BGH,
Beschl. v. 10.5.2007 - 5 StR 87/07
5 StR 87/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
10.5.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10.05.2007
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Potsdam vom 7. Juli 2006 gemäß § 349 Abs. 4
StPO in sämtlichen Rechtsfolgenaussprüchen,
hinsichtlich der Art und Höhe der hinterzogenen Einfuhrabgaben
auch mit den zugehörigen Feststellungen, aufgehoben. Die
Verfallsanordnung entfällt.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, jedoch mit der
Maßgabe der nachfolgenden Neufassung der
Schuldsprüche.
Es sind schuldig:
a) der Angeklagte D. der gewerbsmäßigen
Steuerhehlerei in fünf Fällen, des gewerbs- und
bandenmä-ßigen Betrugs in vier Fällen sowie
der Unterschlagung in zwei Fällen,
b) der Angeklagte K. der gewerbsmäßigen
Steuerhehlerei in vier Fällen, des gewerbs- und
bandenmä-ßigen Betrugs in fünf
Fällen sowie der Unterschlagung in zwei Fällen,
c) der Angeklagte S. der gewerbsmäßigen
Steuerhehlerei in drei Fällen sowie des gewerbs- und
bandenmäßigen Betrugs in fünf
Fällen,
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d) der Angeklagte Sa. der gewerbsmäßigen
Steuerhehlerei sowie des gewerbs- und bandenmäßigen
Betrugs in drei Fällen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den
Angeklagten D. wegen gewerbs- und bandenmäßiger
Steuerhehlerei in fünf Fällen, wegen Betrugs in vier
Fällen und wegen Unterschlagung in zwei Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten, den
Angeklagten K. wegen gewerbs- und bandenmäßiger
Steuerhehlerei in vier Fällen, wegen Betrugs in fünf
Fällen und wegen Unterschlagung in zwei Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten, den
Angeklagten S. (unter Freispruch im Übrigen) wegen gewerbs-
und bandenmäßiger Steuerhehlerei in drei
Fällen und wegen Betrugs in fünf Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie den Angeklagten Sa.
(unter Freispruch im Übrigen) wegen gewerbs- und
bandenmäßiger Steuerhehlerei und wegen Betrugs in
drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten. Zu Lasten des Angeklagten Sa. hat das Landgericht den
Verfall von sichergestellten Bargeldbeträgen in Höhe
von 4.500 Euro, 4.750 US-Dollar und 185 britischen Pfund angeordnet.
Die Revisionen der Angeklagten gegen dieses Urteil haben den aus dem
Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie aus den
Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 27.
Februar 2007 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
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1. Die Schuldsprüche sind, wie aus dem Tenor ersichtlich, zu
berichtigen. Im Übrigen hat die Überprüfung
des Urteils bezüglich der Schuldsprüche keine
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
2
a) Die Feststellungen tragen die Schuldsprüche wegen
Steuerhehlerei (§ 374 AO) in den Fällen III. 1
Buchstaben a bis e, in denen die Angeklagten Absatzhilfe im Auftrag der
unbekannt gebliebenen Hinterleute jeweils nach Abschluss der Vortaten
leisteten (vgl. dazu BGH NJW 2007, 1294). Der Senat kann den
Feststellungen noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sich
die Taten auf Zigaretten bezogen haben, hinsichtlich derer
Einfuhrabgaben (Zoll, Tabaksteuer, Einfuhrumsatzsteuer) im Sinne des
§ 374 Abs. 1, Abs. 2 AO hinterzogen wurden.
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4
b) Die Steuerstrafnormen §§ 374, 373 AO sehen keine
bandenmäßige Steuerhehlerei vor. Denn § 374
Abs. 1 AO verweist hinsichtlich des anzuwendenden Strafrahmens nur
für den Fall einer gewerbsmäßigen
Tatbegehung auf die Rechtsfolge des § 373 AO. Die
Kennzeichnung der Taten der Steuerhehlerei als
bandenmäßig begangen hat deshalb in den
Schuldsprüchen zu entfallen.
c) Das Landgericht hätte nach rechtsfehlerfrei angenommener
gewerbs- und bandenmäßigen Begehung der Betrugstaten
(§ 263 Abs. 5 StGB) diese Verbrechensqualifikation
entsprechend tenorieren müssen. Dies holt der Senat nach.
