BGH,
Beschl. v. 1.9.2009 - 3 StR 601/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 601/08
vom
1. September 2009
Nachschlagewerk ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
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StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Der Täter handelt nicht gewerbsmäßig im
Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB,
wenn er sich eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft hat und seine
Absicht lediglich darauf gerichtet ist, die falschen Banknoten in
mehreren Teilmengen in Verkehr zu bringen.
BGH, Beschl. vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08 - LG
Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - und des
Beschwerdeführers am 1. September 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354
Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 3. Juni 2008
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung, des
Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der Geldfälschung
schuldig ist;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der
Urteilsgründe und die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben
die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges in
Tateinheit mit Urkundenfälschung, Widerstandes gegen
Vollstreckungsbeamte
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und gewerbsmäßiger Geldfälschung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten
verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der
Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen
ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen erhielt der Angeklagte von dem gesondert
Verfolgten K. falsche 200 €-Banknoten im Nennwert von ca.
160.000 €. Er brachte auf einige Geldscheine mit Hilfe eines
Bügeleisens Hologramme auf und beabsichtigte, einen Teil der
gefälschten Banknoten selbst in Verkehr zu bringen. Den
restlichen Teil wollte er in größeren Tranchen
verkaufen. Seine Absicht, sich ein weiteres Mal Falschgeld zu
verschaffen, hat das Landgericht nicht festgestellt. Zu einem Absatz
der gefälschten Geldscheine kam es nicht mehr, weil der
Angeklagte zuvor festgenommen wurde.
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1. Das Landgericht hat dies als eine Tat der
gewerbsmäßigen Geldfälschung im Sinne des
§ 146 Abs. 1 und 2 StGB gewertet, weil der Angeklagte sich aus
einem wiederholten Inverkehrbringen von Falschgeld eine nicht nur
vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang habe
verschaffen wollen.
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2. Diese Würdigung hält sachlichrechtlicher
Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Strafkammer hat
zwar zu Recht eine einheitliche Geldfälschung nach §
146 Abs. 1 StGB angenommen; denn die Verwirklichung mehrerer Varianten
des § 146 Abs. 1 StGB ist in der Regel eine Tat (vgl. Fischer,
StGB 56. Aufl. § 146 Rdn. 22) und der Angeklagte hat sich die
gesamte Falschgeldmenge durch einen
tatbestandsmäßigen Handlungsakt verschafft (zum
Verhältnis der § 146 Abs. 1 Nr. 1 und 2 zu Nr. 3 vgl.
BGH, Urt. vom 12. August 1999 - 5 StR 269/99 - Rdn. 4, insoweit in NStZ
1999, 581 nicht abgedruckt; vgl.
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auch BGHSt 34, 108, 109; BGH NStZ-RR 2000, 105; BGHR StGB §
146 Konkurrenzen 4). Ihre Bewertung, der Angeklagte habe
gewerbsmäßig gehandelt und deshalb die
Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes nach § 146 Abs.
2 StGB erfüllt, wird jedoch von den Feststellungen nicht
getragen.
a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte
Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von
einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht
vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig
begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen
Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Eine
Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung
setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der
Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbstständige
Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat. Ob der
Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat, beurteilt
sich vielmehr nach seinen ursprünglichen Planungen sowie
seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten
über den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum (vgl. BGH NJW
2004, 2840, 2841; NStZ-RR 2006, 106, 107). Erforderlich ist dabei
stets, dass sich seine Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt
bezieht, dessen Tatbestand durch das Merkmal der
Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. BGH NJW
1996, 1069; Fischer aaO Vor § 52 Rdn. 62).
