BGH,
Beschl. v. 10.2.2009 - 3 StR 372/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 372/08
vom
10. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
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StGB §§ 14, 246, 266, 283 ff.
Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen Bankrotts durch
Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen sowie zum
Verhältnis von Bankrott und den Vermögens- bzw.
Eigentumsdelikten in diesen Fällen (nur Hinweis).
BGH, Beschl. vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
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1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
- 3 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 10. Februar
2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott zu
Geldstrafen verurteilt. Dagegen wenden sich deren Revisionen, mit denen
sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Der Angeklagte S.
beanstandet darüber hinaus das Verfahren; die Angeklagte L.
begehrt wegen der insoweit versäumten
Revisionsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen.
1
Die Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass
es auf die von dem Angeklagten S. erhobenen Verfahrensrügen
bzw. auf den von der Angeklagten L. gestellten Wiedereinsetzungsantrag
nicht ankommt.
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I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte S. war Geschäftsführer, die Angeklagte
L. Prokuristin der Georg S. GmbH mit Sitz in W. . Diese Gesellschaft
war Komplementärin der Georg S. GmbH & Co. KG, deren
alleinige Kommanditisten die Angeklagten waren. Über diese
Besitzgesellschaft betrieben sie unter Einschaltung mehrerer
Tochtergesellschaften (sog. Produktionsgesellschaften) u. a. unter der
Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von
Entenprodukten. In den Produktionsgesellschaften fungierten sie
ebenfalls - zumindest teilweise - als Geschäftsführer
bzw. Prokuristin. Nachdem sich die Unternehmensgruppe der Angeklagten
bis in das Jahr 2002 bei jeweils deutlichen Jahresgewinnen zum
Marktführer in Deutschland entwickelt hatte, kam es im Jahr
2003 zu einem Umsatzeinbruch und deshalb zu einem erhöhten
Kreditbedarf. Eine auf Veranlassung der kreditgebenden Banken
durchgeführte Unternehmensanalyse hielt die Suche nach einem
strategischen Partner für unbedingt erforderlich. Die
Angeklagten, die befürchteten, die Banken strebten die
Übernahme ihrer Unternehmen durch einen Konkurrenten an,
bemühten sich unter Einschaltung externer Berater in der
Folgezeit vergeblich um eine Umfinanzierung.
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Anfang des Jahres 2004 meldeten sie ihren Hausbanken einen Verlust
für das Jahr 2003 von mehr als 4,5 Mio. € und
kündigten einen über die bestehenden Kredite
hinausgehenden Liquiditätsbedarf von über 4 Mio.
€ an. Die Banken, die zu einer Erhöhung der
Kreditlinie nicht bereit waren, sprachen eine mögliche
Insolvenz der Unternehmen an. Weitere Versuche der Angeklagten, eine
Umfinanzierung oder eine staatliche Liquiditätshilfe zu
erreichen, scheiterten ebenso wie ihre Bemühungen, einen
Bekannten an den Gesellschaften zu beteiligen, um so über
zusätzliche Geldmittel verfügen zu können.
Die Banken verlangten nun als weitere Sicherheit auch die Abtretung der
Rechte aus der Marke "B. Enten".
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Die Angeklagten, die sich zunehmend unter Druck gesetzt
fühlten, be-stellten in dieser Situation Ende Februar 2004 auf
Empfehlung eines Rechtsanwalts den ehemaligen Mitangeklagten K. zum
Geschäftsführer von jedenfalls zwei ihrer
Produktionsgesellschaften, der Georg S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH)
und der Se. GmbH, jeweils mit Sitz in N. . Da der neue
Geschäftsführer über keine Erfahrung in der
Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für
die Gesellschaften tätig, wofür sie pauschal jeweils
250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten
Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten sie mit dem
früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige
Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur
zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen
Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €,
weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande.
In einem Gespräch mit Bankvertretern Anfang März 2004
kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität
Reserven aufzulösen, und erklärte, er werde auch
gegen den erklärten Widerspruch der Banken diesen zustehendes
Sicherungsgut verwerten. Auf ein Schreiben vom 9. März 2004,
mit dem die Banken binnen drei Tagen die Vorlage eines
Liquiditätsstatus und eine Übersicht über
bereits veräußertes Sicherungsgut verlangten,
vertröstete er sie auf den 23. März 2004. Die Banken
kündigten daraufhin die gesamte Geschäftsverbindung
und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller
Gesellschaften, insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist
bis zum 2. April 2004. Nachdem der frühere Mitangeklagte ihren
Mitarbeitern mehrfach eine Inaugenscheinnahme des Sicherungsgutes
verweigert hatte, stellten die Banken am 26. März 2004
Insolvenzantrag gegen die Georg S. GmbH & Co. KG und die vier
Produktionsgesellschaften.
