BGH,
Beschl. v. 10.6.2008 - 3 StR 188/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 188/08
vom
10. Juni 2008
in dem Sicherungsverfahren
gegen
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Juni
2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 28. Januar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen, an
eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Beschuldigten
hat mit der Sachrüge Erfolg.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts stach der Beschuldigte im
Zustand fehlender Einsichtsfähigkeit mit natürlichem
Tötungsvorsatz auf seinen Nachbarn ein, von dem er sich
belästigt gefühlt hatte. Dieser erlitt eine
lebensgefährliche Bauchstichverletzung, ehe er sich vor dem
Beschuldigten in Sicherheit bringen konnte.
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Die Unterbringungsentscheidung hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Die Anordnung nach § 63 StGB
setzt u. a. die positive Feststellung eines
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länger andauernden, nicht nur vorübergehenden
Zustandes des Täters voraus, der dazu führte, dass er
- sicher feststehend - die Tat zumindest mit erheblich
eingeschränkter Schuldfähigkeit im Sinne des
§ 21 StGB beging (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 27; Fischer,
StGB 55. Aufl. § 63 Rdn. 6). Sie bedarf einer besonders
sorgfältigen Prüfung und Begründung, weil
sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des
Betroffenen eingreifende Maß-nahme darstellt. Den danach zu
stellenden Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Das Landgericht hat weder rechtsfehlerfrei dargelegt, dass der
Beschuldigte zu den Tatzeiten schuldunfähig war, noch
ausreichend dessen Gefährlichkeit begründet.
Das Landgericht referiert die Ausführungen des
Sachverständigen, dem es sich anschließt. Danach
liege beim Beschuldigten eine Störung der
Persönlichkeitsentwicklung vor, er leide unter einer
paranoiden und einer depressiven Symptomatik, es sei eine "paranoide
Psychose im Rahmen einer chronischen
Persönlichkeitsstörung mit abhängigen,
narzisstischen Zügen" zu diagnostizieren. Dies könnte
sowohl auf eine - nicht krankhafte - schwere andere seelische
Abartigkeit als auch auf eine krankhafte seelische Störung des
Beschuldigten hindeuten; nach der geschilderten Symptomatik scheint
ersteres näher zu liegen. Das Landgericht kommt dagegen zu der
Annahme einer krankhaften seelischen Störung, ohne dies
indessen näher zu begründen. Welches der
Eingangsmerkmale des § 20 StGB vorliegt, ist somit nicht in
rechtlich nachprüfbarer Weise dargetan. Schon dies darf jedoch
grundsätzlich nicht offen bleiben (BGH NStZ 1999, 128; NStZ-RR
2004, 38). Abgesehen davon, dass sich der Beschuldigte durch die
Geräusche aus der Nachbarwohnung gestört
fühlte, fehlt es zudem an jeder näheren Darlegung,
wie das festgestellte Störungsbild in der konkreten
Tatsituation auf den Beschuldigten und seine Vorstellungswelt
eingewirkt hat. Hierauf hätte aber selbst dann nicht
verzichtet werden können,
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wenn bei dem Beschuldigten eine Schizophrenie diagnostiziert worden
wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 39 m. w. N.).
Vergleichbar knapp und damit angesichts des erheblichen Eingriffs, der
mit der Unterbringung nach § 63 StGB verbunden ist, ebenfalls
nicht ausreichend hat das Landgericht seine Überzeugung von
der zukünftigen Gefährlichkeit des Beschuldigten
begründet. Es folgt auch hier dem Sachverständigen,
der die große Gefahr, dass der Beschuldigte weitere
erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde, bejaht hat. Dies ist
angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte bislang strafrechtlich
nicht in Erscheinung getreten ist und abgesehen von den letztlich in
die Tat mündenden Konflikten mit seinen Wohnungsnachbarn keine
sonstigen Auseinandersetzungen des Beschuldigten mit anderen Personen
geschildert werden, ohne nähere Begründung nicht
nachvollziehbar. Auch aus diesem Grund kann das Urteil keinen Bestand
haben.
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Die Sache muss daher erneut verhandelt werden. Der Senat hat von der
Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO
Gebrauch gemacht.
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Becker Miebach Pfister
RiBGH Dr. Schäfer befindet sich
im Urlaub und ist daher gehindert
zu unterschreiben..
Hubert Becker |