BGH,
Beschl. v. 1.12.2009 - 3 StR 474/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 474/09
vom
1. Dezember 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.
a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 1. Dezember 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kleve vom 22. Juli 2009 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Handeltreiben mit denselben sowie wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn
Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf
Jahren verurteilt und sichergestellte Betäubungsmittel
eingezogen. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die
Verletzung formellen und materiellen Rechts.
1
Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung
des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
- 3 -
Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung
zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 StGB) unterblieben ist. Hierzu hat der
Generalbundesanwalt ausgeführt:
3
" Die Strafkammer hat sich nicht mit den Voraussetzungen der Anordnung
der Maßregel gemäß § 64 StGB
auseinandergesetzt, obwohl dies rechtlich geboten war. Der Angeklagte
wollte von dem im Fall II 2 der Urteilsgründe
eingeführten knappen Kilogramm Haschisch etwa 1/3 zum
Eigenkonsum nutzen (UA S. 6, 8). Er hatte bereits im Alter von 14 oder
15 Jahren damit begonnen, Haschisch zu konsumieren, in der Folgezeit
nahm er zeitweise auch Kokain und Amphetamine zu sich (UA S. 3 f.). Er
ist bereits dreifach wegen Betäubungsmittel-Delikten
vorbestraft (UA S. 4 f.) und die Strafkammer hat strafmildernd
berücksichtigt, dass er aufgrund eigenen
Betäubungsmittel-Konsums besonders tatgeneigt war (UA S. 12,
13). Dass ein Hang und - jedenfalls im Falle der Haschischeinfuhr -
eine Anlasstat im Sinne des § 64 StGB gegeben sein
können, liegt somit nahe. Das Urteil ist daher insoweit zur
Nachholung einer Prüfung der Anordnung der Maßregel
aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen."
Dem schließt sich der Senat an. Das Urteil enthält
keine Anhaltspunkte dafür, dass der Tatrichter nach seinem
Ermessen ausnahmsweise von einer Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hätte absehen
können. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat,
hindert die Nachholung
4
- 4 -
der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht
auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38,
362 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible
Schäfer Mayer |