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b) Nach diesen Maßstäben liegt eine
gewerbsmäßig begangene Straftat nach § 146
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB nicht vor, wenn der Täter sich wie
hier eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft und lediglich seine
Absicht darauf gerichtet ist, die falschen Banknoten in mehreren
Teilmengen im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Verkehr zu
bringen, es hierzu aber nicht kommt. Denn die besondere Kennzeichnung
einer gewerbsmäßigen Straftat besteht nicht darin,
dass der Täter durch die - gegebenenfalls sukzessiv erfolgende
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Verwertung des durch die Straftat erlangten Gegenstandes eine
Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse anstrebt
(vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2004, 335). Der Täter einer
Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB handelt
deshalb nur dann gewerbsmäßig im Sinne des
§ 146 Abs. 2 StGB, wenn er beabsichtigt, sich die erstrebte
Einnahmequelle gerade durch die wiederholte Begehung der von ihm
begangenen konkreten Straftat - mithin dem wiederholten Sichverschaffen
von Falschgeld in der Absicht, dieses als echt in Verkehr zu bringen
oder ein solches Inverkehrbringen zu ermöglichen - zu
erschließen. Die bloße Absicht, wiederholt eine
Straftat nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu begehen, macht das
einmalige Sichverschaffen von Falschgeld im Sinne des § 146
Abs. 1 Nr. 2 StGB demgegenüber nicht
gewerbsmäßig und vermag eine Qualifikation der nach
dieser Tatbestandsalternative strafbaren Tat im Sinne des §
146 Abs. 2 StGB nicht zu begründen.
Diese Wertung wird durch die Rechtsprechung zur
Gewerbsmäßigkeit bei anderen Tatbeständen
gestützt. So handelt auch ein Dieb nicht allein deswegen
gewerbsmäßig im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz
2 Nr. 3 StGB, weil er die in einem Akt erlangte Diebesbeute in mehreren
Tranchen verwerten will. Erforderlich ist vielmehr, dass sich seine
Wiederholungsabsicht auf den verwirklichten Tatbestand, mithin die
Begehung von Diebstählen, bezieht (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2004,
335; OLG Köln NStZ 1991, 585). Auch im Sinne des § 30
Abs. 1 Nr. 2 BtMG geht der Täter nur dann
gewerbsmäßig vor, wenn er sich eine fortlaufende
Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen
verschaffen will, die einen der Tatbestände des § 29
a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH NJW 1996, 1069). Ebenso
fehlt es an der für die Gewerbsmäßigkeit
des Handelns mit Betäubungsmitteln erforderlichen
Wiederholungsabsicht, wenn lediglich die Vergütung
für ein Einzelgeschäft in Teilbeträgen
gezahlt werden soll (vgl. BGH bei Schmidt MDR 1989, 1033;
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Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27.
Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95).
Schließlich steht der Nichtannahme der
Gewerbsmäßigkeit im vorliegenden Fall nicht
entgegen, dass bei einem Betäubungsmittelhändler
gewerbsmäßiges Handeltreiben in Betracht kommen
kann, wenn er von vorneherein beabsichtigt, eine durch einen
einheitlichen Vorgang erworbene Rauschgiftmenge nach und nach in
mehreren Teilmengen weiter zu veräußern (vgl. BGHR
BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 3, 4);
denn in diesen Fällen treibt der Täter bereits durch
den Erwerb der Betäubungsmittel mit diesen Handel und
verwirklicht - im Unterschied zu der hier vorliegenden Konstellation -
damit diejenige Tatbestandsvariante, auf die sich auch seine
Wiederholungsabsicht bezieht.
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen
Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die
ein gewerbsmäßiges Sichverschaffen von Falschgeld
durch den Angeklagten tragen; er ändert deshalb selbst den
Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO
ab. Dies hat den Wegfall der Einzelstrafe von vier Jahren und neun
Monaten zur Folge, auf die das Landgericht in diesem Fall erkannt hat.
Damit kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben. Beide sind neu
zuzumessen. Die festgestellten Strafzumessungstatsachen sind von dem
reinen Subsumtionsfehler nicht
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berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das
neue Tatgericht ist nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen,
die jedoch den bisherigen nicht widersprechen dürfen.
Sost-Scheible Pfister RiBGH Hubert befindet
sich in Urlaub und ist
deshalb gehindert zu
unterschreiben.
Sost-Scheible
Schäfer Mayer |