BGH,
Beschl. v. 10.5.2000 - 2 StR 142/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
10. Mai 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 10. Mai 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Köln vom 23. August 1999, soweit es ihn betrifft,
1. im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte des versuchten Totschlags in Tateinheit mit versuchtem
schweren Raub schuldig ist,
2. im Strafausspruch aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in
Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz und wegen
versuchten Totschlags in Tateinheit mit einem Verstoß gegen
das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren
verurteilt.
Seine Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechtes
rügt, führt zur Änderung des Schuldspruchs
und zur Aufhebung des Strafausspruchs, ist aber, soweit er einen
darüber hinausreichenden Rechtsmittelerfolg erstrebt, im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Der Schuldspruch ist in zweifacher Hinsicht zu ändern:
a) Zum einen muß die Verurteilung wegen tateinheitlich
verübter Waffendelikte (Führen einer
halbautomatischen Selbstladekurzwaffe) entfallen, da die
Strafverfolgung insoweit verjährt ist; die
fünfjährige Verjährungsfrist (§ 53
Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. b WaffG, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) war
nach der letztmaligen Unterbrechungshandlung vom 19. November 1992 (SA
Bd. IV Bl. 802) schon im Zeitpunkt der Anklageerhebung am 14. Juni 1999
(SA Bd. VI Bl. 1219) abgelaufen.
b) Zum anderen besteht zwischen dem versuchten schweren Raub und dem
Totschlagsversuch - entgegen der Annahme des Landgerichts - Tateinheit
(§ 52 Abs. 1 StGB). Den Feststellungen zufolge wollte der
Angeklagte durch Abgabe der mit bedingtem Tötungsvorsatz
abgefeuerten Pistolenschüsse den Zeugen S. "zum Anhalten
zwingen, da er nach wie vor davon ausging, ohne den Zeugen S. und die
diesem bekannte Code-Nummer nicht in das Gebäude gelangen zu
können" (UA S. 51). Die Abgabe der Schüsse stellte
sich daher nicht nur als Totschlagsversuch dar, sondern war zugleich
eine im Sinne der Fortsetzung des versuchten schweren Raubes
tatbestandsmäßige Gewalthandlung.
Der hiernach gebotenen Änderung des Schuldspruchs steht
§ 265 StPO nicht entgegen; denn der Angeklagte, der zwar den
Totschlagsvorsatz geleugnet hat, im übrigen aber
geständig war, hätte sich auch gegen den
geänderten Schuldvorwurf nicht wirksam verteidigen
können.
2. Mit der Schuldspruchänderung ist den Einzelstrafen und der
hieraus gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage entzogen. Der
Senat kann sich hier auch nicht dazu verstehen, entsprechend dem Antrag
des Generalbundesanwalts an die Stelle der Gesamtfreiheitsstrafe von
sieben Jahren eine gleich hohe Einzelstrafe zu setzen, da nicht mit
Sicherheit auszuschließen ist, daß bei zutreffender
Annahme nur einer Tat und Wegfall der ausdrücklich
straferschwerend berücksichtigten Waffendelikte (UA S. 81) auf
eine geringere Strafe erkannt worden wäre. Daher ist der
Strafausspruch aufzuheben. Dagegen können die Feststellungen
insgesamt aufrechterhalten bleiben; Ergänzungen, die mit ihnen
vereinbar sind, schließt das nicht aus.
Für die neue Entscheidung weist der Senat darauf hin,
daß es nicht ausreicht, eine überlange
Verfahrensdauer, wie sie im angefochtenen Urteil festgestellt worden
ist (UA S. 58, 79 f, 81 f, 83), allgemein strafmildernd zu
berücksichtigen; vielmehr muß das Ausmaß
der hierwegen gewährten Strafmilderung in den
Urteilsgründen konkret bezeichnet und exakt bestimmt werden
(BVerfG NStZ 1997, 591; BGHR StGB § 46 Abs. 2
Verfahrensverzögerung 7, 12, 13; BGHSt 45, 308).
Jähnke Niemöller Bode
Otten Rothfuß |