BGH,
Beschl. v. 10.12.2002 - 4 StR 462/02
4 StR 462/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
10. Dezember 2002
in der Strafsache gegen
wegen schwerer Brandstiftung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 10. Dezember 2002
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bochum vom 22. Juli 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung zu
einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten - ohne
Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt und seine
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die
hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der
Sachrüge Erfolg.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 7.
November 2002 ausgeführt:
"1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen schwerer
Brandstiftung gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1
StGB nicht.
Ein Kellerraum in einem Wohngebäude kann Tatobjekt des
§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Alternative des
Inbrandsetzens sein, wenn das Feuer wesentliche Gebäudeteile
erfaßt hat oder es sich - zum Beispiel von der Holzverlattung
einer Tür oder Trennwand aus - auf Gebäudeteile
ausbreiten kann, die für den
bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes,
also das Wohnen, wesentlich sind (BGH, Urteil vom 12. September 2002 -
4 StR 165/02). Holzwände, die einzelne Kellerabteile
abtrennen, stellen keine wesentlichen Teile eines Wohngebäudes
dar (vgl. BGH NJW 1999, 299). Ihr Inbrandsetzen erfüllt daher
den äußeren Tatbestand des § 306 a Abs. 1
Nr. 1 StGB nur, wenn das Feuer auf wesentliche Gebäudeteile,
die zu Wohnzwecken dienen, übergreifen konnte. Dies ist hier
nicht festgestellt. Der Brand, den der Angeklagte durch das
Anzünden von Hausrat entfacht hatte, hat lediglich auf
´die Holztrennwände der
Kellerverschläge´ (UA S. 8) übergegriffen.
Damit ist ein vollendetes Inbrandsetzen des Wohngebäudes nicht
belegt. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung,
wobei auch die subjektive Tatseite aufzuklären ist.
2. Ausgehend von einem vollendeten Delikt hätte es sich nach
dem festgestellten Sachverhalt aufgedrängt, die Vorschrift der
tätigen Reue gemäß § 306 e StGB zu
prüfen [vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR
165/02]. Denn der Angeklagte hat entweder durch einen eigenen Anruf
oder zumindest durch die Warnung der Nachbarn die Alarmierung der
Feuerwehr veranlaßt, die den Brand im Keller
gelöscht hat (UA S. 9). Eigenhändiges
Löschen ist nicht gefordert. Vielmehr darf sich ein
Angeklagter der Hilfe Dritter wie zum Beispiel der Feuerwehr bedienen
(BGH StV 1997, 518). Sollten sich in der neuen Verhandlung die
Feststellungen insoweit nicht ändern, allerdings lediglich ein
Versuch der schweren Brandstiftung vorliegen, wären die
Voraussetzungen des strafbefreienden Rücktritts (§ 24
StGB) zu prüfen.
3. Rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme einer negativen
Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) mit der Begründung,
der Angeklagte sei ein wiederholter Bewährungsversager, der
sich durch Bewährungsaufsicht nicht beeindrucken lasse. Dies
steht mit den getroffenen Feststellungen nicht in Einklang. Der
Angeklagte ist letztmals mit Urteil des Amtsgerichtes Köln vom
3. Dezember 1981, also vor zwanzig Jahren, zu einer Freiheitsstrafe
verurteilt worden. Er hat diese Strafe nicht voll
verbüßen müssen, weil ihm ein Strafrest
nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist (UA S. 6).
4. Eine Aussetzung der Maßregel kam, was die Revision - und
auch die Strafkammer - übersieht, im Hinblick auf die versagte
Strafaussetzung zur Bewährung gesetzlich nicht in Betracht
(§ 67 b Abs. 1 Satz 2 StGB). Sollte allerdings der neue
Tatrichter die Voraussetzungen einer Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus ebenfalls bejahen und die Aussetzung der
Maßnahme zur Bewährung zulässig sein,
könnte eine - insbesondere schon erfolgreich laufende -
Betreuung einen besonderen Umstand im Sinn des § 67 b Abs. 1
Satz 1 StGB darstellen."
Dem stimmt der Senat mit dem Hinweis zu, daß - wie die
Revision zu Recht beanstandet - die bisherigen Feststellungen nicht
nachprüfbar belegen, daß beim Angeklagten eine
Persönlichkeitsstörung solchen Ausmaßes
vorliegt, daß zur Tatzeit die Voraussetzungen des §
21 StGB sicher gegeben waren und daß die Unterbringung des
Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB)
erforderlich ist (vgl. hierzu BGHSt 37, 397 ff.;
Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 20 Rdn. 40 ff., 65
ff.; § 63 Rdn. 4, 6 ff.). Zur Prognosebeurteilung
kann es sich möglicherweise empfehlen, das nach § 154
Abs. 2 StPO vorläufig eingestellte Verfahren wieder
aufzunehmen.
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovic Sost-Scheible |