Nachschlagewerk: ja
Navigation BGHSt: ja, nur zu 1 und 2 Veröffentlichung: ja _________________ StGB § 129 1. Die Zwecke einer Vereinigung sind dann auf die Begehung von Straftaten ger ichtet, wenn dies ihr verbindlich festgelegtes Ziel ist ( Abgrenzung zu BGHSt 27, 325 ff.). Es reicht nicht aus, daß sich eine Vereinigung, die ihre Ziele mit friedlich-politischen Mitteln verfolgt, die Begehung von Straftaten unter bestimmten Bedingungen vorbehält, von denen nicht absehbar ist, ob und wann sie eintreten. 2. Die Strafbar keit wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB setzt nicht voraus, daß es aus dieser her aus bereits zu konkr e- ten Tatplanungen oder zu vorber eitenden Aktivitäten für Straftaten gekom- men ist. 3. Ob die Zwecke oder die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung untergeor d- net im Sinne des § 129 Abs. 2 Nr. 2 StGB sind, ist bei einer nur aus einem Teil der Mitglieder einer Gesamtorganisation (etwa nur aus den Mitgliedern ihrer Führungsebene) gebildeten Vereinigung im Hinblick auf die Zwecke und Tätigkeit der Teilorganisation und nicht auf die der Gesamtorganisation zu beurteilen. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04 - Oberlandesgericht Celle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 94/04 vom 21. Oktober 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.; hier: Revision des Angeklagten A. - 2 - Der 3. Strafsenat des Bundesger ichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 19. August 2004, in der Sitzung am 21. Oktober 2004, an denen teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Miebach, Winkler , Pfister, Becker als beisitzende Richter , Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt , Rechtsanwältin - in der Ver handlung vom 19. August 2004 - als Verteidiger, Justizamtsinspektor - in der Ver handlung vom 19. August 2004 -, Justizangestellte - in der Sitzung am 21. Oktober 2004 - als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 4 - 1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Ober- landesgerichts Celle vom 20. Oktober 2003, auch soweit es den Mitangeklagten K. betrifft, im Strafausspr uch aufgeho- ben. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen bei- der Angeklagter werden aufr echterhalten. Dagegen werden die Feststellungen zur Ausrichtung der Vereinigung auf die Bege- hung demonstrativer Straftaten im Zeitraum ab Anfang 2000 aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand- lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zu- rückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verwor fen. Von Rechts wegen Gründe: Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten A. wegen Mitgliedschaft in einer kr iminellen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltsgenehmigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Mo- naten und den Mitangeklagten K. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verur- teilt. Der Angeklagte A. hat hiergegen Revision eingelegt und diese mit der Sachrüge begründet. Sie hat teilweise Erfolg. - 5 - I. Das Oberlandesgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt: 1. Innerhalb der Kur dischen Arbeiterpartei PKK (Partiya Karkeren Kurdi- stan) hatte vor August 1996 in Deutschland eine terroristische Vereinigung be- standen, die aus den Europa- , Regions- und Gebietsverantwortlichen und aus den leitenden Kadern der Unterorganisationen bestanden hatte. Im Sommer 1996 wurden die ter roristischen Aktivitäten eingestellt, die Vereinigung bestand jedoch als kriminelle Vereinigung weiter. Ihr Zweck und ihre Tätigkeit waren auf drei Ber eiche von Straftaten gerichtet: - Aufgabe des von der Führungsebene der PKK geleiteten "Heimatbüros" war es, die Guerillakämpfer in Kurdistan materiell und personell zu un- terstützen, ihnen