BGH,
Beschl. v. 10.10.2000 - 1 StR 407/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 407/00
vom
10. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2000
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Ravensburg vom 11. Juli 2000 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor der
Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
(§ 67 Abs. 2 StGB) ist letztlich nicht zu beanstanden. Die
Strafkammer hat ihre Entscheidung ausführlich
begründet und alle erheblichen Gesichtspunkte bedacht; sie hat
auch im Auge gehabt, daß die Richtschnur bei der Entscheidung
das Rehabilitationsinteresse des Verurteilten ist (vgl. nur BGH NStZ-RR
1999, 44). Die Erwägung, der Angeklagte unterliege im Falle
einer an den Vollzug der Maßregel anschließenden
Strafhaft im Blick auf die in der Haftanstalt "kursierenden
Betäubungsmittel" erneut einer erheblichen
Gefährdung, ist zwar nicht frei von rechtlichen Bedenken; denn
es ist Aufgabe der Vollstreckungsbehörden, geeignete
Vollstreckungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen
(vgl. BGHSt 36, 199, 201). Beanstandet hat der Bundesgerichtshof ein
Abstellen auf einen solchen Gesichtspunkt aber nur dann, wenn er
alleiniger Grund für die Anordnung des Vorwegvollzuges von
Freiheitsstrafe war (BGH, Beschluß vom 2. Juni 1999 - 5 StR
218/99 und 5 StR 262/99). Das ist hier indessen nicht so. Die
Strafkammer stellt maßgeblich darauf ab, daß die
Therapiebereitschaft des Angeklagten zunächst noch
gefördert und gefestigt werden muß. Diese bestand
nach Überzeugung des Landgerichts noch nicht
uneingeschränkt, weil beim Angeklagten ein gewisses
Maß an Labilität auszumachen sei und er trotz einer
Konsumpause und der Aufnahme in ein Methadonprogramm wieder in den
Heroinkonsum zurückgefallen sei (UA S. 18). Die sich durch den
teilweisen Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe für den
Angeklagten grundsätzlich ergebende zusätzliche
Belastung hat das Landgericht bei der Bemessung von dessen Dauer
dadurch ausgeglichen, daß es sich an der voraussichtlichen
Dauer der Unterbringung sowie dem absehbaren Zwei-Drittel-Zeitpunkt
(vgl. § 57 Abs. 1 Nr. 1 StGB) für eine
Reststrafaussetzung zur Bewährung orientiert hat (vgl. dazu
BGHR StGB § 67 Abs. 2 - Vorwegvollzug teilweiser 7, 10).
Schließlich ist auch nicht zu besorgen, das Landgericht
könne bei der Bewertung des zeitlichen Ablaufs der
Therapiebemühungen die Möglichkeit der Aussetzung des
Strafrestes schon nach der Erledigung der Hälfte der Strafe
(§ 67 Abs. 5 Satz 1 StGB) übersehen haben. Dem
Gesamtzusammenhang der Erwägungen des Landgerichts ist noch
hinreichend deutlich zu entnehmen, daß solches hier nicht in
Betracht kam (UA S. 18). Im übrigen gilt, daß neuen,
im Laufe des Vorwegvollzuges der Strafe anfallenden Erkenntnissen
über die Möglichkeiten der Behandlung des Angeklagten
durch eine nachträgliche Änderung der Anordnung
(gemäß § 67 Abs. 3 StGB) Rechnung getragen
werden kann (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Zweckerreichung,
leichtere 9).
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