BGH,
Urt. v. 27.6.2000 - 1 StR 665/99
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 665/99
vom
27. Juni 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27.
Juni 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am
Bundesgerichtshof Dr. Schäfer und die Richter am
Bundesgerichtshof Dr. Maul, Dr. Granderath, Nack, Schluckebier,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als
Verteidiger des Angeklagten K. , Rechtsanwalt als Verteidiger des
Angeklagten Ku. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten D. , der
Nebenkläger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts
Heidelberg vom 21. Juli 1999 wird verworfen.
Die Kosten der Revision und die den Angeklagten durch dieses
Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse
zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Freiheitsberaubung mit
Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung, Ausübung der tatsächlichen
Gewalt über eine vollautomatische Selbstladewaffe und
Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer
Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner
hat es den Angeklagten Ku. wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und
Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine
vollautomatische Selbstladewaffe zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Schließlich hat das
Landgericht den Angeklagten
D. wegen Anstiftung zur gefährlichen
Körperverletzung, wegen vorsätzlicher
Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung,
Nötigung, Bedrohung, Erwerb und Führen einer
halbautomatischen Selbstladekurzwaffe und Ausübung der
tatsächlichen Gewalt über diese sowie wegen Erwerbs
in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen
Selbstladekurzwaffe und Ausübung der tatsächlichen
Gewalt über diese zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren verurteilt.
Im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein tödlich verlaufener
Überfall vom 29. Dezember 1997 auf den Besitzer einer Boutique
in S. ,
D ö . , der derart eingeschüchtert werden sollte,
daß er künftig die Freundin des Angeklagten D. ,
Frau B . , "in Ruhe lasse".
Gegen das landgerichtliche Urteil, soweit es diesen Vorfall betrifft,
richtet sich die zum Nachteil der drei Angeklagten eingelegte Revision
der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt. Sie erstrebt die Verurteilung des
Angeklagten K. wegen v o r s ä t z l i c h e r
Tötung des Tatopfers sowie eine höhere Bestrafung der
Angeklagten Ku. und D. wegen Beteiligung an der genannten Tat.
Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen
Erfolg.
I. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1. Die Revision rügt, das Gericht habe die ihm obliegende
Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verletzt, weil
es die Zeugin N. , die mit ihren Angaben die Angeklagten K. und Ku.
erheblich belastet hatte, vernahm, ohne einen Dolmetscher für
die portugiesische Sprache zuzuziehen. Es handelt sich um eine
brasilianische Staatsangehörige, die in Deutschland als
Vertreterin tätig ist.
Wie immer diese Rüge zu verstehen ist, kann sie keinen Erfolg
haben:
Ist ein Beteiligter t e i l w e i s e der deutschen Sprache
mächtig, hat der Tatrichter nach seinem
pflichtgemäßen Ermessen darüber zu
befinden, in welchem Umfang er bei der Verhandlung einen Dolmetscher
zuziehen will (BGHSt 3, 285, 286; BGH NStZ 1984, 328; BGHR StPO
§ 338 Nr. 5 Dolmetscher 2). Eine Überschreitung des
tatrichterlichen Ermessens ist hier um so weniger ersichtlich, als die
Revision selbst vorträgt, bereits in der polizeilichen
Vernehmung der Zeugin sei festgehalten, daß sie keine
Probleme hatte, die an sie gestellten Fragen zu verstehen; auch dem
Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft seien
anläßlich der zweimaligen Vernehmung der Zeugin in
der Hauptverhandlung keinerlei Verständigungsschwierigkeiten
aufgefallen. Im übrigen konnten, wie den
Urteilsgründen zu entnehmen ist, zunächst
aufgetretene Verständnisprobleme in der Sitzung
ausgeräumt werden. Ein Verstoß gegen § 185
Abs. 1 Satz 1 GVG i.V.m. § 338 Nr. 5 StPO scheidet mithin aus.
Bei ihrem Vorbringen stützt sich die Revision auf verschiedene
Stellen des angefochtenen Urteils, in denen die Rede davon ist, die
Zeugin habe zwar keinen unglaubwürdigen Eindruck hinterlassen,
doch sei deutlich geworden, daß sie Schwierigkeiten mit der
deutschen Sprache hat. Es sei deshalb - so das Gericht - nicht
auszuschließen, daß die Zeugin das ihr i n d e r
T a t n a c h t vom Angeklagten Ku. Erzählte, das auch den
Angeklagten K. hätte belasten können, nur
unzureichend verstanden und zum Teil mißverstanden hat.
Insoweit greift die Staatsanwaltschaft die tatrichterliche
Beweiswürdigung an, ohne daß sie eine den
Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende
Aufklärungsrüge erhoben hat.
2. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Fall, daß
der Angeklagte K.
nicht wegen Mordes verurteilt wird, den Beweisantrag gestellt, zwei
Kriminalbeamte als Zeugen zu vernehmen zum Beweis dafür,
daß die vorgenannte Zeugin in ihrer auf eigenen Wunsch
zustande gekommenen und
prozeßordnungsgemäß
durchgeführten Vernehmung vom 29. Juni 1999 im Beisein ihres
Verteidigers den Angeklagten K. schwer belastet hat, indem sie
verschiedene Äußerungen bekundete, die ihr Freund,
der Angeklagte Ku. , ihr gegenüber gemacht hatte. Diesen
Antrag hat das Landgericht in den Urteilsgründen abgelehnt mit
der Begründung: Die in das Wissen der beiden Polizeibeamten
gestellten Äußerungen der Zeugin N. seien durch
diese selbst anläßlich ihrer eigenen Vernehmung in
der Hauptverhandlung so wie unter Beweis gestellt wiedergegeben worden
und daher als erwiesen anzusehen. Durch die Bestätigung dieser
Beamten, daß sie die unter Beweis gestellten Angaben bereits
wenige Tage vorher genauso gemacht habe, werde ihre Aussage "weder
glaubwürdiger noch unglaubwürdiger". Das Gericht habe
die Zeugin als glaubwürdig eingestuft und ihre Angaben nur
deshalb einer Verurteilung nicht zugrunde legen können, weil
auf Grund von Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten von
den ihrer Aussage zu entnehmenden Umständen nicht ausgegangen
werden konnte. "Hieran hätten aber auch die beiden
Polizeibeamten nichts ändern können, da sie nur das
hätten wiedergeben können, was ihnen die Zeugin
berichtete, jedoch nicht das, was sie - die Zeugin - sonst noch von dem
Mitangeklagten Ku. hätte vernehmen können." Im
übrigen sei auch von den dargelegten Umständen der
polizeilichen Vernehmung auszugehen.
Die Rüge der Revision, diese Entscheidung verletze §
244 Abs. 3 Satz 2 StPO, ist unbegründet. Das Gericht war nicht
gehalten, aus der als erwiesen behandelten Beweisbehauptung den von der
Staatsanwaltschaft gewünschten Schluß auf
Äußerungen des Angeklagten Ku. zu ziehen, die auf
einen Tötungsvorsatz des Angeklagten K. schließen
ließen (vgl. W. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO
25. Aufl. § 244 Rdn. 236, 252).
Das Landgericht durfte auch ohne Verstoß gegen die ihm
obliegende Aufklärungspflicht davon ausgehen, daß
seine Zweifel daran, ob die Zeugin (in der Tatnacht) den Angeklagten
Ku. zutreffend verstanden hat, von den
Verständigungsmöglichkeiten bei der polizeilichen
Vernehmung unberührt blieben. Das Vorbringen der Revision, die
als Zeugen benannten Beamten "hätten gewiß
Einzelheiten aus der kriminalpolizeilichen Vernehmung vom 29. Juni 1999
mitteilen können", die die Aussage der Zeugin als
verläßlich erscheinen ließen, zeigt nicht
auf, daß die Strafkammer zu einer entsprechenden
Beweiserhebung gedrängt gewesen wäre.
3. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Fall, daß
der Angeklagte
D. nicht wegen Anstiftung zum Mord verurteilt wird, den Beweisantrag
gestellt, B ü . als Zeugen zu vernehmen zum Beweis
dafür, daß der genannte Angeklagte von diesem Zeugen
ca. 200.000 gefälschte US-Dollars ausgehändigt
erhielt, um die "Blüten" in Verkehr zu bringen. Damit sollte
Beweis erhoben werden "über die Charaktereigenschaften und die
Glaubwürdigkeit des Angeklagten D. , der durch Offenlegung
seines Falschgelddeliktes als Geschäftsmann
unverzüglich ruiniert worden wäre". Diesen Antrag hat
das Landgericht in den Urteilsgründen abgelehnt mit der
Begründung: Die diesem Angeklagten unterstellten
Falschgeldgeschäfte seien für das vorliegende
Verfahren ohne Bedeutung, da die unter Beweis gestellte Tatsache dem
Geschädigten nicht bekannt geworden war, wie die Zeugin B.
bei ihrer polizeilichen Vernehmung angab. Nur wenn dieser davon
gewußt hätte, hätte - so das Gericht - die
Gefahr bestanden, daß D.
durch die Bekanntgabe der näheren Umstände
geschäftlich hätte ruiniert werden können.
Soweit aus der Beteiligung an Falschgeldgeschäften auf die
Charaktereigenschaften des Angeklagten geschlossen werden soll, fehle
es an Erfahrungssätzen, inwieweit Geldfälscher zu
wahrheitswidrigen Angaben neigen; insoweit sei im Hinblick auf das
Beweisziel die Beweistatsache ungeeignet.