Ausrüstungsgegenstände und rekrutierte Kämpfer zu- kommen zu lassen, verletzte Kämpfer nach Europa zur Behandlung zu schleusen und hier zu einen umfangreichen Kurierdienst zwischen Kurdi- stan und Europa aufrecht zu erhalten. Ferner hat das "Heimatbüro" die organisatorischen Vor aussetzungen für den illegalen Aufenthalt der ei- genen Kader in Deutschland geschaffen. Dazu wurden systematisch in großer Zahl falsche Ausweise und Aufenthaltserlaubnisse beschafft und andere Verstöße gegen das Ausländergesetz begangen. - Die PKK-Führungsebene unterhielt ferner ein Strafsystem, um gegen Verhaltensweisen von Mitgliedern, aber auch von Außenstehenden vor- zugehen, die sie als schädlich einstufte. Die Kader setzten die Strafen fest und ließen sie von eingesetzten Kommandos vollstrecken. Die Voll- streckung war mit der Begehung von Delikten wie Kör perverletzung, Fr eiheitsberaubung, Nötigung und Bedrohung verbunden. - 6 - - Die PKK-Führungsebene setzte auch in dieser Zeit ihre Praxis fort, de- monstr ative Gewalttaten in Deutschland zu begehen, um auf ihre politi- schen Ziele hinzuweisen. Dabei kam es zu zahlreichen mit Gewaltaktio- nen verbundenen Besetzungen von Botschaften, Konsulaten und ande- ren Einrichtungen. Die Besetzungen waren mit Straftaten wie Hausfrie- densbruch, Landfriedensbruch, Sachbeschädigungen großen Ausma- ßes, Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte u. a. verbunden. Fer ner wurde eine Vielzahl von Brandanschlägen auf türki- sche Einrichtungen in Deutschland verübt. 2. Im Jahre 1999 änderte die PKK ihr Vorgehen. Der militärische Kampf ihrer Verbände gegen die türkische Armee war gescheitert, der Führer der PKK, Abdullah Öcalan, geriet in türkische Haft. Die PKK-Führung erklärte den Guerillakampf einseitig für beendet und ordnete den Rückzug der bewaffneten Einheiten aus der Türkei an. Auf dem 7. außer ordentlichen Parteikongreß am 17. Januar 2000 wurde eine "Friedensinitiative" zur verbindlichen Politik erklärt. Nach diesem Zeitpunkt gab es in Deutschland keine von der PKK organisier ten demonstrativen Gewalttaten mehr. Die "Friedenslinie" wurde auf dem 8. Partei- kongreß im April 2002 bestätigt; auf ihm wurde die Einstellung aller Aktivitäten unter dem Namen der PKK beschlossen und als Nachfolgeorganisation der "Kongr eß für Fr eiheit und Demokratie Kurdistans (KADEK)" gebildet. Nach der Feststellung des Oberlandesgerichts hat sich jedoch die innerhalb der PKK in Deutschland gebildete kriminelle Vereinigung vorbehalten, zu einem gewalt- samen Kurs zurückzukehren, wenn sich die politischen Verhältnisse zum Nachteil der PKK verändern sollten. 3. Der Angeklagte A. war bereits ab 1991 Funktionär der PKK in Deutschland. Er ist am 6. Mai 1999 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf - 7 - unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Be- währung, verurteilt worden. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist seine Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher der Regionen Süd und Nord im Zeitraum von Mai 2000 bis März 2002. Auch der Mitangeklagte K. war bereits seit 1991 für die PKK aktiv und ist deswegen bestraft worden. Gegenstand seiner Verur teilung ist hier die Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher der Region Mitte 1 im Zeitraum von Juni 2001 bis März 2002. II. Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Zwecke der Führ ungsebene der PKK in Deutschland seien ungeachtet des Kurswechsels im Jahre 1999 auch für den Tatzeitraum von Mai 2000 bis März 2002 noch auf die Begehung demonstrativer Gewalttaten gerichtet gewesen, hält auf der Grundlage der ge- troffenen Feststellungen r echtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. a) Eine Vereinigung ist dann auf die Begehung von Straftaten gerich- tet, wenn dies der verbindlich festgelegte Zweck ist, zu dessen Er reichung sich die Mitglieder verpflichtet haben. Die Organisation der Vereinigung muß auf den Zweck der gemeinschaftlichen Begehung von Straftaten hin konzipiert sein (Rudolphi in SK-StGB § 129 Rdn. 9; ders. in FS für Bruns S. 321; vgl. auch Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 32; Lenckner in Schönke/Schröder, 26. Aufl. § 129 Rdn. 7; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 129 Rdn. 13). Nur dann ver- mag die Betätigung der Vereinigung die ihre besondere Gefährlichkeit begrün- dende Eigendynamik zu entfalten, die Grund für die durch § 129 StGB be- stimmte Vorverlager ung des Strafschutzes ist (BGHSt 28, 147, 148 f.). Daraus - 8 - folgt, daß der gemeinsame Wille zur Begehung von Straftaten fest gefaßt sein muß und nicht nur vage oder insbesondere von dem Ergebnis weiterer Wil- lensbildungspr ozesse abhängig sein dar f. Soweit in der Entscheidung des Senats vom 21. Dezember 1977 (BGHSt 27, 325, 328; in Bezug genommen in BGH NJW 1999, 503, 504 und in BGHR StGB § 129 Gruppenwille 2) die Anforderungen an die Zweckgerichtetheit unter Berufung auf eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 23. Januar 1920 (RGSt 54, 102, 105) dahin beschrieben sind, die Begehung künftiger Taten müsse "ins Auge gefaßt sein", es reiche aus, wenn sich die in der Vereinigung zusammengefaßten Mitglieder "bewußt sind, daß es bei der Verfolgung ihr er Pläne zur Begehung von Straftaten kommen kann" (vgl. dazu auch Maur ach/ Schroeder/Maiwald, BT 8. Aufl. § 95 Rdn. 5), und mit diesen Wendungen ge- ringere Anfor derungen an die Annahme einer kriminellen Vereinigung gestellt werden sollten als die vorstehend beschr iebenen, hält der Senat an dieser Auslegung nicht fest. Sie steht bereits nicht in Einklang mit dem Wor tlaut des § 129 Abs. 1 StGB, der mit der Wendung "deren Zwecke .... darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen" eine zweckrationale Ausrichtung des Willens der Mitglieder zum Ausdruck bringt (vgl. Rudolphi in FS für Bruns S. 321) . Nur wenn die Mitglieder der Vereinigung über das "bloße Bewußtsein, daß es zu Straftaten kommen könne", solche Taten auch als Ziel und Zweck ihres Zu- sammenschlusses anstreben, er scheint die von dem Tatbestand vorgenomme- ne Gleichstellung von Vereinigungen, deren Zwecke darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, mit solchen, bei denen bereits eine ausgeübte Tätigkeit eben diese Ausrichtung hat, gerechtfertigt. Nur dann ist nämlich auch die be- sondere Gefährlichkeit der Vereinigung gegeben, die den Gesetzgeber veran- laßt hat, den Strafrechtsschutz so weit in das Vorfeld einer Rechtsgutsverlet- - 9 - zung oder konkreten Rechtsgutsgefährdung vorzuverlagern, wie dies durch § 129 StGB geschieht (Rudolphi aaO). Ist die Begehung von Straftaten - wie für die Annahme einer Vereinigung im Sinne des § 129 StGB erforderlich - in dem beschriebenen Sinn verbindlich festgelegtes Ziel des Zusammenschlusses, so ist die mitgliedschaftliche Betei- ligung ohne weiteres tatbestandsmäßig. Zu einer teilweisen Verwirklichung des Willens auf Begehung entspr echender Straftaten, sei es zur Planung einer kon- kreten Tat oder wenigsten zu vorbereitenden Aktivitäten für solche Taten (Be- schaffen von Ausrüstung, Auskundschaften von Zielen u. ä.) muß es nicht ge- kommen sein (BGHSt 27, 325, 328; BGH NStZ 1999, 503; ebenso Bubnoff aaO; Rudolphi aaO; Lenckner aaO; Tröndle/Fischer aaO). Die Gegenauffas- sung, es müsse wenigstens eine erste Tat geplant oder sonst eine Tätigkeit entfaltet worden sein, in der sich die Gefährlichkeit des Zusammenschlusses nach außen manifestiere (vgl. Ar zt/Weber, Strafrecht BT § 44 Rdn. 14; Fürst, Grundlagen und Grenzen der §§ 129, 129 a StGB S. 77 ff. m. w. N.) , findet im Gesetz keine Stütze. Soweit