BGH,
Beschl. v. 1.9.2009 - 1 StR 301/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 301/09
vom
1. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. September 2009
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim
vom 13. März 2009 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Hinsichtlich der Tat vom 18. Februar 1999 (Fall II 4 der
Urteilsgründe) ist keine Strafverfolgungsverjährung
eingetreten. Denn die Verjährung ruhte
gemäß § 78b Abs. 4 i.V.m. § 266
Abs. 2 und § 263 Abs. 3 StGB seit Eröffnung des
Hauptverfahrens am 12. Januar 2009. Die Verurteilung des Angeklagten
wegen Untreue erfolgte somit zu Recht.
Ob der Angeklagte in diesem Fall - ebenso wie in den Fällen II
5 bis 41 der Urteilsgründe - neben Untreue zum Nachteil der
von ihm als Geschäftsführer geleiteten GmbH auch
wegen tateinheitlich begangenen Bankrotts gemäß
§ 283 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 8 StGB zu verurteilen gewesen
wäre, bedarf daher keiner Entscheidung mehr. Denn der
Angeklagte ist in diesen Fällen durch die Verurteilung allein
wegen Untreue nicht beschwert. Allerdings geben die
Ausführungen des Landgerichts zur Anwendbarkeit des
Straftatbestands des Bank-
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rotts (§ 283 StGB) auf Geschäftsführer einer
GmbH Anlass zu folgenden Bemerkungen:
Die Strafkammer hat die Verwirklichung des § 283 Abs. 1 Nr. 1
StGB verneint, weil der Angeklagte eigennützig gehandelt habe.
Sie ist dabei der bisherigen Auffassung des Bundesgerichtshofs gefolgt,
dass nach § 283 StGB Voraussetzung für die
Strafbarkeit eines Vertreters ist, dass er zumindest auch im Interesse
des Geschäftsherrn gehandelt hat. Liegen
ausschließlich eigennützige Motive vor, so kann nach
dieser Auffassung zwar Untreue nach § 266 StGB in Betracht
kommen; eine Verurteilung wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog.
Interessentheorie; vgl. nur BGHSt 30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; BGHR
StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3; BGH NStZ 2000, 206, 207).
Mit Beschluss vom 10. Februar 2009 im Verfahren 3 StR 372/08 hat nun
der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs gewichtige Argumente
angeführt, die für ein Abweichen der Rechtsprechung
von der „Interessentheorie“ sprechen
könnten (BGH NStZ 2009, 437, 439). Namentlich im Hinblick auf
die bei Anwendung der Interessentheorie entstehende Ungleichbehandlung
von Einzelkaufleuten und GmbH-Geschäftsführern sowie
auf den Umstand, dass die Anwendung der
„Interessenformel“ zu einer dem Schutzzweck
zuwiderlaufenden Zurückdrängung der Delikte des
Insolvenzstrafrechts bei vermögensschädigenden und
damit in der Regel masseschmälernden Verhaltensweisen zum
Nachteil von Handelsgesellschaften führt (vgl. Radtke GmbHR
2009, 875), hat auch der Senat Bedenken gegen die weitere Anwendung der
„Interessenformel“ zur Bestimmung des
Anwendungsbereichs des Bankrotttatbestands bei Handelsgesellschaften.
Der Senat neigt daher ebenfalls dazu, von der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen
Bankrotts abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelik-
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ten der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue
nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten
gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr
nach der Interessenformel vorzunehmen (zu alternativen
Abgrenzungskriterien vgl. Radtke aaO).
2. Der Senat kann trotz der vom Generalbundesanwalt - im Hinblick auf
die von ihm angenommene Strafverfolgungsverjährung im Fall II
4 der Urteilsgründe - beantragten Änderung des
Schuldspruchs gemäß § 349 Abs. 2 StPO durch
Beschluss entscheiden. Denn der Generalbundesanwalt hat nur die
Änderung des Schuldspruchs, nicht aber die Aufhebung des
Strafausspruchs beantragt (BGH NJW 2007, 2647).
Nack Kolz Elf
Jäger Sander |