BGH,
Beschl. v. 10.6.2010 - 2 StR 246/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 246/10
vom
10. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Juni
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Marburg (Lahn) vom 22. Februar 2010 wird, soweit es ihn betrifft,
a) der Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe dahin
geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
mit Besitz von Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall 1 der
Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen Besitzes von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge sowie wegen Beihilfe zur
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Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten mit der
Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel
ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der nicht
revidierende Mitangeklagte Johann F. zu Beginn des Jahres 2009 4000
XTC-Tabletten. Einen Teil der Tabletten erhielt der Angeklagte zur
eigenen Verwendung. Er bewahrte sie in seinem Schlafzimmerschrank auf,
wo bei einer Durchsuchung am 27. August 2009 353 Tabletten
sichergestellt wurden. F. bewahrte seine Tabletten in einem Tresor auf,
den er gemeinsam mit dem Angeklagten in einer Scheune auf dem
Wohnanwesen des Angeklagten an einem Balken festgeschraubt hatte. Der
Angeklagte ging davon aus, dass F. in dem Tresor
Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf lagern
werde. Den Schlüssel zu dem Tresor trug F.
grundsätzlich bei sich. An einem Tag zwischen der
Übergabe der Tabletten und dem 27. August 2009
händigte F. dem Angeklagten den Tresorschlüssel aus
mit dem Auftrag, dort befindliches Geld zu holen. Der Angeklagte
führte den Auftrag aus; dabei sah er in dem Tresor auch zwei
Päckchen mit den XTC-Tabletten. Die bei der Durchsuchung am
27. August 2009 sichergestellten mindestens 2.684 XTC-Tabletten hatten
einen Wirkstoffgehalt von insgesamt 40,2 g meta-Chlorphenylpiperazin
(m-CPP).
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2. Der Schuldspruch wegen Besitzes an den im Tresor aufbewahrten
XTC-Tabletten hält auf der Grundlage der getroffenen
Feststellungen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes setzt ein
bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches
Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein
voraus, die darauf
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gerichtet sind, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung
auf das Betäubungsmittel zu erhalten (vgl. BGH NStZ-RR 2008,
54, 55; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Besitz 2, 4 m.w.N.; BGHSt
26, 117; 27, 380, 381; Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 1170
ff.; Franke/Wienroeder, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 133). Besitzer
im betäubungsrechtlichen Sinne ist zwar nicht nur der
Eigenbesitzer. Auch der Fremdbesitzer, der die tatsächliche
Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt
und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, ist
Besitzer (vgl. Weber aaO Rdn. 1180; Franke/Wienroeder aaO Rdn. 135 jew.
m.w.N.). Aber auch wenn man hiervon ausgeht, ist für den
Angeklagten tatbestandsmäßiger Besitz an den
XTC-Tabletten, die F. in dem Tresor aufbewahrte, nicht festgestellt.
Der Angeklagte war nicht Verwahrer, er hatte keinen
Tresorschlüssel. Er hat den Schlüssel nur einmal
ausgehändigt bekommen, um für F. Geld aus dem Tresor
zu holen. Die Feststellungen ergeben nicht, dass der Angeklagte beim
Öffnen des Tresors auch einen Besitzwillen hinsichtlich der
Betäubungsmittel gehabt hat. Dass er die Tabletten in dem
Tresor hat liegen sehen, reicht hierfür nicht aus. Der
Angeklagte war nicht befugt, über die Tabletten zu
verfügen und hat dies weder getan noch in Erwägung
gezogen.
Die Feststellungen belegen im Fall 1 der Urteilsgründe mithin
nur den Besitz des Angeklagten an den Tabletten in seinem
Schlafzimmerschrank, deren Wirkstoffgehalt den Grenzwert zur nicht
geringen Menge nicht erreicht hat, und die Beihilfe zum Handeltreiben
des F. mit den Tabletten im Tresor. Der Senat schließt aus,
dass eine neue Hauptverhandlung zu weitergehenden Feststellungen
führen würde. Er hat den Schuldspruch dementsprechend
selbst geändert.
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Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
der im Fall 1 der Urteilsgründe verhängten
Einzelstrafe und der Gesamtstrafe. Zwar hat die Strafkammer in diesem
Fall lediglich die Mindeststrafe des § 29 a Abs. 1 Nr. 2
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BtMG verhängt. Es lässt sich aber nicht
ausschließen, dass sie bei Anwendung des wegen der Beihilfe
gemilderten Strafrahmens eine noch niedrigere Strafe verhängt
hätte.
Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Appl Schmitt |