertete Sportwelt zu erwerben und den
Geschäftsplan der Sportwelt, der hohe Anfangsinvestitionen in
Form einer Unterstützung geeigneter Sportvereine vorsah, zu
verfolgen. Spätestens mit dem endgültigen Scheitern
des Sanierungskonzeptes für die Kinowelt Anfang August 2001
war einer Übernahme der Sportwelt der Boden entzogen. Die
Kinowelt hatte keine Aussicht auf Bereitstellung weiterer Kredite, die
ihr die Fortführung ihrer eigenen Geschäfte und ein
Wachstum durch Unternehmenszukäufe ermöglicht
hätte.
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass in dieser
Situation weitere Investitionen in die Sportwelt nicht mehr zu
vertreten waren. Denn diese waren mit dem Interesse der Kinowelt nur
solange zu vereinbaren, wie eine hinreichende Aussicht auf
Übernahme der Sportwelt bestand. Hiernach veranlasste
Zahlungen waren weder unter Rentabilitätsgesichtspunkten noch
als vorweggenommene Teilleistung des für die Sportwelt zu
entrichtenden Kaufpreises gerechtfertigt; sie waren vielmehr mangels
jeglicher Sicherheiten und der Illiquidität der Sportwelt in
hohem Maße verlustgefährdet, entzogen der Kinowelt
in deren Krise dringend benötigtes Kapital und vertieften auf
diesem Weg das Insolvenzrisiko. Dass mit Einstellung der Zahlungen an
die Sportwelt deren wirtschaftliche Existenz gefährdet war,
spielt entgegen der Auffassung der Revision keine Rolle. Nachdem der
wirtschaftlichen Verbindung der Gesellschaften die Grundlage entzogen
war, hatte der Angeklagte allein die Interessen der Kinowelt
wahrzunehmen. Er konnte sich auch nicht darauf berufen, dass - wie das
Landgericht ausdrücklich feststellt - der auf
Übernahme der Sportwelt gerichtete Beschluss des
Aufsichtsrates vom 12. Januar 2000 fortbestand. Ihm oblag im Rahmen
seiner Unternehmensleitung die selbstständige
Überprüfung, ob die Vorgabe des Aufsichtsrates
angesichts der dramatisch veränderten wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen noch umgesetzt werden konnte.
- 13 -
3. Die Überprüfung des Schuldspruchs im Fall B. III.
der Urteilsgründe (Insolvenzantragsstellung) hat ebenfalls
keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
4. Schließlich deckt die Revision mit ihrer nicht
näher ausgeführten Sachrüge im
Strafausspruch keinen Rechtsfehler auf.
B.
Die Revision der Staatsanwaltschaft
I. Die Verfahrensrügen
1. Die auf § 261 StPO gestützten
Verfahrensrügen, mit denen sich die Staatsanwaltschaft gegen
die vom Landgericht getroffene Feststellung wendet, die vom
Aufsichtsrat am 12. Januar 2000 beschlossene Übernahme sei
eine fest beschlossene Sache gewesen, sind unzulässig. Die
Staatsanwaltschaft behauptet ohne Erfolg, die in der Hauptverhandlung
verlesenen Urkunden widersprächen den UrteilsFeststellungen.
Die Rügen scheitern bereits daran, dass die Revision den
relevanten Inhalt der Urkunden entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO nicht vollständig mitteilt. Wie der Generalbundesanwalt
in seiner Zuschrift zutreffend ausführt, sind die von der
Staatsanwaltschaft auszugsweise vorgetragenen Urkundeninhalte nicht
geeignet, die Urteilsgründe zur Beschlusslage des
Aufsichtsrats der Kinowelt zur Optionsausübung
(Übernahme der Sportwelt) zu widerlegen. Ebenso wenig zeigt
die Beschwerdeführerin widersprechende Gesichtspunkte zur
Verschiebung der Übernahme der Sportwelt auf. Die
Verfahrensrüge erschöpft sich in einer
unzulässigen Rüge der Aktenwidrigkeit.
2. Soweit die Staatsanwaltschaft sich mit einer Verfahrensrüge
nach § 261 StPO gegen den Freispruch von den
Tatvorwürfen des Bankrotts mit der Behauptung
- 14 -
wendet, aus den verspätet erstellten
Jahresabschlüssen 1999 und 2000 für die Sportwelt
ergebe sich die Vernachlässigung der Kontrollpflichten des
Angeklagten, ist auch diese Rüge unzulässig, da die
entsprechenden Urkunden ebenfalls nicht mitgeteilt werden. Der Verweis
auf das Sitzungsprotokoll und die Akten entspricht nicht den
Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (BGH NStZ 2005,
463, st. Rspr.; Kuckein in KK, 5. Aufl., § 344 Rdn. 39).
