BGH,
Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 349/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 349/09
vom
1. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 1. September 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 6. Mai 2009, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte wegen
besonders schweren Raubes verurteilt ist;
b) im Ausspruch über die Vorwegvollziehung von neun Monaten
Freiheitsstrafe vor der Maßregel aufgehoben; der Ausspruch
entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen schweren
Raubes im minder schweren Fall" zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und
drei Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass die Freiheitsstrafe zu
einem Teil von neun Monaten vor der Unterbringung zu vollziehen ist.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner wirksam auf den
Rechtsfolgenausspruch be-
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schränkten, auf die Rüge der Verletzung sachlichen
Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der
Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist
es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Ausspruch über die Vollziehung eines Teiles der
verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt kann nicht bestehen bleiben.
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Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der
Fassung des am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Sicherung
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I 1327) soll das Gericht bei
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer
zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass
ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach
§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB ist, sofern bei einer Freiheitsstrafe
von über drei Jahren nicht ausnahmsweise von einer
Vikariierung abgesehen wird, der vorweg zu vollstreckende Teil der
Freiheitsstrafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer
anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach
§ 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Entlassung zum
Halbstrafenzeitpunkt, möglich ist. Ein Beurteilungsspielraum
für den Tatrichter besteht nach dem klaren Wortlaut des
Gesetzes nicht. Zur Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der
Freiheitsstrafe ist eine Prognose darüber notwendig, wie lange
die Unterbringung in der Maßregel zur Durchführung
der Therapie voraussichtlich erforderlich sein wird (vgl. BGH NStZ-RR
2009, 172 m. w. N.).
Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass das
Landgericht den Ausspruch über den Vorwegvollzug nach diesen
Grundsätzen getroffen hat. Vielmehr lassen die
Ausführungen besorgen, dass es seine Entscheidung
über die Vollsteckungsreihenfolge auf § 67 Abs. 2
Satz 1 StGB ge-
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stützt und verkannt hat, dass bei Anordnung der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von
über drei Jahren Satz 2 dieses Absatzes Anwendung findet.
Hierfür spricht auch, dass die Feststellung des zur
erfolgreichen Therapie des Angeklagten voraussichtlich erforderlichen
Zeitraumes fehlt, der - ausgehend vom Halbstrafenzeitpunkt - notwendige
Grundlage für die Berechnung des gemäß
§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB zu bestimmenden, vor der
Maßregel zu vollziehenden Teils der verhängten
Freiheitsstrafe ist. Dies hindert den Senat, diesen Teil der
Freiheitsstrafe selbst festzulegen (vgl. BGH NStZ 2008, 213). Der
Ausspruch über den Vorwegvollzug von neun Monaten
Freiheitsstrafe vor der Maßregel muss daher aufgehoben werden.
Im Hinblick auf die seit dem 9. Februar 2009 ununterbrochen erlittene
Untersuchungshaft, die auf einen vor der Maßregel zu
vollziehenden Teil der verhängten Freiheitsstrafe anzurechnen
wäre, und wegen der festgestellten massiven
Abhängigkeit des Angeklagten von Heroin hat der Senat von
einer Zurückverweisung der Sache zur erneuten tatrichterlichen
Entscheidung abgesehen. Vielmehr erscheint es unter diesen
Umständen sachgerecht, die sofortige Vollziehung der
angeordneten Maßregel durch den Wegfall des landgerichtlichen
Ausspruches zu ermöglichen.
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2. Der Senat hat ferner den Schuldspruch berichtigt. Die von §
260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat
macht die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig
(BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Wegen der -
vom Landgericht zutreffend angenommenen - Verwirklichung des §
250 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB durch die Verwendung eines Messers ist
deshalb auf "besonders schweren Raub" zu erkennen (vgl. BGH NStZ-RR
2008, 342). Die Angabe mittäterschaftlicher Begehung
("gemeinschaftlich") in der Urteilsformel ist dagegen ebenso
entbehrlich, wie die
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Aufnahme des Vorliegens eines gesetzlichen Regelbeispieles in die
Urteilsformel ("im minder schweren Fall") (vgl. BGH, Beschl. vom 29.
Juli 2009 - 3 StR 295/09; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl.
§ 260 Rdn. 24 f.).
3. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs des Rechtmittels besteht
für eine Entscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO kein
Anlass.
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Der Schriftsatz des Verteidigers vom 31. August 2009 hat dem Senat bei
der Beratung vorgelegen.
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Sost-Scheible RiBGH Pfister befindet sich Hubert
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Sost-Scheible
Schäfer Mayer |