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In der Zeit vom 31. März bis zum 7. April 2004 stellte K. in
Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der
Se.
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GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €,
die nunmehr auch eine erfolgsunabhängige Vergütung
sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande
gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte
diesen Betrag aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der
ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in
Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden.
Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde
das Insolvenzverfahren eröffnet.
II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der
Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott der rechtlichen
Überprüfung nicht stand.
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1. Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der
frühere Mitangeklagte K. durch die Vereinnahmung der
Rechnungsbeträge jedenfalls in Höhe von ca. 1,7 Mio.
€ im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB
Vermögen der S. GmbH beiseite schaffte. Die Bezahlung der
Rechnungen erfolgte unter Verstoß gegen die
Grundsätze eines ordnungsgemäßen
Wirtschaftens (vgl. dazu BGHSt 34, 309, 310; Stree/Heine in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn.
4 m. w. N.), weil provisionspflichtige Hauptgeschäfte in
diesem Umfang nicht getätigt worden waren, deshalb ein
Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung in
dieser Höhe nicht bestand und eine weitere,
erfolgsunabhängige Vergütung angesichts der
angespannten Liquiditätslage nicht rückwirkend
vereinbart werden durfte.
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2. Die Vorschrift des § 283 StGB stellt indes ein Sonderdelikt
dar, dessen Täter nur der Schuldner sein kann (Radtke in
MünchKomm StGB § 283 Rdn. 4; Tiedemann in LK 11.
Aufl. § 283 Rdn. 225), also die (natürliche oder
juristische) Person, die für die Erfüllung einer
Verbindlichkeit haftet (Radtke aaO vor § 283 Rdn. 36). Ist der
Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre
Organe/Vertreter handeln kann, so gilt § 14 StGB. Diese
Vorschrift setzt für
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die strafrechtliche Zurechnung voraus, dass die handelnde Person "als"
Organ oder Vertreter (Abs. 1) bzw. "auf Grund dieses Auftrags" (Abs. 2)
agiert. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der
wohl herrschenden Auffassung in der Literatur ist es danach
für eine Strafbarkeit des Vertreters nach § 283 StGB
erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des
Geschäftsherrn handelt. Liegen ausschließlich
eigennützige Motive vor, so kann eine Strafbarkeit wegen
Untreue nach § 266 StGB in Betracht kommen; eine Verurteilung
wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog. Interessentheorie, BGHSt
30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; BGHR StGB § 283 Abs. 1
Konkurrenzen 3; BGH NStZ 2000, 206, 207; zustimmend Schünemann
in LK 12. Aufl. § 14 Rdn. 50; Fischer, StGB 56. Aufl.
§ 283 Rdn. 4 b; im Ergebnis auch Kindhäuser in
NK-StGB 2. Aufl. vor § 283 Rdn. 56; aA Tiedemann aaO vor
§ 283 Rdn. 80; Hoyer in SK-StGB 116. Lfg. § 283 Rdn.
103 f.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder aaO
§ 14 Rdn. 26; jew. m. w. N.; differenzierend Radtke aaO vor
§ 283 Rdn. 55).
Das Landgericht hat das Vorliegen eines solchen Interesses
rechtsfehlerhaft bejaht. Ob eine Handlung wenigstens auch im Interesse
des Vertretenen vorgenommen worden ist, bestimmt sich nach einer
wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BGHSt 30, 127, 128 f.). Dass - wie
die Strafkammer ausgeführt hat - der frühere
Mitangeklagte sein weiteres Tätigwerden für die
Gesellschaften der Angeklagten von der Bezahlung der Rechnungen
abhängig gemacht hat, begründet ein wirtschaftliches
Interesse der vertretenen S. GmbH nicht; es widerspricht einem solchen
vielmehr, weiter mit einem Geschäftsführer
zusammenzuarbeiten, der im großen Umfang eine ihm nicht
zustehende Vergütung verlangt. Nach wirtschaftlichen
Gesichtspunkten kann in der Überweisung der ca. 1,7 Mio.