Vergeblich wendet sich die Revision gegen diese Entscheidung, die
maßgeblich auf die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache
abhebt (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO; vgl. dazu
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 244 Rdn.
56).
4. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, den amerikanischen
Zollbeamten T . als Zeugen zu vernehmen zum Beweis dafür,
"daß die Personengruppe R. , D. und K. eine Vereinigung mit
kriminellen Strukturen darstellt" und insbesondere im vorliegenden
Strafverfahren verdunkelt und "daß diese Personen
völlig unglaubwürdig sind". Diesen Antrag hat das
Landgericht in der Hauptverhandlung abgelehnt mit der
Begründung, daß er "lediglich Beweisziele
beinhaltet, jedoch keine einem Beweis zugänglichen Tatsachen
benannt werden". Auch unter Aufklärungsgesichtspunkten - was
näher ausgeführt wurde - sah die Strafkammer keinen
Anlaß, den benannten Zeugen zu vernehmen.
Erfolglos rügt die Revision, dieser Beschluß
verletze § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO. Wie der Generalbundesanwalt
zutreffend ausgeführt hat, trifft ihre Auffassung, der
abgelehnte Beweisantrag sei genügend substantiiert, nicht zu
(vgl. BGHSt 37, 162). Die Staatsanwaltschaft meint, der erkennbare Sinn
ihres Antrags sei dahin gegangen, "daß der Zeuge eigene
Beobachtungen und Mitteilungen Dritter bekunden werde, die den
Schluß auf die Unglaubwürdigkeit der Angeklagten K.
und D. sowie des Zeugen R. gestattet hätten". Aus diesem
Vorbringen ergeben sich indes keine Anhaltspunkte dafür,
daß zu erwarten gewesen wäre, eine Vernehmung des
Zeugen werde weitere die genannten Angeklagten im Sinne eines
vorsätzlichen Tötungsdelikts belastende Erkenntnisse
erbringen.
II. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der
Sachrüge hat weder zugunsten der Angeklagten noch, was
gemäß § 301 StPO zu prüfen war, zu
ihren Lasten einen Rechtsfehler ergeben.
1. Was den Angeklagten K. angeht, ist es aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden, daß ihm das Landgericht lediglich f a h
r l ä s s i g e Tötung des Tatopfers zur Last legt.
Hält das Gericht einen Anklagevorwurf nicht für
erwiesen, weil es Zweifel an der Schuld des Angeklagten nicht zu
überwinden vermag, so ist das grundsätzlich
hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters.
Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob ihm ein
Rechtsfehler unterlaufen ist. Das ist namentlich der Fall, wenn die
Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder
lückenhaft ist oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche
Gewißheit zu hohe Anforderungen gestellt worden sind (vgl.
BGH StV 1999, 7). Einen solchen Mangel weist das angefochtene Urteil
auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des
Nebenklägers in der Revisionsverhandlung nicht auf.
Nach den Feststellungen diente die Aktion dem Ziel, dem
Geschädigten "ordentlich eine aufs Maul" zu schlagen, um
diesen zu der Erkenntnis zu bringen, er habe "die Hände" von
der Freundin des Mitangeklagten D.
zu lassen. Der Angeklagte K. gedachte das Tatopfer dadurch zu
beeindrucken, daß er "mit einer bewaffneten und zu allem
bereit wirkenden Übermacht" erschien. "Dabei gehörte
es zu dem von ihm als normal empfundenen Erscheinungsbild,
daß er mit scharfen und auch geladenen Waffen auftrat."
Geplant war, nach der Mißhandlung das Tatopfer g e f e s s e
l t in seiner eigenen Wohnung zurückzulassen. Das sollte nicht
nur einen ungehinderten Rückzug der Täter sichern,
sondern den Geschädigten auf jeden Fall davon abhalten, sich
an die Polizei zu wenden. Wider Erwarten ließ sich dieser
jedoch von dem Erscheinen der maskierten und bewaffneten
Männer - der Angeklagten K. und Ku. - nicht beeindrucken und
begann, sich aus Leibeskräften zur Wehr zu setzen. Sie
schlugen deshalb mit ihren Schußwaffen heftig auf ihn ein,
fesselten ihn dann und ließen ihn vor seinem Anwesen am Boden
liegen; sie wollten ihn anschließend ins Haus bringen. Bevor
der Angeklagte K.
das Haus betrat, um in dem zur Straße gelegenen Wohnzimmer
die Rolläden herunterzulassen, spannte er den Hahn seines
Revolvers, "um" - so das Urteil - "auf unvorhergesehene
Umstände vorbereitet zu sein". Als der Geschädigte,
nachdem zwischenzeitlich Frau B. eingetroffen war, einen Fluchtversuch
unternahm, entstand ein Gerangel, in dessen Verlauf der Angeklagte mit
seinem Finger an den Abzug des Revolvers kam. Auf Grund eines relativ
geringen Abzugsgewichts bei vorgespanntem Hahn "löste sich"
aus einer Entfernung von maximal 5 cm in Bauchhöhe
"unbeabsichtigt ein Schuß", an dessen Folgen das Tatopfer
verstarb.
