BGH,
Beschl. v. 10.3.2009 - 5 StR 56/09
5 StR 56/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 10. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2009
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 6. Oktober 2008 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schweren Raubes
in Tateinheit mit versuchter Nötigung (Einsatzstrafe von
fünf Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe) in Tatmehrheit
mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln (Einzelstrafe von
einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe) zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Daneben hat es die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie den
Vorwegvollzug von sechs Monaten Freiheitsstrafe vor der
Maßregel angeordnet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wirksam auf den
Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten,
mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das
Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
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1. Das Landgericht hat es abgelehnt, die Strafe für die
Raubtat (die im Hinblick auf das Tatbild als besonders schwere
räuberische Erpressung zu qualifizieren gewesen wäre)
dem Sonderstrafrahmen nach § 250 Abs. 3 StGB zu entnehmen. Bei
der von ihm durchgeführten Gesamtwürdigung hat es dem
Angeklagten neben anderen gewichtigen Strafmilderungsgründen
zugute gehalten, dass er die Tat begangen habe, „um an Heroin
oder Bargeld zum Erwerb von Heroin zu gelangen“ (UA S. 32).
Dies lässt besorgen, dass die Strafkammer die hochgradige
Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten nicht
hinreichend gewürdigt hat. Nach den Feststellungen konsumiert
er seit seinem 14. Lebensjahr Heroin, wobei der tägliche
Verbrauch spätestens seit dem Jahr 2000 etwa 1 bis 2 Gramm
Heroin betrug (UA S. 4, 5). Im Jahr 2002 brach er einen Aufenthalt in
einer therapeutischen Wohngemeinschaft nach zwei Monaten ab und wurde
sofort wieder rückfällig; das Gleiche geschah,
nachdem er sich von seiner Verlobten vier Tage lang für einen
„kalten Entzug“ hatte einsperren lassen (UA S. 5).
Im Lauf der Jahre steigerte er die Konsummengen. Zuletzt soll er sogar
5 Gramm Heroin pro Tag aufgenommen haben (UA S. 6). Im Lichte der
Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten verliert
auch der Aspekt der vielfachen und teils einschlägigen
Vorverurteilungen des Angeklagten an Gewicht, dem das Landgericht
für die Ablehnung des minder schweren Falles nach §
250 Abs. 3 StGB die entscheidende Bedeutung beigemessen hat (UA S. 33).
Denn auch den Vorverurteilungen liegen Taten zugrunde, die nahezu alle
der Finanzierung der Heroinbeschaffung des suchtkranken Angeklagten
dienten (UA S. 4, 5, 6). In die Würdigung maßgebend
einzubeziehen ist ferner der Umstand, dass es sich um eine Tat
innerhalb des Drogenmilieus mit einer geringen Beuteerwartung und
geringer Beute handelt.
3
Der Strafausspruch kann danach keinen Bestand haben. Das neue
Tatgericht wird auch die Einzelfreiheitsstrafe betreffend den Besitz
von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG)
neu festzusetzen haben, um zu einer in sich stimmigen Straffindung zu
gelangen.
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Da der Strafausspruch wegen Begründungs- und Wertungsfehlern
keinen Bestand hat, können die hierzu gehörenden
Feststellungen bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht
gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den
bisherigen nicht widersprechen.
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2. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64
StGB, die der Angeklagte nicht ausdrücklich von seinem
Rechtsmittelangriff ausgenommen hat, ist rechtsfehlerfrei angeordnet.
Hinsichtlich des von der Strafkammer bestimmten Teilvorwegvollzugs nach
§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB hat sie allerdings nicht
bedacht, dass die auf die Strafe anzurechnende Untersuchungshaft ohne
Weiteres in die Dauer des angeordneten Vorwegvollzugs einzurechnen,
mithin nicht von ihr abzuziehen ist (BGH NJW 1991, 2431; BGH, Beschluss
vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09; Fischer, StGB 56. Aufl. §
67 Rdn. 9). Der Angeklagte befindet sich nunmehr seit fast einem Jahr
in Untersuchungshaft. Deswegen wäre er angesichts der durch
die Strafkammer angenommenen voraussichtlichen Dauer der Unterbringung
von zwei Jahren nunmehr selbst auf der Grundlage der vom Landgericht
verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sofort in den Vollzug der
Maßregel zu überführen. Eine Neufassung
oder Anordnung des Wegfalls des Teilvorwegvollzugs ist deshalb
entbehrlich (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09).
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