€ durch den früheren Mitangeklagten K. zur Bezahlung
der materiell unberechtigten Rechnungen daher nur ein Handeln aufgrund
eigennütziger
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Motive gesehen werden, das der Gesellschaft schadete. Das
Einverständnis der Angeklagten mit der Rechnungsstellung und
ihrer Begleichung war nicht ausreichend (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.;
BGH bei Holtz MDR 1979, 806; BGH NStZ 1984, 118, 119; JR 1988, 254, 255
f.; vgl. die Nachweise bei Labsch wistra 1985, 1, 7); die Zustimmung
der Gesellschafter einer juristischen Person löst - anders als
bei einer Kommanditgesellschaft (vgl. BGHSt 34, 221, 223 f.) - den
Interessenwiderstreit zwischen Geschäftsführer und
Gesellschaft nicht auf.
3. Darüber hinaus tragen die Feststellungen des Landgerichts
die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH
nicht, so dass sich auch bei Nichtanwendung der Interessentheorie (dazu
unten IV.) die Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott als
rechtsfehlerhaft erwiese.
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Die Strafkammer hat in der Beweiswürdigung des Urteils unter
summarischer Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der
fälligen Forderungen ausgeführt, Anfang April 2004
habe bei der S. GmbH eine Unterdeckung von ca. 4 Mio. €
bestanden; infolge der Kreditkündigungen seien
Verbindlichkeiten in Höhe von fast 23 Mio. € hinzu
gekommen. Dies ist bereits widersprüchlich, weil an anderer
Stelle des Urteils mitgeteilt wird, dass diese Summe der Kreditaufnahme
aller Unternehmen der Angeklagten entsprach; auf die S. GmbH entfiel
nur ein Teil davon. In der Darstellung des Landgerichts ist zudem ein
von Rechtsanwalt F. für die S. GmbH geführtes
Anderkonto nicht berücksichtigt, von dem der frühere
Mitangeklagte K. am 5. April 2004 das letztlich von ihm vereinnahmte
Geld an die Se. GmbH überwies.
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Abgesehen von diesen Widersprüchen und
Unvollständigkeiten begegnet die Darstellung der
Liquiditätslage der S. GmbH zu den ausgewählten
Stichtagen durchgreifenden Bedenken, weil sich das Landgericht auf die
Mitteilung der Summen aus dem Liquiditätsstatus und
hinsichtlich der liquiden Mittel auf
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Guthaben auf Girokonten beschränkt. Damit ist dem Senat die
Überprüfung verwehrt, ob der vom Landgericht zugrunde
gelegte Liquiditätsstatus nicht nur alle relevanten
kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten, sondern auch die zu
ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel (also die
flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen
sowie gegebenenfalls die kurzfristig liquidierbaren
Vermögensgegenstände) enthält (vgl.
§ 17 Abs. 2 InsO und BGH wistra 2001, 306, 307; 2007, 312).
Selbst wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch zu
entnehmen wäre, dass die S. GmbH durch Forderungseinzug oder
Veräußerung von
Vermögensgegenständen weitere liquide Mittel
jedenfalls nicht kurzfristig realisieren konnte, war das Abstellen
allein auf die angegebenen Kontenguthaben nicht ausreichend; denn in
der rechtlichen Würdigung teilt die Strafkammer mit, dass die
Gesellschaften der Angeklagten untereinander ein cash-management
betrieben, demzufolge Zahlungen jeweils von dem Konto der Gesellschaft
vorgenommen wurden, auf dem Guthaben vorhanden war. Dann hätte
es zur nachvollziehbaren Annahme der drohenden
Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH aber auch Feststellungen zu
den Vermögensverhältnissen aller anderen
Gesellschaften der Angeklagten bedurft. Dies gilt insbesondere
deswegen, weil sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass
über das Vermögen von zwei der
Produktionsgesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet
wurde. Über das Schicksal der beiden anderen ergibt sich
nichts.
III. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht. Zwar
kann ein eigennütziges Beiseiteschaffen von Vermögen
durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft den
Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB
erfüllen (BGHSt 28, 371; BGHR StGB § 283 Abs. 1
Konkurrenzen 3). Die Angeklagten hatten der Rechnungsstellung und
-begleichung indes zugestimmt.
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Das Einverständnis des Geschäftsherrn
schließt regelmäßig den Tatbestand der
Untreue aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 49 m. w. N.). Das gilt
grundsätzlich auch für vermögensnachteilige
Dispositionen des Geschäftsführers einer
Kapitalgesellschaft, wenn sie im Einverständnis der
Gesellschafter getroffen werden. Ein Einverständnis der
Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die
Vermögensverfügung des
Geschäftsführers deshalb missbräuchlich,
wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die
wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa
durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen §
30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer
Überschuldung oder durch Gefährdung der
Liquidität (BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457,
460; 2006, 265; vgl. auch Schünemann aaO § 266 Rdn.