zu ihrer Begründung angeführt wird, es würden anderenfalls auch "utopische Träumer" erfaßt, die nur "vage Ziele" verfolgten, betrifft dies das Merkmal der Zweckgerichtetheit. Werden die dargelegten An- forderungen an die Festigkeit und Ver bindlichkeit des Willens der Organisation zur Begehung entsprechender Straftaten beachtet, sind diese Bedenken unbe- gründet. b) Diese Grundsätze gelten für eine neu gegründete Vereinigung, die ih- re Ziele zunächst mit legalen Mitteln verfolgt und sich nur vorbehält, bei der Erfolglosigkeit dieses Kurses zur Gewalt überzugehen, ebenso wie für eine Gruppierung, die früher Gewalttaten begangen hatte und nunmehr einen fried- lichen Kurs unter Vorbehalt einer Rückkehr zur früheren Ausrichtung verfolgt. - 10 - Der Charakter einer Gruppierung kann sich durch die Änderung ihrer Zwecke und Tätigkeit wandeln. So wie aus einer Vereinigung, die legalen Zwecken diente, dur ch die spätere Ausrichtung auf die Begehung von Straftaten eine kriminelle Vereinigung werden kann (BGHSt 27, 325 ff.), kann umgekehrt ein Personenzusammenschluß, der bislang auf strafbare Zwecke und Tätigkeiten ger ichtet war, die Eigenschaft einer kriminellen Vereinigung verlieren, wenn er diese Ausrichtung aufgibt und einen legalen Kurs verfolgt. Allerdings wird in diesem Fall, wenn sich die Vereinigung die Rückkehr zu früher begangenen Straftaten vorbehält, im Rahmen der Beweiswürdigung regelmäßig Anlaß zu besonders sorgfältiger Prüfung sein, ob die bislang in ihren Aktivitäten kr iminel- le Organisation nunmehr ernsthaft einen straftatenfreien Kurs verfolgt oder nur vorübergehend ihre strafbaren Aktivitäten unterbricht (etwa um ihre Kräfte zu erneuern oder einem aktuellen Verfolgungsdruck auszuweichen), aber den fe- sten Willen hat, danach die Begehung von Straftaten fortzusetzen. 2. Bei Anlegung dieser Maßstäbe belegen die Gründe des angefochte- nen Urteils nicht, daß die Führungsebene der PKK in Deutschland, die nach dem Kur swechsel 1999 keine demonstrativen Gewaltstraftaten auf den Weg gebracht hat, jedenfalls nach ihr en Zwecken auch noch im Tatzeitraum auf die Begehung solcher Delikte ausgerichtet war. Allerdings wür de die Annahme ei- ner solchen Ausger ichtetheit nicht dar an scheiter n, daß es - nach dem Kurs- wechsel - noch nicht zur Planung einer derartigen konkreten Tat gekommen war. Die Annahme einer tatzeitraumbezogenen Ausgerichtetheit auf demon- strative Gewaltdelikte beruht aber auf wider sprüchlichen Feststellungen, die eine Verletzung des Zweifelssatzes besorgen lassen, sowie einer unzurei- chenden und deswegen rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung. - 11 - a) Zu der Kursänderung Anfang 2000 sowie zu den Gründen und zum genauen Inhalt des Vor behalts der Rückkehr zum Gewaltkurs hat das Oberlan- desgericht im Rahmen der Wiedergabe der getroffenen Feststellungen (UA S. 17) ausgeführ t, daß es nicht habe klären können, ob die Führungsebene der PKK in Deutschland diese Änderung in der ernst gemeinten, wenn auch nicht vorbehaltlosen, Absicht einer künftig friedlichen Verfolgung ihrer Ziele eingelei- tet hat oder ob dieser nur aus taktischen Gr ünden mit Rücksicht auf ihren be- drohten Führer Öcalan er folgte. Damit nicht vereinbar sind die Bewertungen im Rahmen der Beweiswürdigung, die Begehung von demonstrativen Gewalttaten sei "weiterhin aktueller und unverzichtbarer Bestandteil der Tätigkeit der Orga- nisation" und der "Friedenskurs stellt sich somit nur als taktisch begründete Maßnahme von zeitlich begrenzter Dauer " dar (UA S. 39). War danach aber mit der Kursänderung der PKK Anfang 2000 - nicht ausschließbar - die Absage an demonstrative Gewaltstraftaten als Mittel zur Er- reichung der verfolgten Ziele ein er nstgemeintes Anliegen und hatte sich auch oder jedenfalls die Führ ungsebene