II. Die Sachrüge
1. Die Sachbeschwerden, mit denen sich die Staatsanwaltschaft gegen den
Freispruch des Angeklagten von weiteren Vorwürfen der Untreue
wegen sieben weiterer Zahlungen an die Sportwelt wendet, sind
unbegründet.
a) Nach den Feststellungen beschloss der Angeklagte im Mai 2000
gemeinsam mit zwei weiteren Vorständen der Kinowelt, im
Vorgriff auf die geplante Übernahme der Sportwelt ihre an die
Sportwelt ausgereichten Gesellschafterdarlehen abzulösen. Ohne
den Aufsichtsrat der Kinowelt zu informieren, überwiesen der
Angeklagte und die weiteren Vorstandsmitglieder von einem Konto der
Kinowelt einen Betrag in Höhe von 30 Mio. DM als Kaufpreis
für die Sportwelt-Anteile auf das sich erheblich im Soll
befindliche Konto des Angeklagten.
Der Angeklagte und der gesondert verfolgte Dr. R. K. hatten einen
Großteil ihrer Kinowelt-Anteile zur Sicherung von Krediten an
die Sportwelt verpfändet. Sie beschlossen, die Aktien mit
Geldern der Kinowelt freizukaufen und sie auf Investoren zu
übertragen, die sich an der Kinowelt beteiligen wollten.
Dementsprechend überwiesen sie am 2. Februar 2001 einen Betrag
von 6,5 Mio. DM von einem Konto der Kinowelt auf ein Konto der
Sportwelt. Auf Seiten der Kinowelt ließen sie den Betrag als
Darlehensanspruch gegen die Sportwelt verbuchen.
Zwischen Januar 2001 und April 2001 veranlasste der Angeklagte weitere
fünf Zahlungen der Kinowelt oder ihrer Tochterunternehmen an
die Sportwelt in einer Gesamthöhe von 9.079.020,72 DM.
- 15 -
b) Soweit die Staatsanwaltschaft ausführt, dass bei
Berücksichtigung weiterer das Unternehmenskonzept der Kino-
und Sportwelt betreffender Umstände bereits die auf Erwerb der
Sportwelt gerichtete Grundentscheidung des Vorstandes und
Aufsichtsrates der Kinowelt pflichtwidrig gewesen ist, da sie ein
unvertretbares Risikogeschäft betreffe, und von dieser
Bewertung auch die nachfolgenden Zahlungen erfasst wären,
liegt eine Pflichtwidrigkeit nicht vor. Die Urteilsfeststellungen
tragen die Bewertung des Landgerichts, das Konzept der Sportwelt und
der Plan einer Integration in die Kinowelt-Gruppe bewege sich in den
Grenzen des verkehrsüblichen und zu tolerierenden
unternehmerischen Risikos. Ein weiter, gerichtlich nur begrenzt
überprüfbarer Handlungsspielraum steht den
entscheidungstragenden Organen der Gesellschaft gerade dann zu, wenn
ein über die bisherige Unternehmenstätigkeit
hinausreichendes Geschäftsfeld erschlossen, eine am Markt
bislang nicht vorhandene Geschäftsidee verwirklicht oder in
eine neue Technologie investiert werden soll. Der Prognosecharakter der
unternehmerischen Entscheidung tritt hier besonders deutlich zutage.
Dem Entscheidungsträger obliegt es in diesen Fällen
allerdings, sich in angemessener Weise, ggf. unter Beiziehung
sachverständiger Hilfe, durch Analyse der Chancen und Risiken
eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage zu verschaffen.
