BGH,
Beschl. v. 1.12.2005 - 3 StR 382/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 382/05
vom 1.12.2005
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 1. Dezember 2005 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom
20. Januar 2005 im Ausspruch über den Verfall mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende
Revision wird verworfen. Gründe: Das Landgericht hat den
Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen
sowie wegen versuchten schweren Bandendiebstahls zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt,
sieben Mobiltelefone eingezogen und bezüglich einer in
mehreren Asservatenlisten aufgeführten Vielzahl von
sichergestellten und nicht bereits an Geschädigte
ausgehändigten Gegenständen gemäß
§§ 73, 73 d StGB den Verfall angeordnet. Die auf die
allgemeine Sachrüge gestützte Revision des
Angeklagten führt zur Aufhebung des Ausspruchs über
den Verfall; im Übrigen ist das Rechtsmittel
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1
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Die Anordnung des Verfalls kann vorliegend weder auf § 73 Abs.
1 Satz 1 StGB noch auf § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB
gestützt werden. 2 Entgegen der Auffassung des Landgerichts
steht einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB die
Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen, wonach eine
solche zu unterbleiben hat, soweit dem Verletzten aus der Tat ein
Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter
den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde.
Maßgebend hierfür ist nach der Rechtsprechung
lediglich die rechtliche Existenz des Anspruchs, nicht dagegen die
Frage, ob dieser voraussichtlich auch geltend gemacht wird (vgl. BGH
NStZ 1984, 409; 2001, 257, 258). Dass den Geschädigten der
abgeurteilten Diebstahlstaten Herausgabeansprüche gegen den
Angeklagten zustehen, liegt indessen auf der Hand. Folgte man der
Gegenauffassung, die über das Bestehen des Anspruchs hinaus
zumindest Bestimmbarkeit des Verletzten voraussetzt (vgl. Eser in
Schönke/Schröder, 26. Aufl. § 73 Rdn. 26),
ergäbe sich der Ausschluss des Verfalls in gleicher Weise,
denn die Geschädigten der Diebstahlstaten sind nach den
Urteilsfeststellungen bekannt. Die bislang nicht
ausgehändigten Gegenstände sind ihnen teilweise
bereits zugeordnet worden; die Zuordnung der restlichen
Gegenstände ist jedenfalls möglich. 3 Soweit das
Landgericht die Verfallsanordnung gemäß §
244 a Abs. 3 StGB auch auf § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB
gestützt hat, steht dem zwar § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
nicht entgegen, weil diese Vorschrift auf den erweiterten Verfall nicht
anzuwenden ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nämlich
der erweiterte Verfall im Interesse effektiver Abschöpfung
krimineller Gewinne auch solche Fälle erfassen, in denen
Ansprüche Geschädigter letztlich nicht
aufklärbar sind (vgl. BT-Drucks. 11/6623 S. 4, 7; BVerfGE 110,
1, 26 f.; BGHSt 41, 278, 284). Die Anordnung des erweiterten Verfalls
erweist sich jedoch aus 4
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einem anderen Grund als rechtsfehlerhaft. Dem angefochtenen Urteil kann
nicht entnommen werden, welche der noch nicht ausgehändigten
Gegenstände im Einzelnen dem erweiterten Verfall unterliegen
sollen. Eine solche nachvollziehbare Zuordnung ist aber erforderlich,
weil der Verfall gemäß § 73 Abs. 1 StGB dem
erweiterten Verfall vorgeht (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75, 76). Vor der
Anwendung des § 73 d StGB hätte unter
Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel
ausgeschlossen werden müssen, dass die Voraussetzungen der
§§ 73, 73 a StGB erfüllt sind (vgl. BGH
NStZ-RR 2003, 75, 76; NStZ 2003, 422, 423). Dies ist bislang
unterblieben.
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