BGH,
Beschl. v. 10.5.2001 - 4 StR 113/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 113/01
vom
10. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 10. Mai 2001
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Bielefeld vom 5. Oktober 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die
tateinheitliche
Verurteilung wegen räuberischer Erpressung
(Fall II 3 der Urteilsgründe) entfällt,
b) im Strafausspruch dahin geändert, daß er
aa) im Fall II 3 der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe
von fünf Jahren und
bb) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren
und sechs Monaten
verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels
und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen
notwendigen Auslagen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei
Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit
räuberischer Erpressung, zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt.
Hiergegen
wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die
Verletzung formellen
und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur in
geringem Umfang
Erfolg. Im übrigen ist es, wie der Generalbundesanwalt in
seiner Antragsschrift
vom 28. März 2001 zutreffend ausgeführt hat,
unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
Der Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe hält
rechtlicher Prüfung
nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten außer der
Vergewaltigung
auch der tateinheitlich begangenen räuberischen Erpressung
für schuldig
befunden hat. Nach den Feststellungen "verlangte" der Angeklagte,
nachdem
er an der Geschädigten den erzwungenen Analverkehr
durchgeführt und seine
Hose wieder hochgezogen hatte, "von der nach wie vor unter dem Eindruck
der
Gewaltanwendung stehenden Zeugin F. eine Zigarette und Feuer, welche
diese
ihm auch aus Angst gab" (UA 9). Damit ist die subjektive Tatseite nicht
mit
Tatsachen belegt. Richtig ist, daß einmal angewandte Gewalt
als Drohung im
Sinne des § 255 StPO fortwirken und dazu führen kann,
daß das Opfer nur aus
Furcht vor weiterer Gewalt keinen Widerstand leistet. Dem Urteil ist
aber nicht
zu entnehmen, daß dem Angeklagten, als er eine Zigarette und
Feuer "verlangte",
auch bewußt war, die Geschädigte in der in
§ 255 StGB bezeichneten
Weise zu bedrohen, und daß er zumindest billigte,
daß sie sein Verhalten als
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben
empfinden würde. Daß
sich der Angeklagte nach Vollendung des Sexualdelikts auch noch zur
Bege-
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hung eines Vermögensdelikts entschlossen haben
könnte, liegt hier nicht einmal
nahe, zumal der Angeklagte auch nicht etwa die Herausgabe der ganzen
Schachtel Zigaretten erzwang, sondern sich damit begnügte,
sich eine einzige
Zigarette geben zu lassen.
Weitere Feststellungen, die mit genügender Sicherheit die
subjektiven
Voraussetzungen des § 255 StGB belegen können, sind
nicht zu erwarten. Der
Senat ändert deshalb den Schuldspruch von sich aus dahin,
daß im Fall II 3
der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen
räuberischer Erpressung
entfällt.
Die Schuldspruchänderung wirkt sich auch auf die
Strafbemessung im
Fall II 3 der Urteilsgründe aus; denn das Landgericht hat die
tateinheitliche
Verwirklichung des § 255 StGB ausdrücklich
strafschärfend berücksichtigt.
Dies nötigt hier jedoch nicht zur Aufhebung und
Zurückverweisung der Sache
an das Landgericht. Vielmehr kann der Senat ausnahmsweise in
entsprechender
Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO in Übereinstimmung
mit dem Generalbundesanwalt
selbst entscheiden. Mit Blick auf die im Fall II 4 verhängte
Einzelstrafe
von fünf Jahren und die dafür "bestimmenden"
Umstände (§ 267
Abs. 3 Satz 1 StPO) schließt der Senat nämlich aus,
daß das Landgericht im
Fall II 3 ohne Berücksichtigung des als räuberische
Erpressung gewerteten
Verhaltens statt auf die verhängte Freiheitsstrafe
fünf Jahren und drei Monaten
auf eine niedrigere Freiheitsstrafe als fünf Jahre erkannt
hätte. Auf diese setzt
der Senat deshalb die Einzelstrafe fest. Um jede Benachteiligung des
Angeklagten
zu vermeiden, ermäßigt der Senat auch die
Gesamtfreiheitsstrafe um
die drei Monate; dies führt zur Verurteilung des Angeklagten
zur Gesamtfreiheitsstrafe
von acht Jahren und sechs Monaten.
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Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt dem Senat aber
keinen
Anlaß, den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten
seines Rechtsmittels
freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Meyer-Goßner Maatz Tolksdorf
Athing Ernemann |