Diesen Anforderungen ist der Angeklagte hier gerecht geworden. Das
Konzept der Sportwelt war, wie von ihm erkannt, durch die
Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg der unterstützten
Vereine und die Notwendigkeit einer mit erheblichen Investitionen
verbundenen Anlaufphase mit Unsicherheiten belastet. Der Angeklagte
hatte dies zum Anlass einer zunächst intern, dann von einem
externen Beratungsunternehmen vorgenommenen Risikoanalyse genommen und
sich mit dem Aufsichtsrat der Kinowelt abgestimmt. Eine
weiterreichende, bis ins Einzelne gehende und nur mit hohem Aufwand zu
erstellende Abschätzung des Geschäftsverlaufes war
von ihm nicht zu verlangen. Dass die beabsichtigte Übernahme
der Sportwelt und ihres Konzeptes durch die Kinowelt als
unternehmerische Fehlentscheidung zu bewerten wäre, wird im
Übrigen auch durch die eingetretenen Verzögerungen
und den letztendlichen Niedergang der Unternehmen nicht belegt. Nach
den Urteilsfeststellungen waren diese in erster Linie
zurückzuführen auf den von dem Angeklagten nicht
vorher-
- 16 -
sehbaren Kursverfall der Kinowelt-Aktien in der Crash-Situation am
Neuen Markt im Frühjahr 2001.
c) Auch die auf Grundlage der wirtschaftlich vertretbaren
Übernahmeentscheidung veranlassten Zahlungen waren nach den
dargestellten Maßstäben (oben A. II. 2.) nicht
pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB.
Nach dem Beschluss des Aufsichtsrates vom 12. Januar 2000 war es
Aufgabe des Angeklagten in seiner Eigenschaft als
geschäftsführender Vorstand, den Unternehmenserwerb
der Sportwelt zu vollziehen. Zugleich lag es im Interesse der Kinowelt,
dem Geschäftskonzept der Sportwelt zum Erfolg zu verhelfen, um
hieran in der Folgezeit zu partizipieren. Mit den Zahlungen an die
Sportwelt verfolgte der Angeklagte die Umsetzung dieses vom
Aufsichtsrat gebilligten unternehmerischen Gesamtplanes.
Dabei bleibt es in strafrechtlicher Hinsicht unbedenklich, dass die
ungesicherten Zahlungen an ein der Kinowelt-Gruppe noch nicht
zugehöriges Unternehmen geleistet wurden. Zu Recht geht das
Landgericht davon aus, dass Zuwendungen unter in einem Konzern
verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) wegen deren
wirtschaftlicher Verflechtung regelmäßig nicht zu
beanstanden sind. Eine feste Verbindung bestand zwischen der Sportwelt
und der Kinowelt zwar noch nicht; die von dem Angeklagten veranlassten
Zahlungen erfolgten jedoch schon im Vorgriff auf die beabsichtigte
Unternehmensübernahme. Zumindest dann, wenn der Wille der
maßgeblichen Organe ernstlich auf die Verbindung gerichtet
ist und das zuwendende Unternehmen bereits eine Rechtsposition erlangt
hat, die den Erwerb sicherstellt, ist dies allerdings
unschädlich (vgl. Windbichler in Hopt, AktG 4. Aufl.,
§ 17 Rdn. 26; Bayer in Münchener Kommentar zum AktG
2. Aufl., § 17 Rdn. 51 ff.). Denn in einem solchen Fall hat es
das zuwendende Unternehmen in der Hand, die ausgereichten Zahlungen
wieder für sich nutzbar zu machen. Dass vorliegend die Gremien
beider Gesellschaften eine Übernahme der Sportwelt durch die
Kinowelt als unabdingbar betrachteten, hat das Landgericht
festgestellt. Mit der seitens der Sportwelt eingeräumten
unbefristeten Option hatte die Kinowelt auch die jederzeitige
Möglichkeit, die als Darlehen anzuse-
- 17 -
henden Zahlungen in die Kinowelt-Gruppe
zurückzuführen oder sie mit dem bei
Ü-bernahme geschuldeten Kaufpreis zu verrechnen. Vor diesem
Hintergrund ist es strafrechtlich auch ohne Bedeutung, dass die von dem
Angeklagten veranlassten Überweisungen möglicherweise
unter Verstoß gegen § 89 Abs. 4 Satz 1 AktG
erfolgten, da sie Darlehen an eine andere Gesellschaft darstellten,
deren Vertreter der Angeklagte selbst war.
In zeitlicher Hinsicht waren die zur Aufrechterhaltung des
Geschäftsbetriebes der Sportwelt erforderlichen Zahlungen
solange mit dem Interesse der Kinowelt zu vereinbaren, wie eine auf
Tatsachen gegründete Aussicht auf eine Übernahme der
Sportwelt bestand. Eine solche Aussicht ließ sich innerhalb
des dem Angeklagten auch insoweit zustehenden Ermessensspielraumes
solange bejahen, wie Hoffnung auf eine wirtschaftliche Gesundung der
Kinowelt bestand. Hierfür waren bis zum
Überbrückungskredit des Bankenkonsortiums und der
Aussicht auf ein von den Banken getragenes Sanierungskonzept noch
tragfähige Anhaltspunkte ersichtlich.