Die Strafkammer sah sich nicht in der Lage, die in diese Richtung
gehenden Einlassungen der Angeklagten zu widerlegen. Die von ihr
angestellten Erwägungen verstoßen weder gegen die
Denkgesetze noch gegen gesicherte Erfahrungssätze und sind
auch nicht lückenhaft. Es liegt im Rahmen tatrichterlicher
Beurteilung, wenn das Landgericht unter den festgestellten
Umständen annimmt, keinesfalls sei die Tötung oder
eine erhebliche Verletzung des Tatopfers vorgesehen gewesen;
insbesondere habe der Angeklagte K. ohne Tötungsvorsatz
gehandelt, als er bei der Auseinandersetzung mit dem sich wehrenden
Geschädigten mit dem Finger an den Abzug seines Revolvers kam,
dessen Hahn er bereits früher gespannt hatte. Ersichtlich ist
die Strafkammer der Darstellung des Angeklagten K. gefolgt, die
Mitnahme schwerer Waffen sei ein "szeneübliches" Vorgehen
gewesen. Diesen Umstand brauchte sie deshalb - entgegen der Ansicht der
Staatsanwaltschaft - nicht als wesentliches Indiz für einen
von vornherein bestehenden Tötungsvorsatz zu werten.
Angesichts der getroffenen Feststellungen war das Gericht auch nicht
verpflichtet, die von der Revision aufgeworfene Frage eines kurzfristig
gefaßten bedingten Tötungsvorsatzes
ausdrücklich zu erörtern. Den Urteilsgründen
zufolge beabsichtigte der Angeklagte K. , den Geschädigten
festzuhalten, ihn ins Haus zu bringen und ihm eindringlich klar zu
machen, "daß er keine Polizei holen solle". Hätte
der genannte Angeklagte bei dem Gerangel billigend in Kauf genommen
oder sich sogar entschlossen, das Tatopfer zu erschießen,
hätte er aber erst recht die Gefahr heraufbeschworen, die
Polizei werde den Überfall entdecken, zumal da inzwischen Frau
B. eingetroffen war und die Situation erkannte.
2. Bei dieser Sachlage kommt auch eine Beteiligung der Angeklagten Ku.
und D. an einem vorsätzlich begangenen
Tötungsverbrechen nicht in Betracht.
3. Auch sonst weisen Schuldspruch und Strafausspruch - im Umfang der
Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft - bei keinem der Angeklagten
einen Rechtsfehler auf.
Was die Angeklagten K. und Ku. angeht, erfaßte § 239
Abs. 3 StGB aF (vgl. § 239 Abs. 4 StGB nF) auch die
Todesverursachung im Zusammenhang mit einem Fluchtversuch (BGHSt 19,
382, 386 f.).
Schließlich scheidet eine Verurteilung dieser Angeklagten
wegen Geiselnahme mit Todesfolge (§ 239 b Abs. 1 und 2 i.V.m.
§ 239 a Abs. 3 StGB) aus. Zwar haben sie zumindest versucht,
sich des Tatopfers zu bemächtigen, und sie haben dieses -
konkludent - mit dem Tod bedroht. Nach der gebotenen
einschränkenden Auslegung des genannten Straftatbestands
muß jedoch zwischen der Tathandlung und dem angestrebten
Verhalten des Opfers ein funktionaler Zusammenhang derart bestehen,
daß diesem noch w ä h r e n d der Dauer der
Zwangslage eine Handlung, Duldung oder Unterlassung abgenötigt
werden soll (BGHSt - GS - 40, 350, 355, 359; BGHR StGB § 239 b
Entführen 4, Nötigungserfolg 1; § 239 a Abs.
1 Sichbemächtigen 5, Erpressung 1). Diese Voraussetzung ist
nicht erfüllt: Dem angefochtenen Urteil ist nur zu entnehmen,
daß durch die Aktion der Angeklagten das Tatopfer
genötigt werden sollte, k ü n f t i g die Beziehungen
zu seiner Freundin nicht mehr zu pflegen, "die Hände" von ihr
zu lassen. Nicht festgestellt ist hingegen, daß nach dem
Vorhaben der Angeklagten der Geschädigte in der Tatsituation
das Versprechen abgeben sollte, sein Verhältnis zu Frau B.
aufzugeben. Es ist auch nicht zu erwarten, daß in einer neuen
Verhandlung weitere Feststellungen in dieser Hinsicht getroffen werden
könnten.
Schäfer Maul Granderath
Nack Schluckebier |