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2. Die Einzel- und Gesamtstrafen haben keinen Bestand.
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a) Die Strafzumessung in den Steuerhehlereifällen leidet
jedenfalls an folgenden durchgreifenden Rechtsfehlern: Das Landgericht
hat ungeachtet der Besonderheiten der Einzelfälle und der
teilweise um ein Mehrfaches voneinander abweichenden Höhe der
Hinterziehungsbeträge bei jedem Angeklagten ohne weitere
Begründung stets für ihn identische Einzelstrafen
verhängt. Bereits dies begegnet hier Bedenken, weil das
Landgericht bei der
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Strafzumessung maßgeblich auf die Höhe der
hinterzogenen Abgaben abgestellt hat. Für den Senat ist nicht
nachvollziehbar, warum sich diese Differenzen nicht auf die Bemessung
der Einzelstrafen ausgewirkt haben. Zudem sind die Beteiligungen in den
Fällen III. 1 Buchstaben b und d, in denen die Zigaretten vor
Auslieferung an die englischen Abnehmer sichergestellt wurden, mit den
gleichen Strafen wie in den übrigen Fällen geahndet
worden. Einer Auseinandersetzung mit dem entlastenden Umstand der
Sicherstellung hätte es bei der Verhängung gleich
hoher Strafen indes bedurft.
b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die
rechtsfehlerhafte Strafzumessung im Tatkomplex III. 1 die Straffindung
in den übrigen Fällen der Unterschlagungen und
Betrugstaten beeinflusst hat, zumal auch bei den Betrugstaten
ungeachtet des zum Teil deutlich unterschiedlichen Schadensumfanges
jeweils die gleichen Einzelstrafen verhängt wurden. Um dem
nunmehr berufenen Tatrichter eine insgesamt neue und in sich stimmige
Strafenbildung zu ermöglichen, hebt der Senat daher
sämtliche Strafen auf.
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3. Der nach § 73 StGB angeordnete Verfall des beim Angeklagten
Sa. sichergestellten Geldes kann ebenfalls keinen Bestand haben. Zwar
hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei davon überzeugt,
dass es sich bei diesen Geldbeträgen um die Belohnung des
Angeklagten für seine Beteiligung an den
verfahrensgegenständlichen Taten handelt. Indes hat das
Landgericht nicht bedacht, dass die erheblich höheren
zivilrechtlichen Ansprüche der durch die Betrugstaten
geschädigten Firmen L. S. GmbH, M. GmbH und U. sowie der
Anspruch des Steuerfiskus gemäß § 71 AO
i.V.m. § 374 AO (vgl. dazu BGH wistra 2001, 96, 97 f.) den
Verfall hier gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
ausschließen.
4. Das neue Tatgericht wird bei der insgesamt neu vorzunehmenden
Strafzumessung die Strafen für die Unterschlagungen dem
Strafrahmen des § 246 Abs. 1 StGB zu entnehmen haben. Die
bisherigen Feststellungen belegen nicht ausreichend, dass die
Sattelzüge auch den Angeklagten D.
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und K. im Sinne des § 246 Abs. 2 StGB anvertraut waren.
Weitere Feststellungen hierzu sind angesichts des Zeitablaufs und der
Besonderheiten des Einzelfalls auszuschließen. Zudem wird der
neue Tatrichter Art und Höhe der hinterzogenen Einfuhrabgaben
- selbst wenn er nur den Mindestschaden annehmen will - in einer Weise
darzulegen haben, die den vom Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten
Grundsätzen (vgl. nur BGHR AO § 370 Abs. 1
Berechnungsdarstellung 4, 10) genügt.
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