2. Ohne Erfolg rügt die Staatsanwaltschaft, das Landgericht
habe den Angeklagten zu Unrecht vom Vorwurf der Untreue in vier
Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Betrug im Zusammenhang
mit dem Erwerb von Multiplex-Kinos der australischen V. Gruppe
freigesprochen.
Nach den Feststellungen beabsichtigte die Kinowelt im Herbst 2000 den
Erwerb von Multiplex-Kinobetrieben der V. Gruppe. Das Geschäft
konnte nicht durchgeführt werden, da die Kinowelt
über keine ausreichenden Barmittel zur Kaufpreiszahlung
verfügte und satzungsgemäß nicht
über ihre eigenen Aktien verfügen durfte. Um den Kauf
nicht scheitern zu lassen und der Kinowelt die vertraglichen Vorteile
zu sichern, trat der Angeklagte selbst als Käufer auf. Der
Kaufpreis in Höhe von 34 Mio. DM war nach der
Zahlungsvereinbarung in Kinowelt-Aktien zu leisten und wurde von dem
Angeklagten über eine von ihm beherrschte Gesellschaft
erbracht. Nach dem einsetzenden Kursverfall der Aktien nahm die V.
Gruppe den Angeklagten aufgrund einer in dem Kaufvertrag vereinbarten
„Put-Option“ in Anspruch, wonach sie zu einer
Rückveräußerung der Aktien für
32,3 Mio. DM berechtigt war.
- 18 -
Um der Kinowelt die Nutzung der erworbenen Multiplex-Kinos zu erhalten,
vereinbarte der Angeklagte mit der V. Gruppe eine Teilzahlung in
Höhe von 5 Mio. DM. Dieses Geld beschaffte sich der Angeklagte
aus einem Überbrückungskredit der H. bank
für die Kinowelt. Gegenüber einem Vertreter der Bank
gab er vor, die Kinowelt benötige für den Erwerb der
Multiplex-Kinos über den vereinbarten Kreditrahmen hinaus
zusätzlich 5 Mio. DM. Diesen Betrag überwies der
Angeklagte am 22. Juni 2001 von dem Kreditkonto der Kinowelt
über sein Privatkonto an die V. Gruppe. Die Strafkammer konnte
nicht ausschließen, dass die H. bank den erhöhten
Kreditbetrag auch in Kenntnis der tatsächlichen Vertragslage
an den Angeklagten persönlich ausbezahlt hätte, um
das Multiplex-Projekt zu retten und das gesamte Kreditengagement nicht
zu gefährden.
Um hinsichtlich der nach Ausübung der Put-Option ausstehenden
Zahlungsverpflichtungen einen Zahlungsaufschub zu erreichen,
vereinbarte der Angeklagte mit der V. Gruppe, eine
Mietbürgschaft in Höhe von 14 Mio. DM
abzulösen, die die V. Gruppe zugunsten des Vermieters eines
der Kinos gestellt hatte. Die von dem Angeklagten eingeschaltete U.
-Bank verlangte zur Ausstellung einer entsprechenden
selbstschuldnerischen Bürgschaft als Sicherheit die
Hinterlegung von Festgeld in Höhe des verbürgten
Betrages zuzüglich eines Sicherheitszuschlages. Der Angeklagte
ließ daraufhin aus dem Vermögen der Kinowelt-Gruppe
am 1. Juni 2001 Beträge von 1 Mio. DM und von 4.336.575 DM und
am 5. Juni 2001 einen Betrag von 112.000 DM auf sein Privatkonto bei
der U. -Bank überweisen.
Tragfähig verneint hat das Landgericht jedenfalls einen
Schädigungsvorsatz des Angeklagten, der in den Kaufvertrag mit
der V. Gruppe eingerückt ist, um der Kinowelt die Vorteile aus
der Nutzung der Kinos für die Zukunft zu erhalten.