in Deutschland dieser neuen Ausrichtung verschrieben, so mußte das Oberlandesgericht nach dem Zweifelssatz seiner Bewertung der Beteiligung des Angeklagten diese Möglichkeit zugrundelegen. Bei diesem Sachverhalt fehlte es aber an der erforderlichen festen Aus- richtung der Zwecke der Führungsebene der PKK in Deutschland auf die Be- gehung von demonstrativen Gewalttaten. Die vorbehaltene Rückkehr zu sol- chen Taten hing zunächst davon ab, daß eine wesentliche Lageverschlechte- rung für die PKK eintreten würde; sodann mußten - als Reaktion auf eine sol- che Verschlechterung der Situation - die zuständigen Gremien in der PKK, ins- besondere aber die die kriminelle Vereinigung bildende Führungsebene, eine Entscheidung dahin treffen, den friedlichen Kurs zu beenden und erneut zur - 12 - Begehung von Gewalttaten - auch in Deutschland - überzugehen. Damit war in zumindest zweifacher Weise ungewiß, ob es überhaupt jemals zu solchen Ta- ten kommen wür de und wann dies gegebenenfalls geschehen könnte. Ein auf die Begehung von Straftaten gerichteter verbindlicher Wille, wie ihn der Tatbe- stand des § 129 StGB voraussetzt, ist danach - soweit es den Bereich der de- monstr ativen Gewaltdelikte anbelangt - für den Tatzeitraum im angefochtenen Urteil nicht festgestellt. b) Da mithin die abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts recht- licher Nachpr üfung nicht stand hält, kommt es nicht mehr entscheidend dar auf an, ob die im Rahmen der Beweiswürdigung geäußerte - den Feststellungen widersprechende - Annahme, solche Taten seien nach wie vor aktueller und unverzichtbarer Bestandteil der Tätigkeit der Organisation gewesen, Er gebnis einer rechtsfehler freien Würdigung ist. Auch dies ist indes nicht der Fall. Bei der Bewertung der zum Beleg seiner Auffassung angeführten Ver lautbarungen (UA S. 38 - 41) hat das Oberlandesger icht wesentliche Aspekte und Deu- tungsmöglichkeiten außer Acht gelassen: Die zitierten Äußerungen stellen - was zunächst nicht außer Betr acht bleiben darf - allgemeine politisch-programmatische Erklärungen dar, bei de- nen teilweise die Urheber schaft ebenso unklar ist wie ihre Aussagekraft für den Willen gerade der Mitglieder der in Frage stehenden kriminellen Vereinigung (vgl. etwa UA S. 39 "in einem Artikel der Serxwebun"). Im übrigen steht bei ih- nen ersichtlich die Situation der PKK in Kurdistan im Vordergrund. Ein ausrei- chender konkreter Bezug zum weiteren Verhalten der kriminellen Vereinigung in Deutschland ist ihnen nicht zu entnehmen. Denn selbst wenn die PKK im kurdischen Kampfgebiet zur Anwendung von Gewalt zurückkehren würde, wäre - 13 - dies nicht gleichbedeutend mit einer Wiederaufnahme der Begehung demon- strativer Gewalttaten in Deutschland. Darüber hinaus wäre es geboten gewesen, diese Erklärungen nicht ein- seitig im Sinne einer Gewaltoption zu interpretieren, ohne erkennbar andere Erklärungsmöglichkeiten zu erörtern. Es liegt jedenfalls nicht fern, daß diese vorwiegend an die türkische Regierung gerichteten Äußerungen vor allem ap- pellativen Charakter hatten. Es hätte auch bedacht werden müssen, daß die Kursänderung nach den Feststellungen nicht nur eine Reaktion auf die Verur- teilung Öcalans, sondern auch eine Folge des Scheiterns des militärischen Vorgehens war. Auch dies könnte dafür sprechen, daß der Kurs einer friedli- chen Lösung ernsthaft versucht werden sollte. Soweit das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang auf die weiter- hin angestrebte "Mobilisierung der Masse" abhebt, besagt dies für eine Ge- waltorientier theit wenig, da auch ein friedlicher Kurs es erfordern mag, die "Masse" der Anhänger für politische Aktionen wie Demonstrationen u. ä. zu gewinnen. Nichts anderes gilt für die von der PKK im Frühsommer 2001 orga- nisierte "Identitätskampagne" mit