25; Kindhäuser aaO § 266 Rdn. 68 ff.;
Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20).
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Eine solche Existenzgefährdung der Gesellschaft - etwa durch
Gefährdung ihrer Liquidität - ist aus den oben unter
II. 3. genannten Gründen aber ebenfalls nicht belegt.
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IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Die von der Rechtsprechung entwickelte Interessentheorie ist in der
Literatur auf Ablehnung gestoßen, weil sie für die
Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich lässt,
wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine
Handelsgesellschaft ist (Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80;
Hoyer aaO § 283 Rdn. 103; Radtke aaO vor § 283 Rdn.
55; Labsch wistra 1985, 1, 6 ff.; jew. m. w. N.). Dieser Kritik ist
zuzugeben, dass die in § 283 StGB aufgezählten
Bankrotthandlungen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen
Interesse der Gesellschaft widersprechen und der vom Gesetzgeber
intendierte Gläubigerschutz
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in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften
bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leerläuft.
Besonders augenfällig wird dies in Fällen der
Ein-Mann-GmbH, in denen der
Gesellschafter/Geschäftsführer der Gesellschaft
angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der
Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten
Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus
eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist
er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt
herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu
Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80, 85).
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen
regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen
so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von
Kapitalgesellschaften. Angesichts der besonderen
Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH
betriebenen Unternehmen wird der Schutzzweck der Insolvenzdelikte
dadurch konterkariert (vgl. Hoyer aaO; Radtke aaO). Dies gilt
insbesondere, wenn man die Interessenformel konsequent auch auf die
Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von
Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten sanktionieren
(§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des
fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit,
scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig
am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden
Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth NStZ 1990, 570,
572; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84). Über diese
nicht gerechtfertigte Privilegierung von
GmbHGeschäftsführern gegenüber
Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr.
5-7, § 283 b StGB unterlaufen, der Verstöße
gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der
besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden
wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen
will (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572).
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2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die
Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften
für die praktisch relevanten Fälle, dass die
Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch wistra
1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus
wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den
Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der
Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das
Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der
Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt
(BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die
Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus
Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGHSt 34, 221,
224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch
auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der
Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die
Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser
Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen
hatte (BGH wistra 1989, 264, 267; aA BGH wistra 1984, 71; JR 1988, 254,
255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH NJW 1992,
250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der
Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht
als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH
& Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht
nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter
einer Komplementär-GmbH den Auftrag des
Geschäftsführers erweitern kann, das
Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen
Kapitalgesellschaft für die Frage, ob der
Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der
Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
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3. Der Senat neigt deshalb dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts
abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelikten der
§§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach
§ 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten
gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr
nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das
Interesse des Vertretenen und damit auf ein subjektives Element vom
Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird (Arloth NStZ 1990,
570, 574; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84).
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Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der
Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB
maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im
Sinne des § 14 StGB im Geschäftskreis des Vertretenen
tätig geworden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem
Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des
Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden
Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die
Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen (vgl. Radtke
aaO vor § 283 Rdn. 58; Lenckner/Perron aaO § 14 Rdn.
26; Labsch wistra 1985, 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der
Vertretene zur Erfüllung seiner
außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten
Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines Vertreters
bedient (Tiedemann aaO vor § 284 Rdn. 84, Lenckner/Perron aaO;
Radtke aaO; Arloth NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer JR 1988, 33, 34).
Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen -
unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert -
ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag
handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird (Radtke aaO;
Hoyer aaO § 283 Rdn. 106).
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Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die trotz gleichartiger
Verhaltensweisen mit der Interessentheorie verbundene
Ungleichbehandlung zwi-
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schen Einzelkaufleuten und GmbH-Geschäftsführern
ebenso vermieden werden (vgl. Radtke aaO), wie
Strafbarkeitslücken bei Verstoß gegen
Buchführungs- und Bilanzierungspflichten, wodurch der
Gläubigerschutz verbessert wird. Soweit der Vertreter
eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine
Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem
Eigentumsdelikt in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung
der Gesellschafter (oder des alleinigen
Gesellschafters/Geschäftsführers) einer GmbH wegen
des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das
Gesellschaftsvermögen kein
tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der
nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. BGHSt
35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses
Ergebnis ist jedoch gerechtfertigt, weil in diesen Fällen
durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der
Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw.
das Eigentum der Gesellschaft andererseits - beeinträchtigt
werden.
Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Hubert |