BGH,
Beschl. v. 10.3.2010 - 2 StR 34/10
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 34/10
vom
10. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10.
März 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 21. Oktober 2009, soweit es ihn betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben,
a) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
b) in den Aussprüchen über die Zustimmung zur
Zurückstellung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe
sowie die Anrechnung der stationären Behandlung des
Angeklagten in der E. -W. -K. - Psychosomatische Fachklinik
für Abhängigkeitserkrankungen - in H. .
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen
unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis" unter Einbeziehung
anderweit verhängter Strafen und Auflösung der dort
gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es in der Urteilsformel die
Zustimmung zur Zurückstellung der Vollstreckung dieser Strafe
erteilt sowie die Anrechnung der stationären Behandlung des
Angeklagten in einer psychosomatischen Fachklinik für
Abhängigkeitserkrankungen angeordnet.
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Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge sowie die
unausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts
gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat in
dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349
Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Als durchgreifend rechtsfehlerhaft erweist sich, dass das
Landgericht keine Entscheidung über die Unterbringung des
betäubungsmittelabhängigen Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB
getroffen hat. Die Zustimmung zur Zurückstellung der
Vollstreckung der erkannten Strafe gemäß §
35 BtMG ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Unterbringung
nach § 64 StGB geht dieser dem Vollstreckungsverfahren
vorbehaltenen Maßnahme vor; von der Anordnung der
Unterbringung darf daher nicht abgesehen werden, weil eine Entscheidung
nach § 35 BtMG ins Auge gefasst ist (vgl. Senat, Beschl. v.
24. Juni 2009 - 2 StR 170/09; BGH StV 2008, 405, 406). Hieran hat sich
durch die Neufassung des § 64 StGB durch das Gesetz zur
Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in
einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327)
grundsätzlich nichts
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geändert (vgl. Fischer StGB 57. Aufl. § 64 Rdn. 26).
Zwar ist die Maßregel nach der Neufassung der Vorschrift
nicht mehr zwingend anzuordnen. Auch besteht im vorliegenden Fall die
Besonderheit, dass der Angeklagte sich zur Zeit der tatrichterlichen
Hauptverhandlung in stationärer Behandlung in einer
psychosomatischen Fachklinik für
Abhängigkeitserkrankungen befand, nachdem die
Staatsanwaltschaft die Vollstreckung aus der einbezogenen
Vorverurteilung zurückgestellt hatte. Das Gericht muss jedoch
das ihm nunmehr in § 64 Satz 1 StGB eingeräumte
Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den
Urteilsgründen kenntlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.;
2009, 235; Beschl. v. 9. September 2008 - 3 StR 337/08). Daran fehlt es
hier.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO;
BGHSt 37, 5; BGH NStZ-RR 2008, 107). Er hat die Nichtanwendung des
§ 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom
Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Über
die Maßregelanordnung ist daher unter Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246 a Satz 2 StPO) neu zu
entscheiden.
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2. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei
Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Strafen erkannt
hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
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3. Der Senat hat die in die Urteilsformel aufgenommenen Entscheidungen
des Tatrichters über die Zurückstellung der
Strafvollstreckung (§ 35 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 BtMG) und die
Anrechnung seines Aufenthaltes in der E. -W. -K. auf die erkannte
Gesamtfreiheitsstrafe (§ 36 Abs. 1 BtMG) zur Klarstellung
aufgehoben, da diese in sachlogischem Widerspruch zu der vorrangig zu
prüfenden Frage einer Unterbringung des Angeklagten in der
Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB stehen.
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Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Herr RiBGH Prof. Dr. Schmitt
ist wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
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