der Abgabe massenhafter Selbstbezichtigungsschreiben ("Auch ich bin ein PKK’ler"). Es ist nicht erkennbar , daß diese Aktion gerade der Vor bereitung von demonstrativen Gewalttaten gedient hat. Soweit in der Beteiligung an dieser Kampagne Verstöße gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG zu sehen sind (vgl. BGH NJW 2003, 2621), müssen diese bei der Beurteilung des Charakters der Führungsebene als Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB außer Betracht bleiben, da es sich um Organisationsdelikte im Sinne der Tatbestandsausschlußklausel nach § 129 Abs. 2 Nr. 3 StGB handelt (vgl. BTDrucks. 4/2145 S. 13; Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 37; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 11; Rudolphi in SK- - 14 - Rdn. 11; Rudolphi in SK-StGB § 129 Rdn. 7; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 129 Rdn. 21). Soweit das Oberlandesgericht nach dem Tatzeitraum abgegebene Erklä- rungen vom 12. Februar 2003 als "Aufkündigung der Friedenslinie" interpretiert (UA. S. 19, 41) und zur Stützung seiner Auffassung zum Charakter der Vereini- gung im davor liegenden Zeitraum heranzieht, ist dies nicht frei von Bedenken. Zum einen betreffen die Erklärungen das Vor gehen in Kurdistan und nicht das hier allein maßgebliche Verhalten der Führungsebene der PKK in Deutschland ("Auswirkungen der Erklärung sind in Deutschland und Europa bisher nicht r e- gistriert worden" - UA S. 19). Zum anderen wird aus ihnen nicht hinreichend deutlich, daß der Friedenskurs tatsächlich endgültig aufgegeben worden ist (vgl. Stellungnahme vom Juli 2003, in der davon die Rede ist, daß man sich "weiter hin" an die Feuerpause halten wolle, wenn der Waffenstillstand auch von der Gegenseite eingehalten werde, und in der die Rückkehr zum Guerilla- kampf lediglich angedroht wird - UA S. 18, 19) . 3. Durch die rechtsfehlerhafte, von den Feststellungen nicht getragene Annahme, die Führungsebene der PKK in Deutschland sei auch im Tatzeitraum nach ihren Zwecken auf die Begehung demonstrativer Gewalttaten ausgerich- tet gewesen, wird der Schuldspr uch des angefochtenen Urteils nicht gefährdet. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 129 Abs. 1 StGB sind nämlich bereits im Hinblick auf Straftaten in den Bereichen "Heimatbüro" und Strafsystem er- füllt. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen waren Tätigkeit und Zwecke der Führungsebene auch nach der Kursänderung Anfang 2000 nach wie vor auf die Begehung dieser Straftaten gerichtet. Bei diesen Taten handelt es sich auch nicht um solche, deren Begehung nur ein Zweck oder eine Tätig- keit von untergeordneter Bedeutung im Sinne des § 129 Abs. 2 Nr. 2 StGB war. - 15 - Zwar hat das Oberlandesgericht seiner Beurteilung dieser Frage maßgeblich die Ausrichtung auf die Begehung demonstrativer Gewalttaten zugrundegelegt, so daß fraglich erscheint, ob es ohne diesen Aspekt ebenfalls zu einer Vernei- nung der Untergeordnetheit gelangt wäre. Hier auf kommt es indes nicht an, da es sich um die Entscheidung einer Rechtsfrage handelt, die der Senat selb- ständig vorzunehmen hat. Nach der Rechtsprechung ist die Begehung von Straftaten dann nicht von untergeordneter Bedeutung, wenn sie zwar nur einen von mehreren Zwek- ken (oder eine von mehr eren Tätigkeiten) der Vereinigung darstellt, dieser Zweck (diese Tätigkeit) aber wenigstens in dem Sinne wesentlich und damit gleichgeordnet mit den anderen ist, daß durch das str afrechtswidr ige Verhalten das Erscheinungsbild der Vereinigung aus der Sicht informierter Dritter mitge- prägt wird (BGHSt 41, 47). Damit scheiden gelegentliche und eher beiläu- fige kriminelle Handlungen aus dem Anwendungsbereich des § 129 StGB ebenso aus wie solche kriminelle Aktivitäten, die im Vergleich zum Gesamt- zweck und