BGH,
Beschl. v. 10.6.2008 - 5 StR 191/08
5 StR 191/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 10. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juni 2008
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam
vom 22. November 2007 wird mit der Maßgabe (§ 349
Abs. 4 StPO) gemäß § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen, dass der Angeklagte in den
Fällen III 1 a bis c der Urteilsgründe jeweils wegen
unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) verurteilt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in neun Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Der
Angeklagte hat sein Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen der Taten
III 1 a bis c der Urteilsgründe beschränkt. Die
Revision führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
1
1. Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass der
Angeklagte am 8. Juli, 14. September und 30. November 2005 je 100 g ihm
zuvor anonym zugesandtes Haschisch gegen Belohnung in die JVA
Brandenburg eingeschmuggelt und seinem ehemaligen Zellengenossen R.
übergeben hat. Die Strafkammer hat die von R.
gestützte Einlassung des Angeklagten, er habe geglaubt, er
hätte lediglich verpackte Mobiltelefone übergeben,
nach Auswertung von Indizien als widerlegt angesehen und bedingten
Vorsatz
2
- 3 -
hinsichtlich des Besitzes von Haschisch angenommen. Dies begegnet
keinen Bedenken (vgl. BGHSt 36, 1, 14).
2. Indes belegen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen weder
ein täterschaftliches unerlaubtes Handeltreiben des
Angeklagten noch eine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben.
3
Zu Recht hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf
hingewiesen, dass der Angeklagte keine über den
bloßen Transport des Rauschgifts hinausgehende
Tätigkeiten entfaltet hat und am eigentlichen Rauschgifthandel
unbeteiligt war. Dies verbietet die Annahme eines
täterschaftlichen Handeltreibens (vgl. BGHSt 51, 219, 223).
4
5
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts belegen die
Feststellungen aber auch keine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben.
Soweit das Landgericht einen Betäubungsmittelhandel des R. in
der JVA damit begründet hat, dieser habe bei einem Eigenkonsum
von 50 g Haschisch monatlich mit jeweils weiteren 50 g Handel
getrieben, weil der Angeklagte durchschnittlich im Monat 100 g
geliefert habe (UA S. 21), trifft dies für die ersten drei
Taten nicht zu. Die Abstände zwischen diesen Taten sind so
groß, dass nicht mehr als die angeblich von R. selbst
monatlich verbrauchte Menge geliefert worden ist. Eine Haupttat des
unerlaubten Handeltreibens durch R. scheidet demnach aus.
Soweit ein Verkauf der Betäubungsmittel an R. durch diejenigen
unbekannt gebliebenen Personen, die das Rauschgift dem Angeklagten
anonym zugesandt haben, als Haupttat in Frage steht, fehlen indes
jegliche Anhaltspunkte zum Vorstellungsbild des Angeklagten hierzu. Der
Senat schließt - insbesondere im Blick auf das den
Angeklagten entlastende Aussageverhalten des R. - aus, dass in einer
neuen Hauptverhandlung hierzu noch Erkenntnisse gewonnen werden
können und stellt den Schuldspruch auf den fehlerfrei
festgestellten unerlaubten Besitz von Betäubungs-
6
- 4 -
mitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG) um (vgl.
Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 354 Rdn. 13 ff. mit
zahlr. Rspr.-Nachw.). Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem
nicht entgegen. Der Senat schließt aus, dass der lediglich
den Vorsatz bestreitende Angeklagte sich wirksamer als geschehen
hätte verteidigen können.
3. Die Strafaussprüche haben trotz der vorgenommenen
Änderung des Schuldspruchs Bestand (§ 354 Abs. 1 StPO
analog). Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter
auf noch mildere als die bisher festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen
von jeweils drei Monaten und eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe
erkennen könnte. Er hätte die Einzelstrafen aus dem
durch § 29 Abs. 1 BtMG vorgegebenen Rahmen zu bestimmen und
dürfte nicht - wie es das Landgericht getan hat - zugunsten
des insoweit bestreitenden Angeklagten vom Vorliegen der
Voraussetzungen des § 31 BtMG ausgehen und den Strafrahmen
darüber hinaus zugunsten des Angeklagten
gemäß § 49 Abs. 1 StGB mildern. Zudem
spräche selbst bei Annahme - vom Landgericht indes nicht
festgestellter - schlechter Qualität des Rauschgifts (vgl.
Weber, BtMG 2. Aufl. S. 1621) angesichts der Gesamtumstände
der Taten eine nicht zu vernachlässigende Menge von jeweils
zwei Gramm THC für ein gewisses Gewicht der Taten des
Angeklagten.
7
4. Die Versagung von Strafaussetzung zur Bewährung erweist
sich bei den festgestellten neun Lieferungen von
Betäubungsmitteln in eine Vollzugsanstalt als zwingend
(§ 56 Abs. 3 StGB).
8
Basdorf Brause Schaal
Jäger Schneider |