Anhaltspunkte für eigennützige Absichten des
Angeklagten ergeben sich aus den Urteilsgründen nicht. Soweit
der Angeklagte eingeräumt hat, eine Überzahlung in
Höhe von 1,5 Mio. DM von der Kinowelt erhalten zu haben, hat
er unwiderlegt angegeben, die U. -Bank angewiesen zu haben, diesen
Betrag für Zwecke der Kinowelt zu verwenden. Aus den
Feststellungen ergibt sich nicht, dass die Bank, welche die Gelder als
Sicherheit für die Bereitstellung der Bürgschaft
entgegengenommen hat, der An-
- 19 -
weisung nicht nachgekommen ist. Damit fehlen auch Anhaltspunkte
dafür, dass sich zum Nachteil der Kinowelt auswirkte, dass der
Angeklagte sein Guthaben bei der U. -Bank sicherungshalber an seine
Ehefrau abgetreten hatte.
3. Erfolglos bleibt schließlich die Sachbeschwerde gegen den
Freispruch von dem Vorwurf, der Angeklagte habe für das
Rumpfgeschäftsjahr der Sportwelt vom 1. Januar 2001 bis zum
30. Juni 2001 bewusst keine Bilanz aufgestellt, spätestens ab
dem 4. April 2002 bewusst keine Handelsbücher über
die Sportwelt mehr geführt oder sie später
vernichtet, sowie ab dem 1. Juli 2001 Handelsbücher nur noch
fragmentarisch geführt. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend
ausführt, hat das Landgericht nachvollziehbar festgestellt,
dass der Angeklagte als Geschäftsführer der Sportwelt
die Bilanz- und Buchhaltungspflichten an Fachleute delegiert und
ausreichende Kontrollen vorgenommen habe. Nach den Feststellungen hat
der Angeklagte den Betrieb der Sportwelt mit einem
Generalbevollmächtigten dahin organisiert, dass die Arbeiten
von fachlich qualifiziertem Personal eines
Steuerberatungsbüros übernommen werden, das von dem
Generalbevollmächtigten beauftragt und kontrolliert wird.
Anhaltspunkte, dass dem Angeklagten ein Auswahlverschulden zur Last
fällt oder er sich aus anderen Gründen nicht auf die
fachgerechte Erledigung der übertragenen Arbeiten verlassen
durfte, sind nicht zu ersehen.
4. Soweit die Revision bemängelt, das Landgericht habe im
Rahmen der Freisprüche die zugelassene Anklage nicht
vollständig mitgeteilt und offen gelassen, von welchen
Zahlungen an die Sportwelt es ausgeht, geht ihre Beanstandung fehl. Die
Urteilsgründe genügen den
Sachdarstellungsanforderungen an ein freisprechendes Urteil.
5. Die Angriffe der Beschwerdeführerin gegen die
Strafzumessung des Landgerichts bleiben ebenfalls erfolglos. Die
Strafzumessung ist Sache des Tatrichters, dem Revisionsgericht ist eine
ins Einzelne gehende Nachprüfung der mitgeteilten
Strafzumessungsgesichtpunkte verwehrt (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319,
320, st. Rspr.). Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, im Fall
B. II. der Urteilsgründe (Springer-Zahlung) habe das
Landgericht sich nicht an der Höhe der unmittelbaren Zuwendung
- 20 -
von 2.486.568 DM orientiert, sondern ausgehend von den
Unternehmensbeteiligungen der Kinowelt an der Kinowelt Internet
Beteiligungs GmbH (90%) und der Kinowelt Internet Beteiligungs GmbH an
der kinowelt.de AG (45 %) einen Schaden in Höhe von 1,478 Mio.
DM angenommen, kann die genaue Berechnung des eingetretenen Schadens
dahinstehen. Denn es ist jedenfalls vertretbar, dass das Landgericht
den Vermögenszuwachs bei der kinowelt.de AG durch
Erfüllung ihrer Verbindlichkeit als anteiligen
wirtschaftlichen Vorteil der Holding - sei es durch eine Wertsteigerung
der Beteiligung, sei es durch eine Minderung des
Insolvenzausfallrisikos - gewertet und einen entsprechenden
Schadensabzug vorgenommen hat. Im Übrigen ist
auszuschließen, dass die Annahme eines höheren
Schadens sich auf die Bemessung der Einzelstrafe ausgewirkt
hätte.
6. Die sonstigen Angriffe der Revision gegen die Strafzumessung
einschließ-lich der zugunsten des Angeklagten erhobenen
Rüge der Tagessatzhöhe im Rahmen der Geldstrafe haben
aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwaltes
keinen Erfolg.
Nack Wahl Boetticher
Kolz Elf |