Darstellung der BGH-Rechtsprechung zum Strafrecht ::     
 LINKWEG ::: inhalt / entscheidungen
 
BGH, Beschluss vom 10. August 2004 - 3 StR 243/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 10.8.2004 - 3 StR 243/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 243/04
 vom
10. August 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u. a.

 
- 2 -


Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerde-
führers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. Au-
gust 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wir d das Urteil der auswär-
tigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers
vom 29. März 2004 im Maßr egelausspruch mit den zugehöri-
gen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
ver wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verwor fen.

 
 Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung und Sachbe-
schädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten
verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an-
geordnet. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der vom Angeklagten erho-
benen Sachrüge hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen
dur chgreifenden Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die Anordnung der
Maßregel hält der rechtlichen Nachprüfung hingegen nicht stand. Die
Feststellungen sind nicht geeignet, die Anordnung der Unterbringung in einem
- 3 -


nicht geeignet, die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß § 63 StGB zu tragen.

Diese setzt neben der positiven Feststellung einer auf einem länger an-
dauernden, nicht nur vorüber gehenden geistigen Defekt beruhenden Schuldun-
fähigkeit (§ 20 StGB) oder erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21
StGB) voraus, daß die unterzubringende Person eine rechtswidrige Tat began-
gen hat, die auf den die Annahme der §§ 20, 21 StGB rechtfertigenden dauer-
haften Defekt zurückzuführen ist, d. h. mit diesem in einem ursächlichen und
symptomatischen Zusammenhang steht. Schließlich muß die Gesamtwürdi-
gung von Tat und Täter ergeben, daß - aufgrund des zur Schuldunfähigkeit
oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit führenden Zustandes - eine über
die bloße Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher
rechtswidriger Taten besteht (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2003, 232 m. w. N.).

Das Landgericht hat seine Über zeugung, die Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten sei bei Begehung der Taten erheblich vermindert gewesen (§ 21
StGB) und dieser sei aufgr und dieses Zustands für die Allgemeinheit gefährlich
(§ 63 StGB), damit begründet, der Angeklagte leide "unter einer schweren Psy-
chose oder einer schwer sten Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Bor derline-
Persönlichkeit" ( UA S. 11, 16). Damit sind die Voraussetzungen einer Unter-
bringung nach § 63 StGB nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzlich muß festgestellt werden, auf welchem der in § 20 StGB
genannten Eingangsmerkmale der für die Unterbringung notwendige länger
andauernde Zustand des Angeklagten beruht (Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl.
§ 63 Rdn. 7 f.). Nur in Ausnahmefällen kann dies offenbleiben (vgl. BGH
NStZ-RR 2003, 169). Ob ein solcher Fall gegeben ist, ver mag der Senat ange-
 
- 4 -


sichts der unzureichenden Dar legungen im angefochtenen Urteil nicht festzu-
stellen.

Schließt sich das Landgericht - wie hier - ohne weitere eigene Erwägun-
gen den Ausführ ungen des Sachverständigen an, muß es im Urteil die wesent-
lichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen bei der
Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten so wiedergeben, wie dies
zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit er-
forderlich ist (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 232 m. w. N.). Hier zu reichen die tat-
sächlichen Angaben, die das Landgericht bei der Erörterung der Schuldfähig-
keit des Angeklagten macht (UA S. 10 f.) , nicht aus. Dies gilt auch, wenn man
sie in Zusammenhang mit den Wertungen des Gutachters betrachtet, die das
Landgericht im Zusammenhang mit der Erörterung der Gefährlichkeit des An-
geklagten mitteilt (UA S. 16). Für diese Wertungen fehlt es in dem Urteil an
tragfähigen tatsächlichen Feststellungen.

Über die Maßregel muß deshalb erneut befunden werden. Dabei wird
der neue Tatrichter auch Gelegenheit haben, Ar t und Anlaß der bisher vom
Angeklagten begangenen Aggressionsdelikte darzustellen sowie Feststellun-
gen über den Umfang des angeblich vom Angeklagten in der Vergangenheit
betriebenen Rauschmittelmißbrauchs zu treffen.

Tolksdorf      Pfister    von Lienen

    Becker      Huber t


:: freigabestatus allgemein    
             © 2010 - 2017 Peter Wiete • E-Mail:  info@wiete-strafrecht.de