der Gesamttätigkeit der Vereinigung nebensächlich sind (Lenckner aaO Rdn. 10; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 20). Die strafrechtlichen Aktivitäten in den Ber eichen "Heimatbüro" und Straf- system erfolgten nach den Feststellungen systematisch und über einen langen Zeitr aum in einer Vielzahl von Fällen. Sie mögen zwar für die Tätigkeit und Zie- le der PKK insgesamt von eher untergeordneter Bedeutung sein. Jedenfalls für die Führungsebene in Deutschland stellen sie aber - gemessen an deren Auf- gaben und Tätigkeiten - nicht nur gelegentliche oder beiläufige Handlungen dar . Besteht eine kriminelle Vereinigung nur aus einem Teil der Mitglieder einer Gesamtorganisation - wie hier aus den Angehörigen des engeren Führungszir- kels der PKK - kommt es für die Beurteilung der Frage "untergeordneter Be- - 16 - deutung" vorrangig auf die kriminellen Aktivitäten und die sonstigen Zwecke und Tätigkeiten speziell der Personen an, die die kr iminelle Vereinigung bilden. Die Tätigkeit der Gesamtorganisation ist dabei nur insoweit von Bedeutung, als sich in ihr die - sonstige - Führungsarbeit der Kader widerspiegelt. Da nach den Feststellungen dem "Heimatbüro" eine wesentliche Bedeutung für die Auf- rechterhaltung der Führungsstruktur en zukam und das Strafsystem der Auf- rechterhaltung der Disziplin und damit auch der Befolgung der Anweisungen der PKK-Führung diente, können diese Aktivitäten auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Zahl und Schwere der für den Tatzeitraum festgestell- ten Straftaten eine rückläufige Tendenz gegenüber früheren Jahren aufwies, noch nicht als nebensächlich bewertet werden. Etwas anderes mag für spätere Zeitr äume gelten, wenn die Bestrafungsaktionen tatsächlich - wie im April 2002 für die Zukunft angekündigt - vollständig eingestellt wor den wären. Für die Be- urteilung des Charakters der Ver einigung im davor liegenden Tatzeitraum hat dies indes keine Bedeutung. 4. Dagegen hat der Str afausspruch keinen Bestand. Es kann nicht aus- geschlossen werden, daß das Ober landesgericht bei einem geringeren Schuld- umfang auch zu einer niedriger en Strafe gelangt wäre. Im übrigen ist die bei der Strafzumessung vorgenommene Einstufung der Gruppierung als "über die allgemeine Gefährlichkeit hinaus besonders gefährliche kr iminelle Vereinigung" bedenklich. Sie läßt besorgen, daß den Angeklagten uneingeschränkt das Ge- wicht von Straftaten angelastet wor den ist, die die PKK längst vor dem urteils- gegenständlichen Zeitraum und insbesondere vor der eingeschlagenen Kurs- änderung begangen hatte. Für die Strafzumessung ist die sich aus der Bege- hung der konkreten Straftat ergebende Schuld maßgeblich. Da den Angeklag- ten die Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung im Zeitraum von Mai 2000 - 17 - bis März 2002 vorgeworfen wird, kommt es auf die Gefährlichkeit der Vereini- gung in diesem Zeitraum an. Die Aufhebung des Urteils war nach § 357 StPO auf den Mitangeklagten K. , der keine Revision eingelegt hat, zu erstrecken, da die sachlich- rechtlichen Mängel in gleicher Weise auch den ihn betreffenden Strafaus- spruch berühren. III. Die - doppelrelevanten - Feststellungen zur Zweckgerichtetheit der Ver- einigung auf demonstrative Straftaten ab Anfang 2000 hat der Senat trotz Auf- rechterhaltung des Schuldspruchs aufgehoben, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, insoweit zu neuen Feststellungen zu gelangen. Dagegen konnten die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten aufrechterhalten werden, da sie rechtsfehlerfrei getr offen wor- den sind. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, insoweit zusätzliche Feststel- lungen zu treffen, die mit den aufrechterhaltenen nicht in Widerspruch stehen. Tolksdorf Miebach Winkler Pfister Becker |